SXEU31 DWAV 231800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 23.05.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Fortdauer des feucht-warmen und unbeständigen Wetters mit Gewittern, teils auch
kräftigen Regenfällen mit Starkregen, lokal Unwetter.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland zwischen einem Trog über Westeuropa mit
hochreichendem Drehzentrum über Schottland und einem blockierenden Hoch mit
Schwerpunkt über Westrussland. In der resultierenden, eher flauen süd- bis
südöstlichen Höhenströmung schwenkt ein Kurzwellentrog von Norditalien zum
Alpenraum und erreicht morgens den äußersten Süden Deutschlands. Auf der
Vorderseite sorgt aufkommende PVA für Hebung und Druckfall, sodass sich eine
Tiefdruckrinne vom Balkan langsam über den Südosten Deutschlands bis zur Mitte
vorarbeiten kann, wo sich in den Frühstunden dann auch ein kleines Drehzentrum
abzeichnet. Damit gelangt in den Süden, später auch in die Mitte eine wieder
feuchtere, instabil geschichtete Luftmasse (PWAT um 25 mm, ML/MU-CAPE 300-700
J/kg), während sich im Norden etwas trockenere, stabile Luft durchgesetzt hat
(um 20 mm).

Mit der aufkommenden Hebung sind teils kräftige Gewitter aus den Alpen heraus
auf das Vorland übergegriffen und haben sich bereits zu einem größeren Cluster
zusammengeschlossen. Im Radarfilm erkennt man bereits eine ausgeprägte Rotation,
die auf ein Mesotief schließen lässt. Das vor allem zu Beginn noch mit Gewittern
durchsetzte Niederschlagsgebiet verlagert sich im Nachtverlauf
nord-nordwestwärts über Franken und Baden-Württemberg und erreicht Südhessen und
Rheinland-Pfalz/Saar. Das Mesotief findet sich im westlichen Teil der
Niederschlagsschleppe. Vor allem dort dreht sich der Niederschlag ein und fällt
mehrstündig und ungewittrig aus. Insbesondere von Oberschwaben über die
Schwäbische Alb bis zur Hohenloher Ebene, Odenwald und der Pfalz muss
strichweise mit Starkregen bis 35 l/qm innerhalb von rund 6 Stunden gerechnet
werden, örtlich auch im Unwetterbereich bis 60 l/qm. Aufgrund der räumlichen
Unsicherheiten und der insgesamt nicht sonderlich robusten Unwettersignale hat
man sich zunächst für eine markante Starkregenwarnung entschieden und sattelt im
Nowcast ggf. auf Rot. Eingangs der Nacht sind in kräftigeren Einzelentwicklungen
über Bayern, Franken und dem westlichen Ba-Wü auch noch (hefiger) Starkregen um
30 l/qm in kurzer Zeit sowie Hagel und stürmische Böen möglich.

Im Norden verläuft die Nacht ruhig, teils wolkig, teils gering bewölkt.
Vereinzelt kann sich Nebel bilden.

Die Tiefsttemperaturen liegen zwischen 13 und 6 Grad.

Freitag … bleibt das großräumige Geopotenzialgefüge stabil, das bedeutet, wir
liegen weiterhin zwischen dem Trog über Westeuropa und dem blockierenden Hoch
mit Schwerpunkt über Westrussland. Die primäre Achse des Troges dreht leicht
gegen den Uhrzeigersinn und liegt abends in etwa auf einer Linie von
Großbritannien bis zum westlichen Mittelmeer. Der morgens auf Süddeutschland
übergegriffene kurzwelligere Troganteil schwenkt durch die blockierende Wirkung
des sich über Skandinavien und dem Nordmeer intensivierenden Rückens nur noch
langsam nordwärts und erreicht die südliche Mitte. Er stützt die Tiefdruckrinne,
die sich nordwärts bis zur nördlichen Mitte des Landes vorarbeitet. In ihrem
Westteil zeichnet sich weiterhin ein kleines Mesotief ab.

Das Starkregengebiet im Umfeld bzw. am Südwestrand des Mesotiefs erfasst bis zum
Mittag vor allem noch Teile von Rheinland-Pfalz, Südwest-Hessen und Süd-NRW.
Unwetterartige Mengen sollten aber aller Voraussicht nach nicht mehr auftreten.
In der nach Osten bis nach Oberfranken, Thüringen und Sachsen gerichteten
Niederschlagsschleppe sind auch einzelne Gewitter eingelagert, die kleinräumig
und kurzzeitig Starkregen bringen können.

Ab den Mittagsstunden baut sich in der Rinne über der nördlichen Mitte in der
feuchten und instabilen Luft ML-CAPE zwischen 500 und 1200 J/kg auf. Die Energie
ist ungedeckelt, sodass sich entlang der Konvergenz oder vom Bergland ausgehend
in einem breiten Streifen von NRW und Südniedersachsen bis nach Oberfranken,
Sachsen und Südbrandenburg rasch Schauer und Gewitter bilden. Die
Grenzschichtfeuchte reichert sich durch das konvergente Windfeld noch etwas mehr
an (PWAT bis 30 mm). Die Scherung ist in den unteren Niveaus vor allem an der
Nordflanke des Mesotiefs über der westlichen Mitte (NRW, Südniedersachsen,
Nordhessen) wegen des rückdrehenden Windes durchaus leicht erhöht. Dort sind
kräftigere Entwicklungen und auch kurzlebige Superzellen mit Hagel und Sturmböen
möglich, die Tornadogefahr ist aufgrund erhöhter, bodennaher SRH-Werte etwas
erhöht, vor allem bei vorangegangenem Regen und niedrigen Wolkenuntergrenzen.
Ansonsten steht aber wieder der Starkregen im Fokus, der durch rückwärtiges
Anbauen, recht geringer Verlagerungsgeschwindigkeit und den erhöhten PWAT-Werten
lokal auch unwetterartig ausfällt.

Auch im Südwesten und äußersten Süden wird in der etwas kühleren und weniger
feuchten, im Trogbereich aber ziemlich instabilen Luft etwas CAPE generiert,
meist aber nur um 500 J/kg. Bei schwacher Scherung sind das meist kurzlebige
Einzelzellen, die aber lokalen Starkregen bringen.

Von Niederbayern und dem nördlichen Oberbayern über Mittel- und Unterfranken bis
ins Rhein-Main-Gebiet fällt die Schauerneigung deutlich geringer aus, im Norden
und Nordosten ist es unter leichtem Hochdruckeinfluss gar recht sonnig und
gänzlich trocken.

Die Höchsttemperaturen erreichen Werte zwischen 17 Grad in der Eifel und 26 Grad
im Havelland.

In der Nacht zum Samstag wandert der Trog über der Mitte noch etwas nach Norden.
Dadurch schiebt sich die Rinne in den Norden, das eingelagerte Mesotief zieht
wahrscheinlich langsam nach Belgien oder Holland ab. Die Niederschlagstätigkeit
wird innerhalb der Rinne über der Norddeutschen Tiefebene am Leben gehalten, die
Gewittertätigkeit nimmt aber mit dem Tagesgang ab. Somit ist vor allem mit
mehrstündigem Starkregen zu rechnen, die Unwettergefahr ist eher gering. In
einigen ICON-D2-Simulationen bleibt das Mesotief noch länger über dem Raum
Eifel/Köln-Bonner-Bucht hängen, dann wäre auch dort Starkregen zu erwarten,
durchaus bis in den Unwetterbereich. Damit steht das deutsche Modell aber
alleine.

In den übrigen Regionen lassen Schauer und Gewitter meist nach, im Küstenumfeld
bleibt es ohnehin trocken. Bei größeren Auflockerungen kann sich in der Mitte
und im Süden gebietsweise dichter Nebel bilden.

Die Tiefstwerte liegen zwischen 15 Grad unter den Wolken im Norden und 5 Grad in
den südwestdeutschen Mittelgebirgen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Samstag … kann das in der Frühübersicht skizzierte Konzept ohne signifikante
Änderung fortgesetzt werden, wenngleich die Unsicherheiten im Hinblick auf die
Schwerpunkte der Konvektion weiterhin groß sind.

Die Hauptachse des Westeuropatroges erreicht gerade so den Südwesten, sodass der
überwiegende Teil Deutschlands trogvorderseitig unter einer zyklonalen
südöstlichen Höhenströmung liegt. Die feuchteste und labilste Luft ist in der
etwas an Kontur verlierenden Rinne zu finden, die weiterhin über dem Norden
liegt. Von dort ausgehend reicht eine feuchte Schleppe über den Osten und
Südosten bis zum Alpenrand. Das sind die Regionen, wo am ehesten mit konvektiven
Umlagerungen zu rechnen sein dürfte. Nach Westen und Südwesten zu ist die Luft
trockener, sodass die Schauer- und Gewitterneigung geringer ausfällt (auch im
Taunus ; -)). Die Scherung ist weiterhin schwach und PWAT vor allem im Norden
mit 30 mm ziemlich hoch, sodass vor allem wieder von lokalem Starkregen
auszugehen ist. Unwetter durch heftigen Starkregen bleiben weiterhin räumlich
eng begrenzt.

In der Nacht werden die Schauer und Gewitter im Osten und Nordosten auf der
Trogvorderseite noch etwas am Leben gehalten, insgesamt lässt die
Niederschlagstätigkeit und vor allem die Unwettergefahr aber nach.

Am Temperaturniveau ändert sich nur wenig, es bleibt tagsüber mit 19 bis 26 Grad
mäßig warm bis warm, in den Nächten mit 14 bis 7 Grad angenehm kühl.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Wetterlage wird von allen Modellen sehr ähnlich simuliert. Schwierig
gestaltet sich aber die Analyse und Prognose der kleinen Störungen, in Form
kurzwelliger Troganteile und kleiner Mesotiefs, die orographisch bzw. durch
bestehende Konvektion stark modifiziert werden. Entsprechend ergeben sich auch
Diskrepanzen in den Niederschlagsfeldern. Gewitter und Starkregen müssen also
vielfach im Nowcast oder mit wenig Vorlauf bewarnt werden.

ICON-D2 simuliert in der Nacht zum Freitag im Süden und Südwesten recht
konsequent höhere Mengen bis in den Unwetterbereich, was von den anderen
Modellen nicht mitgetragen wird. Die Wahrscheinlichkeiten für mehr als 35 mm in
6 Stunden liegen im ID2-EPS bei 20 bis 50% im östlichen Württemberg, weiter nach
Nordwesten verliert sich das Signal.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Adrian Leyser