#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Freitag den 03.05.2024 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 031800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 03.05.2024 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Am Wochenende unbeständig und maximal mäßig warm; vor allem am Samstag und in
der Nacht zum Sonntag gebietsweise Gewitter, am ehesten im Osten und Südosten
markante Entwicklungen möglich, Unwetter eher unwahrscheinlich.
Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC
Aktuell … hat sich so eine Art Zwischenhocheinfluss durchgesetzt. Eine sich
vom Seegebiet südwestlich von Irland über Frankreich und Italien bis zur Ägäis
erstreckende Potenzialrinne zerfällt mehr und mehr in einen Dipol-Trog über
Westeuropa und einem Höhentief über der Nordägäis. Dazwischen schiebt sich ein
vom Höhenrücken über Osteuropa, Südskandinavien bzw. der Norwegischen See
reichender flacher Höhenkeil über das Vorhersagegebiet hinweg südwärts Richtung
Ostbayern und Alpen. Im Laufe der Nacht kommt das östliche Drehzentrum des
Trogdipols über Westeuropa bis nach Nordfrankreich voran, wodurch der Höhenkeil
etwas nach Osten abgedrängt wird. Die Höhenströmung trogvorderseitig steilt
dadurch von Westen her wieder etwas auf und nimmt vor allem über Südwest- und
Westdeutschland eine zunehmend diffluente Kontur an.
Im Bodenfeld erstreckt sich ein von seinem Pendant in der Höhe gestützter Keil
aktuell von Frankreich ins Vorhersagegebiet. An dessen Nordwestflanke verlagert
sich unser ehemaliges Gewittertief „FLURINA“ über die westliche Nordsee
nordwärts, füllt sich weiter auf und verliert seinen Einfluss auf unser Wetter,
so dass die anfänglich dichte Wolkendecke über dem Westen und Nordwesten
Deutschlands, wie bereits im Südwesten und in der Mitte, zumindest vorübergehend
auflockert. Die Ostflanke des Hochkeils ist dagegen markiert durch eine
Luftmassengrenze bzw. eine flache Tiefdruckrinne, die sich aktuell noch in einem
Boden vom Süden in den Nordwesten Polens und von dort aus über die vorpommersche
Ostseeküste und Schleswig-Holstein bis zur mittleren Nordsee erstreckt. Das
stark konvergente Windfeld im Bereich dieser Rinne hat zusammen mit der heute
Nachmittag über dem Westen Polens und dem äußersten Osten bzw. Norden des
Vorhersagegebietes noch reichlich vorhandenen Einstrahlung zu einer deutlichen
Labilisierung der dort lagernden potenziell instabilen Luftmasse geführt.
Dynamisches Forcing war zwar kaum vorhanden, dennoch reichte die frontale Hebung
für die Entwicklung zahlreicher Schauer und Gewitter vom Erzgebirge bzw.
Ostsachsen über weite Teile Brandenburgs bis nach Vorpommern. Vorher konnten
noch gebietsweise über 500 J/kg ML-Cape generiert werden bei PPW-Werten über 25
mm. Hochreichende Scherung ist so gut wie kaum vorhanden, immerhin auf der
warmen Seite aber bodennahe Richtungsscherung, die – ähnlich wie gestern – dazu
führt, dass die Zellen immer wieder luvseitig anbauen können. Somit stand bzw.
steht erneut eindeutig der Starkregen im Fokus. Dynamisches Forcing aus der Höhe
ist aber, wie gesagt, so gut wie gar nicht vorhanden, so dass unwetterartige
Entwicklungen eher die Ausnahme bleiben, wenngleich nicht ausgeschlossen sind.
Im Laufe der Nacht füllt sich die Tiefdruckrinne zwar weiter auf, der Hochkeil
kommt mit seiner meridionalen Achse aber kaum weiter nach Osten voran, so dass
die Luftmassengrenze knapp östlich des Vorhersagegebietes erhalten bleibt. Bei
bodennahen schwachen Westnordwestwinden und ebenfalls schwachem Südsüdost in der
Höhe stellt sich somit im äußersten Osten eine Gegenstromlage ein, die bis in
den Südosten Bayerns reicht. Bis in die zweite Nachthälfte hinein kann es von
Brandenburg über Westmecklenburg bzw. Vorpommern bis nach Ostholstein Gewitter
bzw. schauerartigen Regen geben, gebietsweise auch mehrstündigen Starkregen.
I-D2 zeigt etwa bis 02 UTC noch recht hohe Wahrscheinlichkeiten dafür, zuletzt
in Westmecklenburg und Nordbrandenburg.
Im Süden und Osten Bayerns fällt ebenfalls etwas Regen, die Mengen sind dort
aber mit meist nur wenigen l/qm nicht warnrelevant.
Während es in der Südwesthälfte im Einflussbereich subpolarer Meeresluft (+2
Grad in 850 hPa) und bei aufgelockerter Bewölkung auf frische 9 bis 3 Grad
abkühlt (in einigen Mittelgebirgstälern kann es Bodenfrost geben), bleibt es im
Nordosten mit Tiefstwerten zwischen 13 und 8 Grad milder.
Mit Annäherung des Höhentiefs werden die Wolken im Südwesten und Westen ausgangs
der Nacht wieder dichter, es bleibt aber noch trocken.
Samstag … verlagert sich das Höhentief vom Norden Frankreichs nur zögernd
nordwärts nach Belgien, wobei sich knapp südlich des Drehzentrums bis zum Abend
auch ein kleines Bodentief etabliert. Der vom Höhentief ausgehende Trog greift
von Südwesten her auf das Vorhersagegebiet über. Unmittelbar vorderseitig der
Trogachse kann aufgrund von PVA dynamische Hebung wirksam werden, die sich
zunächst vor allem im Südwesten und Westen, später dann aber auch im Südosten
und Osten bemerkbar macht.
Der Bodenhochkeil wird gleichzeitig nach Nordnordost abgedrängt, auf dessen
Rückseite „schwappt“ die wärmere und potenziell instabile Luftmasse über dem
östlichen Europa wieder etwas in den Osten und Südosten des Vorhersagegebietes
zurück. Wann und wie weit sie wieder nach Westen vorankommt, ist noch nicht ganz
klar, SuperHD fährt dabei z.B. eine etwas progressivere Variante als die
aktuellen ICON-D2-Läufe. Somit ist noch unklar, ob und wann die
Cape/Shear-Überlappung im Südosten Bayerns, aber auch in der gesamten Osthälfte
markante konvektive Entwicklungen zulässt. Nach Lesart der ICON-D2-Läufe ist das
erst abends bzw. in der Nacht zum Sonntag der Fall, was gegen markante
Einzelentwicklungen spricht, entsprechend simuliert das Modell ab den späteren
Abendstunden bis weit in die Nacht zum Sonntag hinein in der Osthälfte eher
schauerartige Regenfälle mit einzelnen Gewittern durchsetzt, aber nur mit
geringem Potenzial für Starkregen. SuperHD hat dagegen bei teilweise 500 bis
1000 J/kg ML-Cape und PPWs zwischen 20 und 25 mm vor allem in der Osthälfte
Bayerns, aber auch gebietsweise in Sachsen, Brandenburg und Thüringen durchaus
kräftige Gewitter auf der Agenda, denen bei guten Scherungsbedingungen auch ein
gewisser Organisationsgrad zuzutrauen ist. Für unwetterartige Entwicklungen
dürften die Zutaten aber wohl kaum reichen.
Der Westen profitiert dagegen schon eher und stärker vom trogvorderseitigen
dynamischen Hebungsantrieb. Dort kommen bereits um die Mittagszeit schauerartige
Regenfälle auf, Schauer können sich auch ausgehend von den zentralen
Mittelgebirgen entwickeln, die dann nordwestwärts ziehen. Bei 100 bis 300 J/kg
ML-Cape kann es natürlich auch einzelne Gewitter geben, das Potenzial für
Starkregen ist dabei eher gering, kleinkörniger Hagel ist vereinzelt möglich und
die guten Scherungsbedingungen lassen vor allem bei linienförmig organisierter
Konvektion auch einzelne stürmische Böen bzw. Sturmböen zu.
Im äußersten Norden und Nordosten, aber auch in Teilen Süddeutschlands passiert
dagegen eher wenig. Vor allem im Nordwesten und im Süden scheint auch mal länger
die Sonne. Die 850 hPa-Temperatur steigt bis zum Abend auf Werte zwischen 2 Grad
im äußersten Westen und knapp 11 Grad im Südosten bzw. in der Lausitz, was
Höchstwerte zwischen 17 und 21 Grad, in Südostbayern sowie in der Lausitz bis
nahe 24 Grad erwarten lässt.
In der Nacht zum Sonntag kommt das Höhentief etwa bis in den Norden der
Niederlande bzw. nach Nordwestdeutschland voran. Das korrespondierende Bodentief
gelangt dabei auf dessen Vorderseite, kann somit zunehmend vom dynamischen
Hebungsantrieb profitieren und entsprechend vertiefen. Es schlägt morgens mit
einem Kerndruck von etwa 1005 hPa in etwa über Ostfriesland auf.
Die schauerartigen, teils konvektiv durchsetzten Regenfälle über der Osthälfte
kommen im Laufe der Nacht nordwärts voran, dabei zeigt ICON-D2-EPS am ehesten in
Teilen Brandenburgs und Vorpommerns leicht erhöhte Wahrscheinlichkeiten (30 bis
40%) für sechsstündigen Starkregen vor allem im Laufe der zweiten Nachthälfte.
Die schauerartigen Regenfälle im Westen und in der Mitte kommen im Laufe der
Nacht nordostwärts voran, anfangs sind auch noch kurze Gewitter möglich. Die
höchsten Mengen sind dabei im Bereich des Tiefkerns etwa vom Niederrhein über
das Emsland bis zur Nordsee zu erwarten, wo gebietsweise 10 bis 15 l/qm in 12
Stunden simuliert werden. Ansonsten fallen die Niederschläge nicht allzu üppig
aus, wobei sie hauptsächlich an eine teilokkludierte Kaltfront gekoppelt sind,
die im Laufe der zweiten Nachthälfte irgendwo über der Mitte und
Südwestdeutschland ins Schleifen gerät.
An der Südflanke des Tiefs frischt der Wind morgens im Westen und in der Mitte
böig aus Südwest auf, eventuell reicht es im Emsland für steife Böen, auf dem
Brocken für Sturmböen.
Ganz im Süden/Südosten bleibt es (nach Abzug eventueller Gewitter) meist trocken
und auch im Westen klingen die Schauer nach Mitternacht rasch ab. Die
Tiefstwerte liegen meist zwischen 13 und 7 Grad.
Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
Sonntag … gelten im Großen und Ganzen die Ausführungen in der Frühübersicht.
Das Höhentief zeigt nur geringe Verlagerungstendenz und erreicht zum Abend mit
seinem Drehzentrum den Hamburger Raum bzw. das südliche Schleswig-Holstein, das
korrespondierende Bodentief weist dann eine achsensenkrechte Position unterhalb
des Höhentiefs auf und beginnt sich zögernd aufzufüllen.
Die teilokkludierte Kaltfront kommt über der Osthälfte relativ rasch ostwärts
voran, über Süddeutschland, im Bereich zwischen Main und Donau, schleift sie
weiterhin und wird quasistationär. Im Frontbereich fällt schauerartiger Regen,
im Tagesverlauf sind vor allem nach Osten zu und im Süden auch kurze Gewitter
dabei. Präfrontal kann sich wohl vor allem südlich der Donau nochmals einiges an
potenzieller Instabilität aufbauen mit 200 bis 500 J/kg ML-Cape bei PPWs knapp
über 20 mm. Dort sind somit im Tagesverlauf auch einzelne kräftige Gewitter mit
Hagel und Starkregen zu erwarten, denen bei günstiger Scherung auch ein gewisser
Organisationsgrad nicht abzusprechen ist, weshalb auch Sturmböen in Betracht zu
ziehen sind. Dennoch sollte es aus aktueller Sicht kaum für unwetterartige
Entwicklungen reichen.
Im Kernbereich des Troges über dem Nordwesten Deutschlands fällt gebietsweise
recht kräftiger schauerartiger Regen, vereinzelte kurze Gewitter sind bei recht
hochreichend labil geschichteter Luftmasse (+3 Grad in 850 hPa, -27 Grad in 500
hPa) nicht ausgeschlossen, ebenso wie kleinräumig mehrstündiger Starkregen. Die
räumliche Verteilung und Intensität der Niederschläge ist nach wie vor
modellseitig noch gewissen Schwankungen unterworfen.
Trocken bleibt es hingegen vielerorts zwischen Trog und Front, also im Westen
und in der Mitte. Direkt an der Südflanke des Bodentiefs stellt sich
vorübergehend ein scharfer Gradient ein, so dass es in Teilen der Norddeutschen
Tiefebene bis in die mittleren Landesteile steife Böen aus West bis Südwest
geben könnte, in den Gipfellagen der Mittelgebirge auch stürmische Böen, auf dem
Brocken Sturmböen.
Da die Entwicklung des Bodentiefs unterschiedlich simuliert wird, ist die
Windentwicklung im Detail keinesfalls sicher.
Vor allem im Süden und Südosten, je nach Timing der Frontpassage aber auch in
der Lausitz wird es mit Werten bis 23 Grad recht warm, sonst liegen die
Höchstwerte zwischen 17 und 21 Grad, im Nordwesten bei schauerartigem Regen oft
unter 15 Grad.
Modellvergleich und -einschätzung
Die generelle Wetterentwicklung ist in allen vorliegenden Modellen ähnlich, im
Detail gibt es aber vor allem am Sonntag noch Unterschiede, in erster Linie das
Höhen- und Bodentief über Norddeutschland betreffend, was direkt Einfluss auf
die Windprognosen an dessen Südflanke hat.
Diese und andere Unsicherheiten wurden im Text angesprochen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff