SXEU31 DWAV 051800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 05.05.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Gebietsweise teils kräftige Schauer und Gewitter. Im südlichen Bayern am Montag
erhöhte Unwettergefahr. Im Norden Abtrocknung.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC

Aktuell … könnte man mit Blick auf das Satellitenbild meinen, dass einem „E.T.

  • Der Außerirdische“ entgegenblickt. So zeigen sich seine „Augen“ in den
    Bodenisobaren bzw. die Pupillen in den Tiefdruckkernen, diese liegen über der
    Deutschen Bucht und knapp südwestlich der Britischen Inseln. Spiralförmig darum
    wickeln sich Wolken- und Niederschlagsbänder, die miteinander verbunden sind.
    Ursprung dieser Gebilde sind zwei hochreichende Tiefdruckgebiete, die am Boden
    auf die Namen GULLA und HELGA hören. Beide Bodentiefs befinden sich
    achsensenkrecht unter ihren Höhenpendants, womit die Entwicklung zwar
    überschritten ist, sie uns aber noch eine Weile beschäftigen werden.
    Wolken- und Niederschlagsbänder lassen sich teilweise als Fronten analysieren.
    So lässt sich aktuell am heutigen Sonntagabend eine okkludierende Kaltfront in
    einem Bogen vom Tiefzentrum von GULLA von der Deutschen Bucht über Südschweden,
    dem westlichen Polen und über der südlichen Mitte Deutschlands ausmachen. Von
    dort geht sie über in die rückläufige Warmfront des Tiefs HELGA mit Zentrum über
    der Biskaya. In den Abendstunden reicht es im Frontbereich noch für letzte
    Schauer und Gewitter von Sachsen bis zum Saarland, dem Schwarzwald und bis zum
    Bayerwald. Mit nachlassendem Tagesgang, kaum noch CAPE und einem flachen, von
    Frankreich hereinziehenden Höhenkeil lässt die Konvektion alsbald nach.
    Bereits vor Mitternacht greift allerdings PVA des langsam von der Biskaya zur
    Bretagne vorrückenden Höhentiefs auf den Südwesten über, was die Front wieder
    aktiviert. Folglich ziehen schauerartige Niederschläge herein, die mit viel
    „Good Will“ auch mal elektrisch sein können. Die Niederschlagsmengen betragen
    0,5 bis 10, lokal um 15 l/qm in 12 Stunden und konzentrieren sich auf einen
    Bereich zwischen Eifel, Saarland, Schwarzwald und Sachsen. Kleinkörniger Hagel
    und steife Böen sind nicht völlig ausgeschlossen, aber höchstens gering
    wahrscheinlich.
    Weiter südöstlich bleibt es präfrontal mit leicht föhniger Komponente meist
    trocken mit einigen Auflockerungen.
    Im Norden ist dagegen südlich des Höhentiefs ein wenig Hebung (WLA, wenig PVA)
    im Spiel, sodass es gebietsweise zu Schauern kommt, die sich im Nachtverlauf mit
    dem langsam nach Südschweden driftenden Höhentief immer weiter zur Ostsee
    zurückziehen. Die Regenmengen belaufen sich auf 0,5 bis 5 l/qm. Mit der
    Konvektion ist zum Teil etwas kräftigerer Wind verbunden, der noch zu einzelne
    steifen Böen Bft 7 führen kann.
    Zwischen diesen Niederschlägen und denen in der Mitte bzw. im Südwesten gibt es
    bei kompensatorischem Absinken eine trockene Zone mit Auflockerungen.
    Stellenweise ist dort Nebel gering wahrscheinlich.
    Die Temperaturen sinken auf 13 Grad im Südwesten bis örtlich 4 Grad im Norden
    bei Aufklaren.

Montag … verlagert sich Höhentief 1 von Südschweden zur Exklave Kaliningrad,
Höhentief 2 von der Bretagne langsam Richtung Pays-de-la-Loire. GULLA bekommt
dabei zwei Kerne, der eine liegt mittags über Dänemark, der andere über dem
Norden Weißrusslands. HELGA bleibt meist achsensenkrecht unter dem Höhentief
über Frankreich. Die Warmfront über Deutschland arbeitet sich dadurch nur sehr
langsam nach Norden voran. Auf der Vorderseite des Höhentiefs ist die Strömung
diffluent, was immer wieder Hebung durch PVA generiert, die nach Deutschland
gesteuert wird. Die Niederschlagsaktivität wird folglich immer wieder angefacht
und durch den Tagesgang noch zusätzlich befeuert. So regnet es von der Mitte bis
in den Südwesten teils schauerartig mit Niederschlagsmengen von 2 bis 20,
punktuell von 20 bis 30 l/qm in 12 Stunden (mehrstündiger Starkregen). Bei
vorhandener, aber nicht überbordender Labilität wird außerdem etwas CAPE
aufgebaut, weshalb vereinzelt Gewitter möglich sind, bei denen bei recht hohen
PPW’s von 25 bis 34 mm vor allem im Westen ebenfalls Starkregengefahr (um 20
l/qm einstündig) besteht bzw. lokal Regenmengen bis in den Unwetterbereich
möglich sind. Bei den Gewittern sind darüber hinaus vereinzelt steife Böen Bft 7
und kleinkörniger Hagel nicht völlig ausgeschlossen.
Im südöstlichen Bayern, etwa südlich der Donau, ist das Gewitterpotenzial
deutlich höher. Die Labilität ist durch föhnbedingte Einstrahlung am Vormittag
deutlich höher (Lapse Rates bis -0,7 K/100 m), was die Bildung eines Leetiefs
begünstigen könnte und ordentlich ML-CAPE bis punktuell 1500 J/Kg aufbaut. Damit
ist der Nährboden für kräftige Konvektion gelegt, was die hochauflösenden
Modelle mit entsprechenden Entwicklungen bestätigen. In der südwestlichen
Strömung bilden sich teils kräftige Gewitter mit Superzellenpotenzial
(Richtungsscherung durch das Leetief), die zu einem MCS verclustern können und
die mit deutlichen Starkregenhinweise, die bis in den Unwetterbereich (mehr als
25 l/qm in kurzer Zeit) reichen, ausgestattet sind. Mit geringer
Wahrscheinlichkeit wird extrem heftiger Starkregen (mehr als 40 l/qm in kurzer
Zeit) simuliert. Bei den CAPE-Werten ist außerdem mit Hagel vereinzelt über 2 cm
und Sturmböen Bft 9 zu rechnen. ICON-D2 berechnet mit dem 12 UTC-Lauf vom
Sonntag lokal sogar Orkanböen um 130 km/h (Bft 12), was angesichts eines stark
rechtsgedrehten Hodographen und hoher SRH in der unteren Atmosphäre nicht ganz
von der Hand zu weisen ist. Im 15 UTC-Lauf werden immerhin noch orkanartige Böen
bis 115 km/h über Deutschland prognostiziert. Die HKN’s liegen bei rund 1000 m,
sodass vor allem feuchte Downbursts ins Kalkül gezogen werden müssen. Die
Gewitter ziehen mit der Strömung in den Abendstunden von Ober- nach
Niederbayern. Über eine Vorabinformation in diesem Bereich muss nachgedacht
werden.
Nördlich einer Linie Niederrhein – Harz – Oderbruch dominiert nach Abzug des
Höhentiefs Absinken, weshalb es dort trocken bleibt und zeitweise die Sonne zum
Vorschein kommt.
Der Wind weht abseits der Konvektion im Norden häufig nur schwach, sonst schwach
bis mäßig aus unterschiedlichen Richtungen.
Die Temperaturen steigen auf 13 bis 17 Grad an der See und im Südwesten, sonst
auf 16 bis 21, im Südosten auf 19 bis 24 Grad.

In der Nacht zum Dienstag gliedert sich das Höhentief über Kaliningrad einem
Langwellentrog an, der nach Osten schwenkt. Das Höhentief über Frankreich
wandert währenddessen langsam Richtung Südosten bis etwa nach Paris. Weiterhin
macht die quer über Deutschland liegende Warmfront kaum Boden nach Norden gut,
auf der anderen Seite kann jedoch die Kaltfront des Tiefs HELGA in den Südwesten
Deutschlands vordringen.
Die Niederschläge konzentrieren sich auf die okkludierende Warmfront in der
Mitte des Landes, aber auch nach Süden hin gibt es Regenfälle, die vereinzelt
gewittrig sind. Die Regenmengen betragen in der Mitte und am Alpenrand 3 bis 20,
stellenweise bis 40 l/qm in 12 Stunden, womit Stark- oder Dauerregenkriterien
erfüllt werden. In Niederbayern können die Gewitter in den Abendstunden anfangs
noch höhere Regensummen liefern. Sturmböen und Hagel spielen nachts dann keine
große Rolle mehr.
Ansonsten sind die Regenmengen im Süden geringer, im Südwesten bleibt es hinter
der Kaltfront häufiger schon trocken und die Wolken lockern gebietsweise auf.
Im Norden ist es wie am Tage zuvor meist trocken mit einigen Auflockerungen. An
der Ostsee können zum Morgen hin schwache Schauer aufkommen, die im Zusammenhang
mit einem Randtrog im erwähnten Langwellentrog östlich von uns durchziehen
können.
Die Tiefsttemperaturen bewegen sich zwischen 10 und 6 Grad.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Dienstag … ist im Vergleich zur Frühübersicht keine wesentliche Änderung zu
sehen, also läuft es weiterhin auf eine Wetterzweiteilung hinaus: Im Norden
Hochdruckeinfluss, trocken und zeitweise Sonnenschein, in der Mitte und im Süden
dichte Wolken und gebietsweise nicht warnwürdiger Regen, der sich nachts in den
Südosten zurückzieht. Gewitter bleiben immer mehr die Ausnahme. Mit dem neuen 12
UTC-Lauf von ICON wurden die Regenmengen in der Mitte etwas reduziert, im Süden
dagegen leicht erhöht. Die Temperaturen bewegen sich auf fast ähnlichem Niveau
wie am Vortag, häufig aber auch 1 bis 2 Kelvin darunter.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle simulieren sehr ähnlich. Unstimmigkeiten in den
Niederschlagsschwerpunkten sind der Konvektion geschuldet und handelsüblich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler