SXEU31 DWAV 231800 COR

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 23.07.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Heute markante Gewitter, gebietsweise im Nordwesten und über der
Mitte unwetterartig durch Starkregen und Hagel. In der Nacht zum
Mittwoch unter Abschwächung ostwärts abziehend. Nachfolgend unter
Hochdruckeinfluss ruhiges Sommerwetter.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Aktuell … *** Korrektur, da die Übersicht wegen eines technischen
Problems in einer unkorrigierten Version verschickt wurde! ***

erfasst uns die teilokkludierte Kaltfront von Tief ILSE, die zuletzt
im Übergangsbereich der Seegebiete „Fischer“ und „Deutsche Bucht“ mit
einem Kerndruck von rund 1012 hPa analysiert wurde und zu 11:30Z im
Begriff war knapp nördlich von Esbjerg (Dänemark) an Land zu gehen,
was sich gut mit der Numerik deckt.

Etwas komplexer gestaltet sich die Höhentrogpassage, die ILSE
begleitet. Dieser Trog liegt zu 12Z mittig über der Nordsee und weist
im IPV Feld besonders entlang seiner Basis recht hohe Werte auf, die
sich im WV Loop auch durch eine zunehmende Abtrocknung bemerkbar
machen. Dieser Abtrocknungszone vorauslaufend hat sich ein
schwächerer Impuls entwickelt, der den Nachmittag über den Nordwesten
Deutschlands überquert und in eben dieser Region die Progressivität
der Front vorübergehend vermindert.

Entsprechend zeichnet sich im Nordwesten bis in die Abendstunden in
den ID2-EPS Vorhersagen im 6-std. Niederschlag ein Streifen mit recht
hohen Wahrscheinlichkeitswerten (30-45%) für unwetterartige
Regenmengen dank einer zögerlichen Verlagerung der Gewitter bzw.
wiederholten Treffen an einem Ort. Das niederschlagbare Wasser liegt
dort bei rund 35 mm mit präfrontalen Vorhersagesoundings, die rund
1000 J/kg MUCAPE and 10 m/s hochrechender Scherung zeigen. In diesen
Bereichen vom Grenzbereich zu den Niederlanden (Drenthe/Groningen)
über Bremen bis Hamburg dürften somit wiederholt Unwetterwarnungen
ausgegeben werden mit dem Fokus „Starkregen“. Zum Nachmitttag/Abend
deuten die Vorhersagehodographen der Lokalmodelle von Niedersachsen
bis in die Anhalt recht gute Bedingungen für einige seichte (aber
moderat bezüglich Intensität) Mesos an dank stärkerem effektivem
Inflow bei sehr niedrigem LCL. Hier kann ein Tornado zum späten
Nachmittag/Abend nicht ausgeschlossen werden.

Weiter südlich richtet sich der Fokus dann auf den Haupttrog, der
einen recht markanten Jet mit rund 80 kt in 300 hPa bzw. 55 kt in 500
hPa in die Mitte Deutschland lenkt (peripher der Abtrocknungszone).
Dessen linker Jetauszug überstreicht den Nachmittag/Abend über weite
Bereiche der Mitte des Landes, wo die Vorhersagehodographen mit bis
zu 20 m/s hochreichender Scherung sehr zuversichtlich stimmen, dass
sich organisierte Konvektion entwickeln kann. Dies wird zudem durch
ein recht breites Windmaximum in 700 hPa mit bis zu 35 kt gestützt,
dass diesen Bereichen auch erhöhte 0-3 km Scherung liefert. Versucht
man einen Korridor mit lokal erhöhtem Unwetterpotenzial
herauszuarbeiten, so ergibt sich in etwa eine Schiene vom östlichen
RLP über Hessen bis nach Thüringen und Franken, wo neben der
genannten Scherung auch ein rasch absinkenden LCL und mehr als 150
J/kg LLCAPE überlappen. Bei MUCAPE-Werten von teils bis zu 1000 J/kg
dürften einige der Zellen langlebig und organisiert nach Osten ziehen
und auch einzelne Superzellen mit Hagel und Böen sind möglich. Die
genannten Parameter heben auch ein latentes Potenzial für einzelne
Tornados hervor. Auch hier gilt aber bei PWs von bis zu 35 mm, dass
Starkregen lokal bis in den Unwetterbereich berücksichtigt werden
muss.

Die Konvektion im Osten (MV, Brandenburg) läuft bis zum Abend
zunehmend aus der Labilität heraus, sodass hier insgesamt mit einem
Abschwächungstrend zu rechnen ist und der Großteil als „markant“
bewarnt werden dürfte.
Von Sachsen bis nach Bayern passiert bis zum Abend deutlich weniger. Bei
moderater Labilität sind nur einzelne Schauer zu erwarten, während
Baden-Württemberg von einigen Schauern/Gewittern erfasst wird, die bei MUCAPE um
800 J/kg im Nordenund üppiger Scherung ebenfalls markant ausfallen sollten.

Die abendlichen Werte liegen im Westen postfrontal bei 18 bis 23 Grad
und präfrontal im Osten und Süden noch bei 24 bis 27 Grad.

Der Wind kommt frisch bis stark aus West, über der Mitte leicht
exponiert teils auch böig mit teils stürmischen Böen auf dem Brocken.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Trog weiter nach Osten und von
Westen beginnt der Luftdruck allmählich zu steigen.

Zunächst müssen wir noch im Verlauf der ersten Nachthälfte noch die
Reste der Gewitter verarbeiten. Einerseits scheint der Streifen mit
organisierter Konvektion über Hessen einen recht üppigen Cluster nach
Thüringen zu schicken, der in der Folge auch Sachsen erfasst und
transiente bow Signaturen aufweisen kann (abhängig von Ausbildung des
cold pools). Entsprechende Unwetterkriterien sind vor allem beim
Regen lokal zu suchen, wenngleich das Meiste dann doch eher zunehmend
markant zu bewarnen sein sollte. Weiterhin gilt, dass ein lokales
Tornadopotenzial bis in die erste Nachthälfte übernommen wird und
sollte sich in der Tat ein Bogensegment ausbilden, dann könnten z.B.
im Erzgebirge (etwas abgehoben) markante Böen bis in den Bft 9
Bereich denkbar sein.

In Süddeutschland laufen die Schauer und Gewitter zunehmend in
CAPE-Werte von unter 500 J/kg, sodass deren Intensität sukzessive
nachlässt, wenngleich die günstige Scherung weiterhin einzelne
markante Zellen hervorrufen dürfte (Böen und Starkregen).
Ansonsten sorgt der thermische Höhentrog postfrontal im Westen noch
für einige Schauer, in Richtung RLP/Saarland und Baden-Württemberg
wird es im Verlauf der Nacht immer trockener.

Bei einem mäßigen Nordwestwind (mit einzelnen stürmischen Böen auf
dem Brocken und Fichtelberg) liegen die Tiefstwerte bei 16 bis 10
Grad.

Mittwoch … ist der Höhentrog im Begriff Deutschland zügig ostwärts
zu verlassen, sodass sich rückseitig eine glatte und leicht
antizyklonal konturierte Höhenströmung einstellen kann, bevor zum
Abend ein Randtrog auf den Nordwesten Deutschlands übergreift.
Von der Schichtung ergibt sich das klassische Profil nach Passage
einer Kaltfront, deren thermischer Abdruck besonders unterhalb von
750 hPa am stärksten ausgeprägt war. Daher sollte sich in rund
600-750 hPa eine Inversion etablieren, während darunter leicht labile
Verhältnisse im Tagesverlauf aufgebaut werden können.

Somit dürfte der Tag wolkenverhangen beginnen mit einigen Schauern
(besonders über der Mitte und im Osten sowie am Alpenrand). In
Richtung Oder und Lausitz kann noch ein letztes Gewitter aus der
Nacht heraus nicht ausgeschlossen werden.
Im weiteren Tagesverlauf hängt es innerhalb der Numerik davon ab, wie
labil die Schichtung gerechnet wird. Momentan wird die eher
überschaubare Schiene verfolgt, sodass davon auszugehen ist, dass
sich die Schauer bis zum Nachmittag eher auf den östlichen Bereich
der zentralen Mittelgebirge beschränken (Unterfranken bis in die
Lausitz). Sonst lockert die Bewölkung immer weiter auf und zum späten
Nachmittag und Abend scheint im Süden und Westen recht häufig die
Sonne.

Der erwähnte Kurzwellentrog interagiert mit dieser hochreichend eher
stabil geschichteten Luftmasse sowie mit einem seichten 1018 hPa
Bodenhoch, sodass diese Welle wohl nur durch ein Band hoher Bewölkung
im Norden/Nordosten bemerkbar machen dürfte.

Zusammengefasst also ein zunehmend freundlicher Tag mit insgesamt
deutlich nachlassender Schauertätigkeit.

Die Höchstwerte liegen in der postfrontal kühleren Luftmasse (T850
Werte von +5 bis 10 Grad von Nord nach Süd) bei 21 bis 27 Grad mit
den höchsten Werten am Oberrhein.

Der West- bis Nordwestwind weht mäßig bis frisch mit einzelnen Böen
Bft 7 im Umfeld der Ostsee.

In der Nacht zum Donnerstag sorgt ein umfangreiches und seichtes
Bodenhoch sowie eine erneute Keilaufwölbung (nach Passage des
Kurzwellentroges) für eine ruhige Nacht.
Nach Abklingen letzter lokaler/schwacher Schauer erwartet uns eine
teils klare, teils wechselnd bewölkte Nacht mit etwas Dunst im Süden.

Die Tiefstwerte liegen bei durchlüftungsfreundlichen 13 bis 8 Grad,
im Umfeld der Eifel lokal auch etwas darunter.

Der Wind kommt im Umfeld von Rügen weiterhin böig aus Nordwest, sonst
schwach bis mäßig. Im Südwesten kommt dieser aus unterschiedlichen
Richtungen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Donnerstag … wandert das Bodenhoch nach Osten und wird in der Höhe
weiterhin durch einen Keil gestützt. Die T850 hPa Werte steigen von
Südwesten an und erreichen zum Abend in Richtung Bodensee/Breisgau
wieder die +15 Grad. Der Tag verläuft meist freundlich, sieht man von
dekorativen Haufenwolken entlang der Orografie sowie etwas hoher WLA
Bewölkung ab. Inwiefern sich zum Nachmittag/Abend in den Nordwesten
einzelne Schauer mogeln ist noch unsicher (peripher einer sich
strukturierenden und nordostwärts ziehenden Warmfront).

Die Höchstwerte liegen im Norden in den Resten der modifizierten
Meeresluft bei 21 bis 24 Grad und steigen sonst im Binnenland auf 25
bis 29 Grad. Der schwache bis mäßige Wind kommt im Osten eher aus
Nordwest und im Westen zunehmend aus Südwest.

In der Nacht zum Freitag nähert sich von Benelux eine Kaltfront, die
recht strömungsparallel liegt und daher nur zögernd ostwärts
vorankommt. Peripher dieser Aufgleitfläche nimmt die Schauerneigung
im Nordwesten im Verlauf der Nacht zu. Bei einer stabilen Schichtung
soll die Wahrscheinlichkeit für Gewitter sehr gering ausfallen. Im
Süden und Osten bleibt es trocken und meist klar.

Die Tiefstwerte liegen von Nordwest nach Südosten zwischen 17 du 9
Grad und der Wind kommt insgesamt schwach bis mäßig aus Süd (im Osten
eher Südost, im Westen eher Südwest).

Modellvergleich und -einschätzung

Die Numerik weist innerhalb der Kurzfrist kaum nennenswerte
Abweichungen auf, was nicht nur den Haupttrog, sondern auch die
Kurzwellen betrifft.

Zum Donnerstag nehmen die Diskrepanzen mit einem Trog nördlich von
uns zu, wobei ICON/EZ diese nordwärts abziehen lassen, während GFS
diesen in Richtung Ostsee verlagert. Da dies stromab unseres
Vorhersagebereich stattfindet sind keine Auswirkungen auf unser
Wetter zu erwarten. Dies zeigt jedoch, dass der nächste Trog über
Nordwesteuropa leicht variabel bezüglich Amplitude berechnet wird
(GFS geringere Amplitude, während ICON/EZ diesen etwas „schärfer
konturiert“ nach Südosten bringt).

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy