SXEU31 DWAV 111800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 11.08.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Heißer Wochenstart bei nur zögernd zunehmender Gewitterbereitschaft.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Aktuell … stehen die Barometer deutschlandweit auf leichten Druckfall, dabei
hat doch gerade erst ein umfangreiches Hoch bei uns Platz genommen. Schon wieder
alles vorbei? Antwort: Nein! Durch die Einstrahlung sowie die verbreitet hohen
Temperaturen verliert das Hoch tatsächlich etwas an Substanz – die Rede ist
übrigens von einem Druckniveau etwas über 1020 hPa -, von der Bildfläche
verschwindet es aber mitnichten. Wie auch, reicht seine Ausdehnung doch über
tausende Kilometer vom Balkan über weite Teile Mitteleuropas und die Nordsee bis
hoch nach Ostgrönland. Das wischt man nicht einfach mal so weg. Hinzu kommt ein
überaus prominenter Support aus der Höhe, wo gegenüber dem Bodenhoch leicht nach
Westen versetzt ein veritabler Rücken für verbreitetes Absinken sorgt.

In den nächsten Stunden verlagert sich das Hoch langsam nordostwärts, so dass
die nordwest-südost-exponierte Divergenzachse bis zum Frühstück fast aus
Deutschland rausfliegt. Nur im äußersten Nordosten weht der schwache Wind um 06
UTC noch immer aus West bis Nordwest, während er im großen Rest des Landes –
ebenfalls äußerst schwach – auf östliche Richtungen dreht oder die Richtung
schlichtweg nicht zu bestimmen ist. Viel interessanter, weil für die thermische
Entwicklung von Bedeutung, ist die Luftmassenverteilung. Während in den Norden
und Nordosten eine gemäßigte und stark abgetrocknete subpolare Meeresluft
eingeflossen ist (xPs; T850 8 bis 12°C, Taupunkte meist unter 15°C, lokal unter
10°C), gibt in den übrigen Regionen eine zunehmend alternde, durch permanente
Einstrahlung aufgepeppte Subtropikluft den Ton an (xS; T850 um 20°C im Süden und
Südwesten, Taupunkte lokal um 20°C). Bei gering bewölktem oder klarem Himmel
ergibt sich daraus eine stark unterschiedliche Abkühlungsrate: im nord- und
ostdeutschen Binnenland geht es teilweise runter bis auf 9 oder 8, vereinzelt
vielleicht sogar 7°C. Ganz anders im Süden und Südwesten, wo gerade in den stark
versiegelten Innenstädten sowie in mittleren Lagen (wo die Inversion voll
zuschlägt) die ein oder andere Tropennacht (nicht kühler als 20°C oder mehr)
ansteht.

Montag … verschiebt sich das Hoch noch etwas nach Osten, ohne den Abstand zum
Vorhersageraum aber zu groß werden zu lassen. Um 12 UTC erstreckt sich die Zone
vom Balkan über das östliche Mitteleuropa bis hoch zum Europäischen Nordmeer,
wobei der nördliche Teil vom Herrn MASCHAL, der südliche von LEANDER abgedeckt
wird. Nach Westen schließt sich eine Tiefdruckrinne an, die ausgehend vom
kräftigen Sommertief PETRA (am Mittag mit etwas unter 985 hPa zwischen Island
und Irland positioniert) bis hinunter nach Frankreich reicht. Wenn man so will,
gelangt Deutschland genau zwischen die Stühle, wobei – wenn auch mit schwachem
Antrieb – noch wärmere respektive heißere, vornehmlich in den Süden und Westen
auch feuchtere Luft advehiert wird. Die 15°C-Isotherme auf 850 hPa kommt bis zum
Abend bis etwa zu einer Linie Schwerin-Bad Muskau voran, die 20°C-Isotherme
überschreitet knapp den Main und erreicht im Westen den Niederrhein. Kein Wunder
also, dass bei einem wolkenlosen bis nur leicht bewölkten Himmel thermisch
geklotzt und nicht gekleckert wird. So steigt das Thermometer verbreitet auf 29
bis 36°C, wobei die höchsten Werte in den Flusstälern Südwestdeutschlands
(Oberrhein, Saar, Nahe, Mosel) erwartet werden. Nicht ganz so fett zur Sache
geht es in der Norddeutschen Tiefebene sowie im nordostdeutschen Binnenland, wo
„nur“ 25 bis 30°C auf der Agenda stehen. Wem das auch noch zu viel ist,
orientiere sich Richtung Küste oder noch besser auf die vorgelagerten Inseln, wo
die Chancen auf Seewind nicht schlecht stehen, was am Ende auf etwa 20 bis 24°C
maximal hinausläuft.

So weit, so gut, aber wie stehtŽs angesichts der geschilderten Rahmenbedingungen
eigentlich mit Gewittern? Keine Frage, eine notwendige Voraussetzung ist ganz
klar auf dem Vormarsch. So wird die subtropische Luftmasse insbesondere im Süden
und Westen nicht nur zusehends labiler, sondern auch feuchter. PPW klettert über
die 30mm-Marke, auch wenn die mittlere Troposphäre noch ziemlich trocken bleibt.
Die spezifische Grundschichtfeuchte tendiert gen 13/14, lokal 15 g/kg. Dass
damit zunehmende Schwüle und eine erhöhte Wärmebelastung einhergeht, ist
evident. Bemerkenswert ist aber auch die energetische Aufbereitung der
Luftmasse, die mit Hilfe der über weite Strecken ungehindert einwirkenden
Solarstrahlung MU-CAPE der Größenordnung 1500 bis 2500 J/kg, z.T. sogar noch
mehr generiert, das zunächst aber gut gedeckelt ist.

Die Frage ist nun, wer oder was leistet den Impuls, den Zündfunken, um den
Deckel zu sprengen und die potenzielle Energie in konvektive Umlagerungen zu
transformieren. Synoptisch-skalige Faktoren fallen komplett aus, unterbindet
doch der dem Bodenhoch nur zögerlich folgende Rücken jedwede Bemühungen, der
Wetterlage auch nur einen Hauch von Dynamik zu verleihen. Windkonvergenzen
kommen ebenfalls kaum in Frage, weil die Grundströmung noch luschiger ist als
Karo und Herz Sieben im Skat und das KKN ziemlich hoch liegt. Was bleibt, ist
die gewohnt treu ergebene thermisch-orografische Komponente. Die
Auslösetemperatur liegt im Süden und Südwesten grob zwischen erreichbaren 32 und
35°C und Berge gibt es auch (Alpen, Schwarzwald, Schwäbische Alb, Pfälzer und
Saar-Nahe-Bergland). In diesen Regionen besteht die „Hoffnung“ (wie immer eine
Frage der Perspektive), dass im Laufe der Nachmittags- und Abendstunden einzelne
Überentwicklungen induziert werden. Zudem gibt es die Möglichkeit, dass Gewitter
aus Ostfrankreich (Vogesen) oder später auch aus der schönen Schweiz den Weg zu
uns finden. In nahezu scherungsfreiem Umfeld bei nur wenig Höhenwind ist von
pulsierenden, wenig mobilen Einzelzellen auszugehen, die mit Starkregen
(Unwetter möglich), kleinerem Hagel und Böen 7-8 Bft einhergehen können. Gerade
im Anfangsstadium sind aber auch etwas größerer Hagel von 2-3 cm sowie durch die
inverse V-Struktur Temperatur-Taupunkt in der Grundschicht (schwere) Sturmböen 9
(10) Bft nicht völlig ausgeschlossen. Trotzdem, viel Geschreibsel für am Ende
wahrscheinlich nur wenig Konvektion. Schaun mer mal…

In der Nacht zum Dienstag zeigt sich das großräumige Strömungsmuster leicht
progressiv. Die Tiefdruckrinne rückt von Westen her ein und auch der Höhenrücken
macht etwas Boden nach Osten hin gut, ohne dabei aber den Vorhersageraum
gänzlich zu überqueren. Das erklärt dann auch, warum im Verbund mit dem
Tagesgang die ohnehin wahrscheinlich nur spärlich auftretende Konvektion kaum
Überlebenschancen hat. Nur ganz im Süden, schwerpunktmäßig im südöstlichen
Oberbayern deuten gleich mehrere Modelle die Möglichkeit weiterer Gewitter oder
schauerartiger Regenfälle an. Initiatoren könnten kleine Sekundär- und
Tertiärtröge sein, die aus den Alpen heraus in den im Süden etwas schneller nach
Osten vorankommenden Rücken hineinlaufen.

Im größten Teil des Landes gestaltet sich die Nacht gering bewölkt oder klar,
trocken und z.T. äußerst warm. So geht die Temperatur in den west- und
südwestdeutschen Ballungszentren nicht unter 22 oder 23°C zurück, während das
ost- und nordostdeutsche Binnenland auf Tiefstwerte unter 15°C hoffen darf.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag … ist der Hoffmann nach Sichtung der Spätläufe auch nicht schlauer
als der Frühdienst, der die möglichen Abläufe in seiner Übersicht sehr schön
erläutert hat. Dem ist an dieser Stell nix hinzuzufügen. Mehr dann wieder in den
morgigen Bulletins.

Modellvergleich und -einschätzung

In der Basis agieren die Modelle kongruent, was aber mitnichten alle Fragen zur
ab Montag laaaaangsam zunehmenden Gewitterbereitschaft beantwortet. Man kenntŽs…

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann