SXEU31 DWAV 231800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 23.06.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Sommerlich-antizyklonaler Wochenstart. Erst im weiteren Verlauf von Süden und
Südosten wieder unbeständiger.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland inmitten eines breiten Hochkeils (BIE),
der sich ausgehend vom Azorenhoch bis zum östlichen Mitteleuropa erstreckt.
Gestützt wird der Keil von einem Potenzialrücken, der sich von der Iberischen
Halbinsel in nordöstlicher Richtung ausweitet. Dabei legt er sich zwischen einen
langsam über das Baltikum und Belarus ostwärts abziehenden Trog und ein
abgeschlossenes Höhentief, dessen Drehzentrum in der Nacht von der Nordspitze
Korsikas etwas ost-südostwärts driftet. Unter dem Strich ergibt das insbesondere
im Geopotenzialfeld ein wunderschön konfiguriertes High-over-low-Muster, in dem
der Vorhersageraum ganz klar auf der antizyklonalen Seite zu finden ist. Noch,
muss man sagen, denn mittelfristig wird sich das Blatt wieder wenden. Genaueres
dazu in der heutigen Synoptischen Übersicht Mittelfrist.

An dieser Stelle gilt es erst mal die kommende Nacht zu würdigen, was aber
schnell erledigt ist. Der Tageszeit entsprechend löst sich die Quellbewölkung
verbreitet auf, was auch für die einzelnen, im Süden heute noch mal in
Erscheinung getretenen Schauer gilt. Trotzdem halten sich dort gebietsweise
einige Restwolken. Ansonsten bilden sich bei windschwachen Verhältnissen
örtliche Nebelfelder, wobei die Wahrscheinlichkeit dafür im Norden und
Nordwesten am größten ist. Ob es angesichts der sehr kurzen Nachtlänge reicht,
die Sichtweite irgendwo auf unter 150 m zu drücken, ist fraglich. Was passieren
kann, dass mit dem nordwestlichen Wind tiefe, hochnebelartige Bewölkung von der
Nordsee her in den äußersten Norden zieht.

In der abgetrockneten subpolaren Meeresluft (xPs) gehtŽs thermisch runter auf 16
bis 10°C, in einigen Tal- und Muldenlagen der Mittelgebirge sowie in Teilen der
Norddeutschen Tiefebene auf 10 bis 6°C.

Montag … starten wir mit einem antizyklonalen Cut-Off in die neue Woche.
Gemeint ist die Abschnürung des Bodenkeils BIE vom Mutterhoch, was in eine
abgeschlossene 1020-hPa-Parzelle mündet. Deren Zentrum dürfte um 12 UTC unweit
von Helgoland aufschlagen, um von dort relativ zügig den Weg zur westlichen
Ostsee anzutreten (00 UTC). So oder so, mit Hilfe des sich noch weiter nach
Norden und Osten ausweitenden Höhenrückens sowie des damit verbundenen Absinkens
(Inversion im Nordwesten runter bis auf 900 hPa, im Süden weiterhin um 750 hPa)
ist der Wirkungsradius von BIE groß genug, um dem Vorhersageraum einen
sommerlichen, weitgehend trockenen Endjunitag zu bescheren.

Durch die Rechtsdrehung der Grundströmung auf Nord (Nordhälfte) bis Nordost
(Süden; dort leichte Bisenlage mit Böen 6, am Hochrhein sowie am Bodensee
vielleicht einige untere 7 Bft) trocknet die Luftmasse weiter ab, wodurch die
Sonnenanteile gegenüber heute zunehmen. Zwar bilden sich auch morgen wieder aus
der labilen Grundschicht heraus verbreitet Quellwolken, in der Summe aber
weniger als heute. Die meiste Restfeuchte hält sich im Süden, trotzdem sind
Schauer aufgrund der limitierten vertikalen Ausdehnung der Kumulanten sowie der
positiven Temperaturen an der Wolkenobergrenze eher unwahrscheinlich. Im Norden
dauertŽs etwas, bis die gebietsweise dichte Bewölkung aus der Nacht ausreichend
perforiert wird, um der Sonne Platz zu machen.

Mit steigender 850-hPa-Temperatur auf 9°C im Nordosten und bis zu 14°C im Süden
geht es auch in 2 m Höhe bergauf. So stehen verbreitet 23 bis 28°C auf der
Karte, lediglich in direkter Seenähe sowie naturgemäß in höheren Lagen bleibt es
frischer.

In der Nacht zum Dienstag ändert sich wenig bis nix am Setup. Der Umzug unseres
Hochs BIE zur Ostsee wurde bereits erwähnt. Auf seiner Süd-Südwestflanke greift
einmal mehr der Tagesgang: fast komplette Wolkenauflösung, kaum Nebel
(inzwischen zu trockene Grundschicht) und Abkühlung auf 16 bis 8°C.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag … bleibt uns der Höhenrücken zwar weiterhin erhalten, trotzdem lohnt
es sich, auch mal wieder etwas genauer in der erweiterten Nachbarschaft
vorbeizuschauen. Zuerst wäre da das Höhentief im Süden zu erwähnen, das zwar
immer noch über dem Tyrrhenischen Meer herumdümpelt, gleichwohl aber leichte
Tendenzen zeigt, sich in Richtung Norden zu orientieren. „Baustelle“ #2 liegt
über dem nahen Atlantik, wo sich inzwischen ein veritabler Potenzialtrog
niedergelassen hat, der am Südwestrand der Biskaya klare Abtropfambitionen
zeigt. Mit anderen Worten, zyklonale Spießgesellen bringen sich, wenn auch noch
mit einigem Sicherheitsabstand, in Stellung, um im weiteren Verlauf auch bei uns
wieder zuzuschlagen.

Erste Teilerfolge sind insofern zu vermelden, als dass der Luftdruck anfängt zu
fallen und das Hoch BIE in Richtung Baltikum abgeschoben wird. Nennenswerte
Auswirkungen beschränken sich zunächst aber nur auf den äußersten Süden
(Alpenrand + unmittelbar angrenzendes Vorland sowie passend zum heutigen
Fußballabend die deutsch-schweizer Grenzregion). Dort wird die alternde
Luftmasse nicht nur etwas wärmer (Anstieg T850 auf bis zu 16°C), sondern auch
potenziell instabiler und feuchter (PPW um 30 mm). Durch die solare Einstrahlung
erfolgt eine energetische Aufbereitung, so dass am Nachmittag teils über 1000
J/kg ML-CAPE zur Verfügung stehen. Zwar hapert es an dynamischen
Auslöseimpulsen, auch wenn vielleicht ein kleiner, das „tyrrhenische“ Höhentief
umkreiselnder Sekundärtrog den Alpenhauptkamm überschreitet. Stattdessen dürfte
zuverlässig wie eh und je die Orografie in die Bresche springen, um die eine
oder andere Überentwicklung in die Höhe schießen zu lassen. Zwar ist die
Scherung vergleichsweise mau, trotzdem könnte es für ein paar Multizellen,
vielleicht sogar für eine Superzelle reichen. Aufgrund der relativ verhaltenden
Zuggeschwindigkeit der Zellen (10-15 Kt) bei gleichzeitig hochreichender
Durchfeuchtung steht Starkregen (lokal WU) ganz oben auf der Agenda begleitender
Erscheinungen. Ausgeschlossen ist aber auch größerer Hagel nicht, wohingegen
Wind/Sturm aufgrund fehlender trockener Einschübe bzw. fehlender inverser
V-Struktur (siehe auch geringes D-CAPE) keine große Rolle spielen dürfte.

Um hier aber keinen falschen Eindruck zu wecken, im größten Teil des Landes und
anfangs auch im äußersten Süden verläuft der Dienstag sonnenscheinreich mit
einigen flachen, meist hochbasigen Quellungen. Der komplett auf östliche
Richtungen drehende Wind lebt mitunter leicht böig auf und sorgt für eine gute
Durchmischung, die am Ende Tageshöchsttemperaturen zwischen 24 und 30°C zutage
fördert.

Modellvergleich und -einschätzung

Die verschiedenen Modelle liefern extrem kongruente Basisfelder, die scheinbar
auch auf die Ensembleprognosen abfärben (u.a. sehr enge Kurvenführung bei den
IFS-EPS-Rauchfahnen). Wie bereits in der Frühübersicht erwähnt, unterscheiden
sich die Modelle vor allem in der Parametrisierung der tiefen Bewölkung. Dabei
scheint der negative Bias (also zu viel Bewölkung) bei IFS doch etwas zu stark
ausgeprägt zu sein.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann