SXEU31 DWAV 211800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 21.05.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Heute in einem Streifen von Ostbayern bis nach Hessen, NRW und dem nördlichen
Rheinland-Pfalz Unwettergefahr durch Gewitter mit heftigen Starkregen, am
Mittwoch von Schleswig-Holstein bis zur Oder erneut auflebende Gewitter bis hin
zum Unwetter, an beiden Tagen bis 40 mm in kurzer Zeit, bei mehrstündigen
Ereignissen bis 60 mm.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Aktuell … liegt Deutschland an der Vorderseite eines Troges, der von Grönland
über den nahen Ostatlantik in die Biskaya reicht und dessen südlicher Teil vom
westlichen Mittelmeer über die Alpen hinweg nordwärts schwenkt. Kräftige
Warmluftadvektion an der diffluenten Vorderseite des Troges induziert Hebung,
was, ausgehend vom Alpennordrand, eine Zyklogenese zur Folge hat. Das
resultierende Tief, vielmehr eine Tiefdruckrinne, erstreckt sich von NRW über
die Mitte Deutschlands bis nach Ostbayern. An deren Nordflanke wird feuchtwarme
Luft aus dem westlichen Mittelmeergebiet einbezogen, die einen Gehalt an
niederschlagbarem Wasser zwischen 30 und 40 mm aufweist. Die Folge sind in
diesem Bereich Gewitter mit heftigem Starkregen, wobei selbst bei sich relativ
rasch verlagernden Zellen mehr als 25 bis über 40 mm innerhalb kurzer Zeit
zusammenkommen. In diesem Bereich wird die Gewittertätigkeit bis in die Nacht
zum Mittwoch hinein andauern, wobei mit zunehmender Verclusterung ein Übergang
in mehrstündigen und anfangs noch gewittrigen Starkregen erfolgt. Hierdurch sind
Niederschlagssummen bis etwa 50 mm nicht auszuschließen. Daher ist in diesem
breiten Streifen, der vom östlichen Bayern über Franken, Hessen, Südthüringengen
ins nördliche Rheinland-Pfalz und nach NRW reicht, eine Unwetter-Vorabinfo
aktiv.
Südlich daran angrenzend fällt länger andauernder Regen, der aus herumgeholter
Warmluft resultiert, die an die Südflanke dieser Tiefdruckrinne gelangt. Im
Bereich dieser Warmluftschleppe zeichnet sich über dem Saarland, dem südlichen
Rheinland-Pfalz und Teilen von Baden-Württemberg ein längeres Schleifen ab, so
dass diese Regionen mit einer Warnung vor Dauerregen versehen wurden. Dabei sind
die Gebiete betroffen, die von den dem extremen Regenereignis am vergangenen
Freitag erfasst wurden, so dass der Impakt-Gedanke hier eine Rolle spielt.
Der Trog wird von einem Höhenkeil blockiert, der sich vom Schwarzmeerraum über
die Baltischen Staaten hinweg ins Nordmeer erstreckt. Das hierzu
korrespondierende Bodenhoch liegt über Fennoskandien. Antizyklonales Ausfließen
unterbindet im Norden und Nordosten die Konvektion, an der Ostseeküste frischt
der Wind mit Böen Bft 7 auf, in einigen höheren Berglagen sind Sturmböen aus Ost
nicht auszuschließen.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich das Tief unter weiterer leichter
Intensivierung zur Doggerbank, wobei hiervon weiterhin eine nach Südosten
gerichtete Tiefdruckrinne bestehen bleibt. Diese verlagert sich nordwärts und
ist ausgangs der Nacht mit ihrer Konvergenzachse vom Emsland in die Lausitz
gerichtet. Mit dieser Tiefdruckrinne verschiebt sich der Bereich mit den
kräftigsten Niederschlägen ebenfalls nach Norden. Dabei erfolgt in der ersten
Nachthälfte zusehends eine Verclusterung und hierdurch ein Übergang in
mehrstündigen, anfangs noch von Gewittern durchsetzten Starkregen, wobei auch
noch unwetterartige Regenmengen zusammenkommen können.
In der zweiten Nachthälfte macht sich der Tagesgang zusehends bemerkbar; auch
lässt der Hebungsantrieb nach, da die kräftigste Warmluftadvektion dann an der
Nordflanke des sich zur Doggerbank verlagernden Tiefs erfolgt. Demzufolge
schwächen sich die Niederschläge etwas ab; markant zu bewarnende Regenmengen
durch mehrstündigen, aber dann meist ungewittrigen Starkregen sind weiterhin
möglich. Das Band der kräftigsten Niederschläge verlagert sich dann etwas nach
Nordosten bis über die Elbe hinweg und erstreckt sich dann von der Nordsee über
Niedersachsen hinweg in den östlichen Mittelgebirgsraum hinein. Nordöstlich
davon bleibt es noch trocken, während im Binnenland der Wind abflaut, können an
der Ostseeküste weiterhin Windböen Bft 7 auftreten. Über dem Westen und
Südwesten erfolgt Kaltluftadvektion, so dass dort allenfalls noch einzelne
Schauer zustande kommen.

Mittwoch … wird der über Westeuropa liegende Trog regeneriert, währenddessen
der zur nördlichen Adria reichende Teiltrog abtropft. Über Mitteleuropa bleibt
demzufolge eine südöstliche Strömung bestehen. Die Tiefruckrinne, die von dem
sich in die westliche Nordsee verlagernden Tief ausgehend über das Emsland
hinweg zur Lausitz gerichtet ist, schwenkt nach Norden und erstreckt sich am
Abend von der Emsmündung zur unteren Oder. Nach wie vor wird diese Rinne durch
schwache Hebungsprozesse, die aus positiver Vorticityadvektion resultieren, am
Leben gehalten. Da sich in deren Bereich die Luftmasse nicht ändert, dürfte im
Tagesverlauf die Konvektion erneut aufleben. Dabei verschiebt sich der Bereich,
welcher von konvektiven Umlagerungen erfasst wird, in den Nordosten
Deutschlands, etwa von Schleswig-Holstein bis in die Niederlausitz hinein. Dabei
sind erneut Gewitter mit heftigem Starkregen bis etwa 40 mm in kurzer Zeit zu
erwarten. Daher wäre für diese Gebiete eine Unwetter-Vorabinfo in Erwägung zu
ziehen. Wahrscheinlich bleibt hiervon nur noch der äußerste Nordosten
Vorpommerns, vom Darß etwa bis Usedom, verschont. Dort gibt es auch wieder
größere Auflockerungen und an der Küste frischt der Wind erneut mit Böen Bft 7
aus Ost auf.
In den anderen Gebieten macht sich schwacher antizyklonaler Einfluss bemerkbar.
Nach Westen zu, wo die Strömung durch das Tief über der westlichen Nordsee
zyklonaler geprägt ist, erfolgt leichte Kaltluftadvektion. Einzelne Gewitter
entwickeln sich dort vorrangig über dem Bergland sowie aus den Alpen heraus; für
Unwetter sollte es nicht reichen. Dennoch ist, bedingt durch einen Gehalt an
niederschlagbarem Wasser zwischen 20 und 25 mm, Starkregen mit vergleichbaren
Regenmengen in kurzer Zeit, nicht auszuschließen. Dazwischen zeichnen sich auch
größere Auflockerungen ab.
Meist sind Tageshöchsttemperaturen zwischen 16 und 21 Grad zu erwarten. Im
Nordosten abseits der Küste erwärmt sich die Luft vor Beginn der Konvektion noch
einmal auf 22 bis 27 Grad.

In der Nacht zum Donnerstag wird die Tiefdruckrinne unter sehr zögernder
allmählicher Auffüllung nordostwärts herausgedrückt und erstreckt sich ausgangs
der Nacht vom Oderhaff über die dänischen Inseln hinweg nordwestwärts. Da die
ganz im Nordosten vorhandene Luftmasse nach wie vor feuchtlabil ist und einen
Flüssigwassergehalt zwischen 30 und mehr als 35 mm aufweist, wird die Konvektion
durch bodennahe Konvergenz am Leben gehalten. Dabei erfolgt ein Übergang in
mehrstündigen und bis weit in die erste Nachthälfte hinein noch von Gewittern
begleiteten Starkregen, später dürften diese Regenfälle nicht mehr von Gewittern
durchsetzt sein. Unwetterartige Regenmengen bis über 40 mm innerhalb weniger
Stunden können jedoch auch in der zweiten Nachthälfte der Nacht zum Donnerstag
noch auftreten.
In den anderen Gebieten fällt die Konvektion alsbald in sich zusammen. Im Süden
und Südwesten sind die Luftdruckgegensätze gering, teils klart es auf, so dass
sich dort, wo es zuvor viel geregnet hat, flache Nebelfelder bilden können.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Donnerstag … liegt Deutschland nach wie vor an der Vorderseite eines breiten,
über Westeuropa liegenden Troges, von welchem ein Teiltrog zur Adria gerichtet
ist. An dessen Ostflanke hält sich ein nach Skandinavien gerichteter
Höhenrücken, so dass sich über Mitteleuropa weiterhin eine südöstliche Strömung
ergibt. Insgesamt sind die Geopotentialgegensätze jedoch schwach, so dass auch
kaum dynamische Hebungsantriebe erkennbar sind. Eine Ausnahme ist erneut der
äußerste Nordosten. Zwar liegt die Tiefdruckrinne im Bodendruckfeld bereits
etwas weiter nordöstlich und erstreckt sich mit ihrer Achse von Nordwestpolen
ins Kattegat, aber ein vor allem im 700 hPa-Niveau erkennbarer und nach
Nordosten ablaufender Kurzwellentrog generiert noch Hebung, so dass in
Vorpommern, etwa vom Darß bis zum Oderhaff, die Konvektion noch einmal aufleben
kann. Starkregen kann zwar noch auftreten, auch mehrstündige Starkregenfälle
sind noch möglich. Entrainmentprozesse sollten die Luftmasse aber soweit
entschärfen, so dass es für Unwetter wahrscheinlich nicht mehr reicht.
Der weitaus größte Teil Deutschlands bleibt von konvektiven Umlagerungen
verschont. Absinken, das aus schwacher Kaltluftadvektion resultiert, lässt die
Bewölkung verbreitet auflockern. Einzelne gewittrige Schauer sind dennoch über
dem Bergland nicht ganz auszuschließen.
Im Südwesten und ganz im Süden macht sich ein weiterer, nach Norden ablaufender
Kurzwellentrog bemerkbar. In diesen Gebieten hält sich feuchtlabile Luft mit
einem Gehalt an niederschlagbarem Wasser zwischen 20 und 25 mm, aufgrund von
Einstrahlung wird etwas CAPE (MU, KK bis 500 J/kg) generiert. Trogvorderseitige
Hebung lässt im Zusammenspiel mit der Orografie über dem südwestdeutschen
Bergland und aus den Alpen heraus erneut Gewitter aufkommen. Dabei dürfte es
sich um Einzel- oder Multizellen handeln, Starkregen ist sehr wahrscheinlich,
aufgrund der langsamen Verlagerung der Konvektionszellen besteht Unwettergefahr
durch heftigen Starkregen. Scherung ist kaum vorhanden, so dass Hagel kaum
auftreten sollte.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen je nach Bewölkung 18 bis 24 Grad.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der zur Adria gerichtete Trog zu den Alpen,
was über Süddeutschland weitere Hebung generiert. Demzufolge kommt die
Konvektion im Süden Deutschlands nicht zum Erliegen und arbeitet sich mit
weiteren Starkregenfällen bis etwa zur Mainlinie vor. Dabei sind weitere (auch
mehrstündige) Starkregenfälle zu erwarten, die zumindest in der ersten
Nachthälfte noch von Gewittern durchsetzt und unwetterartig sein können.
Nördlich davon macht sich antizyklonaler Einfluss bemerkbar. Dort bricht die
Konvektion alsbald in sich zusammen und es klart gebietsweise auf. Bei geringen
Luftdruckgegensätzen können sich erneut flache Nebelfelder bilden.

Modellvergleich und -einschätzung

Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
unterschiede ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann