SXEU31 DWAV 011800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 01.06.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Endende Vb-Lage, aber noch konvektive Niederschläge mit Starkregengefahr: am
Sonntag im Süden und Osten, am Montag noch südlich der Donau.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC

Aktuell … haben sich die stratiformen Regenfälle der vergangenen Tage und
Nächte in den äußersten Süden zurückgezogen. Ein gutes Zeichen? – Mitnichten,
sind doch damit die Niederschläge noch nicht zu Ende. Vielmehr ändert sich der
Charakter hin zu konvektiv geprägten Regenfällen respektive teils kräftigen
Gewittern, was angesichts der gerade in Süddeutschland sehr nassen Vorgeschichte
alles andere als eine gute Nachricht ist.

Zur Wetterlage, die nach wie vor von einem dipolartigen Doppeltief in der Höhe
geprägt ist. Beide sind nicht von der schnellen Truppe und legen entsprechend
bis zum Morgen nur wenig Strecke zurück: das westliche vom südfranzösischen
Festland zum Westrand des Ligurischen Meeres, das östliche vom östlichen
Tschechien ins südöstliche Polen. Immerhin reicht das aus, bei uns eine
hochreichend nördliche Strömung zu konfigurieren, die die Gegenstromlage sowie
die WLA im Süden beendet. Der Rest, der von skaligen bzw. stratiformen Regen
noch übrigbleibt, zieht sich an den Alpenrand bzw. den deutsch-schweizer
Grenzbereich zurück. Im Alpenstau können lokal weitere 20 bis 30 l/m²
Niederschlag innert 12 h zusammenkommen, wobei die Schneefallgrenze auf rund
2500 m oder etwas darüber ansteigt. Ansonsten liegen die Mengen im äußersten
Süden meist zwischen 5 und 15 l/m².

Baustelle #2 betrifft das konvektive geprägte, stark gewitterlastige
Niederschlagsgeschehen, das seinen Anfang heute Mittag im Osten bzw. der
östlichen Mitte nahm. Nährboden dafür ist eine leidlich labil geschichtete, vor
allem aber sehr feuchte Subtropikluft (offiziell zwar xS, aber mit mediterranen
Wurzeln), die den Weg von Polen her zu uns findet. Treibende Kraft ist das
Vb-Tief RADHA, das heute Abend von Tschechien über das Erz- und Riesengebirge
hinweg nach Polen und am Sonntag weiter zu den baltischen Staaten zieht.
Mittlerweile haben die schauerartigen Regenfälle und Gewitter den Norden Bayerns
und BaWüs erreicht, wobei durch rückwärtigen Anbau und daraus resultierenden
Mehrfachtreffern räumlich sehr eng begrenzt immer mal wieder die
Unwetterschwelle für Starkregen gerissen wurde. Das geht in den nächsten Stunden
auch erst mal so weiter, wobei sich der Schwerpunkt des konvektiven Geschehens
bis zum Morgen über die Mitte hinweg gen BaWü bzw. Frankreich verlagert. Die
Unwettergefahr nimmt vor allem in der zweiten Nachthälfte deutlich ab.

Über jeden Zweifel erhaben angesichts solcher Meldungen gibt man sich in weiten
Teilen Nord- und Westdeutschlands. Dort strömt an der Ostflanke des
1035iger-Hochs WILLI mit Zentrum knapp westlich von Irland zunehmend trockene
Luft von der Nordsee ein, in der niederschlagstechnisch wenig bis nichts
passiert. Einzig der Nordwest- bis Nordwind ist erwähnenswert, der über der
Deutschen Bucht auffrischt und zunächst den Ostfriesischen Inseln (und somit
auch dem neuen Leuchtturmwärter auf Wangerooge), gegen Morgen dann auch der
nordfriesischen Küste ein paar steife 7er-Böen beschert.

Thermisch gehtŽs runter auf 15 bis 9°C.

Sonntag … verlagert sich das südliche Höhentief in den Raum Korsika/Sardinien,
während das östliche Belarus ansteuert. Damit vergrößert sich der Abstand immer
mehr, so dass die Bezeichnung Dipol ihre Berechtigung verliert. Nun könnte man
meinen, dass das große Vakuum zwischen den beiden Drehzentren von einem Rücken
oder einem Hochkeil ausgefüllt wird, die auch bei uns Zugriff auf das Geschehen
bekommen. Und tatsächlich befindet über dem Ostatlantik ein wuchtiger
Höhenrücken – quasi der Gönner und Unterstützer des irdischen WILLIs -, der
versucht, nach Osten auszukeilen. Während das in Südskandinavien ganz gut
gelingt, verhindert bei uns ein langsam von Norden hereinschwenkender Randtrog
nicht nur größere Potenzialgewinne, er sorgt zudem in weiten Landesteilen für
einen wechselhaften zweiten Tag des heute beginnenden meteorologischen Sommers.

Dabei kristallisieren sich zwei Schwerpunkte heraus, in den die
Wechselhaftigkeit durch erhöhte konvektive Aktivität gekrönt wird. Zone #1
befindet sich im Osten respektive der östlichen Mitte, grob von Sachsen und dem
östlichen Thüringen bis hoch nach BB, wo die gealterte Warmluft noch sehr feucht
(PPW um 30 mm) und zwar nicht überbordend, aber ausreichend labil geschichtet
ist, um einige hundert Joule pro Kilogramm CAPE zu generieren. Diese Energie
wiederum eignet sich bestens, um in konvektive Umlagerungen transformiert zu
werden, wobei neben Tagesgang und Orografie auch die Vorderseite des o.e.
Randtrogs sowie eine Geschwindigkeitskonvergenz des nordwestlichen Bodenwinds
ihren Hebungsbeitrag leisten. Bei langsamer bis moderater Zuggeschwindigkeit (10
bis 15 Kt) besteht einmal mehr die Gefahr rückwärtigen Anbaus mit
Mehrfachtreffergarantie, was in schmalen Korridoren für erhöhten Starkregenalarm
sorgt. Häufig dürfte die markante Warnung reichen (bis 25 l/m²/h oder bis 35
l/m²/6h), gleichwohl signalisieren die hochauslösenden Modelle sowie deren
EPS-Verfahren die Möglichkeit lokaler Unwetter. Hagel und Wind/Sturm spielen
dagegen nur eine untergeordnete Rolle.

Zone #2 liegt grob zwischen Main und Donau bzw. noch etwas darüber hinaus
Richtung nördliches Alpenvorland und Hochrhein. Die Luftmasseneigenschaften sind
ähnlich wie im Osten, wobei sich rund um die Donau aber noch eine mehr als
solide Richtungskonvergenz der bodennahen Strömung dazugesellt. Um es kurz zu
machen, auch in Zone #2 entwickeln sich morgen vermehrt schauerartige Regenfälle
und Gewitter, bei denen ebenfalls der Starkregen ganz oben auf der
Prioritätenliste steht. Die Signale für Unwetter seitens ICON-D2-EPS sind genau
im Bereich der stärksten Konvergenz bzw. knapp nördlich daran angrenzend etwas
höher als im Osten. Vor dem Hintergrund der sehr nassen Vorgeschichte sowie dem
heutigen Herabstufen der Unwetterwarnung „Dauerregen“ wurde für die Region eine
räumlich großzügige Vorabinformation „Schwere Gewitter“ gezogen, um zu
signalisieren, dass es mit den Regenfällen – wenn auch anders geartet – noch
nicht vorbei ist.

Darüber hinaus bliebe nur noch zu konstatieren, dass es im Norden und Westen bei
wechselnder Bewölkung weitgehen trocken bleibt. An der Ostsee macht sich sogar
leichter Skandenföhn in Form größerer Auflockerungen respektive sonniger
Abschnitte bemerkbar. Im Gegenzug dafür kommt die Nordseeküste in den „Genuss“
einiger Böen 7 Bft aus Nordwesten.

Die Tageshöchsttemperatur liegt zwischen 17 und 24°C.

In der Nacht zum Montag verlagert sich der Randtrog unter Abschwächung südwärts,
wobei er anfangs aber noch das konvektive Geschehen in Süddeutschland stützt.
Allerdings ziehen sich die Regenfälle und Gewitter mehr und mehr in die Gebiete
südlich der Donau zurück, wobei die Unwettergefahr aber zusehends abnimmt. Dafür
ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass die Gewitter räumlich begrenzt in
ungewittrigen Starkregen übergehen, bei dem durchaus noch mal 20 bis 35 l/m²
innert weniger Stunden zusammenkommen können. Im Osten gehen Schauer und
Gewitter schon vorher in die Knie, am längsten dürfte noch im und am Erzgebirge
was runterkommen.

Über den großen Rest des Landes müssen wir nicht mehr viele Worte verlieren:
steigender Luftdruck dank WILLI mit trockener Mischung aus Wolken und
Auflockerungen, dazu an der Nordsee zunächst noch windig (Böen 6-7 Bft aus
Nordwest).

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Montag … bleibt ICON seiner Linie mit den drei Streifen treu: im Süden und
Südosten Reste feuchtwarmer Luft mit teils gewittrigen, bis in die Nacht zum
Dienstag andauernden Regenfällen. Mengen südlich der Donau 10 bis 20, mit Hilfe
konvektiver Verstärkungen lokal bis 40 l/m² – per se nicht dramatisch, aufgrund
der Vorgeschichte aber sehr unschön.

Nördlich schließt sich ein breiter, von Südwest nach Nordost verlaufender
Streifen an, in dem es nicht nur trocken bleibt, sondern zudem auch die Sonne
einige Duftmarken setzt (die meisten wahrscheinlich von RP/Saarland bis nach
Hessen).

Streifen #3 schließt sich noch weiter nordwestlich an, wo mit Hilfe einer
teilokkludierten Kaltfront mehrschichtige Bewölkung von der Nordsee advehiert
wird, aus der es hin und wieder leicht regnet.

Der Rest ist der heutigen Frühübersicht zu entnehmen.

Modellvergleich und -einschätzung

Im Großen und Ganzen simulieren die Modelle ähnlich. Dass bei konvektiven
Ereignissen die Toleranzschwelle höher ist als sonst, ist nicht neu.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann