S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 04.04.2024 um 10.30 UTC

Nach großer Wärme am Dienstag Kaltfrontdurchgang mit markanter Abkühlung und
möglicherweise kräftigen Gewittern. Nachfolgend vor allem im Norden leicht
wechselhaft.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 11.04.2024

Südwest zyklonal (SWz), Trog Westeuropa (TrW) und zum Abschluss Hochdruckbrücke
Mitteleuropa (BM), so könnte man kurz das Wetter in der am kommenden Sonntag
beginnende Mittelfrist beschreiben. In den Details ist natürlich mehr
herauszuholen, wobei die Komponenten „ungewöhnlich warm“, „kräftige Gewitter“
und „deutliche Abkühlung“ zum Repertoire zählen werden.

Aber der Reihe nach: Am Sonntag finden wir uns in besagter SWz wieder, die sich
durch einen kräftigen Trog über dem Nordostatlantik bis zu den Britischen Inseln
und einem weit nach Norden aufragenden Rücken über Mitteleuropa und Skandinavien
manifestiert. Deutschland liegt dabei in einer südwestlichen Strömung, in der
subtropische Luftmassen mit T850 von 10 bis 17 Grad vom Mittelmeer und
Nordafrika zu uns geschaufelt werden. Dadurch sind am Boden in 2 m verbreitet 20
bis 29 Grad zu erwarten, diese ungewöhnliche Wärme könnte sogar in
Dekadenrekorden münden. Durch einen Randtrog, der den Langwellentrog in der
Nordsee in nordöstliche Richtung umläuft, wird der nördliche Teil des Rückens
allerdings nach Osten abgedrängt, sodass dieser anfängt zu kippen. Im Zuge
dessen wird der Nordwesten Deutschlands durch die Kaltfront eines Tiefs, das
sich über Skandinavien bildet, tangiert und mit Wolken und Niederschlägen
versorgt.

Am Montag bleibt die Großwetterlage SWz erhalten, dabei wird die Höhenströmung
über Deutschland hinter dem abgezogenen Randtrog zunächst wieder etwas
antizyklonaler. Die Kaltfront des Skandinavientiefs, das in den Nordwesten
Russlands zieht, bleibt über dem Nordwesten Deutschlands hängen. Ein
Luftmassenaustausch findet daher noch nicht statt, womit vor allem in der
Südosthälfte erneut ein warmer Tag mit häufig sommerlichen Werten über 25 Grad
ins Haus steht. Im Nordwesten kühlt es sich dagegen schon leicht ab, zumal dort
auch mehr Wolken mit Niederschlägen unterwegs sind.

Am Dienstag transformiert sich die Großwetterlage von SWz zu TrW. Geschuldet ist
das einem neuen Randtrog, der unter Amplifizierung die Britischen Inseln und die
Biskaya erreicht und langsam Richtung Osten vorankommt. Über den Britischen
Inseln ist darin ein Drehzentrum inbegriffen, direkt darunter wird ein Bodentief
mitgeführt. Dessen Ausläufer greifen im Tagesverlauf auf den Westen Deutschlands
über und leiten eine deutliche Abkühlung ein. Die T850 hPa sinken postfrontal
auf 1 bis 5 Grad. Präfrontal ist in der subtropischen Luftmasse die Bildung
starker Gewitter denkbar.

Am Mittwoch tropft der Trog im Südteil zum zentralen Mittelmeer hin ab, während
das Residuum den Norden Deutschlands überquert. Das Frontensystem des Tiefs über
den Britischen Inseln, das sich über der Nordsee auflöst, schwenkt über den
Südosten Deutschlands hinweg. Folglich kühlt es auch dort ab. Im Nordwesten
steigt der Druck hinter dem abziehenden Residuum bereits wieder.

Am Donnerstag bildet sich zwischen den Höhentief über dem zentralen Mittelmeer
und Trögen über Skandinavien, zwischen Island und Schottland und bei Grönland
über Kontinentaleuropa eingangs erwähnte Hochdruckbrücke (BM). Das kann aber
einen weiteren Ausläufer eines Tiefs bei Island nicht davon abhalten, bis in den
Nordwesten Deutschlands vorzudringen. Die Temperaturen ändern sich dabei nur
wenig.

In der erweiterten Mittelfrist ab Freitag wird die Hochdruckbrücke ein wenig
nach Süden abgedrängt. Damit wird der Norden Deutschlands eher zyklonal mit
kühlerer Luft (T850 hPa 3 bis 6 Grad), der Süden eher antizyklonal mit milderer
Luft (T850 hPa 7 bis 10 Grad) geprägt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des heutigen 0 UTC-Laufs des EZWM zu seinen beiden gestrigen
Vorläufen ist bis zum Dienstag hoch. Am Mittwoch werden die Unterschiede größer.
So wird im neuesten Lauf der Abtropfvorgang nördlicher gerechnet als im
gestrigen 0 UTC-Lauf. Große Auswirkungen auf unser Wetter hat das aber nicht. Im
weiteren Verlauf ähneln sich der gestrige und heutige 0 UTC-Lauf wieder, wobei
es im Norden zyklonal, eher wechselhaft und kühl, im Süden dagegen antizyklonal,
eher heiter und milder ist. Der gestrige 12 UTC-Lauf brachte darüber hinaus
einen weiteren Trog ins Spiel, der Verbindung aufnimmt zum Höhentief über dem
zentralen Mittelmeer. Damit wäre aus Nordwesten noch kühlere Luft eingeflossen
mit T850 hPa von 2 bis -3 Grad, zudem wäre es überall leicht wechselhaft.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

ICON, UK10, GEM, GraphCast ML und AIFS sind recht nah an der IFS-Lösung des
EZMW. Beim GFS gibt es am Dienstag/Mittwoch zunächst keinen Abtropfprozess,
stattdessen schwenkt der Trog in Gänze und früher über Deutschland hinweg und
tropft erst am Donnerstag ab. Dadurch kühlt es sich schneller ab, außerdem
könnte durch den Trog am Dienstag etwas mehr Dynamik im Spiel sein (leicht
diffluente Trogvorderseite und sekundärer Randtrog), was die Gewitter forcieren
würde. NAVGEM zeigt eine ähnliche Berechnung.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

RAUCHFAHNEN:
Die Rauchfahnen diverser deutscher Städte bestätigen das obige Szenario, weil
der Hauptlauf sich stets gut im engen Median einbettet und auch die Abkühlung
bei sinkendem Geopotenzial am Dienstag/Mittwoch mitmacht. Am Mittwoch fallen bei
den T850 hPa-Rauchfahnen einige Ausreißer nach oben auf, sodass die Abkühlung
insbesondere bezüglich der Stärke leichte Unsicherheiten aufweist.
Niederschlagssignale sind ab Montag vorhanden, mit einem Peak insbesondere am
Dienstag/Mittwoch (Kaltfrontdurchgang).
In der erweiterten Mittelfrist öffnen sich die Kurven stärker, der Hauptlauf
geht dann zum oberen Rand der Streuungen. Stärkerer Trogeinfluss mit kühleren
Temperaturen und Niederschlägen ist daher im Bereich des Möglichen.

CLUSTER:
Die Clusteranalyse gibt für Montag bis Mittwoch 3 Cluster aus (Regime NAO+ und
Blockierung). Die Unterschiede sind in unserem relevanten Bereich nicht all zu
groß. C2 zeigt am Mittwoch einen etwas späteren Abtropfprozess als die anderen
beiden Cluster, was sich auf unser Wetter aber kaum auswirkt.
Für Donnerstag bis Samstag (erweiterte Mittelfrist) werden ebenfalls 3 Cluster
analysiert (Regime NAO+ in der Überzahl gegenüber Blockierung). Bei allen läuft
es auf das Szenario Norden zyklonal/kühl, Süden antizyklonal/milder hinaus. Bei
C1 ist der Hochdruckeinfluss am stärksten, bei C2 am schwächsten. C3 ist eine
Mittellösung.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

GEWITTER:
Von Sonntag bis Dienstag weist EFI erhöhte CAPE und CAPE-Shear-Werte im Bereich
der subtropischen Luftmasse auf. Während am Sonntag und Montag im Nordwesten
bzw. Westen aber höchstens vereinzelt Gewitter zu erwarten sind, nimmt die
Wahrscheinlichkeit am Dienstag im Vorfeld der Kaltfront zu. Sollte es zur
Auslöse kommen, sind starke Gewitter mit Sturmböen, Hagel und Starkregen
möglich. Bei CAPE-Werten bis 1250 J/kg am Dienstag müssen auch stärkere
Entwicklungen ins Kalkül gezogen werden. Der Kaltfrontdurchgang selber wird
voraussichtlich durch kräftige KLA in seiner Wirksamkeit limitiert.

WIND:
Am Dienstag sind die EFI-Werte für starken Wind im äußersten Westen leicht
erhöht. EZMW-EPS liefert im Bereich der Eifel geringe Wahrscheinlichkeiten für
stürmische Böen.
Diese gibt es auch am Sonntag im nördlichen Schleswig-Holstein und in der Nacht
zum Montag in den Alpen (Föhn).

TEMPERATUREN:
Keine markante Wettergefahr, dennoch bemerkenswert sind die hohen Temperaturen
von Sonntag bis Dienstag. EFI hat dafür jeden Tag starke Signale, sodass
Dekadenrekorde im Bereich des Möglichen sind.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-EPS

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler