SXEU31 DWAV 191800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 19.06.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Heute im Süden und am Donnerstag im Süden und Westen einzelne Gewitter; Unwetter
durch größeren Hagel und (schwere) Sturmböen nicht auszuschließen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Aktuell … überquert ein markanter, aber infolge ostwärts übergreifender
Kaltluftadvektion kaum wetterwirksamer Trog den Nordosten Deutschlands.
Rückseitig kommt ein Zwischenhochkeil zum Zuge. Dessen Achse erstreckt sich von
der Nordsee in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein. Mit einer nördlichen bis
nordwestlichen Strömung ausfließende trockenere und stabil geschichtete Luft
drückt die diagonal über Deutschland liegende Luftmassengrenze etwas nach Süden.
Zudem wird die über dem südlichen Deutschland liegende feuchtlabile Luft, die
noch immer einen Gehalt an niederschlagbarem Wasser zwischen 30 und 35 mm und
ein MU-CAPE (das jedoch gedeckelt ist) zwischen 1000 und 2000 J/kg aufweist, mit
der bodennahen nördlichen Strömung, die sich auch ganz im Süden durchsetzt,
entschärft. Hierdurch wird hoch reichende Konvektion weitgehend unterbunden.
Allenfalls aus der Schweiz heraus und auf die Bodenseeregion und ggf. auch auf
das Allgäu übergreifend können einzelne heftige Gewitter auftreten, die dann
allerdings, bedingt durch die starke hochreichende Scherung, größeren Hagel
zustande bringen können, d.h. rasch Unwettercharakter annehmen.

In der Nacht zum Donnerstag dürfte die Konvektion mangels Antrieben und auch
tagesgangsbedingt, sollte bis dahin welche aufgetreten sein, alsbald in sich
zusammenfallen. Im Bereich des o.g. Zwischenhochkeils, der sich, gestützt durch
einen hereinschwenkenden Höhenkeil in ein abgeschlossenes Hoch umwandelt,
erfolgt eine Wetterberuhigung. Vor allem im Nordosten und Norden sind dann die
Luftdruckgegensätze gering, so dass sich nach Aufklaren vor allem dort, wo es
zuvor viel geregnet hatte, flache Nebelfelder bilden können.

Donnerstag … greift ein anfangs dipolartiges Höhentief in unser
Wettergeschehen ein. Dieses liegt zunächst mit Kernen im Raum Madrid und über
der Biskaya und wandelt sich aber im Tagesverlauf in einen Trog um, der ein
wenig nach Osten vorankommt. Durch diesen rückt das Zirkulationsmuster etwas
nach Osten, d.h. der Höhenkeil wird nach Osten gedrückt. Somit gelangt ganz
Deutschland erneut unter eine vor allem nach Osten hin noch antizyklonal
gekrümmte steile südwestliche Strömung. Mit dieser wird feuchtwarme Luft aus dem
westlichen Mittelmeerraum herangeführt, die vor allem im Süden und Südosten
Deutschlands labil geschichtet ist. Abgesehen vom Norden und Nordosten erreicht
der Gehalt an niederschlagbarem Wasser 35 bis über 40 mm, im Südosten zudem die
bodennahe spezifische Feuchte bis über 15 g/kg. Dank vorheriger Einstrahlung
werden 1500 bis über 2000, im Südosten bis deutlich über 3000 J/kg MU- bzw.
KK-CAPE generiert. Allerdings ist dort, wo die Schichtung am labilsten ist,
bedingt durch die Überströmung der Alpen das Kondensationsniveau mit 750 bis 850
hPa am höchsten. Dennoch können sich im Bereich eines flachen Tiefs, das sich
vom östlichen Alpenrand ablöst, einzelne heftige Gewitter entwickeln, die mit
größerem Hagel und (schweren) Sturmböen einhergehen, wodurch Unwettergefahr
besteht. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit hierfür nur gering.
Wesentlich wahrscheinlicher sind dagegen Gewitter in den westlichen und
südwestlichen Landesteilen. Dort macht sich eine steile südwestliche und leicht
mäandrierende Strömung bemerkbar, welche neben der Orografie die entsprechenden
Hebungsantriebe liefert. Dort ist die Schichtung nicht so labil und auch die
Grundschichtfeuchte etwas geringer, aber das Kondensationsniveau liegt meist
unter 850 und zum Teil unter 900 hPa. Neben der hochreichenden erreicht auch die
niedertroposphärische Scherung signifikante Werte für organisiertere,
möglicherweise sogar rotierende Strukturen hochreichender Konvektion. Hierdurch
sind ebenfalls Unwetter nicht auszuschließen. Entscheidend ist, ob zuvor
hinreichend Einstrahlung erfolgt.
Im Norden, Osten und größtenteils auch in den mittleren Regionen bleibt der
antizyklonale Einfluss, der aus dem sich ostwärts verlagernden Höhenkeil
resultiert, bestehen. Dort bleibt es niederschlagsfrei. Von der Nordsee bis in
den östlichen Mittelgebirgsraum hinein ergeben sich längere sonnige Abschnitte.
Während an der Küste Tageshöchsttemperaturen um 18 Grad erreicht werden, sind
weiter landeinwärts 20 bis 25, im Süden und Südosten in z.T. schwülwarmer Luft
bis 28 Grad zu erwarten.

In der Nacht zum Freitag rückt der Trog etwas nach Osten, etwa bis
Mittelfrankreich, vor. Die steile und leicht mäandrierende südwestliche Strömung
bleibt somit bestehen. In dieser wird ein flaches Tief von Nordfrankreich über
Belgien hinweg nord-nordostwärts gesteuert. An dessen Ostflanke, d.h. über dem
Nordwesten und Westen Deutschlands sowie über dem südwestdeutschen Bergland,
kommt die Konvektion nicht so recht zur Ruhe mit der Folge, dass weitere,
zumindest anfangs noch von Gewittern durchsetzte und teils auch mehrstündige
Starkregenfälle zu erwarten sind.
Nachdem die Konvektion an den Alpen und im Südosten in sich zusammengefallen
ist, erfolgt dort wie bereits in den übrigen Landesteilen zuvor
Wetterberuhigung, wobei sich erneut flache Nebelfelder bilden können.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag … nähert sich vom nahen Ostatlantik her ein weiterer Trog, der dem auf
den Westen Deutschlands übergreifenden Trog die Energie entzieht. Folglich
beginnt sich letzterer abzuschwächen. Das mit dem sich abschwächenden Trog
korrespondierende Bodentief wird in den Nordwesten Deutschlands gesteuert. An
dessen Südflanke, d.h. im äußersten Westen Deutschlands, frischt der Wind mit
Böen Bft 7 auf. Allerdings sind die Prognosen der Zugbahn und Intensität dieses
Tiefs noch etwas unsicher.
Mit diesem Trog setzt sich im Nordwesten und Westen Deutschlands eine
gemäßigtere Luftmasse durch, die aber immerhin noch einen Gehalt an
niederschlagbarem Wasser zwischen 25 und knapp über 30 mm aufweist und in
welcher, entsprechende Einstrahlung vorausgesetzt, 500 bis 1000 J/kg CAPE
generiert werden. Für die Entwicklung von kräftigen Schauern und Gewittern, die
im Tagesverlauf auch auf die mittleren Regionen übergreifen können, ist dies
hinreichend. Unwetter sind aufgrund der raschen Verlagerung der
Konvektionszellen wenig wahrscheinlich, aber nicht ganz auszuschließen.
Die feuchteste und labilste Luft liegt dann bereits östlich von Deutschland.
Allerdings zeichnen sich im Osten und Südosten, d.h. von der Ostsee bis in den
Erzgebirgsraum hinein, in Niederbayern und am östlichen Alpenrand noch heftige
Entwicklungen ab; mit größerem Hagel muss gerechnet werden, Superzellen können
sich entwickeln, wodurch dann auch schwere Sturm- oder orkanartige Böen möglich
sind. Für den Erzgebirgsraum lassen sich auch Signale für mehrstündigen,
unwetterartigen Starkregen finden, die von ICON-EU über mehrere Läufe hinweg
konsistent gezeigt werden. Zuvor sind in diesen Gebieten noch größere
Auflockerungen zu erwarten.
Zwischen beiden Regionen ergibt sich ein Bereich mit Absinken, der sich etwa von
der Ostsee über die Mitte Deutschlands hinweg bis in die Pfalz erstreckt, wo
sich zwar auch einzelne Gewitter entwickeln können, diese aber schwächer sind
und die Wahrscheinlichkeit hierfür relativ gering ist.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen an der Küste sowie im südwestdeutschen
Bergland Werte um 18 Grad. Im Norden, Westen und Südwesten werden 20 bis 25, im
Osten und Südosten 26 bis 30 Grad erreicht, wobei in letzteren Gebieten die Luft
sehr schwül ist.

In der Nacht zum Samstag stößt der von Westen nahende Trog in den über
Deutschland liegenden Trog hinein, so dass die Strömung zwar von Süd-Südwest auf
Südwest dreht, aber unterm Strich die südwestliche Strömung bestehen bleibt.
Zwischen beiden Trögen ergibt sich noch eine Region mit Absinken, die dann den
Westen Deutschlands erfasst. Dort sollte die Konvektion weitgehend zum Erliegen
kommen und Wetterberuhigung erfolgen. Im Norden, Osten und Südosten ist dies
nicht der Fall, durch den nach Nordosten ablaufenden vorherigen Trog wird die
Konvektion am Leben gehalten. Bei zunehmender Verclusterung erfolgt ein Übergang
hin zu mehrstündigen, anfangs noch gewittrigen und später teils ungewittrigen
Starkregen, wobei zumindest in der ersten Nachthälfte noch Unwettergefahr durch
mehrstündigen heftigen Starkregen besteht. Bis Samstagfrüh dürfte dann auch in
Teilen der Mitte sowie im Südwesten die Konvektion zum Erliegen kommen und die
Wolkendecke auflockern. Aufgrund des noch vorhandenen Gradienten ist die
Nebelneigung gering.

Modellvergleich und -einschätzung

Bis Freitagfrüh stützen die verfügbaren Modelle die oben beschriebene
Entwicklung. Prognoserelevante Unterschiede sind bis dahin nicht erkennbar. Im
Laufe des Freitags lässt UK10 das mit dem Trog korrespondierende Bodentief
weiter südlich ansetzen, so dass die wärmste und labilste Luft nicht so rasch
nach Osten abgedrängt wird wie nach den anderen Modellen. Folglich sind bei UK10
bis weit in die zweite Nachthälfte hinein über mehrere Modellläufe hinweg
konsistent Signale für mehrstündigen unwetterartigen Starkregen zu finden, der
teils extreme Regenmengen ergeben könnte.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann