SXEU31 DWAV 011800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 01.08.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Kommende Nacht bis Freitagmittag vor allem in der (später nur noch östlichen)
Mitte teils gewittriger Starkregen mit Unwettergefahr.
Freitagnachmittag und -abend im Südwesten und ganz im Süden erneut einzelne
kräftige Gewitter, Unwettergefahr aber deutlich geringer als am Vortag.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland weiterhin unterhalb einer gradientarmen,
vor allem über der Mitte und dem Süden des Landes leicht „flatternden“
westlichen Höhenströmung. Die darin eingebetteten flachen Störungen resultieren
meistens aus größeren Gewittersystemen (MCS bzw. MCV), die seit dem gestrigen
Mittwoch mehrfach von Frankreich kommend vor allem die (eher südliche) Mitte des
Vorhersagegebietes ostwärts überquert haben bzw. überqueren.
Über Norddeutschland ist das Gradientfeld dagegen aktuell noch leicht
antizyklonal konturiert. Dort dominiert nach wie vor der Einfluss des Bodenhochs
„IGOR“ über der Nordsee, das sich allerdings mit Annäherung eines weiteren
Kurzwellentroges, der morgens die Deutsche Bucht erreicht, allmählich
abschwächt. Im Laufe der Nacht bleibt es dann lediglich noch Teil einer von der
Biskaya in einem Boden über den Ärmelkanal, Südostengland und der Nordsee bis
nach Südskandinavien bzw. zum Nordmeer reichenden Hochdruckbrücke. An deren
Südostflanke gelangt allerdings nach wie vor recht trockene und eine stabil
geschichtete Luftmasse nach Norddeutschland, so dass die Nacht dort
wettertechnisch ruhig verläuft bei angenehmen Tiefstwerten zwischen 16 und 11
Grad.
Ganz anders sieht es hingegen in der Mitte und im Süden aus. Bei
schwachgradientigen Druckverhältnissen ist dort nach wie vor eine warme und vor
allem sehr feuchte Luftmasse wetterbestimmend. Etwa südlich einer Linie
südliches Emsland-Niederlausitz zeigen die Soundings PPWs von 30 bis über 40 mm
bei teilweise nahezu feuchtegesättigten Aufstiegen bis in die mittlere
Troposphäre. Entsprechend sind dort – grob – aktuell zwei Gewittercluster aktiv,
einer über NRW, ein weiterer über Franken. Vorderseitig konnte sich die
Luftmasse bei teils geringer Bewölkung bei T850 hPa-Temperaturen zwischen 12
Grad im Nordwesten und 18 Grad in Südostbayern noch kräftig erwärmen auf Werte
von über 30 Grad im Osten Bayers und entsprechend wurden vor allem dort noch 500
bis 1000 J/kg ML-Cape generiert. Somit gab es am Vorderrand dieser Cluster vor
allem über dem Osten von Baden-Württemberg und in Franken teils schwere Gewitter
mit unwetterartigem Starkregen, nicht zuletzt auch aufgrund der geringen
Zuggeschwindigkeit und der zögernden Verclusterung mit einigen Mehrfachtreffen
regional eng begrenzt auch mit extremen Starkregen (z.B. Anfelden in
Mittelfranken mit 64 l/qm/h um 16 Uhr).
Beide Cluster lassen sich auch als flache kurzwellige Störung in 500 hPa
ausmachen und beginnen in den kommenden Stunden miteinander zu interagieren,
wobei der Kurzwellentrog über NRW dominant wird, ostwärts vorankommt und
Freitagfrüh mit seiner Achse in etwa über Sachsen-Anhalt, Westsachsen und
Tschechien aufschlägt. Auf dessen Vorderseite kann sich aus der aktuell in etwa
über der Mitte des Landes verlaufenden sehr flachen Tiefdruckrinne bis
Freitagfrüh ein flaches Bodentief (LARISSA“) irgendwo über Westsachsen/südliches
Sachsen-Anhalt etablieren. Im Bereich dieser Rinne bzw. in der Peripherie des
sich bildenden Bodentiefs spielt sich in der kommenden Nacht der Hauptteil der
konvektiven Aktivität ab. Das MCS über Franken kommt allmählich nordostwärts
Richtung Thüringen und Vogtland voran, während das System von NRW in den
kommenden Stunden das südliche Niedersachsen, Nordhessen und Teile von
Sachsen-Anhalt erfassen dürfte. Nach wie vor steht der Starkregen als
Begleiterscheinung im Fokus, vor allem in den Abendstunden und eingangs der
Nacht kann es auch noch größere Hagelansammlungen geben. Die
Unwetterwarnschwellen werden angesichts der hohen PPWs weiterhin rasch
überschritten, auch mehrstündig und regional eng begrenzt extrem. Für die erste
Nachthälfte im Zeitraum 18 bis 00 UTC zeigt I-D2-EPS im aktuellen Lauf recht
hohe Wahrscheinlichkeiten für ein Überschreiten der Unwetterwarnschwellen vor
allem vom östlichen Sauerland/Upland über Nordhessen bis nach Westthüringen, in
der zweiten nachthälfte verlagert sich das Hauptgeschehen dann in den Bereich
Ostthüringen/südliches Sachsen-Anhalt bis nach Ostsachsen/Südbrandenburg mit nur
zögernd abnehmenden Wahrscheinlichkeiten für Unwetter-Starkregen. Dieser dürfte
dann auch mehr und mehr „ungewittrig“ ausfallen, zumal I-D2 dann auch kaum mehr
MU-Cape auf der Agenda hat.
Rückseitig der Cluster deutet sich eine Art Stabilisierung an. Zwar wird die
feuchtwarme Luftmasse nicht wirklich ausgeräumt, die PPWs sinken allerdings
meist auf unter 30 mm. Aktuell ziehen von Frankreich her zwar noch ein paar
Gewitter nach Baden-Württemberg und auch am Südrand des MCS über NRW gibt es
noch einzelne Gewitter, diese sollten sich in den kommenden Stunden eingangs der
Nacht aber bald abschwächen. Gebietsweise ist es dann gering bewölkt, innerhalb
der feuchten Luft können sich ein paar flache Nebelfelder bilden und es bleibt
mit Minima zwischen 21 und 17 Grad sehr mild bis warm.
Am Rande sei noch erwähnt, dass auch im Norden die Nacht nicht mehr so gering
bewölkt wie die Vornächte ausfällt. Dichtes mittelhohes Gewölk weitet sich wohl
sogar bis nach Vorpommern und Schleswig-Holstein aus, gebietswiese fallen dort
ein paar Regentropfen, Meist bleibt es aber trocken.

Freitag … ziehen Tief „LARISSA“ und der korrespondierende Kurzwellentrog am
Vormittag rasch Richtung Polen ab, während der vor allem in 300 hPa recht scharf
konturierte Kurzwellentrog über der Deutschen Bucht auf Nord- bzw.
Nordostdeutschland übergreift. Am Rande des abziehenden Bodentiefs verschärft
sich der Gradient vor allem in Teilen Bayerns und Sachsens vorübergehend und der
Wind frischt mit Böen Bft 7, in den Kamm- und Gipfellagen Bft 8 bis 9 aus
Nordwest auf. Dazu fällt vor allem am Vormittag, wahrscheinlich auch bis in die
Mittagsstunden an der Westflanke de Tiefs kräftiger, konvektiv durchsetzter
Regen, vereinzelt sind auch noch Gewitter dabei. Im östlichen Sachsen und in
Südbrandenburg können nochmals unwetterartige Mengen (über 35 bis 50 l/qm) in 3
bis 6 Stunden fallen, I-D2-EPS hat im Zeitraum 06 bis 12 UTC recht hohe
Wahrscheinlichkeiten dafür auf der Agenda.
Ansonsten gelangt rückseitig des Tiefs von Nordwesten her erst einmal eine
deutlich stabilere und auch trockenere Luftmasse in weite Teile des
Vorhersagegebietes, wobei der Gradient nach Abzug des Tiefs rasch wieder
aufweicht und Wind bzw. Advektion entsprechend abnehmen. Die PPWs sinken
allgemein, außer im Südwesten und im äußersten Süden, auf unter 30 mm bei 10 bis
14 Grad in 850 hPa. Somit lockern die Wolken zeitweise stärker auf, vor allem im
Nordwesten scheint auch länger die Sonne. Im Südwesten und Süden kann die
Luftmasse mit der Einstrahlung wieder hochreichend labilisieren, an der Grenze
zu Frankreich, Schweiz und Österreich steigt PPW erneut auf über 30 mm und es
können 500 bis 1000 J/kg, gebietsweise mehr ML-Cape generiert werden. Vor allem
in diesen Regionen können sich am Nachmittag und Abend trotz kaum vorhandenen
dynamischen Hebungsinputs vor allem orographisch getriggert erneut einzelne
kräftige Gewitter (mit Starkregen, kleinem Hagel und stürmischen Böen)
entwickeln, wobei die Unwettergefahr deutlich geringer ausfallen dürfte als
heute. Gleichwohl dürfte das Kriterium für Unwetter-Starkregen aufgrund der
geringen Zuggeschwindigkeit und der hohen PPWs lokal eng begrenzt vereinzelt
überschritten werden, am ehesten wohl vom Schwarzwald bis nach Oberschwaben bzw.
ins Allgäu. Angesichts der Cape kann bei frischen Entwicklungen auch kurzzeitig
mal Hagel größer 2 cm nicht ausgeschlossen werden.
Im Rest des Landes sollte es dagegen kaum mehr für Schauer reichen, am ehesten
vielleicht noch hinter dem abziehenden Cluster in den östlichen Mittelgebirgen,
wobei dann ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen werden kann.
Die Höchsttemperaturen erreichen meist Werte zwischen 22 Grad im Norden bzw.
Osten und 28 Grad im Südwesten, an der See um 20 Grad, wobei die Luftmasse nun
auch in der Mitte und im Süden als deutlich angenehmer empfunden werden dürfte.

In der Nacht zum Samstag zieht der kurwellige Höhentrog Richtung Polen ab,
gefolgt von einem ebenfalls kurzwelligen Rücken, der morgens die Nordwesthälfte
Deutschlands erreicht.
Im Bodenfeld schiebt sich ein flacher Hochkeil von Südwesten her ins
Vorhersagegebiet, im Nordwesten setzt dagegen vorderseitig eines okkludierten
Frontensystems, das zu einem hochreichenden Zentraltief südlich von Irland
gehört und morgens den Westteil der Deutschen Bucht erreicht, später wieder
leichter Druckfall ein.
Die feuchte Luftmasse über dem Südwesten und Süden des Landes mit PPWs um oder
knapp über 30 mm kann sich wieder bei allerdings beständigem Entrainment etwas
trockenerer Luft weiter nördlich etwas nach Nordosten vorarbeiten. Ganz im Süden
kommt die Schauer- und Gewittertätigkeit somit nu sehr langsam zur Ruhe, an den
Alpen und im südlichen Vorland eventuell auch gar nicht. Nach wie vor kann dabei
Starkregen auftreten, Unwetter sind aber im Laufe der Nacht eher
unwahrscheinlich.
Bevor die Wolken im Nordwesten morgens wieder dichter werden, bleibt es in
vielen Landesteilen – außer ganz im Südwesten und Süden – locker bis gering
bewölkt, teils sogar wolkenlos. Die Tiefstwerte liegen allgemein zwischen 18 und
11 Grad, mit den höheren Werten im Südwesten.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Samstag … schwenkt der flache kurzwellige Rücken über Deutschland hinweg
ostwärts, dahinter dreht die Höhenströmung mit Annäherung des zum Zentraltief
bei Island gehörenden Troges, der abends bereits die Britischen Inseln überquert
hat, auf Südwest.
Die Okklusion über der Nordsee zeigt deutliche Auflösungstendenzen, allerdings
nähert sich die teilokkludierte Kaltfront des Zentraltiefs südlich von Island
und erreicht am späteren Abend den äußersten Nordwesten des Vorhersagegebietes.
Präfrontal kann sich die feuchte Luftmasse über der Südwesthälfte allmählich
weiter nach Norden und Nordosten vorarbeiten mit PPWs von 30 bis 35 mm und
gebietsweise mehr als 500 J/kg Cape und erfasst bis zum Abend weite Teile des
Vorhersagegebietes, abgesehen von der Osthälfte. Dynamischer Hebungsinput ist
dabei vor allem im Nordwesten geboten, ansonsten müssen die Orographie bzw.
lokale Konvergenzen als Trigger für Auslöse herhalten. Im Süden dürfte die
Konvektion aus der Nacht heraus am Vormittag nur kurz zur Ruhe kommen, mangels
Deckel geht es bereits am späten Vormittag bzw. um die Mittagszeit, wohl
ausgehend von den Mittelgebirgen wieder los mit ersten, teils kräftigen
Gewittern, über die zentralen und westlichen Mittelgebirge arbeitet sich die
Konvektion dann allmählich nordnordwestwärts vor. Ale Begleiterscheinungen
kommen vor allem Starkregen, aber auch kleinkörniger Hagel und stürmische Böen
in Frage, Unwetter bzgl. Starkregen können erneut nicht ausgeschlossen werden,
sollten aber die Ausnahme darstellen.
In den Südwesten und äußersten Westen sickert bereits eine etwas trockenere und
stabilere Luftmasse, dort gibt es kaum mehr Schauer und auch in der Osthälfte
sollte es trocken bleiben.
Bei 10 bis 13 Grad in 850 hPa und vor allem nach Osten und Südwesten zu auch
längeren sonnigen Abschnitten wird es sommerlich warm mit Höchstwerten zwischen
23 und 28 Grad, an den Küsten etwas darunter.

Modellvergleich und -einschätzung

Nach wie vor simuliert ICON-D2 noch hohe Wahrscheinlichkeiten für
Unwetter-Starkregen in den oben genannten Regionen, was angesichts der sich
aktuell mehr oder weniger deutlich abschwächenden Gewitteraktivität etwas
zweifelhaft erscheint. Nun denn – warten wir mal ab, das Bodentief („LARISSA“)
muss sich ja erst einmal noch richtig entwickeln und auch SuperHD simuliert
unwetterartige Mengen, wenngleich mit einer etwas anderen räumlichen Verteilung
(Südbrandenburg wenig bis gar nichts, Südniedersachsen dafür etwas mehr).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff