SXEU31 DWAV 031800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 03.07.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Eine Störung jagt die nächste, Schwerpunkt aber allmählich nordwärts verlagernd.
Aus Süden freundlicher und wärmer. In der Nordhälfte windig, an der See und in
Gewitternähe stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Aktuell … mag man etwas verwundert auf die Bodenanalyse schauen, auf der trotz
eines ausgeprägten Regenbandes keinerlei Fronten über Deutschland zu finden
sind. Vor allem über Süddeutschland ist noch ein regelrechter „Regenkuchen“ mit
eingelagerten konvektiven Verstärkungen zu finden, der punktuell teils 10-15
Liter auf den Quadratmeter binnen einer Stunde und flächendeckend 10-20 bringt
beziehungsweise gebracht hat.

Primär ist dafür ein ausgeprägter Höhentrog verantwortlich, dessen Hauptachse
von der Deutschen bucht bis nach Tirol reicht und langsam ostwärts schwenkt. Bis
in den Frühstunden hat sie uns ostwärts verlassen. Stromauf schließt sich aber
bereits ein neues Frontensystem an, das als zunehmend okkludierende Front des
Zentraltiefs südlich von Island schon weite Teile der Britischen Inseln ostwärts
überquert hat. Infolge dessen Annäherung hat beriets von Westen WLA und damit
eine Stabilisierung der Schichtung eingesetzt, wodurch auch der Trog von Westen
zugeschüttet wird und die westliche Strömung einmal durchglättet.

Bis Mitternacht erfasst die WLA nahezu die gesamte Westhälfte des Landes, bis
morgen Früh dann auch die Osthälfte. Somit gibt es nur eine vorübergehende
Regenpause, nachdem sich die aktuellen Niederschläge vor allem noch zwischen
Sachsen und den Alpen länger Zeit „ausgetobt“ haben. In der 2. Nachthälfte setzt
von Westen bei Aufzug mehrschichtiger Bewölkung neuer Regen ein, beziehungsweise
einzelne Schauer gehen in diesen über.

In den Frühstunden stößt das IPV Maximum des elliptisch langgestreckten
Höhentiefkerns in die innere Deutsche Bucht vor, was zu einer deutlichen
Aktivierung und Labilisierung der Schichtung im Umfeld der dann aufziehenden
Kaltfront (Okklusionspunkt wahrscheinlich irgendwo im Bereich Nordfrieslands)
sorgt. So kristallisiert sich dann eine linienhafte Struktur heraus, die von
Sylt bis ins Emsland reicht, in der auch schon einzelne Gewitter eingelagert
sind. Die PPW’s liegen zwischen 25 und 30 mm, die Front ist aber schmal und
zieht recht schnell. Daher dürfte vor allem Wind das maßgebende Thema bei der
Passage sein, zumal allein aus dem Gradienten heraus an der Nordsee stürmische
Böen um 70 km/h (Bft 8) aus Süd bis Südwest, mit Frontpassage aus West bis
Nordwest auftreten. An exponierten Abschnitten sind auch einzelne Sturmböen bis
85 km/h (Bft 9) gut vorstellbar. Im Binnenland reicht es aufgrund der Tageszeit
aber wenn überhaupt nur für einzelne steife Böen Bft 7.

Da längere Auflockerungen selten bleiben, liegen die Tiefstwerte meist nur wenig
unterhalb der Nachmittagstemperaturen mit meist zwischen 14 und 10°C, im
Mittelgebirgsraum teilweise bei 7°C.

Donnerstag … gelangen wir auf die diffluente Vorderseite des angesprochenen
Höhentiefs. Dieser ist flankiert von einem kräftigen Jet in 300 hPa, der mit
Geschwindigkeiten bis 140 Knoten von Benelux Richtung Münsterland vorstößt. Die
Nordhälfte gelangt im Tagesverlauf auf die linke Jetausgangsseite und damit in
den hebungsgünstigen Bereich. Zunächst ziehen über der Nordhälfte noch leichte
Aufgleitniederschläge durch, der Warmsektor wird aber immer schmaler und rasch
folgt die Kaltfront nach.

Diese erreicht bereits in den Frühstunden den äußersten Nordwesten, erstreckt
sich um die Mittagszeit in etwa vom Darß bis ins Nordhessische Bergland und
schwenkt am Abend über Oder du Erzgebirge hinweg ostwärts ab. Die Kaltfront ist
eingebettet in einen sich immer besser ausbildenden Bodentrog, wodurch eine
recht ruppige Passage der Kaltfront bei Oberwinden zwischen 30 und 40 Knoten in
850 hPa zu erwarten ist. Beim ICON-D2 kann man eine linienartige Struktur
erkennen, mit eingelagerten diskreten Zellen. Das verwundert nicht angesichts
erhöhter Scherungswerte (0-3 km bis 15-20 m/s im Frontbereich über
Norddeutschland) und wenigen hundert J/kg ML CAPE.

Externe, konvektionserlaubende Modelle wie AROME oder Super HD simulieren die
linienhaften Strukturen (gewohnt) intensiv und damit betonter als das ICON-D2.
Der LPI lässt von der Mitte bis in den Nordosten einzelne Gewitter zu,
insbesondere in den Nachmittagsstunden. Mit Durchzug der Kaltfront kommt es
vorübergehend zu Windböen, im Falle eingelagerter, kräftigerer
Konvektionssegmente zu Sturmböen (Bft 8/9). Dies wird auch vom ID2-EPS
angedeutet (vor allem von Ostthüringen bis Sachsen 10-30%).

Auffällig ist zudem ein Maximum an 0-1 km Scherung, dass sich knapp vor der
Kaltfront aufbaut. Die Hodographen schauen im Bereich bis 1 km auch recht
ansprechend aus und das HKN liegt durch den vorgelagerten Regen des sich
aufzehrenden Warmluftsektors teilweise unter 500 m. Es ist also durchaus
möglich, dass sich ein vereinzelter Tornado entwickeln kann.

Postfrontal trocknet die Luftmasse deutlich ab, wie man der Tendenz der
spezifischen Feuchte entnehmen kann. Damit kann sich postfrontal auch immer mal
wieder die Sonne zeigen. Am späteren Nachmittag kommen dann im Trogbereich an
der Nordsee neue Schauer und vereinzelte kurze Kaltluftgewitter auf.

Über der Südhälfte bekommt man davon nur wenig mit. Abgesehen von einzelnen
Schauern, die ab spätestens 600 hPa gedeckelt sind (Lapse Rates blau) scheint
auch immer mal wieder die Sonne. Da kaum einmal die -10°C an der Oberkante
erreicht wird und auch von der Dynamik nicht sonderlich große Hebungsimpulse auf
der rechten Flanke des Jets ausgehen sollten, bleiben Gewitter dort die Ausnahme
und die Auslöse startet vor allem vom Bergland aus ostwärts (Schwarzwald, Alb,
Odenwald, Rhön).

Bezüglich der Windentwicklung beschäftigt uns nicht nur die Kaltfrontpassage,
sondern auch der generelle Druckgradient zwischen Tief CAPRICE vor der Südküste
Norwegens und dem sich postfrontal erneut kräftigenden Keil des Azorenhochs über
der Biskaya. Im Norden und Nordwesten kommt es in diesem Zusammenhang wiederholt
zu steifen Böen (Bft 7), an der See auch zu Sturmböen (meist Bft 8, Richtung
Nordfriesland, Fehmarn, Arkona vereinzelt auch zu Bft 9) aus Südwest bis West.
Einzelne Böen Bft 7 treten auch in einigen Kamm- und Leelagen der Mittelgebirge
auf und sind bereits warntechnisch berücksichtigt. Hinsichtlich der
Windwarnungen für die Kaltfrontpassage bestehen gerade nach Osten hin noch
größere Unsicherheiten, was die Aktivität/Geschlossenheit und Labilität im
Frontbereich betrifft, weshalb dort spätestens nach der morgigen Frühkonferenz
„scheibchenweise“ nachgesteuert werden dürfte (Sachsen-Anhalt,
Berlin/Brandenburg, Ostsachsen).

In der Nacht auf Freitag verbleibt der Vorhersageraum unter Trogeinfluss.
Tagesgangbedingt gibt es aber nur wenige Schauer. Ausgenommen davon ist das
Küstenumfeld, wo es wiederholt zu Schauern und auch kurzen Kaltluftgewittern
kommt, die von steifen, an auflandigen Abschnitten auch Sturmböen (Bft 8 bis 9)
begleitet sind. Sonst zeigt der Wind in der zweiten Nachthälfte eine allmähliche
Abnahmetendenz.

Ganz im Süden gibt es in Alpennähe bei häufig stärkerer Bewölkung (Reste der
Kaltfront), noch geringe Niederschläge. Sonst kann es gebietsweise auch mal
stärker und länger aufklaren. Die Minima liegen damit in der frisch
eingeflossenen Meeresluft (T850 meist bei 3 bis 7°C) recht niedrig zwischen 13
und 7 Grad.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag … Zonalisierung und vor allem im Norden frontale Streifschüsse mit
Durchschwenkenden WLA-Felder am Südrand des mehrkernigen Tiefs über Skandinavien
und im Vorfeld einer neuen Welle über Irland. Anfangs von Schleswig-Holstein bis
nach Usedom noch überwiegend konvektiv geprägte Niederschläge mit lokalen
Kaltluftgewittern.

Im Süden und Osten unter schwachem Hochdruckeinfluss oft freundlich und trocken
sowie allmähliche Erwärmung auf wieder sommerliches Niveau von 23 bis 26°C. Im
Norden meist noch unter 20°C. Vor allem in Küstennähe weiterhin teils stürmisch,
Windböen mit Tagesgang bis zur Mittelgebirgsschwelle ausgreifend. Keine
signifikanten Änderungen gegenüber der Frühübersicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Im Großen und Ganzen sind sich die Modelle in den Basisfeldern einig.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Robert Hausen