#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Samstag den 27.04.2024 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 271800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 27.04.2024 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
Warm, in der Osthälfte frühsommerlich warm. Dazu am ehesten im Nordwesten am
Sonntag einzelne markante Gewitter möglich, vom Nordosten bis nach Bayern nicht
ganz ausgeschlossen.
An den Alpen bis Sonntagnachmittag Föhn.
Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
Aktuell … hat sich über Deutschland zwischen einem von Nordskandinavien bzw.
Nordmeer über die Britischen Inseln bis zur Iberischen Halbinsel reichenden
Langwellentrog und einem kräftigen, sich vom Kaspischen Meer etwa entlang des
Urals nordwärts erstreckenden Höhenrücken eine südsüdwestliche Höhenströmung
eingestellt, mit der zunehmend warme Luftmassen subtropischen Ursprungs nach
Mitteleuropa und somit auch ins Vorhersagegebiet advehiert werden.
Insgesamt ist diese Höhenströmung nach Durchschwenken eines flachen kurzwelligen
Troganteils zunächst vorübergehend leicht antizyklonal aufgestellt. Im Laufe der
Nacht kommt die scharf gekrümmte Südspitze des Langwellentroges als markanter
Kurzwellentrog über Frankreich allerdings rasch nordnordostwärts voran und
erreicht in den frühen Vormittagsstunden das französisch-belgische Grenzgebiet.
Der Trog interagiert halbwegs günstig mit dem Bodentief „DUNJA“ über der
französischen Biskayaküste, das anfangs noch vom trogvorderseitigen dynamischen
Hebungsantrieb (PVA) profitieren kann, sich ein wenig vertieft und in den
Frühstunden mit einem Kerndruck von etwa 996 hPa als ellipsenförmiger Dipol in
etwa über dem Südosten Englands bzw. der südwestlichen Nordsee aufschlägt.
Die Warmfront des Tiefs hat inzwischen Norddeutschland erreicht. Im Warmsektor
ist die Luftmasse vor allem über dem Nordwesten und Norden des Landes potenziell
instabil geschichtet mit einigen 100 J/kg ML-Cape in den heutigen Abendstunden.
Getriggert durch den durchschwenkenden flachen kurzwelligen Troganteil haben
sich neben Schauern auch einzelne Gewitter entwickelt, wobei aufgrund günstiger
Scherungsbedingungen auch organisierte Entwicklungen (bis hin zu ein oder zwei
„low topped“ Superzellen) nicht ganz ausgeschlossen sind. Dann müssen markante
Begleiterscheinungen (Böen Bft 8 bis 9, kleiner Hagel) in Betracht gezogen
werden.
In den kommenden Stunden ziehen die Schauer mit der Warmfront über die Nordsee
und Schleswig-Holstein nordwärts ab und schwächen sich auch deutlich ab.
Die Kaltfront erreicht morgens die Westgrenze des Vorhersagegebietes. Die
markantesten Hebungsprozesse spielen sich allerdings deutlich weiter westlich
ab, so dass präfrontal neben dichteren Wolkenfeldern im Westen und Südwesten
lediglich gebietsweise etwas Regen fällt bzw. es einzelne Schauer gibt, am
ehesten entlang des Oberrheingrabens über Südhessen und Rheinland-Pfalz bis in
den Westen NRWs. Gewitter sind dabei eher unwahrscheinlich.
Im Warmsektor steigt die 850 hPa-Temperatur auf 7 Grad im äußersten Norden und
etwa 12 Grad (föhnmodifiziert) im südlichen Alpenvorland, im Westen geht sie
dann mit Annäherung der Kaltfront dann wieder auf etwa 5 bis 6 Grad zurück.
Apropos Föhn: Der dürfte auch heute schon in den Schweizer Alpen markanter
ausfallen als weiter östlich (Druckdifferenz heute Abend Lugano-Zürich etwa 11
bis 12 hPa, Bozen-Innsbruck dagegen nur 7 hPa), dennoch reicht es wohl auf den
Alpengipfeln die ganze Nacht über hinweg für einzelne Sturm-, exponiert schwere
Sturmböen (Bft 9 bis 10) aus Süd, in höher gelegenen Taleinschnitten kann es
steife bis stürmische Böen (Bft 7 bis 8) geben.
Auch im übrigen Land verschärft sich der Gradient mit Annäherung des Tiefs bzw.
der Kaltfront. Allerdings reicht es zunächst wohl lediglich in einigen
Mittelgebirgskammlagen für steife, maximal stürmische Böen aus Südost bis Süd.
Während die Nacht im Westen und Norden meist wolkig bis stark bewölkt verläuft
und es dort mit Minima zwischen 13 und 8 Grad recht mild bleibt, kühlt es im
Osten und vor allem im Südosten bei meist gering bewölktem, teils auch klarem
Himmel auf 9 bis 3 Grad ab, in einigen Mittelgebirgs- und Alpentälern auch
darunter (inklusive Bodenfrost), in Föhnstrichen bleibt es teils deutlich
milder.
Sonntag … zieht der Kurzwellentrog bis zum Abend über Benelux zur mittleren
Nordsee. Rückseitig stellt sich eine durchaus kräftige, aber relativ glatte
südsüdwestliche Höhenströmung ein.
Das Tief „DUNJA“ zieht bis zum Abend über die westliche Nordsee nordwärts und
schlägt dann mit einem Kerndruck von etwa 995 hPa vor der Ostküste Schottlands
auf. Es verliert seine Ellipsenform, allerdings bleibt ein recht scharf
konturierter Bodentrog über, der abends den Westteil der Deutschen Bucht
erreicht.
Die Kaltfront von „DUNJA“ greift im Tagesverlauf auf Westdeutschland über, kommt
bis zum Abend in etwa zu einer Linie Ostholstein-Vogtland-Bodensee voran, gerät
dann aber ins Schleifen und wird als Warmfront einer Welle wieder über die
Schweiz hinweg nach Südwesten zurückgeführt. Mit Frontpassage bzw. postfrontal
verschärft sich im Westen vor allem mittags und am Nachmittag vorübergehend der
Gradient und mit Winddrehung auf Süd bis Südwest kann es dort steife, in den
Mittelgebirgskammlagen (am ehesten der Eifel) auch stürmische Böen geben. Auch
an den Alpen bleibt der Föhn zunächst noch warnrelevant, verstärkt sich sogar am
Vormittag noch ein wenig. In den Gipfellagen gibt es nach wie vor Böen Bft 9 bis
10, in föhnanfälligen Tälern muss mit Böen Bft 7, vereinzelt Bft 8 gerechnet
werden. Von Westen her bricht der Föhn aber am Nachmittag und Abend mit Passage
einer schwachen, der Kaltfront vorauslaufenden Druckwelle zusammen.
Im präfrontalen Bereich steigt die 850 hPa-Temperatur bei beständiger Advektion
von Subtropikluft auf Werte zwischen 9 Grad an der vorpommerschen Ostseeküste
und knapp 14 Grad im südlichen Alpenvorland. Dabei scheint von Vorpommern bis zu
den Alpen vielerorts neben dünnen hohen Wolkenfeldern die Sonne, allerdings
kommt eventuell auch wieder etwas Saharastaub ins Spiel. Dennoch dürfte es mit
Höchstwerten zwischen 22 und 26, vielleicht 27 Grad frühsommerlich warm werden,
an der Ostsee, vor allem rund um Rügen, bleibt es etwas frischer.
Unmittelbar präfrontal bzw. entlang der Kaltfront kann potenzielle Instabilität
aufgebaut werden und es wird erneut Cape generiert. Diese ist allerdings vor
allem nach Süden zu aufgrund des Föhns stark gedeckelt und mangels dynamischen
Hebungsinput dürfte es nur selten zur Auslöse reichen, am ehesten wohl näher am
Trog nach Norden zu bzw. orographisch getriggert in der Mitte südwärts bis zur
Donau. Sollte es dort für ein Gewitter reichen, so sind die Scherungsbedingungen
(teils über 20 m/s DLS, 5 bis über 10 m/s LLS) günstig und bei PPWs knapp über
20 m/s bzw. 200 bis 500 J/kg ML-Cape sind markante Entwicklungen mit Hagel bis 2
cm, Sturmböen um 75 km/h und Starkregen durchaus in Betracht zu ziehen. Die
Konvektion erlaubenden Modelle sind allerdings sehr defensiv aufgestellt.
Ein höheres Potenzial für Gewitter ist dagegen mit dem durchschwenkenden Trog im
Nordwesten und Norden (Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein) auszumachen
und zwar bereits postfrontal. Bei noch etwas günstigeren Scherungsbedingungen,
ansonsten aber ähnlicher Luftmasse wie im Bereich der Kaltfront dürfte es dort
aufgrund des dynamischen Hebungsantriebes häufiger auslösen. Die beste
Überlappung Cape/Shear ist dabei in den aktuellen Läufen vom
mittleren/nördlichen Niedersachsen bis nach Schleswig-Holstein gegeben, wo auch
einzelne Superzellen nicht ausgeschlossen sind. Unwetter sind vielleicht nicht
komplett auszuschließen, dennoch aber eher unwahrscheinlich, dafür reichen
Luftmasse und Scherung wohl nicht.
In den Westen bis in die mittleren Landesteile gelangt postfrontal dagegen eine
deutlich trockenere Luftmasse mit PPWs unter 15 mm, so dass es dort postfrontal
wohl nicht mehr für Schauer reicht. Im äußersten Südwesten kann es mit
Annäherung der flachen Welle und sich verstärkender WLA sogar leicht skalig
regnen, nennenswerte Mengen sind aber eher über dem benachbarten Frankreich zu
erwarten. Postfrontal geht die 850 hPa-Temperatur auf 3 bis 5 Grad zurück, so
dass die Abkühlung bei guter Durchmischung moderat ausfällt. Somit liegen die
Höchstwerte auch im Westen und Südwesten noch zwischen 17 und 22 Grad, lediglich
an der Grenze zu Frankreich bleibt es bei dichter Bewölkung eventuell etwas
frischer.
In der Nacht zum Montag zieht der Kurzwellentrog rasch weiter nach Norden,
während der Langwellentrogkomplex dazu tendiert, über der Iberischen Halbinsel
auszutropfen. Dabei wölbt sich durch WLA ein flacher Höhenrücken über
Südfrankreich auf und verleiht der südsüdwestlichen Höhenströmung auch über uns
einen leicht konfluenten Touch. Insgesamt verstärkt sich vor allem über dem
Westen und Süden des Landes die mitteltroposphärische WLA erneut.
„DUNJA“ zieht bis Montagfrüh nordwärts zu den Färöer-Inseln, der Bodentrog an
deren Südflanke steift dabei im Laufe der ersten Nachthälfte die Deutsche Bucht
mit Böen Bft 7, vereinzelt 8 aus Südwest. Ob davon auch die Küstenregionen
betroffen sind, ist noch nicht ganz klar, am ehesten wohl Borkum und Sylt.
Ansonsten verstärkt sich über dem Vorhersagegebiet der Druckanstieg und bis
Montagfrüh schwenkt eine kleinräumige Hochdruckparzelle in die östliche Mitte
des Landes. Die Kaltfront kommt somit mit ihrem Nordteil noch etwas nach Osten
voran und erreicht zumindest Ostvorpommern, wird von dort aus aber südwestwärts
über die Mitte des Landes nach Südbaden und von dort aus als Warmfront nach
Südfrankreich zurückgeführt. Im Frontbereich bzw. präfrontal fällt vor allem in
der Osthälfte bis in die östliche Mitte sowie im Bereich der Warmfront im
Südwesten etwas Regen, die Mengen bleiben allerdings aufgrund des zunehmenden
Hochdruckeinflusses gering.
Postfrontal lockern die Wolken dagegen in der Nordwesthälfte auch mal stärker
auf und auch präfrontal bleibt es im Südosten oft gering bewölkt. Dabei kühlt es
je nach Bewölkung auf Werte zwischen 12, vielleicht 13 Grad im Berliner Raum
sowie Richtung Oder und Neiße und örtlich unter 5 Grad in den westlichen und
ostbayerischen Mittelgebirgen ab.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
Montag … hat sich gegenüber den Ausführungen in der Frühübersicht nichts
Substanzielles geändert.
Bereits in der Nacht verstärkt sich ein Höhenrücken über dem Balkan und weitet
sich am Montag über das östliche Mitteleuropa Richtung Nordwestrussland aus, so
dass die südsüdwestliche Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet leicht
antizyklonal und konfluent konturiert bleibt, zumal sich durch die beständige
WLA der flache Rücken über Frankreich auch noch etwas verstärkt. Derweil wird
der Langwellentrog über Westeuropa durch einen von Norden einlaufenden Randtrog
aber wieder regeneriert und weitet sich in der Nacht zum Dienstag nach Süden
aus, wodurch die Höhenströmung über Mitteleuropa dann beginnt, weiter
aufzusteilen.
Im Bodenfeld schwenkt die flache Hochdruckparzelle über die Ost- und Nordhälfte
des Vorhersagegebietes hinweg nordwärts. Die Kaltfront über der Osthälfte zeigt
dabei Auflösungstendenzen, wird aber nach wie vor über die Mitte des Landes als
Warmfront wieder nach Südwesten zurückgeführt. Diese setzt sich im Tagesverlauf
nach Durchschwenken des Hochkeiles wieder etwas nordwestwärts in Bewegung.
Etwas Regen fällt dabei anfangs noch im Osten/Nordosten, der aber bald
nachlässt, dann lockern die Wolken auch dort zeitweise stärker auf. Im Südwesten
sorgt die beständige WLA im Frontbereich weiterhin für dichte Bewölkung und am
ehesten am Nachmittag bzw. Abend fällt ebenfalls hier und da ein wenig Regen,
der etwas nach Norden vorankommt und eventuell auch noch den Westen NRWs
erfasst. Meist bleibt es aber trocken.
Präfrontal kann sich die instabil geschichtete warme Subtropikluft über dem
Südosten Deutschlands wieder ein wenig nach Nordwesten vorarbeiten, die 850
hPa-Temperatur steigt bis zum Abend südöstlich etwa einer Linie
Lausitz-Oberschwaben wieder auf 10 bis 14 Grad, die höchsten Werte weiterhin im
östlichen Alpenvorland. Eventuelle konvektive Umlagerungen dürfte mangels
dynamischen Hebungsantrieb der recht starke Deckel auch im Bergland überwiegend
verhindern, so dass neben flachen Quellwolken und etwas hoher Bewölkung vielfach
die Sonne scheint, wobei nach wie vor unklar ist, inwieweit der Saharastaub
Einfluss auf die Temperaturentwicklung und eventuell sogar Wolkenbildung nehmen
kann. MOSMIX simuliert dort Höchstwerte zwischen 22 und 26 Grad.
Auch im Nordwesten und Norden, also postfrontal, scheint zumindest zeitweise die
Sonne, während es im Westen wolkig und im Südwesten sogar überwiegend stark
bewölkt bleibt. Die 850 hPa-Temperatur steigt postfrontal auf 4 bis 8 Grad, so
dass dort – je nach Sonne – Höchstwerte zwischen 17 und 22 Grad zu erwarten
sind, an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind vielleicht etwas darunter.
In der Nacht zum Dienstag kommt die Warmfront mit der aufsteilenden
Höhenströmung weiterhin zögernd nach Nordwesten voran, im Frontbereich sowie
präfrontal bleibt es im Westen, später auch im Nordwesten meist stark bewölkt
und gebietsweise fällt Regen bzw. gibt es einzelne Schauer.
Ansonsten verläuft die Nacht ruhig und vor allem im Süden und Osten häufig auch
gering bewölkt. Je nach Bewölkung kühlt es auf 13 bis 5 Grad ab.
Modellvergleich und -einschätzung
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine warn- und
prognoserelevanten Modellunterschiede ausmachen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff