SXEU31 DWAV 071800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 07.06.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Dreiteilung: Im Süden schwül-warm mit teils kräftigen Gewittern (lokal
Unwetter), im Norden kühles Schauerwetter, in der Mitte ruhig.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Aktuell … liegt Deutschland an der Südflanke des hochreichenden Zentraltiefs
SWANTJE, das sich mit seinem Kern vom Nordmeer über die Shetlands zur nördlichen
Nordsee verlagert. An seiner Südflanke schwenkt ein kurzwelliger Trog über die
Ostsee zum Baltikum, ein zweiter, etwas schärferer Trog zu den Britischen
Inseln. Dazwischen stellt sich über Deutschland eine relativ glatte westliche
Höhenströmung ein, in der aber kleine Störungen eingelagert sind, die sich vor
allem im Norden bemerkbar machen. Dort muss am Abend und in der Nacht zum
Samstag in leidlich labiler und recht kühler Meeresluft (T850 zwischen 2 und 5
Grad) mit weiteren, einzelnen Schauern gerechnet werden. Der Gradient bleibt an
der Südflanke des Bodentiefs nennenswert bzw. verschärft sich im Laufe der Nacht
vor allem im Nordwesten noch etwas, sodass an der Nordsee im Verlauf wieder
recht verbreitet mit steifen Böen zu rechnen ist.

Im Süden liegt – etwa entlang der Donau – die alte, schleifende Front, die
nunmehr als inaktive Luftmassengrenzen fungiert. Südlich davon ist weiterhin
eine feucht-warme Luftmasse wetterbestimmend (T850 zwischen 9 und 13 Grad). Mit
orographischer Unterstützung konnten einzelne, aber mitunter kräftige Gewitter
ausgelöst werden, denen neben moderater CAPE (bis knapp 1000 J/kg) auch
hochreichende Scherung von 15 bis 20 m/s zur Verfügung standen. Entsprechend
reichte es für die ein oder andere Superzelle mit größerem Hagel, schweren
Sturmböen und lokal heftigen Starkregen. Mangels Antriebes sollte die Schauer-
und Gewitterneigung in der Nacht aber zurückgehen, wenngleich sie wohl nicht
ganz zum Erliegen kommt. Stellenweise kann sich Nebel bilden.

Dazwischen, also in der breiten Mitte des Landes findet sich eine gemäßigte,
trockenere Luft (T850 zwischen 5 und 9 Grad), die zudem unter dem Einfluss einer
zonal Hochdruckbrücke liegt. Hier löst sich die tagesgangbedingte, flache
Quellbewölkung auf und die Nacht verläuft oft klar und überall trocken.

Unter den Wolken im Norden und Süden sinken die Temperaturen auf 13 bis 9 Grad,
über der Mitte auf 8 bis 4 Grad. Ganz vereinzelt kann Bodenfrost wieder nicht
ausgeschlossen werden.

Samstag … zieht das hochreichende Tief SWANTJE mit seinem Zentrum über die
nördliche Nordsee ostwärts bis nach Südnorwegen. An der Südflanke schwenkt der
Kurzwellentrog von der Nordsee nach Dänemark und Norddeutschland. Daran
gekoppelt ist eine teil-okkludierte Kaltfront die von der Nordsee auf den
Nordwesten und Norden des Landes übergreift. Dabei kommt es zu schauerartigen
Regenfällen mit eingelagerten, kurzen Gewittern. Die hochreichende Scherung ist
zwar ziemlich stark, die Labilität mit 100 bis 200 J/kg ML-CAPE aber nicht
sonderlich groß und die Aufstiegskurve in den Prognose-TEMPs nicht wirklich
hochreichend (bis ca. 600/500 hPa). Insofern handelt es sich meist um typische
Kaltluft-Schauer und -Gewitter mit Windböen, vereinzelt sind aber auch
stürmische Böen nicht ausgeschlossen. Mit Annäherung der Front und der
rückseitigen, relativ markanten Druckanstiegswelle frischt der von Südwest auf
West bis Nordwest drehende Wind im gesamten Norden und Nordwesten auch abseits
der Konvektion auf. Vor allem in freien Lagen sind vorübergehend steife Böen
wahrscheinlich. An der Nordsee, später auch an der Ostsee muss wiederholt mit
steifen, an exponierten Küstenabschnitten auch mit stürmischen Böen gerechnet
werden.

Im Vorfeld des von Westen hereinstoßenden Trog steilt die Strömung vorübergehend
leicht auf West-Südwest auf, wodurch die feucht-warme und instabile Luftmasse im
Süden ein wenig Boden nach Norden gutmachen kann. ICON-D2 zum Beispiel simuliert
in den Regionen zwischen Schwarzwald, Alb und Alpenrand sowie Richtung Bayerwald
500 bis 1000 J/kg ML-CAPE, lokal auch darüber. Die hochreichende Scherung ist
weiterhin moderat (15-20 m/s), im Tagesverlauf zieht sie aber auch
niedertroposphärisch etwas an (um 10 m/s). Es handelt sich vornehmlich um
Geschwindigkeitsscherung, entsprechend gerade sehen die Hodographen aus.
Isolierte Zellen, die die hochauflösenden Modelle insbesondere entlang der Alb
sowie in Teilen des Bayerischen Alpenvorlandes simulieren, können sich somit
rasch organisieren und zu Superzellen heranreifen. Dann ist mit etwas größerem
Hagel und Downbursts (bis Bft 10) zu rechnen. Im Tagesverlauf sowie weiter
südwestlich neigen die Modelle als Reaktion auf zunehmende, synoptisch-skalige
Hebung zu rascher Verclusterung der Gewitter. Dann verschiebt sich das
Gefahrenpotenzial vom Hagel und den Böen weg zum Starkregen. Der Feuchtegehalt
der Luftmasse nimmt zwar im Vergleich zum Vortag zu (PPWs zwischen 27 und 33
mm), die Unwettergefahr durch heftigen Starkregen ist aber nicht zuletzt
aufgrund der relativ hohen Zuggeschwindigkeit der Zellen als nicht sonderlich
hoch einzustufen.

Im breiten Streifen dazwischen (grob gesprochen vom Rheinland bis zur
Oder-Neiße-Region und nach Oberfranken) tut sich nicht viel. Zwar wird die
Hochdruckbrücke abgebaut, die Luftmasse bleibt aber insgesamt eher trocken,
zudem herrscht aus kompensatorischen Gründen weiterhin ehre schwaches Absinken.
Es stellt sich folglich wieder ein Wechsel aus viel Sonnenschein und lockerer
Quellbewölkung ein und es bleibt trocken.

Bei der Temperatur bleibt weiterhin ein steiles Südost-Nordwest-Gefälle
bestehen. Die 850-hPa-Temperaturen liegen abends zwischen 0 Grad an der Nordsee
und knapp 15 Grad in Südostbayern. Mit Sonnenschein werden in Sachsen und
Niederbayern bis zu 27 oder 28 Grad erreicht, sonst liegen die Höchstwerte meist
zwischen 21 und 25 Grad, im Norden und Nordwesten nur bei 15 bis 20 Grad.

In der Nacht zum Sonntag zieht der Kurzwellentrog zur Ostsee und nach Polen ab,
ein weiterer schwenkt zur Nordsee. Dazwischen verbleiben wir in einer leicht
zyklonal konturierten Westströmung. Die teil-okkludierte Kaltfront des
steuernden Tiefs über Südskandinavien zieht mit schauerartigem, wahrscheinlich
nicht mehr gewittrigem Regen über den Norden und Nordosten zügig ostwärts.
Rückseitig sorgt höhenkalte Luft im Küstenumfeld für labile Verhältnisse und
einige Schauer, zudem bleibt dort ein veritabler Gradient erhalten, sodass
steife, exponiert stürmische Böen auftreten.

Über der Mitte des Landes gerät die Kaltfront ins Schleifen und verliert unter
dem Einfluss des von Westen hereinstoßenden Hochkeils an Wetterwirksamkeit und
löst sich langsam auf. Regen fällt dort wahrscheinlich nicht mehr, allenfalls
ziehen mal ein paar dichtere Wolkenfelder auf.

Im Süden sorgen die verclusterten Gewitter stellenweise für (mehrstündigen)
Starkregen, immerhin nimmt die Unwettergefahr aber ab.

Unter den Wolken im Süden bleibt es mit 15 bis 10 Grad mild, ansonsten kühlt es
auf 10 bis 4 Grad ab.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC

Sonntag … gibt es keine signifikanten Änderungen zu dem in der Frühübersicht
skizzierten Fahrplan.

Im Süden im Tagesverlauf erneut teils kräftige, organisierte Gewitter mit
lokaler Unwettergefahr durch heftigen Starkregen und größeren Hagel. Zum Abend
sukzessiver Übergang zu teils nicht-gewittrigem und flächigerem
Stark-/Dauerregen, der bis mindestens Montag, an den Alpen eventuell auch bis in
den Dienstag hinein anhält. Dabei besteht durchaus auch regionales
Unwetterpotenzial, zumindest im Hinblick auf den zu befürchtenden Impact in den
zuvor von Hochwasser gebeutelten Gebieten.

Im Norden unbeständiges, kühles Schauerwetter, kurze Gewitter nicht
ausgeschlossen. An der See und im angrenzenden Binnenland steife bis stürmische
Böen aus West.

Dazwischen, diagonal über der Mitte, weiterhin ruhiges, freundliches Wetter.

Modellvergleich und -einschätzung

Bezüglich der großräumigen Basisfelder simulieren die Modelle sehr kongruent.
Die Prognose der konvektiven Niederschläge unterliegt den bekannten
Unsicherheiten, hier ist Nowcast angesagt. Sowohl am Samstag als auch am Sonntag
dürften zudem etwaige Unwetter und größere Niederschlagsmengen im Süden räumlich
noch sehr eng begrenzt auftreten, was eine Vorabinformation nicht rechtfertigt.
Erst ab Sonntagabend nehmen die Hinweise auf eine womöglich flächigere
Stark-/Dauerregenlage zu. Hier sollte dann mit mehr Vorlauf gearbeitet werden,
sei es mit einer Vorabinfo oder großflächigeren Warnungen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser