SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 29.05.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Unbeständig, mäßig warm.
Kommende Nacht im Südwesten örtlich Stark- oder Dauerregen nicht ausgeschlossen.

Am Donnerstag vielerorts teils kräftige Gewitter, bzgl. Starkregen Unwetter
nicht ausgeschlossen.
Ab der Nacht zum Freitag bis Sonntagnachmittag anhaltend im Südosten Dauerregen,
dabei Unwetter gebietsweise sehr wahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines von
Nordwesteuropa bis zum Schwarzen Meer reichenden Langwellentroges mit mehreren
eingebetteten Drehzentren. Hauptprotagonist für die Wetterentwicklung
hierzulande in den kommenden 24 Stunden sind ein aktuell über dem Seegebiet
nördlich der Deutschen Bucht gelegenes Höhentief sowie ein kurzwelliger
Höhentrog nördlich von Irland, der seinerseits ebenfalls austropft und ein
eigenes Drehzentrum ausbildet. Beide Drehzentren bewegen sich im Laufe der Nacht
als Dipol zyklonal um einen in etwa über der westlichen Nordsee gelegenen
gemeinsamen Schwerpunkt und erreichen Donnerstagfrüh die nördliche Nordsee bzw.
England. Die Hauptachse des östlich gelegenen Höhentiefs überquert dabei als
zunehmend breit angelegter Trog bis Donnerstagfrüh weite Teile des Landes
ostwärts.
Ein mit dem Dipol interagierendes Bodentief hat inzwischen mit einem Kerndruck
nahe 1000 hPa die mittlere Nordsee erreicht und bleibt nachts nahezu
quasistationär, wobei es sich anfangs noch geringfügig vertiefen kann. Die von
ihm ausgehende teilokkludierte Kaltfront überquert im Laufe der Nacht den Osten
Deutschlands mit schauerartigen Regenfällen, die sich aber mehr und mehr
abschwächen, da sie aus dem Wirkungsbereich des Troges herausläuft. Über
Süddeutschland gerät die Front dagegen vorübergehend ins Schleifen und wird mit
Durchschwenken der Trogachse aufgrund von PVA und der dadurch generierten
dynamischen Hebung noch einmal aktiviert. Vor allem im Frontbereich, aber auch
postfrontal intensivieren sich somit zunächst im Westen (Teile von
Rheinland-Pfalz), später dann im Südwesten (BaWü, südwestliches Bayern),
vielleicht auch noch in der östlichen Mitte die schauerartigen Regenfälle, wobei
aufgrund noch etwas vorhandener MU-Cape eingelagerte kurze Gewitter nicht ganz
ausgeschlossen sind. Vor allem im Südschwarzwald und im Allgäu können dabei
örtlich mehr als 20 l/qm in 3 bis 6 Stunden bzw. mehr als 25 l/qm in 6 bis 12
Stunden fallen, Eventuell erforderliche Starkregenwarnungen können aber nur
kurzfristig ausgegeben werden.
Ansonsten klingt die mit Annäherung des Troges vor allem im Westen und Norden,
teilweise auch in den mittleren Landesteilen aktuell noch rege Schauer- und
Gewittertätigkeit im Laufe der Nacht allmählich ab und es bleibt dann im Norden,
später auch im Westen und in Teilen der Osthälfte vielerorts trocken. Lediglich
im Nordseeumfeld kommt es noch zu kurzen Schauern.
Auf dem Brocken gibt es aktuell noch stürmische Böen bzw. Sturmböen aus Südwest,
mit Annäherung der Trogachse weicht aber niedertroposphärisch der Gradient auf,
so dass der Wind dort später abnimmt.
Mit der Kaltfront setzt sich in weiten Teilen des Landes erwärmte Subpolarluft
durch mit 850 hPa-Temperaturen zwischen 5 Grad im Nordwesten und 8 Grad im
Südosten. Somit liegen die Tiefstwerte bei aufgelockerter bis starker Bewölkung
meist zwischen 13 und 8 Grad.

Donnerstag … nimmt die Achse des Höhentiefdipols eine meridionale Ausrichtung
an; der nördliche Dipol zieht zur nördlichen Nordsee und verliert seinen
Einfluss auf unser Wetter. Das Höhentief über England zieht dagegen nach
Nordfrankreich bzw. Belgien, so dass das Vorhersagegebiet zunehmend auf dessen
diffluente Vorderseite unter eine südsüdwestliche Höhenströmung gerät und vor
allem über dem Westen sowie später über der Mitte des Landes aufgrund von PVA
dynamische Hebung wirksam werden kann.
Das Bodentief über der mittleren bzw. nördlichen Nordsee füllt sich allmählich
auf, verlagert sich aber etwas nach Süden, insgesamt weicht der Gradient über
dem Vorhersagegebiet dadurch weiter auf. Allerdings setzt mit Annäherung des
Troges schwacher Druckfall ein und es kann sich eine quer von
Nordwestdeutschland bis etwa zum Vogtland bzw. nach Oberfranken reichende breite
und flache Tiefdruckrinne etablieren mit einem oder mehreren kleinräumigen
Drehzentren und Konvergenzen, die angesichts des flauen Gradienten auch in hoher
Isobarenauflösung kaum auszumachen sind, aber innerhalb derer es zu lokal eng
begrenzten Feuchteanreicherungen (Feuchteflusskonvergenzen) kommen kann.
Zudem geht die 500 hPa-Temperatur mit Annäherung des Troges etwas zurück auf
Werte zwischen -18 Grad im Osten bzw. -22 Grad über dem Westen/Südwesten des
Landes, die 850 hPa-Temperatur beträgt weiterhin 6 bis 9 Grad, was zu einer
zunehmend hochreichenden Labilisierung der Luftmasse vor allem über der
Südwesthälfte des Landes führt. Die PPWs schwanken im Bereich der Tiefdruckrinne
meist um 25 mm (im Bereich lokaler Feuchteflusskonvergenzen etwas darüber), im
äußersten Westen/Südwesten gehen sie etwas zurück, in der Osthälfte steigen sie
dagegen mit der Advektion etwas feuchterer Luftmassen aus dem östlichen
Mitteleuropa ein wenig an auf nahe 30 mm. Mit der erhöhten Labilität und etwas
Einstrahlung können somit vielerorts mehrere 100 J/kg ML-Cape generiert werden,
vor allem im Bereich bzw. knapp westlich der Rinne sowie im Nordosten (SuperHD)
örtlich auch knapp über 500 J/kg. Die hochreichende Scherung bleibt gering,
verstärkt sich erst mit Annäherung der Trogachse im äußersten Südwesten zum
Abend hin etwas.
Die von Nordseetief ausgehende Kaltfront hat inzwischen den äußersten Süden des
Landes erreicht mit schauerartigen Regenfällen, die sich dort aber bereits
ausgangs der Nacht rasch abschwächen.
Ansonsten lockern die Wolken auf und bei wenig Deckelung braucht es nicht lange,
bis die Auslösetemperatur erreicht ist und sich zahlreiche Schauer bzw. Gewitter
entwickeln. Diese zeichnen sich mangels Oberwind durch eine sehr geringe
Zuggeschwindigkeit aus, so dass die Warnschwellen für Starkregen innerhalb der
kräftigeren Gewitter rasch erreicht sind, während kleiner Hagel und Böen Bft 7
bis 8 zwar gelegentlich auftreten, aber nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Dagegen sind bzgl. Starkregen kleinräumig durchaus auch mal unwetterartige
Mengen in Betracht zu ziehen.
Schwerpunkte der Gewittertätigkeit lassen sich kaum herausarbeiten; einerseits
natürlich im Bereich der Rinne bzw. knapp westlich davon (ICON-D2-EPS vor allem
von der Eifel bis zum Sauerland mit erhöhten Wahrscheinlichkeiten für mehr als
35 l/qm in sechs Stunden), andererseits hat – im Gegensatz zum ICON-D2 – das
SuperHD auch im Osten des Landes zahlreiche Gewitter auf der Agenda, während
ICON-D2 aus der Nacht heraus von der östlichen Mitte nordwärts ziehende, eher
skalige Regenfälle auf der Agenda hat, die bis zum Nachmittag/Abend nur zögernd
von Süden nachlassen und somit lange Einstrahlung verhindern.
Ein gewisses Minimum der Gewitteraktivität zeigen alle Modelle von
Schleswig-Holstein über das östliche Niedersachsen in einem schmaler werdenden
Streifen südwärts bis in den Osten Bayerns. Vor allem im Nordwesten
(insbesondere Nordsee und Schleswig-Holstein) kann sich auch mal länger die
Sonne durchsetzen.
Die Höchstwerte hängen stark von der Sonneneinstrahlung ab; vor allem im Norden
werden die 20 Grad vielerorts überschritten, während es im Westen und Süden mit
16 bis 21 Grad nur mäßig warm wird.

In der Nacht zum Freitag kommt der Höhentiefdipol unter Beibehaltung der
meridional ausgerichteten Achse nach Süden voran, nach Lesart des ICON-EU
befindet sich der nördliche Dipol morgens über dem Nordostausgang des
Ärmelkanals, der südliche dagegen über der Schweiz. Die Verbindung des sich über
der Dänemarkstraße bzw. der Grönlandsee regenerierenden Langwellentroges wird
somit endgültig gekappt, lediglich eine flache Potenzialrinne bleibt übrig.
Somit kann sich ein von Osteuropa nach Skandinavien gerichteter Höhenrücken
verstärken und auch der Rücken über dem Ostatlantik bleibt robust. Das führt zu
weiterem Druckanstieg über dem fennoskandischen Raum und auch westlich von
Irland, dort weist das Hoch zu Tagesende eine abgeschlossene 1030
hPa-Kernisobare auf.
Über dem Vorhersagegebiet kommt die flache Tiefdruckrinne im Bodenfeld
allmählich nordostwärts voran, insgesamt weicht das Druckfeld aber noch etwas
auf. Im aktuellen ICON-EU-Lauf soll sich aber vorderseitig eines kurzwelligen,
über die Osthälfte nordwärts schwenkenden Troganteiles ein flaches Bodentief
bilden, das im Laufe der Nacht langsam von der Mitte des Landes nordostwärts
verlagert. Die teils skaligen Regenfälle auf dessen Vorderseite über Teilen der
Osthälfte sollen sich dadurch intensivieren, im Zeitraum Donnerstagabend bis in
die zweite Nachthälfte zum Freitag hinein simulieren ICON-EU und ICON-D2 vor
allem in Vorpommern gebietsweise mehr als 25 l/qm in 6 bis 12 Stunden, ehe die
Regenfälle allmählich nordostwärts abziehen.
Der Westen und Süden des Landes bleiben dagegen vorderseitig des zur Schweiz
ziehenden Höhentiefs, wobei sich der dynamische Hebungsantrieb aufgrund von PVA
sogar noch etwas verstärkt. Somit gibt es dort auch nachts weitere schauerartige
Regenfälle, kurze eingelagerte Gewitter sind weiterhin möglich. Kleinräumig kann
weiterhin Starkregen auftreten, wenngleich eher mehr- als einstündig, die
Wahrscheinlichkeiten für unwetterartige Mengen gehen aber insgesamt gegenüber
tagsüber zurück. Weiterhin lassen sich kaum Schwerpunkte ausmachen, wobei der
aktuelle I-D2-Lauf weiterhin über den westlichen Mittelgebirgen (insbesondere
Sieger- und westliches Sauerland) recht hohe Mengen auf der Agenda hat, so dass
man diese Region etwas im Fokus behalten sollte.
Wenig Regen bzw. Schauer fallen hingegen wohl in einem Streifen vom Nordwestend
es Landes über die östliche Mitte bis nach Sachsen und Ostbayern. Dort bleibt es
vielerorts trocken. Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 14 Grad unter den
dichten Wolken und im Einflussbereich der von Osten advehierten etwas milderen
Luftmassen im Nordosten und 7 Grad im südwestdeutschen Bergland.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag … und in der Nacht zum Samstag gelten im Wesentlichen noch die
Aussagen in der Frühübersicht. Der Höhentiefkomplex nistet sich über Frankreich
und dem Alpenraum ein, während eine flache Hochdruckbrücke das Hoch westlich der
Britischen Inseln mit hohem Luftdruck über Fennoskandien verbindet. Somit bleibt
das Vorhersagegebiet im Einflussbereich eines überwiegend schwachgradientigen
Tiefdruckkomplexes, wobei sich die Rinne grob über den Nordosten und Osten des
Landes in einem Bogen über Tschechien und Ungarn bis nach Norditalien erstreckt.
Das nur sehr flache Bodentief über dem Nordosten Deutschlands zieht dabei
nordostwärts ab bzw. füllt sich komplett auf, während sich durch Überströmen der
Ostalpen ein kräftigeres Tief über dem Böhmischen Becken etablieren kann, das
sich in der Nacht zum Samstag nur wenig nach Osten verlagert und sich dann auch
zunächst kaum auffüllt.
Auf dessen Vorderseite nimmt die Advektion feuchtwarmer Luftmassen ins östliche
Mitteleuropa rasch zu, während sich über dem Vorhersagegebiet, insbesondere über
der Mitte und dem Südosten, bodennah eine kühle Nordwestströmung etabliert. Mit
Drehung der Höhenströmung sowohl nieder- als auch mitteltroposphärisch über dem
Vorhersagegebiet auf Ost kann somit die feuchtwarme Luftmasse nach Westen
geführt werden und es stellt sich eine markante Gegenstromlage über der Mitte
und dem Süden des Landes ein. Die Folge sind ergiebige, teils konvektiv
durchsetzte Niederschläge, deren räumliche Verteilung und Intensität noch
unsicher ist. Während z.B. der aktuelle Lauf des ICON-EU die höchsten RR-Mengen
etwas weiter westlich als im Vorlauf simuliert (bis Samstagfrüh vor allem
Mittelfranken bis Oberschwaben und Schwäbische Alb), verhält es sich im GFS-Lauf
von 12 UTC umgekehrt (statt noch bis nach Südhessen, wie im Vorlauf, reichen die
unwetterartigen Mengen im aktuellen Lauf von Oberfranken bis nach mittelfranken
und zur Hohenloher Ebene). Somit wird an der am Vormittag ausgegebenen
Vorabinformation zunächst einmal festgehalten, es dürfte aber sehr
wahrscheinlich sein, dass diese im Laufe des morgigen Tages noch einmal
angepasst wird.
In den Osten und Nordosten können an der Nordflanke des Tiefs auch bodennah
wärmere und feuchte Luftmassen vordringen, etwas Einstrahlung vorausgesetzt,
kann auch Cape generiert werden, so dass es gebietsweise zu teils kräftigen
Gewittern kommt, die bei PPW-Werten um 25 mm und geringer Zuggeschwindigkeit
vereinzelt auch Unwetterpotenzial bzgl. Starkregen aufweisen können. Auch über
deren räumliche Verteilung können noch keine verlässlichen Aussagen tätigen.

Alles Weitere dann in den folgenden Übersichten.

Modellvergleich und -einschätzung

Während die Lage im Groben von den Modellen ähnlich simuliert wird, ergeben sich
im Detail Unterschiede, die räumliche Verteilung der (konvektiven) Niederschläge
betreffend. Das gilt nicht nur für die am Freitag beginnende
Unwetter-Dauerregenlage, sondern bereits für die morgige Schauer- und
Gewittertätigkeit. Insbesondere ab dem morgigen späten Nachmittag bis in die
Nacht zum Freitag könnte es am ehesten wohl irgendwo im Bereich der westlichen
Mitte kleinräumig mehrstündig zu konvektiv durchsetzten Regenfällen kommen (I-D2
deutet so etwas im Bereich Eifel bis Sauerland an). Zwar weist die Luftmasse
nicht die hohen PPWs für eine großräumigere oder gar extreme Unwetterlage auf,
aber gebietsweise sollte bei Bedarf durchaus eine mehrstündige Unwetterwarnung
in Betracht gezogen werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff