#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Freitag den 14.06.2024 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 141800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 14.06.2024 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Mit Front- und Trogpassage kommende Nacht zunächst im Westen und Nordwesten, am
Samstagvormittag und -mittag vor allem im Norden einzelne markante Gewitter.
Im Südwesten ab Mitternacht bis Samstagfrüh gebietsweise Starkregen.
In den Gipfellagen der Mittelgebirge nachts und am Samstag stürmische Böen bzw.
Sturmböen, auf exponierten Gipfeln (Brocken, Feldberg) schwere Sturmböen.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC
Aktuell … befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines hochreichenden
Zentraltiefs, dessen Drehzentrum sich im Laufe der Nacht allmählich südostwärts
über Irland hinweg zur Irischen See verlagert. Dabei hat sich hierzulande eine
westsüdwestliche und diffluent konturierte Höhenströmung etabliert, innerhalb
derer sich ein flacher Höhenrücken aktuell über die Osthälfte hinweg rasch
Richtung Polen verlagert.
Im Laufe der Nacht greift dann ein auffallend scharf konturierter kurzwelliger
Randtrog, der das Zentraltief gegen den Uhrzeigersinn umkreiselt, von der
Biskaya auf Nordfrankreich und Belgien über und erreicht in den Frühstunden
bereits den äußersten Westen des Vorhersagegebietes. Auf dessen Vorderseite ist
im Laufe der zweiten Nachthälfte, vor allem aber in den Frühstunden über dem
Westen und Nordwesten Deutschlands ein sehr ausgeprägtes PVA-Maximum
auszumachen, allerdings wird der von ihm ausgehende dynamische Hebungsinput
durch die sich verstärkende Kaltluftadvektion teilkompensiert und auch der
Energiegehalt der „angehobenen“ Luftmasse zusammen mit der ungünstigen Tageszeit
bieten nicht grade Anlass zu übertriebener Besorgnis, was markante oder gar
unwetterartige Wettererscheinungen angeht.
Dennoch geht es natürlich nicht störungsfrei durch die Nacht bzw. die morgigen
Frühstunden.
Das an das Zentraltief gekoppelte Bodentief „VALESCA“ befindet sich aktuell mit
einem Kerndruck von nahe 990 hPa über dem Seegebiet westnordwestlich der
Hebriden. Es zeichnet sich erwartungsgemäß nicht grade durch eine überbordende
Mobilität aus und kommt ein wenig nach Südwesten voran, wobei es sich um einige
hPa auffüllt. Entlang des teilokkludierten Frontensystems kann sich im Laufe der
zweiten Nachthälfte etwa unterhalb des linken Jetausgangs über der südlichen
Nordsee ein kleines Teiltief etablieren, das in den Frühstunden bzw. am frühen
Vormittag mit einem Kerndruck nahe 995 hPa den Nordteil der Deutschen Bucht
erreicht. Die Warmfront des Tiefs überquert bis zur zweiten Nachthälfte nahezu
das komplette Vorhersagegebiet nordostwärts, die Kaltfront kommt mangels
Schubkomponente zunächst nur zögernd ostsüdostwärts voran und erreicht in der
ersten Nachthälfte (bereits teilokkludiert) den äußersten Westen bzw. Nordwesten
des Landes. Eine darin eingebettete sehr flache Welle über Frankreich kann im
Laufe der Nacht mit dem oben erwähnten Randtrog günstig interagieren und
erreicht dann den Südwesten Deutschlands.
Mit Annäherung des Troges findet bereits präfrontal, aber auch im Frontbereich
eine leichte Labilisierung, vor allem aber eine deutliche Feuchteanreicherung
innerhalb der Luftmasse statt (PWAT um oder knapp über 30 mm), zudem steigen die
Scherungswerte deutlich an (um 15 m/s LLS, 30 bis über 40 m/s DLS). Dennoch
können über dem Westen und Nordwesten des Landes nur etwa 100 bis 300 J/kg
MU-Cape generiert werden, die Labilitätsfläche steigt auf etwa 600 bis 500 hPa.
Somit nimmt im Laufe der Nacht präfrontal im Westen und Nordwesten, später auch
in den mittleren Landesteilen die Schaueraktivität zu, dabei kann es im
äußersten Westen eventuell bereits in Kürze erste Gewitter geben, vor allem dann
aber im Laufe der zweiten Nachthälfte und frühmorgens im Nordwesten, eventuell
auch noch in der Mitte. Da die Kaltfront dem Trog etwas vorauseilt, sind die
meisten Gewitter wohl erst unmittelbar postfrontal zu erwarten. Die hohen
Scherwerte lassen einen gewissen Organisationsgrad zu, so dass als
Begleiterscheinung durchaus auch mal stürmische Böen, vereinzelt Sturmböen
auftreten können, eventuell auch kleinkörniger Hagel, Starkregen spielt dagegen
aufgrund der Zuggeschwindigkeit eher eine untergeordnete Rolle.
Präfrontal böten die günstige Richtungsscherung und die damit auch einhergehende
recht hohe Aufwindhelizität auch ein gewisses Potenzial für Superzellen,
allerdings ist dort die Wahrscheinlichkeit für Gewitter nur als sehr gering zu
beziffern.
Bereits weit im Vorfeld der Welle setzen auch im Südwesten erste, meist noch
unergiebige schauerartige Regenfälle ein, die sich im Laufe der zweiten
Nachthälfte dann deutlich intensivieren. Dabei sind vereinzelte eingebettete
kurze Gewitter nicht ausgeschlossen. Vor allem im Schwarzwald werden dabei wohl
gebietsweise die Warnschwellen für mehrstündigen Starkregen (20 bis 30 l/qm in
sechs Stunden) gerissen.
Mit Annäherung der Kaltfront und des Troges findet auch eine gewisse
Gradientverschärfung statt, was sich zunächst in höheren Lagen bemerkbar macht.
In den Gipfellagen der Mittelgebirge und der Alpen gibt es zunehmend stürmische
Böen bzw. einzelne Sturmböen aus Südwest, auf dem Feldberg im Schwarzwald bzw.
auf dem Brocken auch schwere Sturmböen. Mit Frontpassage bzw. postfrontal kann
es dann ausgangs der Nacht sowohl im Westen als auch nach Abzug der flachen
Welle von Oberschwaben bis ins schwäbische Alpenvorland bis in die Niederungen
steife Böen, im südlichen Alpenvorland auch stürmische Böen aus Südwest
(Alpenvorland aus West) geben.
Im Osten und Nordosten, aber auch im Südosten Bayerns bleibt es die Nacht über
noch trocken, wobei der Himmel vor allem in Südostbayern oft gering bewölkt ist.
Am östlichen Alpenrand stellt sich präfrontal sogar leichter Föhn ein, der die
850 hPa-Temperatur dort morgens kurzzeitig auf etwa 14 Grad steigen lässt.
Ansonsten folgt der Kaltfront maritim erwärmte Subpolarluft mit 2 bis 4 Grad in
850 hPa über Westdeutschland.
Insgesamt fällt die Nacht bei meist dichter Bewölkung mit Minima zwischen 16 und
10 Grad aber recht mild aus.
Samstag … schwenkt der nach wie vor scharfe kurzwellige Randtrog rasch über
den Norden und Nordosten des Landes Richtung Südskandinavien. Dahinter stellt
sich eine glatt konturierte südwestliche Höhenströmung ein, innerhalb derer
keine nennenswerten dynamischen Hebungsantriebe mehr auszumachen sind. Im
Gegenteil – mit der kräftigen KLA dominiert vorübergehend sogar leichtes
Absinken. Erst zum Abend hin gelangen der äußerste Westen und Nordwesten wieder
auf die Vorderseite eines weiteren kurzwelligen Randtroges, der vorderseitig des
sein Drehzentrum nach Nordengland verlagernden Höhentiefs dann die südwestliche
Nordsee erreicht.
Die inzwischen weiter okkludierende Kaltfront des Richtung nördliche Nordsee
ziehenden Bodentiefs eilt dem Trog sogar noch etwas voraus und hat bereits bis
zum Mittag/frühen Nachmittag mit schauerartigen Regenfällen und eventuell
einzelnen eingebetteten Gewittern auch den Nordosten und Osten Deutschlands
überquert. Nach Südosten zu hängt sie etwas zurück und gerät mit Annäherung an
die Alpen ein wenig ins Schleifen. Somit setzen im östlichen Oberbayern die dort
überwiegend postfrontal stattfindenden Regenfälle wohl erst gegen Mittag bzw. am
Nachmittag ein, bereits nach Durchzug der recht markanten Druckwelle, die dem
südlichen Alpenvorland am Vormittag und Mittag von West nach Ost vorübergehend
steife bis stürmische Böen, den Alpengipfeln auch einzelne, exponiert vielleicht
sogar schwere Sturmböen aus West beschert. Diese Druckwelle dürfte dort dann
auch wohl Konvektion präfrontal bzw. im Frontbereich weitgehend verhindern, so
ganz ausschließen möchte man vereinzelte Gewitter dennoch nicht. Allerdings
regnet es an den Alpen und im südlichen Alpenvorland dann bis weit in die Nacht
zum Sonntag hinein, eventuell kann es in Staulagen auch Mengen nahe der
Warnschwellen für Stark- bzw. Dauerregen geben, am ehesten vom frühen Abend bis
Mitternacht.
Wahrscheinlicher sind Gewitter dagegen postfrontal mit Durchschwenken des
Höhentroges im Norden. Die 500 hPa-Temperatur sinkt dort am Vormittag
vorübergehend auf -20 bis -24 Grad bei etwa +4 Grad in 850 hPa, die
Labilitätsfläche reicht bis etwa 500 hPa und es stehen wenige 100 J/kg Cape zur
Verfügung. Bei nach wie vor hohen Schwerwerten (insbesondere hochreichende
Geschwindigkeitsscherung) werden die Gewitter dort von Böen Bft 7 bis 8,
vereinzelt Bft 9 begleitet, während Hagel und Starkregen weniger wahrscheinlich
sind. Bis zum frühen Nachmittag dürften dann aber auch diese Gewitter nordwärts
abgezogen sein. Die postfrontale bzw. trogrückseitige Subsidenz zeigt sich auch
gut in einem deutlichen Rückgang von PWAT auf unter 15 mm und einer markanten
Absinkinversion in 700 hPa. Vor allem vom Südwesten über die mittleren
Landesteile bis in die Norddeutsche Tiefebene und die Osthälfte setzt sich somit
nachmittags vielerorts die Sonne durch bei nur noch flacher Quellbewölkung. Der
scharfe Gradient gewährleistet eine gute turbulente Durchmischung der
postfrontal einströmenden erwärmten Meeresluft (T850 hPa zwischen 4 und 8 Grad),
so dass der recht kräftige Oberwind auch ohne Schauer gut runtergemischt werden
kann. Die Folge sind im Norden und Westen bis in die mittleren Landesteile
reichend verbreitet steife, in freien und höheren Lagen sogar stürmische Böen
aus Südwest. Erst zum Abend hin nimmt der Wind etwas ab.
Mit dem oben erwähnten, sich annähernden Randtrog bleibt es ganz im Westen sowie
im Nordseeumfeld eher bewölkt und am späten Nachmittag bzw. Abend kann es dort
auch einzelne Schauer geben. Ob es für ein kurzes Gewitter reicht, ist noch
fraglich.
Die Höchsttemperaturen erreichen allgemein Werte zwischen 16 Grad im
Nordseeumfeld bzw. an den Alpen und 23, vielleicht 24 Grad in der Lausitz.
In der Nacht zum Sonntag erreicht das quasistationäre, lediglich um einen
imaginären Schwerpunkt eiernde Drehzentrum des Höhentiefs die (nord)westliche
Nordsee vor der schottischen Küste. An dessen Südostflanke werden weiterhin
kurzwellige Randtröge über den Ärmelkanal und England bzw. die Nordsee hinweg
ost- und nordnordostwärts geführt, streifen auch den Westen und Nordwesten des
Vorhersagegebietes und führen dort zu einer weiteren leichten Labilisierung. Der
bereits weiter oben erwähnte über der südwestlichen Nordsee erreicht Sonntagfrüh
die südliche Norwegische See, ein weiterer dann den Nordostausgang des
Ärmelkanals.
In 500 hPa sinken die Temperaturen somit über der Nordwesthälfte Deutschlands
auf etwa -20 bis -23 Grad bei -3 bis -4 Grad in 850 hPa.
Im Schlepptau dieser Tröge streifen schauerartige Regenfälle bzw. einzelne
Schauer im Laufe der Nacht auch den Westen und Norden Deutschlands und erfassen
bis Sonntagfrüh weite Teile NRWs, sowie das westliche Niedersachsen und
Schleswig-Holstein. Für kurze Gewitter dürfte es aber wohl maximal im
Nordseeumfeld reichen.
Der Gradient fächert somit im Laufe der Nacht lediglich im Südwesten und in den
mittleren Landesteilen stärker auf. Tagesgangbedingt flaut der Wind allerdings
auch im Westen und Norden deutlich ab und dreht tendenziell gegen Süd. Im
Nordseeumfeld reicht es aber weiterhin für steife Böen, auf dem Brocken kann es
einzelne stürmische Böen bzw. Sturmböen geben.
Ganz im Süden, an den Alpen, lassen die Regenfälle der nur langsam über die
Alpen nach Süden geführten Kaltfront nur zögernd nach, im Rest des Landes bleibt
es aber trocken und teilweise auch gering bewölkt. Dann wird es mit Tiefstwerten
zwischen 11 und 5 Grad recht frisch, unter den dichteren Wolken im Nordwesten
sowie ganz im Südosten bleibt es dagegen mit 13 bis 9 Grad etwas milder.
Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
Sonntag … ergeben sich gegenüber den Ausführungen in der Frühübersicht keine
substanziellen Unterschiede. Der Westen und Norden Deutschlands wird immer
wieder von kurzwelligen Troganteilen an der Südostflanke des nach wie vor über
der Nordsee quasistationären Höhentiefs überquert, wobei sich die Temperatur in
500 hPa kaum ändert, es in 850 hPa aber allmählich um 2 bis 3 K wärmer wird, was
die potenzielle Instabilität der Luftmasse erhöht. Somit gibt es dort im
Tagesverlauf neben Schauern auch einzelne Gewitter, lokal eng begrenzt mit
kleinkörnigem Hagel und steifen bis stürmischen Böen, aufgrund der hohen
Zuggeschwindigkeit dürfte Starkregen bei PWAT knapp über 20 mm dagegen weniger
eine Rolle spielen.
Im Süden und Osten sowie in den mittleren Landesteilen scheint dagegen häufig
die Sonne und vereinzelte unergiebige Schauer beschränken sich maximal auf das
Bergland. Bei 850 hPa-Temperaturen zwischen 6 Grad im Nordwesten und 11 Grad im
Südosten wird es mit 17 bis 22 Grad im Westen und Norden sowie 20 bis nahe 25
Grad im Süden und Osten etwas wärmer als an den Vortagen.
In der Nacht zum Montag beginnt die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet mit
einem vom nahen Ostatlantik südostwärts Richtung Biskaya vordringenden Randtrog
etwas aufzusteilen und von Frankreich her greift eine frontale Welle bis
Montagfrüh auf den Nordwesten Deutschlands über. Mit Annäherung der Welle setzen
im Laufe der Nacht von Westen her schauerartige Regenfälle ein, die allmählich
nordostwärts vorankommen, vereinzelt kann es dabei auch kurze Gewitter geben.
Noch ist unklar, wie weit die Niederschläge vorankommen, ziemlich sicher bleibt
es aber im Süden/Südosten sowie Richtung Oder und Neiße noch trocken, zudem
dürften die Regenmengen keinerlei Warnrelevanz aufweisen.
Modellvergleich und -einschätzung
Die Modelle fahren am Wochenende im Großen und Ganzen einen einheitlichen Kurs,
erst ab der Nacht zum Montag deuten sich substanziellere Differenzen an, was die
Progression der Frontalwelle und die sich daraus ergebenden
Niederschlagsprognosen betrifft.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff