SXEU31 DWAV 091800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 09.07.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Erneut Gewitter bis hin zum Unwetter. Schwülwarm.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Aktuell … liegt Deutschland an der Vorderseite eines Langwellentroges, dessen
Achse mal mehr über dem nahen Ostalantik, mal über Westeuropa zu finden ist.
Dieser Trog wird durch kurzwellige, von Westen hereinlaufende Anteile wiederholt
regeneriert, so dass insgesamt eine südwestliche Strömung bestehen bleibt. Diese
steilt aktuell durch einen in die Biskaya schwenkenden Teiltrog stärker auf,
wodurch Subtropikluft aus dem westlichen Mittelmeerraum nach Deutschland
gelangt. Diese Luftmasse hat es in sich. Nahezu flächendeckend erreicht MU- und
KK-CAPE 500 bis 1500 und im Südosten bis über 3000 J/kg. Zudem weist die
Luftmasse einen hohen Feuchtegehalt mit Flüssigwasser zwischen 30 und 40 mm auf.
Im Südosten erreicht die bodennahe spezifische Feuchte zudem bis 15 g/kg. Das
sind alles Parameter, die für eine ausgewachsene Schwergewitterlage hinreichend
wären. Allerdings spielt die Dynamik vorerst noch nicht mit, hochreichende
Konvektion wird durch einen flachen, nur zögernd nach Nordosten ablaufenden
Höhenrücken weitgehend unterbunden, was sich in Form einer ausgeprägten
Deckelung der Labilität zeigt. Allenfalls über dem südwestdeutschen Bergland
sowie in und unmittelbar an den Alpen können einzelne Überentwicklungen nicht
ganz ausgeschlossen werden. Dann werden rasch die Schwellenwerte für Unwetter,
sei es durch hefigen Starkrege oder größere Hagelansammlungen, überschritten.
Am späten Abend und in der ersten Nachthälfte der Nacht zum Mittwoch ändert sich
das Bild. Kurzwellige, über den äußersten Westen und den Nordwesten Deutschlands
nord-nordostwärts ablaufende Tröge generieren Hebung, was von Benelux her
zunächst auf die Gebiete westlich des Rheins Gewitter übergreifen lässt. Die
Scherung erreicht sowohl niedertroposphärisch als auch hochreichend signifikante
Werte für organisiertere Strukturen hochreichender Konvektion, die sich durchaus
staffelartig anordnen kann, auch Bow Echos können zustande kommen. Hier ist
vermehrt der Fokus auf Sturm- und schwere Sturmböen zu richten; auch orkanartige
Böen sind nicht auszuschließen. Im Falle von Superzellen kann auch größerer
Hagel auftreten.
In der zweiten Nachthälfte weiten sich diese Gewitter bis auf die mittleren
Landesteile aus. Da die Gewitter aus den Kurzwellentrögen herauslaufen, erfolgt
eine Abschwächung der konvektiven Aktivität. Neben der fehlenden Dynamik macht
sich auch das Minimum des Tagesganges bemerkbar. Sturmböen sind nach wie vor
möglich; auch mehrstündiger Starkregen kann noch auftreten, für Unwetter sollte
es nicht mehr reichen.
Weiter nach Osten hin hält sich noch Hochdruckeinfluss, was konvektive
Umlagerungen weitgehend unterbindet.
Bei Tiefsttemperaturen zwischen 21 und 16 Grad zeichnet sich vielerorts und
nicht nur in Ballungsgebieten eine Tropennacht ab.

Mittwoch … greift ein breiter Trog auf den Westen und Südwesten Deutschlands
über, so dass sich eine zyklonale Südwestströmung einstellt. Dieser Trog wird
durch Kaltluftadvektion überlaufen, was die Konvektion von Nordwesten und Westen
her dämpft. Zudem erfolgt eine Stabilisierung. Gestützt durch diese
Kaltluftadvektion weitet sich von Frankreich her ein schwacher Zwischenhochkeil
ostwärts aus. In dessen Bereich lockern die Wolken zusehends auf.
Die oben beschriebene Luftmasse ist weiter im Osten Deutschlands zu finden und
wird rasch weiter ostwärts abgedrängt. Dabei ist noch unsicher, wie rasch dies
erfolgt. Sehr wahrscheinlich geht dieser Prozess rascher vonstatten, so dass zur
tagesgangsbedingt interessantesten Zeit diese Luftmasse mitsamt einer flachen
Tiefdruckrinne nebst bodennaher Feuchtekonvergenz bereits über Polen liegt. Zwar
erreicht noch CAPE 1000 bis 1500 J/kg und der Gehalt an niederschlagbarem Wasser
35 bis 45 mm, aber Entrainment von trockenerer Luft aus dem sich
hereinschiebenden Hochkeil entschärft diese Luftmasse zusehends. Im Osten und
Südosten können sich daher noch Gewitter entwickeln, die mühelos das markante
Kriterium, vor allem hinsichtlich von Starkregen, erreichen. Auch Hagel kann
noch auftreten. Unwetter sind jedoch zusehends weniger wahrscheinlich, aber
nicht auszuschließen. Zuvor gibt es in diesen Gebieten noch größere
Auflockerungen, was die relativ hohen Werte für CAPE erklärt.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 25 bis 29, im Osten in schwülwarmer Luft
Werte um 30 Grad. In Nordseenähe werden Maxima um 22 Grad erreicht.

In der Nacht zum Donnerstag weitet sich vor der Iberischen Halbinsel der
wetterbestimmende Trog wieder etwas nach Süden aus, so dass über Mitteleuropa
die südwestliche zyklonale Strömung bestehen bleibt. Abgesehen vom Nordosten und
vom Südosten, wo sich noch Reste sehr feuchter Luft halten und konvektive
Umlagerungen mit teils mehrstündigem Starkregen initiiert werden können, kommt
die Konvektion weitgehend zum Erliegen. Im Süden und in der Mitte Deutschlands
sind die Luftdruckgegensätze gering, so dass sich flache Nebelfelder bilden
können.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Donnerstag … schwenkt der Trog weiter in Richtung Iberischer Halbinsel, was
über Mitteleuropa die zyklonale Südwestströmung noch etwas aufsteilen lässt.
Hierdurch gelangt dann wieder feuchtere, wärmere und auch labilere Luft nach
Deutschland. Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser seigt dann erneut auf 35 bis
40 mm und CAPE erreicht 500 bis etwa 1500 J/kg, wobei die Deckelung gegenüber
heute merklich geringer ist. Somit können sich mit je nach Modell
unterschiedlichen Schwerpunkten erneut Gewitter entwickeln, die vor allem nach
Südwesten hin, wo die Scherung am ausgeprägtesten ist, auch einen höheren
Organisationsgrad aufweisen können. Squall lines, vielleicht auch Superzellen
wären dann die Folge. Unwetter durch heftigen Starkregen und (schwere)
Sturmböen, im Südwesten zudem durch größeren Hagel sind nicht auszuschließen.
Übereinstimmend nach allen Modellen ist die Schichtung im Nordwesten, etwa von
Schleswig-Holstein bis zum Niederrhein, zu stabil, was konvektive Umlagerungen
weitgehend unterbindet. Daher sind dort auch größere Auflockerungen am
wahrscheinlichsten. Die gemäßigtere Luftmasse in diesen Gebieten dämpft auch die
Temperaturentwicklung, so dass nur 21 bis 25 Grad zu erwarten sind. Ansonsten
werden bei hoher Schwüle 25 bis 30 Grad erreicht.

In der Nacht zum Freitag erreicht der Trog, weiter ostwärts schwenkend,
Westfrankreich. Hierdurch setzt sich das Aufsteilen der südwestlichen Strömung
fort. Darin eingelagert laufen kurzwellige Anteile nach Nordosten ab, so dass
die Konvektion nicht zum Erliegen kommt. Ab schauerartig verstärkte und
gewittrige Starkregenfälle bereits über die Mitte hinweg auf den Nordosten
übergreifen (ICON) oder auf den Westen und Südwesten beschränkt sind (EZMW und
UK10) oder bereits die Oder und die Alpen erreichen (GFS) ist noch unsicher.
Signale von mehrstündigem Starkregen bis in den Unwetterberiech hinein lassen
sich bei mehreren Modellen finden. Übereinstimmend bei allen Modellen bleibt der
Nordwesten und größtenteils auch die Mitte Deutschlands von derartigen
Entwicklungen verschont. In diesen Gebieten setzt sich im Laufe der Nacht
merklich stabilere Luft durch.

Modellvergleich und -einschätzung

Die verfügbaren Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann