S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 27.06.2024 um 10.30 UTC

Schwergewitterlage beendet Hochsommer-Wetter. Nächste Woche unbeständig, mäßig
warm bis kühl und mitunter sehr windig.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 04.07.2024

Zu Beginn der Mittelfrist am kommenden Sonntag liegt Deutschland im
Einflussbereich eines umfangreichen Langwellentroges mit einem hochreichenden
Drehzentrum über der Norwegischen See. Vorderseitig eines über Deutschland
nordostwärts schwenkenden Kurzwellentroges wird ein für die Jahreszeit
ungewöhnlich kräftiges Bodentief gestützt, das sich von Ostdeutschland zur
mittleren Ostsee verlagert und sich auf gut 995 hPa vertieft. Das damit in
Verbindung stehende mesoskalige konvekive System (MCS), das bereits ab
Samstagabend von Südwesten her für eine Schwergewitterlage sorgen dürfte mit
teils extrem heftigem Starkregen, anfangs auch schweren Sturm- oder Orkanböen
und größerem Hagel, zieht wahrscheinlich schon vormittags nach Nordosten ab.
Übrig bleibt ein Stark- bzw. Dauerregenband, das mit einer anfangs schleifenden
Kaltfront in Verbindung gebracht werden kann, die in einen nach Südwesten
zurückhängenden Bodentrog eingelagert ist. Vom Westen und Südwesten bis in den
Norden und Nordosten können dabei gebietsweise 20 bis 40 mm innerhalb von 6 bis
12 Stunden zusammenkommen, durch gewittrige Verstärkungen möglicherweise auch
höhere Mengen um 60 mm (UNWETTER). Nimmt man die Niederschläge, die im Zuge des
MCS ab Samstagabend fallen, noch dazu, sind vor allem im Südwesten und Westen
regional erhebliche Mengen von 100 l/qm und mehr innerhalb von 12 bis 24 Stunden
möglich.

Mit Annäherung der Haupttrogachse bekommt die Kaltfront in der zweiten
Tageshälfte Schub und zieht nach Südosten durch. Die subtropische Warmluft (T850
im Osten anfangs noch bei rund 20 Grad) wird dabei durch deutlich kühlere
Meeresluft subpolaren Ursprungs ersetzt (T850 im Westen auf 4 Grad
zurückgehend). Je nach Timing können im Südosten und Osten präfrontal nochmal
kräftige Gewitter entstehen. Zwar ist die labilste Luft bereits nach Osten
verdrängt worden, den Zellen steht aber immerhin noch bis zu knapp 1000 J/kg
CAPE und mäßige hochreichende Scherung zur Verfügung. Zudem liegen die PPWs noch
bei rund 40 mm, sodass neben größere Hagel und (schweren) Sturmböen bei
organisierten Entwicklungen auch lokal heftiger Starkregen auftreten kann. Im
Warmsektor des Tiefs kommt es auch gradientbedingt zu kräftigen Böen, teils im
stürmischen Bereich.

Am Montag greift die Haupttrogachse auf Deutschland über und schwenkt bis zum
Tagesende ostwärts durch. Zudem läuft aus einem Trog bei Grönland ein
kurzwelliger Anteil heraus und zieht zu den Britischen Insel, womit die Strömung
über dem Nordatlantik und Westeuropa zonalisiert. Zwischen den Tiefs über
Nordeuropa und einem zu den Alpen gerichteten Azorenhochkeil fließt mit
westlicher Strömung in den Süden mäßig warme, in den Norden kühle Meeresluft ein
(T850 zwischen 4 und 10 Grad). Der Trog labilisiert die Luft, sodass sich
wechselhaftes Schauerwetter mit kurzen Gewittern einstellt. Bei mäßiger Scherung
sind vereinzelt organisierte Entwicklungen mit stürmischen Böen möglich.

Am Dienstag folgt einem flachen Rücken der nächste Kurzwellentrog, hinter dem
sich am Mittwoch auch über Deutschland die zyklonale Westlage durchsetzt. Auch
im Bodenfeld setzt sich die westliche Strömung zwischen dem Keil an den Alpen
und den Tiefs über dem Nordatlantik und Nordeuropa fort. Staffelweise
übergreifende Frontensysteme bringen zeitweise Regen, dazwischen gibt es neben
zahlreichen Wolken und Schauer aber auch kurze sonnige Momente. Mit Bodentrögen
frischt der Wind zeitweise auf, vor allem im Norden und Westen. Bevorzugt im
Bergland und an der Nordsee sind stürmische Böen oder Sturmböen möglich.

Am Donnerstag beginnt es über dem Nordatlantik etwas stärker auszutrogen. Durch
die vorderseitig in Gang kommenden WLA wölbt sich ein breit angelegter Rücken
über Westeuropa auf, dessen Achse im Verlauf auch auf Deutschland übergreift.
Der Azorenhochkeil über dem Alpenraum und Süddeutschland verstärkt sich dabei
und es bildet sich eine eigenständige Hochparzelle aus. Dadurch beruhigt sich
das Wetter, die Niederschläge werden seltener und die Sonnenanteile nehmen zu.

In der erweiterten Mittelfrist kommen wir auf die Vorderseite des
Atlantiktroges. In der sich dabei einstellenden Südwestströmung wird wieder
deutlich wärmere Luft zu uns geführt. Der Hochdruckeinfluss schwächt sich aber
langsam ab, hinter einer wohl bis zum Wochenende übergreifenden Kaltfront und
der damit einhergehenden Gewitterlage setzt sich alsbald auch wieder kühlere
Luft durch. Ergo: Kein beständiges Sommerwetter im Siebenschläferzeitraum!

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Dem deterministischen IFS kann insgesamt eine gute Konsistenz bescheinigt
werden. Zweifelsfrei startet die Mittelfrist mit einer Schwergewitterlage, die
schon am Samstagabend ihren Lauf nimmt und am Sonntag in eine ebenfalls mitunter
unwetterartige Starkregenlage mündet. Danach simulieren alle Läufe den Übergang
zu einer zyklonalen West- bzw. Troglage. Naturgemäß ergeben sich mit der Zeit
gewisse Unterschiede in Phase und Ausprägung des Trog-Rücken-Musters, am
generellen unbeständigen, windigen und mäßig warmen, im Norden gar kühlen
Wettercharakter ändert das aber nichts.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Auch die anderen Modelle zeigen keine wirklich signifikant vom IFS abweichende
Entwicklung. Zwar ergeben sich ab Wochenbeginn durchaus größere Unterschiede in
Position und Ausprägung der Wellen, dies scheint aber keine wesentliche
Prognoserelevanz zu haben.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Aus dem IFS-EPS lassen sich keine neuen Erkenntnisse ableiten. Bezüglich der
Temperatur ergibt sich nämlich über weite Strecken eine sehr enge Bündelung der
Einzelmember. Einem Peak am Samstagabend und in der Nacht zum Sonntag folgt ein
herber Absturz am Sonntag und nachfolgend eine wenig spektakuläre
„Seitwärtsbewegung“ bis Mittwoch. Ab Donnerstag weitet sich die Rauchfahne
stärker auf. Der deterministische Lauf finden sich mit seiner deutlichen
Erwärmung am oberen Ende der Memberschar, die anderen Member sind da
konservativer.

Beim Geopotenzial legt der Spread zwar schneller und deutlicher zu, dies ist
aber im Wesentlichen nur auf gewisse Phasenverschiebungen des Wellenmuster
zurückzuführen. Auffällig ist aber auch hier, dass der deterministische Lauf am
Ende ganz oben wiederzufinden ist.

Das GFS-Ensemble ähnelt dem des IFS ziemlich. Auch hier zeigt sich ein größerer
Spread bei der Temperatur ab Donnerstag, wenngleich eine Mehrheit eine deutliche
Erwärmung favorisiert.

FAZIT:
Die Schwergewitterlage, die zum Ende der Kurzfrist ab Samstagabend ihren Lauf
nimmt, wirkt sich auch bis in die Mittelfrist aus und mündet am Sonntag in eine
ebenfalls mitunter unwetterartige Starkregenlage. Das Gesamtereignis könnte vor
allem im Südwesten und Westen regional extreme Niederschlagsmengen von um oder
über 100 l/qm bringen.
Nachfolgend setzt sich eine zyklonale West- bzw. Troglage durch, die zwar
unbeständiges, mäßig warmes, im Norden gar kühles und teils sehr windiges Wetter
bringt, die Unwettergefahr ist dann aber gebannt.
In der zweiten Wochenhälfte deutet sich eine zumindest vorübergehende
Wetterberuhigung an. Ob es dann auch wieder deutlich wärmer wird, wie vom
IFS-Hauptlauf simuliert, ist aber unsicher.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER/STARKREGEN (teils extremes UNWETTER!):
In der Nacht zum Sonntag vom Südwesten und Westen bis zur Mitte schwere Gewitter
mit teils (extrem) heftigem Starkregen zwischen 40 und 80 l/qm innerhalb von
wenigen Stunden, großem Hagel und schweren Sturm- oder Orkanböen,
Sonntagvormittag bis in den Norden und Nordosten vorankommend, wahrscheinlich
aber etwas abschwächend.
Nachfolgend Übergang zu teils kräftigem, länger anhaltendem Regen. Vom Westen
und Südwesten bis in den Norden und Nordosten gebietsweise nochmal 20 bis 40
l/qm, stellenweise um 60 l/qm innerhalb von 6 bis 12 Stunden.
Von Samstagabend bis Sonntagabend vor allem im Westen und Südwesten (westliches
BW, RP, SL, westliches HE, NRW) durch Gewitter und nachfolgenden Starkregen
extreme Gesamtmengen von mehr als 100 l/qm möglich!
Sonntagnachmittag im Osten und Südosten einzelne Gewitter mit Starkregen, Hagel
und Sturmböen. Lokale Unwetter nicht ausgeschlossen.

Montag bis Mittwoch wiederholt kurze Gewitter möglich, ganz vereinzelt mit
stürmischen Böen.

STURM:
Am Sonntag in der Südosthälfte auch abseits der Gewitter stürmische Böen (8 Bft)
gering wahrscheinlich, in exponierten Hochlagen Sturmböen (8-9 Bft)
wahrscheinlich.
Montag bis Mittwoch generell windig, in Hochlagen sowie an der Küste
(insbesondere an der Nordsee) zeitweise stürmische Böen (8 Bft) wahrscheinlich,
in tieferen Lagen des Nordens und Westens nicht ausgeschlossen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det.+EPS, MOS-MIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser