S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.05.2024 um 10.30 UTC

Unbeständig und mäßig warm. Vor allem in Teilen des Südens und Ostens ergiebiger
Dauerregen wahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 05.06.2024

Im mittelfristigen Vorhersagezeitraum erwartet uns zumindest in der Südosthälfte
Deutschlands eine Dauerregenlage mit teils ergiebigen Regenmengen, die zu Beginn
der Mittelfrist am kommenden Samstag bereits voll im Gange ist.

Ursache dafür ist die Vb-artige Zugbahn eines Bodentiefs, die am Donnerstag
(30.5.) ihren Beginn über dem Golf von Genua und Norditalien hat, sich am
Freitag auf nord-/nordöstlichen Kurs fortsetzt und am Samstag schließlich
Tschechien und Polen erreicht. Allerdings kann man nicht von einem einzelnen
Tief sprechen, vielmehr handelt es sich um eine flache, von Polen bis nach
Norditalien reichende Tiefdruckzone mit mehreren eingelagerten Tiefs.
Im Zusammenspiel mit einem Höhentief über dem östlichen Alpenraum, das aus einem
Abtropfprozess resultiert, kommt es zu Aufgleitprozessen und dadurch wiederum zu
länger anhaltenden Regenfällen. Diese greifen – beginnend in der Nacht zum
Freitag – auch auf weite Teile des Südens und Ostens Deutschlands über und
halten voraussichtlich bis Sonntag, im Süden bis Montag an.
Der Schwerpunkt der Niederschläge wird weiterhin nicht einheitlich vorhergesagt.
Aus heutiger Sicht sind von den stärksten Niederschlägen vor allem Teile des
Südens und Ostens, etwa vom Bodenseeraum und dem Alpenrand nord-/nordostwärts
über das östliche BaWü und Bayern hinweg bis nach Thüringen und Sachsen
betroffen. Über den genannten Zeitraum hinweg reichen die prognostizierten
akkumulierten Niederschlagsmengen recht verbreitet bis in den Unwetterbereich
hinein, gebietsweise muss auch mit extrem ergiebigen Regenfällen bis 150 l/qm in
48 h gerechnet werden. Letzteres betrifft (charakteristisch für eine Vb-Lage)
voraussichtlich vor allem die Nordstaulagen des Erzgebirges, möglicherweise auch
des Thüringer Waldes und Frankenwaldes, der Ostalb und der fränkischen Alb. Wie
weit die Dauerniederschläge nach Westen und Norden ausgreifen, steht und fällt
mit der Lage des Bodentiefs, was derzeit noch leicht unterschiedlich
prognostiziert wird (siehe unten).
Ganz im Westen und Norden sind aber im Bereich einer erwärmten Meereskaltluft
meist nur einzelne Schauer zu erwarten. Teils bleibt es auch trocken.

Im Laufe des Sonntags zieht das Höhentief weiter nordostwärts Richtung Polen, wo
es wieder in die Zirkulation des Haupttroges aufgenommen wird. Damit verlagert
sich auch das Bodentief weiter Richtung Baltikum, wodurch zumindest die
großräumigen Aufgleitprozesse über uns nachlassen. Zum Erliegen kommen die
Regenfälle aber noch nicht, denn ein Ausläufer des Tiefs – quasi die
zurückhängende Okklusion – verläuft noch von Sachsen über die südliche Mitte
hinweg südwestwärts. Sie schwenkt im Laufe des Sonntags bzw. in der Nacht zum
Montag allmählich in den Südosten des Landes. Somit kommen die Niederschläge im
Osten sowie in Teilen des Südens zum Erliegen, im Südosten Bayerns regnet es
noch.
In den weiteren Landesteilen bleibt es am Sonntag bereits weitgehend trocken,
denn ausgehend von einem Hoch über dem Atlantik kann sich ein Keil über
Deutschland hinweg Richtung östliches Mitteleuropa ausdehnen.

Die letzten Stauniederschläge an den Alpen und im Südosten Bayerns werden im
Laufe des Montags zum Erliegen kommen.

Auch nachfolgend bleibt das unbeständige Wetter erhalten, denn Deutschland
verbleibt im Einflussbereich eines Höhentroges. Dabei gelangt mit einer
nordwestlichen Strömung weiterhin erwärmte Meereskaltluft zu uns, in der sich
zeit- und gebietsweise wieder Schauer bilden oder leichter Regen auftritt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des EZMW-Modells kann über den gesamten Vorhersagezeitraum als
gut bezeichnet werden, sodass die großräumige Entwicklung der Wetterlage als
sicher angesehen werden kann. Im Detail ergeben sich kleinere Unterschiede
bezüglich der genauen Lage des Bodentiefs bzw. der Tiefdruckzone, was aber
durchaus entscheidend für die Niederschlagsvorhersage ist.
Das Nachlassen der Dauerniederschläge auch im Südosten Bayerns erfolgt mit den
neuen Läufen etwas rascher als gestern noch prognostiziert.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Ähnlich zur Konsistenzbetrachtung zeigt auch der Modellvergleich noch leichte
Unterschiede bezüglich der Lage der Höhen- und Bodentiefs zwischen EZMW, GFS,
UK10 und ICON. Auch wenn nach allen Modellen die Südosthälfte von den starken
Niederschlägen betroffen ist, sind doch die genauen Schwerpunkte und Mengen noch
nicht einheitlich. Betrachtet man den Zeitraum von Freitag 12 bis Sonntag 12
UTC, so sind nach ICON recht verbreitet vom Bodensee und dem Alpenraum bis nach
Sachsen unwetterartige Mengen bis 135 mm in 48 h zu erwarten. Bei EZ, GFS und
UK10 liegt der Hauptschwerpunkt über dem nördlichen Bayern, Ostthüringen und
Westsachsen mit Mengen bis 75 mm bei EZ, bis 100 mm bei UK10 und bis 120 mm bei
GFS.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen für verschiedene Stationen in Deutschland zeigen bis
einschließlich Sonntag sowohl beim Geopotential als auch bei der Temperatur
einen recht engen Verlauf mit nur geringem Spread. Wiederholt auftretende
Niederschlagssignale bestätigen den niederschlagsreichen Witterungsabschnitt.
Für Offenbach und Hamburg beispielsweise deuten die Ensembles vor allem am
Samstag auf höhere Mengen hin als deterministisch prognostiziert, sodass nicht
ausgeschlossen ist, dass sich die Aufgleitniederschläge abhängig von der Lage
des Tiefs noch ein Stück weiter nach Westen und Norden ausweiten.
Nachfolgend nimmt der Spread deutlich zu. Unklar scheint noch, ob dann das
atlantische Hoch oder ein neuerlicher Trogvorstoß von Skandinavien die Oberhand
gewinnt.

Die Clusterung des EZMW bietet für den Zeitraum von t+72 bis 96 nur ein Cluster
und für den Zeitraum von Sonntag bis Dienstag vier Cluster. Haupt- und
Kontrolllauf befinden sich für den zweiten Zeitraum in Cluster 1. Cluster 2 und
3 deuten ebenfalls auf einen erneuten Trogvorstoß hin, wobei Cluster 1 bis 3
etwa gleich viele Member zugeordnet sind. Cluster 4 hingegen lässt einen
Höhenrücken zu uns vordringen, in dieser Lösung sind allerdings die wenigsten
Member enthalten.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Am Samstag sind im Nordosten und Osten einzelne Gewitter mit Starkregen gering
wahrscheinlich.

In der Südosthälfte kommt es von Freitag bis Sonntag, im Südosten bis Montag zu
Dauerregen. Dabei sind akkumuliert gebietsweise ergiebige (Unwetter) oder sogar
extrem ergiebige (extremes Unwetter) Regenmengen wahrscheinlich. Eine genaue
Regionalisierung der Niederschlagsschwerpunkte und -mengen ist aufgrund von
Modellunterschieden (siehe oben) weiterhin schwierig, sowohl deterministisch als
auch probabilistisch.
Am wahrscheinlichsten ist aber aus heutiger Sicht, dass in einem Zeitraum von
Freitag 12 bis Sonntag 12 UTC vom östlichen BaWü und Bayern bis nach Thüringen
und Sachsen und evtl. das südliche Sachsen-Anhalt und Südbrandenburg markanter
Dauerregen mit Mengen bis etwa 50 mm in 48 h zu erwarten ist. Ergiebige
Regenmengen um 80 mm in 48 h reichen etwa vom Bodenseeraum und dem Alpenraum bis
nach Ostthüringen und Sachsen. Extrem ergiebige Mengen um 100 mm sind vor allem
im Nordstau des Erzgebirges wahrscheinlich.
Diese Verteilung wird auch durch die Probabilistik gestützt. Immerhin liegen die
Wahrscheinlichkeiten für unwetterartige Mengen recht verbreitet um 25 %, bei
COSMO-Leps sogar um 50 %. Für extrem ergiebige Mengen gibt es von Leps vor allem
für die Nordstaulagen von Erzgebirge, Thüringer Wald, Schwäbische Alb und
Nordschwarzwald Wahrscheinlichkeiten bis 50%, was angesichts des
Vorhersagezeitraums beachtlich ist. Bei EZ und ICON-EPS liegen die
Wahrscheinlichkeiten bei bis zu 20 %.
Im Laufe des Sonntags kommen die Niederschläge im Osten zum Erliegen.
In der Nacht zum Montag und am Montag sind im Süden nochmals gebietsweise
markante Regenmengen nicht ausgeschlossen, bevor auch dort der Regen aufhört.

Basis für Mittelfristvorhersage
EPS-Verfahren, ICON, MOS-Mix

VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Johanna Anger