#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Sonntag, den 21.07.2024 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 21.07.2024 um 10.30 UTC
Nach vorübergehender leichter „Abkühlung“ ab Donnerstag – außer im Nordwesten –
wieder sommerlich warm, aber zunächst nicht heiß. Kommendes Wochenende eventuell
markante Gewitterlage mit Unwetterpotenzial.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 28.07.2024
Zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, am Mittwoch, befindet sich das
Vorhersagegebiet im Einflussbereich eines von Südskandinavien bis ins östliche
Mitteleuropa reichenden Höhentroges unterhalb einer recht flauen nordwestlichen
Höhenströmung. Bis Donnerstagfrüh kommt dieser Trog allmählich ostwärts voran
und weicht einem Höhenrücken, der sich vorderseitig eines Trogvorstoßes bei
Island über den Britischen Inseln aufwölbt und in der Nacht zum Donnerstag auf
die Nordsee übergreift.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief über Südschweden zieht nur langsam
Richtung mittlere Ostsee und füllt sich allmählich auf. Dessen Kaltfront
passiert Mittwochvormittag noch den Südosten Deutschlands, ihr folgt ein Schwall
erwärmter Subpolarluft (T850 hPa zwischen 7 und 11 Grad), wobei sich von
Frankreich her ein Bodenhochkeil bis zur Nacht zum Donnerstag auf das gesamte
Vorhersagegebiet ausweitet.
Somit setzt sich im Südwesten und Westen bereits tagsüber rasch wieder die Sonne
durch und es bleibt trocken, während es sonst noch einzelne Schauer, im Südosten
anfangs auch Gewitter geben kann. Spätestens in der Nacht zum Donnerstag bleibt
es dann aber überall trocken.
Am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag schwenkt der Höhenrücken allmählich
ins Vorhersagegebiet, während sich der Langwellentrog über dem nahen Ostatlantik
mit Drehzentrum bei Island zögernd Westeuropa annähert.
Über dem Vorhersagegebiet kann sich vorübergehend eine eigenständige
Hochdruckparzelle etablieren, die in der Nacht zum Freitag langsam Richtung
Tschechien bzw. Österreich zieht. Derweil überquert das Frontensystem des
zentralsteuernden Bodentiefs über Island mit fortschreitendem Okklusionsprozess
die Britischen Inseln südostwärts und greift in der Nacht zum Freitag auf die
Nordsee über.
Somit verläuft der Tag im Vorhersagegebiet störungsfrei und vor allem im Süden
und in der Mitte scheint die Sonne. Die Luftmasse beginnt sich wieder zu
erwärmen (T850 hPa Donnerstagabend zwischen 8 Grad im Nordosten und 13 Grad im
Südwesten). In der Nacht zum Freitag werden die Wolken dann im Nordwesten
allmählich dichter und morgens fällt dort auch etwas Regen.
Am Freitag und in der Nacht zum Samstag greift der Langwellentrog über
Westeuropa auf die Britischen Inseln über. Vorderseitig kann sich der
Höhenrücken über Mitteleuropa durch WLA weiter verstärken und kommt kaum mehr
ostwärts voran. Somit bleiben weite Teile des Vorhersagegebietes in dessen
Einflussbereich und auch im Bodenfeld verstärkt sich eine vom Alpenraum über das
östliche Mitteleuropa bis zur südlichen Ostsee reichende Hochdruckzone.
Das Frontensystem des Islandtiefs kommt somit über der Nordsee nur noch zögernd
südostwärts voran, dessen Warmfront überquert im Tagesverlauf Nordwest- und
Norddeutschland mit leichten Regenfällen, während die Kaltfront in der Nacht zum
Samstag noch westlich von uns ins Schleifen gerät. Im Warmsektor gerät erneut
sehr warme Luft subtropischen Ursprungs ins Vorhersagegebiet und lässt die 850
hPa-Temperatur bis Samstagfrüh auf 11 Grad im Nordosten und bis 18 Grad im
Südwesten steigen. Während es im Nordwesten eher bewölkt bleibt, scheint sonst
zeitweise, im Südwesten und Süden häufig die Sonne und es wird vor allem im
Süden und Osten sommerlich warm, im Südwesten bis an die 30 Grad.
Am Samstag bleiben wir auf der Vorderseite des Langwellentroges über den
Britischen Inseln und die Nordsee unterhalb einer recht glatten südwestlichen
Höhenströmung, weiter östlich bleibt der Höhenrücken robust und kann sich noch
verstärken. Dabei überquert ein kurzwelliger Troganteil die Nordsee
nordostwärts, wodurch die schleifende Kaltfront im Bodenfeld ab Samstagabend und
in der Nacht zum Sonntag mit einzelnen Schauern und eventuell auch kräftigen
Gewittern allmählich Nordwestdeutschland überquert.
Somit bleibt es im Süden und Osten tagsüber meist sonnig oder locker bewölkt und
sommerlich warm bis sehr warm, nach Südosten zu auch heiß, während die Sonne im
Nordwesten geringere Spielanteile hat und im Nordseeumfeld die 20 Grad wohl nur
knapp überschritten werden.
Am Sonntag nimmt der Langwellentrog über Westeuropa an Fahrt auf und überquert
in der Nacht zum Montag auch Deutschland südostwärts. Die Kaltfront des nach
Skandinavien ziehenden Bodentiefs überquert im Tagesverlauf auch die
Südosthälfte des Landes, gerät dort aber vorübergehend ins Schleifen, so dass es
präfrontal eventuell noch kräftige Gewitter geben kann. Postfrontal folgt ein
Schwall maritimer Subpolarluft (T850 hPa Montag 00 UTC zwischen 6 Grad über der
Nordsee und 12 Grad an den Alpen).
Rückseitig wölbt sich ein kräftiger Höhenrücken über die Britischen Inseln
nordnordostwärts bis ins Nordmeer auf und stützt ein Bodenhoch über den
Britischen Inseln, das sich über die Nordsee und Benelux bis Montagfrüh ins
Vorhersagegebiet ausweitet und bis auf den Alpenrand, wo die schleifende Front
für weitere Regenfälle sorgt, beruhigt sich das Wetter rasch wieder.
In der erweiterten Mittelfrist, also zu Beginn übernächster Woche, sorgt dann
das Hochdruckgebiet, dessen Schwerpunkt sich allmählich ins Vorhersagegebiet
bzw. zur Nordsee verlagert, für ruhiges und sommerlich warmes bis sehr warmes
Wetter.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Bis einschließlich Freitag erweist sich der aktuelle IFS-Lauf als konsistent zu
seinen beiden Vorgängern. Einzig die Frontpassage am Freitag über
Nordwestdeutschland wurde im gestrigen 12 UTC-Lauf etwas markanter simuliert als
in den beiden 00 UTC-Läufen von gestern und heute.
Den vorübergehenden Vorstoß sehr warmer bis heißer Luftmassen vor allem in den
Süden und in die Mitte Deutschlands am Samstag hat vor allem der gestrige 12
UTC-Lauf nicht so markant auf der Agenda. Insgesamt ist das Strömungsmuster in
500 hPa in beiden gestrigen Läufen etwas zonaler aufgestellt, der Vorstoß des
Langwellentroges nach Westeuropa am Samstag und dessen Passage über das
Vorhersagegebiet am Sonntag bzw. in der Nacht zum Montag haben beide gestrige
Läufe nicht so im Programm. Stattdessen soll nach Lesart des gestrigen 12
UTC-Laufes ein recht markanter Kurzwellentrog bereits am Samstag Norddeutschland
passieren, nach Lesart des gestrigen Laufes erfolgt diese Passage etwas später
und weiter nördlich. Somit kann die schwülheiße Luftmasse nach beiden Läufen
nicht so weit nach Norden vordringen wie im aktuellen.
Die Wetterberuhigung zu Beginn übernächster Woche haben dann alle Läufe wieder
auf der Agenda, wenngleich die Achse des vorstoßenden Hochdruckgebietes bzw. des
Hochkeils in allen Läufen leicht unterschiedlich simuliert wird.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bis Freitag unterscheiden sich die globalen Modelle nur wenig voneinander.
Lediglich die Trog- und Frontpassage über Nordwestdeutschland wird vom ICON
etwas markanter simuliert als von den meisten anderen Modellen.
Dieser markantere und sich nur langsam verlagernde Trog im ICON verhindert auch
am Samstag den Vorstoß eines weiteren Langwellentroges Richtung Westeuropa, den
neben IFS auch GFS und GEM ähnlich auf der Agenda haben. Stattdessen ist der
sich über dem östlichen Mitteleuropa aufwölbende Rücken im ICON nicht so robust
aufgestellt und entsprechend kann die schwülheiße Luft am Samstag nicht so weit
nordwärts vordringen wie in den anderen Modellen.
Während GEM einen Mittelweg zwischen IFS und ICON einschlägt, simulieren UK10
und vor allem GFS eine markantere Austrogung über Westeuropa, so dass sich der
Langwellentrog insgesamt als weniger progressiv erweist. Auf dessen Vorderseite
kann die schwülheiße Luftmasse weiter nordwärts vordringen als nach IFS und wird
vor allem nach GFS etwas später, nämlich erst am Sonntag tagsüber und in Form
einer wohl Unwetter-Gewitterlage wieder verdrängt.
Die Wetterberuhigung zu Beginn kommender Woche haben dann alle Modelle im
Programm, wenngleich diese nach GFS nicht nachhaltig ausfällt und bereits am
Dienstag der nächste Höhentrog auf Mitteleuropa übergreift.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Im Zeitraum 72 bis 96 Stunden verteilen sich alle ENS-Member, Haupt- und
Kontrolllauf auf einen Cluster (Großwetterlagenregime „Blocking“), der die vom
Hauptlauf simulierte Wetterentwicklung gut wiedergibt.
Der nächstfolgende Zeitraum (120 bis 168 Stunden) hat zwei Cluster auf der
Agenda (jeweils 26 bzw. 25 Member, Haupt- und Kontrolllauf in CL 1). Beide
zeigen am Freitag den markanten Trogvorstoß über dem Ostatlantik und Westeuropa
(Großwetterlagenregime NAO positiv). Während CL 1 dann zum Sonntag hin den über
dem östlichen Mitteleuropa aufwölbenden Höhenrücken sehr robust und bis weit
nach Nordeuropa reichend simuliert und der auf Mitteleuropa zusteuernde
Langwellentrog quasi über der Nordsee „verhungert“, hat CL2 den Höhenrücken vor
allem über dem östlichen Mitteleuropa deutlich schwächer auf der Agenda, so dass
- ähnlich wie im gestrigen 12 UTC-Lauf des IFS – kurzwellige Troganteile bereits
am Samstag bzw. ind er Nacht zum Sonntag das nördliche Mitteleuropa und vor
allem auch Norddeutschland passieren können und die schwülwarme Luftmasse bis
dorthin nicht vordringen kann.
In der erweiterten Mittelfrist (192 bis 240 h) wird dann ein ganzes Potpourri
von Lösungen angeboten (6 Cluster), wobei vier Cluster (CL 1, 3, 4 und 6),
ähnlich wie der Hauptlauf (in CL3) Richtung Blocking und recht stabiler
Hochdrucklage tendieren, während z.B. CL 2 den Übergang zu einer eher zyklonalen
West- bis Südwestlage auf der Agenda hat (ähnlich wie GFS) und CL 5 Richtung
kühler Nordwestlage tendiert.
Die Kurvenschar der 850 hPa-Temperatur in den Rauchfahnen für verschiedene, über
das Vorhersagegebiet verteilte Gitterpunkte zeigt in einem relativ engen Spread
einen deutlichen Aufwärtstrend von Mittwoch bis Freitag, wobei dieser im Süden
und Südwesten auch bis Samstag anhält, während der Spread vor allem in den
norddeutschen Gitterpunkten bereits ab Freitag größer wird. Viele Member lassen
z.B. die 10 Grad-Isotherme gar nicht im Norden ankommen, einige reichen aber
auch dort sogar noch knapp über die 15 Grad hinaus.
Ab der Nacht zum Sonntag zeigen dann die meisten Member einen deutlichen
Temperaturrückgang, wobei die Streuung aber deutlich größer wird und selbst in
Norddeutschland sich einige wenige Member quasi durchgehend um die 15
Grad-Isotherme, im Süden sogar gar nicht so wenige nahe 20 Grad bewegen.
Niederschlagssignale sind am Donnerstag und Freitag in den süd- und
südostdeutschen Gitterpunkten meist Fehlanzeige, im Nordwesten und Norden treten
diese dagegen bereits in der Nacht zum bzw. am Freitag vielfach auf.
Am Wochenende haben dann in allen Rauchfahnen viele Member Niederschläge auf der
Agenda (am wenigsten noch die im Nordwesten und Norden), mit abnehmender Tendenz
dann wieder zu Beginn kommender Woche.
FAZIT:
Bis Freitag steht der grobe Fahrplan mit einem vor allem am Freitag leicht
unbeständigen Nordwesten und ansonsten meist störungsfreier und warmer bis sehr
warmer Witterung.
Am Wochenende dürfte dann eine Kaltfront das Vorhersagegebiet passieren; ob das
im Vorfeld mit unwetterartigen Gewittern einhergeht (vor allem GFS, UK10), ist
aber noch fraglich.
Danach bleibt es tendenziell recht warm (nur wenige Member mit etwas markanterem
Temperaturrückgang), aber wohl leicht unbeständig.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Signifikante Wettererscheinungen stehen zunächst so gut wie keine auf der
Agenda. Je nach Übergreifen der Kaltfront am Freitag auf Nordwestdeutschland
kann es dort eventuell einzelne Gewitter geben, die aber kaum oder höchstens
ganz vereinzelt markanten Warnkriterien genügen.
Unsicher dann die Wetterentwicklung am Wochenende. Vor allem nach Lesart des GFS
und UK10 kann auf der Vorderseite des auf Westeuropa vorstoßenden
Langwellentroges eventuell ein Schwall sehr warmer bis heißer und instabiler
Luftmassen vorübergehend bis in den Norden Deutschlands vordringen. Im Vorfeld
einer Kaltfront, die irgendwann zwischen Samstagabend und der Nacht zum Montag
das Vorhersagegebiet ostwärts überquert, sind dann kräftige Gewitter mit
Unwetterpotenzial durchaus in Betracht zu ziehen. Diese Entwicklung wird aber
nicht von allen Modellen geteilt und ist noch entsprechend unsicher.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX (allerdings zu hohe Maxima am kommenden Sonntag)
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff