SXEU31 DWAV 151800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 15.04.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Aktuell Durchzug einer wetteraktiven Kaltfront mit Sturm- und schweren Sturmböen
sowie einzelnen Gewittern.
Danach wechselhaftes und kühles „Aprilwetter“ mit Schauern und Graupelgewittern,
im höheren Bergland und an den Alpen winterlich mit Neuschnee (im Alpenstau
markante Mengen).
Am Dienstag im Süden und in der Mitte noch einzelne stürmische Böen, in
Gipfellagen (schwere) Sturmböen, Mittwoch deutlich weniger Wind.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Aktuell … markiert die Passage einer durchaus wetteraktiven Kaltfront den
Übergang zu sehr wechselhaftem und vor allem deutlich kühlerem „Aprilwetter“,
womit eine grundlegende Wetterumstellung ins Haus steht.
Diese wird eingeleitet durch einen von West- bzw. Nordwesteuropa direkt nach
Mitteleuropa gerichteten Trogvorstoß. Das Drehzentrum dieses Höhentroges – der
im Übrigen nur einen Bestandteil eines umfangreichen Trogkomplexes über Nord-
und Westeuropa darstellt – befindet sich aktuell noch über der mittleren
Nordsee, kommt aber rasch südost-, später ostwärts voran, überquert im Laufe der
zweiten Nachthälfte bereits Norddeutschland und schlägt morgens bereits über dem
Nordwesten Polens auf. Von dort aus reicht dann in 500 hPa eine zonal
ausgerichtete Potenzialrinne quer über Norddeutschland hinweg westwärts bis in
den Norden der Niederlande. An deren Südflanke stößt im Laufe der Nacht der
Jetstream über Süddeutschland südostwärts vor. Insgesamt haben wir es also mit
einem äußerst dynamischen Setup zu tun.
Im Bodenfeld kommt das mit dem Trog interagierende Bodenfeld „YUPADEE“ ebenfalls
rasch ostsüdostwärts voran, wird aber vom Trog überlaufen und quasi „in die
Länge“ gezogen. Morgens erreicht es die südliche Ostsee, nach wie vor mit einem
Kerndruck von etwa 990 hPa, von dort aus reicht eine Rinne über
Schleswig-Holstein hinweg bis zur südlichen Nordsee, wo sich ein weiteres
Teiltief etabliert.
Die Trogspitze ist aktuell noch scharf gekrümmt mit einem stark diffluent
konturierten Geopotenzialfeld, was der unmittelbar folgenden Höhenkaltluft (-31
bis -34 Grad in 500 hPa) geschuldet ist. Die Folge ist markante PVA im Bereich
des linken Jetausgangs, die einen kräftigen dynamischen Hebungsinput liefert,
der zudem vor allem aktuell, aber auch noch in den kommenden Stunden ideal mit
der auf Westdeutschland übergreifenden und rasch ostsüdostwärts vorankommenden
Kaltfront von „YUPADEE“ interagieren kann.
Entsprechend wetteraktiv gestaltet sich auch die Passage der Kaltfront, im
Radarbild ist ein recht eindrucksvolles LEWP zu erkennen, was auf sehr starke,
vor allem aus der Zunahme der Windgeschwindigkeit mit der Höhe resultierende
Scherung insbesondere in den unteren 1 bis 2 km hindeutet (über 40 m/s in 0 bis
6 km und sogar um 20 m/s in 0 bis 2 km). Zwar hält sich der für Konvektion zur
Verfügung stehende Energiegehalt der Luftmasse doch sehr in Grenzen (kaum mehr
als 100 J/kg MU-Cape), dennoch reicht es auch für Gewitter, teils mit Graupel.
Dazu gesellt sich noch der Oberwind mit etwa 40 kn in 925 hPa bzw. 50 kn in 850
hPa und ein „inverted-V“-Muster in den unteren 1 bis 1,5 km der Prognosetemps.
Beste Voraussetzungen also für verbreitet auftretende, zumindest markante Böen
(Bft 8 bis 9, vereinzelt Bft 10) mit Frontpassage. Selbst vereinzelte Böen über
100 km/h bzw. gar orkanartige Böen (ab 104 km/h) können nicht komplett
ausgeschlossen werden, sollten aber die Ausnahme darstellen. Das
Tornadopotenzial kann dagegen mangels Richtungsscherung eher als gering
eingeschätzt werden.
Im Laufe der Nacht überquert die Kaltfront rasch die Mitte, den Südosten und
Osten des Landes, wobei ihr dabei aber zunehmend „die Puste“ ausgeht. Zumindest
in der ersten Nachthälfte kann es aber auch in den mittleren und östlichen
Landesteilen sowie vor allem auch nach Südosten zu durchaus noch Böen zwischen
80 und nahe 100 km/h geben.
Präfrontal gilt es in den kommenden Stunden noch zwei Baustellen zu beackern:
Einerseits im Osten, wo die Konvektion erlaubenden Modelle einzelne Gewitter
andeuten, die ebenfalls bei günstigen Scherungsbedingungen stattfinden würden,
allerdings stellt sich die Frage, ob es mangels Cape dafür ausreicht. Wenn ja,
müssen Sturmböen als Begleiterscheinung in Betracht gezogen werden.
Andererseits befinden sich im südlichen Alpenvorland noch immer Reste der
ehemals subtropischen Luftmasse mit recht hohen PPWs von über 20 mm. Zwar fehlte
auch dort die Einstrahlung für höhere Cape, dennoch reicht es auch aktuell noch
für teils kräftige Gewitter bei ebenfalls günstigen Scherungsbedingungen. Neben
(schweren) Sturmböen, kann dort auch 1 bis 2 cm Hagel nicht ausgeschlossen
werden und aktuell weist eine Zelle im nördlichen Alpenvorland auch relativ
deutliche Rotationssignaturen auf, so dass diese sogar mit Unwetter (wegen
eventueller Orkanböen) bewarnt wurde. Bis zum späteren Abend ziehen diese aber
ostwärts ab und sollten dann warntechnisch keine Rolle mehr spielen.
Postfrontal folgt „auf dem Fuße“ maritime Polarluft mit -2 bis -5 Grad in 850
hPa, die bis Dienstagfrüh das ganze Land flutet. Im Stau der Alpen gehen die
Niederschläge oberhalb von 800 m in Schnee über, wobei vor allem oberhalb von
1000 m bis Dienstagmittag durchaus um 5 cm, im Stau der Allgäuer Alpen auch mehr
als 10 cm Neuschnee fallen können.
Ansonsten klingen die Niederschläge postfrontal rasch ab, innerhalb der
höhenkalten Luftmasse, die hochreichend labil geschichtet ist, entwickeln sich
aber im weiteren Verlauf vor allem im Westen und in der Mitte erneut einzelne
Schauer, mitunter auch ein kurzes Gewitter. Dabei fallen die Schauer oberhalb
von etwa 400 bis 600 m zunehmend auch als Schnee, allerdings sind die Böden warm
und die Schauer auch nicht allzu intensiv, so dass es lediglich in den höchsten
Lagen für etwas Neuschnee und Glätte reicht.
Im Bereich der Rinne ganz im Norden regnet es zeitweise, im Nordosten vor allem
nach Mitternacht bis Dienstagvormittag an der Südwestflanke des Tiefs auch
länger anhaltend. Gebietsweise kommen dort – am ehesten wohl rund um Rügen sowie
in Ostvorpommern – mehr als 25 l/qm in 8 bis 10 Stunden zusammen. I-D2-EPS hat
dafür inzwischen auch relativ hohe Wahrscheinlichkeiten von 60 bis 80% auf der
Agenda
Der Wind nimmt nach Frontpassage rasch und deutlich ab, lediglich in Schauernähe
sowie an den Küsten gibt es danach noch einzelne steife Böen aus West, entlang
der vorpommerschen Küste später auch stürmische Böen, wobei der Wind dann an der
Nordsee deutlich abnimmt.
In den Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge muss aber auch die Nacht über
hinweg mit steifen bis stürmischen Böen gerechnet werden, auf exponierten
Gipfeln mit Sturm- und auf den höchsten Alpen- bzw. Schwarzwaldgipfeln mit
schweren Sturmböen.
Frost spielt in der kommenden Nacht (noch) keine Rolle, lediglich in den höheren
Mittelgebirgslagen sinkt die Temperatur auf knapp unter den Gefrierpunkt.

Dienstag … kommt der Höhentrogkomplex in seiner Gesamtheit kaum nach Osten
voran, das Drehzentrum „unseres“ Höhentiefs schlägt abends in etwa über dem
Baltikum auf, zusammen mit dem Bodentief (YUPADEE), das sich beginnt
aufzufüllen.
Die Achse des Troges überquert das Vorhersagegebiet bis zum späteren Abend nur
zögernd südostwärts, während das Teiltief über der südlichen Nordsee im
Vormittagsverlauf nach NRW und später als Rinne bis in die mittleren Landesteile
zieht. Die markantesten Hebungsprozesse (hauptsächlich aus PVA resultierend)
werden nun an der Südwestflanke des Teiltiefs über den westlichen und mittleren
Landesteilen simuliert, wo es im Tagesverlauf zu schauerartig verstärkten
Niederschlägen kommt, die sich über NRW in die mittleren Landesteile (Hessen,
Thüringen, Unter- und Oberfranken) ausbreiten. Vereinzelt können auch kurze
Gewitter mit Graupel dabei sein, auch, wenn die Wahrscheinlichkeit dafür mangels
Einstrahlung und Cape eher gering sein dürfte. Bei etwa -1 bis -3 Grad in 850
hPa liegt die Schneefallgrenze je nach Intensität der Niederschläge meist
zwischen 600 und 800 m, in den höchsten Lagen sind durchaus einige Zentimeter
Neuschnee möglich. Insgesamt kommen dabei in einigen Staulagen durchaus
nennenswerte Mengen von 10 bis 15 l/qm, gebietsweise an die 20 l/qm zusammen,
I-D2-EPS hat sogar schwache Signale für Stark- bzw. Dauerregen auf der Agenda,
was aber etwas übertrieben erscheint.
Auch im übrigen Land entwickeln sich im Tagesverlauf innerhalb der nach wie vor
höhenkalten und hochreichend labil geschichteten Luftmasse (-29 bis -32 Grad in
500 hPa, -1 bis -4 Grad in 850 hPa) einzelne Schauer und auch kurze
Graupelgewitter, dabei kann es bei vor allem über der Mitte und dem Süden
knackigen Oberwinden von 35 bis 45 kn in 850 hPa (nach GFS teilweise auch 50 kn)
durchaus auch mal eine Sturmböe geben.
Im Nordosten fällt anfangs noch schauerartiger Regen, der mit Abzug des Tiefs
aber nachlässt, ansonsten deuten sich zwei Regionen an, in denen es nur sehr
vereinzelte Schauer gibt bzw. es überwiegend trocken bleibt: Einerseits an der
Nordflanke des Tiefs im Nordwesten, andererseits zwischen Main und Donau sowie
später an den Alpen, wo sich nach Abklingen der Niederschläge mittags und am
Nachmittag auch mal länger die Sonne durchsetzen kann.
Im Fokus der Warntätigkeit bleibt dagegen der Wind: Der frischt an der Südflanke
des kleinen Bodentiefs bzw. der sich etablierenden Rinne bei sich verschärfendem
Druckgradienten mit Unterstützung durch den Tagesgang bereits am Vormittag im
Süden und in der Mitte wieder deutlich auf. Verbreitet gibt es dann steife, in
freien Lagen sowie in Schauernähe auch stürmische Böen aus West, in den Kamm-
und Gipfellagen der Mittelgebirge auch Sturmböen auf exponierten Alpen- und
Schwarzwaldgipfeln schwere Sturmböen. An der Südwestflanke des zum Baltikum
ziehenden Tiefs weht im Nordosten noch längere Zeit lebhafter Nordwestwind mit
Böen Bft 7, an der Ostsee Bft 8, der vorübergehend auf Nord bis Nordost dreht
und am Nachmittag nachlässt.
Die Höchsttemperaturen pendeln sich auf ein für Mitte April leicht unternormales
Niveau ein und erreichen Werte zwischen 7 und 12 Grad, zwischen Main und Donau
sowie in der Lausitz vielleicht auch etwas darüber.

In der Nacht zum Mittwoch überquert die Trogachse die Alpen, bereits ausgangs
der Nacht greift ein weiterer Randtrog mit Drehzentrum morgens über der
westlichen Nordsee auf Nordwestdeutschland über, wodurch der Höhentrogkomplex
über Mitteleuropa regeneriert wird.
Im Bodenfeld zieht die Tiefdruckrinne über Süddeutschland hinweg südwärts,
dahinter stellt sich allgemein eine nordwestliche Grundströmung ein, die mehr
und mehr auffächert, so dass der Wind im Laufe der Nacht warntechnisch kaum mehr
eine Rolle spielt. Auch der Höhenwind lässt deutlich nach, lediglich auf den
Alpengipfeln gibt es wohl bis Montagfrüh noch Böen Bft 8 bis 9 aus Nordwest.
Mit Annäherung des Randtroges geht die 500 hPa-Temperatur im Laufe der Nacht
noch etwas auf -30 bis -34 Grad zurück, auch niedertroposphärisch kommt die
maritime Polarluft nun zunehmend auf direkterem Wege vom Nordmeer zu uns, die
850 hPa sinkt auf etwa -2 bis -5 Grad. Mit der Rinne werden die stärksten
Niederschläge nach Süden gedrückt und stauen sich in weiterer Folge an den Alpen
und im Schwarzwald. Dort sinkt die Schneefallgrenze bis in mittlere Höhenlagen
um 400 m bzw. bis in viele Alpentäler. Oberhalb von 600 bis 800 m können bis
Mittwochfrüh vor allem an den Alpen gebietsweise mehr als 10 cm Neuschnee
fallen.
Auch sonst gibt es vor allem im Westen, in der Mitte und im Süden, später auch
im Nordseeumfeld einzelne Schauer, teils mit Graupel, eventuell auch mal ein
kurzes Gewitter. In den Mittelgebirgen oberhalb von etwa 400 m fallen die
Schauer auch teils als Schnee, die Neuschneemengen bleiben gering, allerdings
kann dann gebietsweise Glätte durch Schneematsch auftreten. Vielerorts trocken
bleibt es dagegen im Einflussbereich eines zwischen Haupttrogachse und Randtrog
durchschwenkenden flachen Höhenkeiles über der Norddeutschen Tiefebene und der
Osthälfte. Dort lockern die Wolken auch mal stärker auf. Dann muss in diesen
Regionen vielerorts mit Bodenfrost, gebietsweise auch mit leichtem Luftfrost
gerechnet werden, ansonsten beschränkt sich Frost lediglich auf die höheren
Lagen oberhalb von etwa 500 bis 800 m.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Mittwoch … hat sich gegenüber den Ausführungen in der Frühübersicht nur wenig
geändert. Der Höhentrog nistet sich quasi bei uns ein. Der Randtrog über der
Nordsee tropft ab und zieht als Höhentief nur allmählich nach Süden, abends
befindet es sich in etwa über der Doggerbank. Auf dessen Vorderseite kann vor
allem über dem Westen und Süden des Vorhersagegebietes durch PVA etwas
dynamische Hebung generiert werden und generell bleibt die Luftmasse
hochreichend labil geschichtet mit -31 bis -34 Grad in 500 hPa und etwa -2 bis
-4 Grad in 850 hPa (tagsüber tendenziell etwas steigend, was die Labilität in
der Grundschicht noch erhöht).
Während es im Osten und Nordosten somit nur für einzelne Schauer reicht und vor
allem im Ostseeumfeld auch länger die Sonne scheint, fallen sonst verbreitet
Schauer, teilweise gibt es auch kurze Graupelgewitter. In den Nordweststaulagen
der Mittelgebirge und an den Alpen stauen sich die Niederschläge und oberhalb
von 400 bis 800 m fallen die Schauer auch als Schnee, im Hochschwarzwald und an
den Alpen wird es zumindest oberhalb von 800 m durchaus winterlich, bis
Donnerstagfrüh sind an den Alpen eventuell auch markante Neuschneemengen
möglich.
Der Wind spielt warntechnisch kaum eine Rolle, lediglich in Schauer- und
Gewitternähe gibt es einzelne Böen Bft 7 bis 8 und auf den höchsten Alpengipfeln
sind ebenfalls Sturmböen aus Nordwest bis Nord möglich. Die Höchstwerte liegen
zwischen 5 Grad in den Staulagen der Mittelgebirge und vielleicht knapp 13 Grad
mit Sonnenschein in der Norddeutschen Tiefebene. In der Nacht zum Donnerstag
kann es bei längerer Zeit aufgelockerter Bewölkung durchaus auch in den
Niederungen leichten Frost geben.

Modellvergleich und -einschätzung

Der grobe Fahrplan steht, die Modelle simulieren recht einheitlich die kommende
Troglage. Im Detail gibt es aber bei solchen Lagen naturgemäß noch Differenzen,
vor allem die Niederschlagsverteilung betreffend, was Einfluss in erster Linie
auf die Neuschneeprognosen haben kann.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff