S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 19.06.2024 um 10.30 UTC

Vor allem im Süden unbeständig mit Schauern und Gewitter, an den Alpen am
Wochenende Dauerregen möglich. Sonst im Verlauf zunehmender Hochdruckeinfluss
und allmähliche Erwärmung.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 26.06.2024

Im Laufe der Mittelfrist stellt sich die Großwetterlage grundlegend um. Die
Modellguidance favorisiert den Aufbau einer neuen Blockierungslage der Marke
„High-Over-Low“ mit einem kräftigen, hochreichenden Hochdruckgebiet irgendwo
zwischen den Britischen Inseln, der Nordsee und Südskandinavien und einem
Cut-Off-Tief über dem nördlich-zentralen Mittelmeerraum. Die Ausprägung und
Positionierung der beiden Protagonisten obliegen natürlich noch gewissen
Unsicherheiten, die vor allem für den Süden auch eine gewisse Prognoserelevanz
haben.

Die Umstellung nimmt schon zu Beginn der Mittefrist am kommenden Wochenende
ihren Lauf. Auf der warmen Seite der weit nördlich ansetzenden, sehr kräftigen
und vorübergehend stark zonalisierten Frontalzone mit einem Jet-Streak vom
Nordatlantik über das Nordmeer bis nach Mittelskandinavien sorgt fortwährende
WLA für einen kräftigen Potenzialanstieg über Westeuropa. Der zu den Britischen
Inseln vorstoßende Rücken schnürt den über Westeuropa liegenden Trog ab. Das
resultierende Cut-Off zieht im Laufe des Wochenendes über Frankreich zum
Ligurischen Meer und forciert dort eine Zyklogenese. Das Cut-Off sorgt vor allem
in der Südhälfte noch für PVA und Hebung, infolgedessen gebietsweise
schauerartiger Regen fällt. Auch einzelne Gewitter sind wahrscheinlich, die in
nur mäßig labiler und insgesamt schwach gescherter Umgebung aber eher
unorganisiert sind und allenfalls lokalen Starkregen bringen können. Am
Alpenrand sorgen Stauprozesse aber auch einsetzendes Aufgleiten an der
Nordflanke des Mittelmeertiefs für länger anhaltenden Regen. Das Überschreiten
von Dauerregen-Warnschwellen (>30 mm/24 h; >40 mm/24 h) ist durchaus möglich.
Nach Norden zu macht sich dagegen zunehmend Absinken und ein von Westen
vorstoßender Hochkeil bemerkbar. Von Westen her fließt ein Schwall erwärmter
subpolarer Meeresluft ein (T850 auf 10 bis 6 °C absinkend), die sich zum Sonntag
aber schon wieder etwas erwärmt.

Zu Beginn der nächsten Woche beginnt der Frontalzone über dem Nordatlantik
wieder stärker zu schlingern. Ursache ist ein Trog über dem mittleren
Nordatlantik, auf dessen Vorderseite WLA für den Aufbau eines Höhenhochs bei den
Britischen Inseln sorgt, das sich nebst des korrespondierenden Bodenhochs bis
Wochenmitte langsam über die Nordsee nach Osten verlagert. Dem gegenüber steht
das hochreichende Cut-Off, das sich wahrscheinlich über Norditalien
positioniert. Damit ist die Umstellung der Großwetterlage abgeschlossen. Am
Rande des Hochs dreht die Strömung von Nord auf Nordost bis Ost, sodass bodennah
trockenere Kontinentalluft in weite Teile Deutschland einfließen kann. Durch
fortwährendes Absinken erwärmt sie sich, sodass die Temperaturen im
850-hPa-Niveau bis Wochenmitte wieder auf Werte zwischen 10 und 15 °C ansteigen,
was bei insgesamt relativ viel Sonnenschein verbreitet sommerliche
Höchsttemperaturen über 25 °C ermöglicht. Davon ausgenommen ist der Süden, wo in
der Peripherie des Mittelmeertiefs etwas feuchtere Luft um die Alpen
herumgeführt wird und mitunter auch schwache Hebungsprozesse wirksam sind.
Schauer, einzelne Gewitter und teils auch zeitweiliger Regen sind die Folge. Ob
wirklich nur der äußerste Süden von dem etwas zyklonaleren Wettergeschehen
betroffen ist oder größere Gebiete des Südens sowie Teile des Südostens und der
Mitte, steht und fällt mit der genauen Position und Ausprägung des Tiefs südlich
der Alpen.

In der erweiterten Mittelfrist nähert sich der Trog über dem Nordatlantik an,
wird durch das Hoch über dem nördlichen Europa aber blockiert und neigt über
Westeuropa abzutropfen. Unklar ist, ob dabei das Cut-Off-Tief in dessen
Zirkulation integriert und als Randtrog über den Alpenbogen nach Deutschland
geführt wird. Oder das Tief von dem Trog unbehelligt bleibt und Deutschland
zunächst im Einflussbereich des Hochs verbleibt. Damit steht und fällt die
weitere Wetterentwicklung in Deutschland. Von fortwährendem Hochdruckeinfluss
bei weiter ansteigenden, hochsommerlichen Temperaturen bis hin zu wieder
verbreitet unbeständigem, gewittrigen und nachfolgend wieder kühlerem Wetter ist
demnach alles möglich.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Dienstag kann dem deterministischen IFS eine relativ gute
Konsistenz bescheinigt werden. Demnach scheint der Aufbau einer
High-Over-Low-Blockierung mit einem Hoch über der Nordsee bzw. den Britischen
Inseln und einem Cut-Off-Tief über dem zentralen Mittelmeerraum sehr
wahrscheinlich. Kleinere Unterschiede in Lage und Ausprägung der beiden
Protagonisten lassen sich aber durchaus ausmachen, was insbesondere für den
Süden des Landes von größerer Relevanz sein könnte. Im gestrigen Lauf von 00Z
griffen die Aufgleitprozesse mit teils sehr ergiebigen Regenfällen noch weiter
nach Norden aus und erfassten neben größeren Gebieten im Süden auch Teile des
Südostens und der Mitte. Sowohl der Nachfolger von 12Z als auch der neuste Lauf
von 00Z rechneten den Einfluss des Mittelmeertiefs zurück und beschränkten ihn
im Wesentlichen auf den äußersten Süden bzw. den Alpenrand.
Ab Mittwoch sowie in der erweiterten Mittelfrist laufen die Simulationen stärker
auseinander. Im gestrige 00Z-Lauf verlagerte sich das Hoch noch retrograd zum
Nordostatlantik, was bei uns einen markanten Trog- und Kaltluftvorstoß von
Norden zur Folge gehabt hätte. Diese Variante wurde verworfen, in den
nachfolgenden Modellläufen verbleiben weite Teile Deutschlands im
Einflussbereich des kräftigen Hochs mit Schwerpunkt über der Nordsee oder
Skandinavien, nur im Süden sorgt das Cut-Off-Tief weiter für leicht zyklonale
Verhältnisse.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die vorliegenden Globalmodelle unterscheiden sich zunächst vornehmlich im
Hinblick auf die Positionierung des Cut-Off-Tiefs. GFS und ICON haben wie IFS
eine recht südliche und persistente Position des Kerns im Bereich Ligurischen
Meer/Korsika. Bei UK10 wandert das Tief schon Anfang der nächsten Woche zum
Alpenraum, sodass Hebungsprozesse über Deutschland weiter nach Norden
ausgreifen. Ansonsten sind die Unterschiede nur marginal.
In der erweiterten Mittelfrist verfolgt beispielsweise JMA wie das IFS eine eher
antizyklonale Schiene, währenddessen GFS und GEM das Cut-Off-Tief als Randtrog
verstärkt nach Deutschland führen. Dahingehen bestehen also größere
Unsicherheiten.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Ensembles des IFS bringen kaum neue Erkenntnisse. Die Rauchfahnen für
Temperatur und Geopotential sind – wenn man die sehr wenigen Ausreißer
geflissentlich außer Acht lässt, bis einschließlich Dienstag der nächsten Woche
ziemlich eng gebündelt und der deterministische Lauf gut in die Memberschar
eingebettet. Ab Wochenmitte weiten sich die Rauchfahnen dann aber etwas stärker
auf. Der deterministische Lauf liegt sowohl bei Temperatur als auch beim
Geopotenzial zunehmend am oberen Rand der Memberschar. Während der
deterministische Lauf eine weitere Erwärmung bei fast gleichbleibend hohem
Geopotenzial simuliert, bleiben viele Member eher konservativ oder rechnen in
etwas selteneren Fällen sogar einen Temperatur- und Geopotenzialrückgang.
Insgesamt bewegen sich die Mediane aber immer noch auf relativ hohem Niveau
(T850 um oder knapp über 10 °C).
Bei den Niederschlägen gibt es zwischen Sonntag und Dienstag in der Nordhälfte
fast nichts zu holen, und auch nach Wochenmitte sind die Niederschlagssignale
äußerst spärlich. Nach Süden zu sieht das etwas anders aus, vor allem am
Alpenrand gibt es fortwährend mehr oder weniger starke Ausschläge, aber auch mit
einem relativen Minimum zu Wochenbeginn.

Noch ein kurzes Statement zu den EPS-Clustern: Wenig verwunderlich vollzieht
sich in allen Clustern im Laufe der Mittelfrist der Übergang zum
BLOCKING-Regime, mit nur leichten Variationen in Ausprägung und Position der
verantwortlichen Höhen-Antizyklone. Erst in der erweiterten Mittelfrist
(Zeitraum: +192-240 h) ergeben sich nennenswerte Diskrepanzen. Zwar verbleibt
jeder der 3 Cluster im BLOCKING-Regime, allerdings variiert die
Geopotenzialverteilung recht stark. Der deterministische Lauf ist in Cluster 3
(9/51) eingruppiert, der den antizylonalen Fahrplan fährt. C1 und C2 (41/51)
sind insgesamt zyklonaler aufgestellt.

FAZIT:
In der Mittelfrist baut sich eine „High-Over-Low“-Blockierung auf. Weite Teile
des Landes gelangen dabei in den Einfluss des antizyklonalen Protagonisten,
dessen Schwerpunkt sich von den Britischen Inseln nach Skandinavien verlagert.
Die feuchte und gewitterträchtige Luft wird durch trockenere Kontinentalluft
ersetzt, die sich im Verlauf langsam auf sommerliche (nicht heiße) Werte
erwärmt. Die Positionierung des zyklonalen Konterparts südlich der Alpen obliegt
gewissen Unsicherheiten und damit auch dessen Wirkungsradius, der zumindest aber
bis in den Süden des Landes reicht. Dort sind fortwährend Schauer und Gewitter,
vor allem an den Alpen auch länger anhaltende Regenfälle möglich. Etwaiger
lokaler Stark- bzw. Dauerregen sollten sich aber im markanten, nicht
unwetterartigen Bereich abspielen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Bis Samstagfrüh ostwärts abziehende Schwergewitter. Danach mit Ausnahme des
Nordens und Nordosten noch einzelne, kurze GEWITTER mit lokalem STARKREGEN,
stürmische Böen und/oder kleiner Hagel nur gering wahrscheinlich.
Im Süden, insbesondere am Alpenrand im Verlauf Übergang zu mehrstündigen Stark-
oder DAUERREGEN möglich mit 24-stündige Mengen zwischen 30 und 40 l/qm.

Am Sonntag abseits des etwaigen Dauerregens an den Alpen im Süden nochmal
geringes GEWITTER-Risiko, wahrscheinlich aber ohne markante
Begleiterscheinungen.

Am Montag und Dienstag ganz im Süden weiterhin GEWITTER-Neigung, lokaler
STARKREGEN nicht ausgeschlossen.

Ab Wochenmitte von Süden generell wieder ansteigendes GEWITTER- und
STARKREGEN-Risiko (unsicher!).

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS (det.+EPS), MOS-Mix (anfangs)

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser