S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 03.04.2024 um 10.30 UTC

Vor allem im Süden und Osten ungewöhnlich warme Wetterlage. Zeitweise windig und
Gewittergefahr. Am Dienstag Unwetter durch starke Gewitter nicht
unwahrscheinlich.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 10.04.2024

Am Samstag, zum Beginn des Mittelfristzeitraumes, wölbt sich nach IFS ein
mächtiger Höhenrücken vom westlichen Mittelmeerraum bis nach Deutschland auf,
wobei dessen Achse im Tagesverlauf langsam ostwärts schwenkt. Der Höhenrücken
stützt eine Hochdruckzone über dem südlichen und südöstlichen Europa. Dem
gegenüber steht ein Langwellentrog über dem nahen Atlantik, auf dessen
Vorderseite sich ein Sturmtief gebildet hat, welches nordwestlich Irlands
langsam nordostwärts zieht. Diese Konstellation sorgt für die Zufuhr von für die
Jahreszeit extrem warmer Luft, deren Ursprung der Nordwesten Afrikas ist. So
soll bis zum Abend nahezu deutschlandweit in 850 hPa die Temperatur über 12°C
betragen, im Südwesten des Landes sogar 18°C. Da unter Hochdruckeinfluss auch
allenfalls hohe Bewölkung zu erwarten ist und nach den aktuellen Prognosen des
ICON-ART auch Saharastaub nicht die große Rolle spielen sollte, dürften die
Temperaturen am Samstag auf sommerliche Werte steigen, wobei die von MOSMIX im
Südwesten des Landes zaghaft angezeigten 30°C durchaus realistisch sein dürften.

Am Sonntag ist der Rücken dann schon nach Osten durchgeschwenkt und wir gelangen
auf die noch recht wenig zyklonal geprägte Vorderseite des Langwellentroges. Die
Kaltfront des Sturmtiefs gelangt bereits morgens schleifend in den Nordwesten
des Landes und bringt ein paar schauerartige Regenfälle und Gewitter. Tagsüber
liegt sie dann weitgehend wetterinaktiv über unserem Land, wobei im Nordwesten
die Wolken etwas dicker werden. Dort geht es in 850 hPa schon wieder auf 6°C
runter, so dass dort keine 20°C mehr erreicht werden, im Süden und Südosten
bleibt es dagegen sommerlich. In der Nacht zum Montag soll dann eine flache
Tiefdruckrinne weitgehend sang- und klanglos über unser Land hinwegziehen,
während die eigentliche Kaltfront über dem Nordwesten verbleibt und dort wieder
etwas mehr Regen bringt.

Am Montag wird der Langwellentrog über dem nahen Atlantik durch einen neuen,
Richtung Biskaya vorstoßenden Trog regeneriert, was bei uns auf der
Trogvorderseite aber zunächst für eine zunehmend antizyklonale
Strömungskonfiguration sorgt. Dementsprechend bildet sich bei uns auch eine
flache Hochdruckzone, die die Lage der Front über dem Nordwesten des Landes
zementiert. Dort geht es wolkiger und regnerischer zu, während es über dem
Südosten wieder sonnig und warm wird. Dort könnte bei zunehmend feuchter Luft
auch etwas CAPE aufgebaut werden, allerdings ist fraglich, ob es einen
ausreichend starken Trigger geben wird, der Konvektion auslösen könnte. Besser
sieht es dann vielleicht in der Nacht zum Dienstag aus, wenn sich der
atlantische Trog langsam annähert.

Am Dienstag selbst steilt dann aufgrund ebendiesen Troges die Strömung weiter
auf, so dass die sehr warme Luft wieder etwas nach Nordwesten vorankommt. Am
östlichen Alpenrand werden dann in 850 hPa wieder föhnige 18°C erwartet, in der
östlichen Landeshälfte werden es verbreitet 10 bis 15°C. Nach Westen zu ist der
thermische Gradient sehr stark, über dem Ärmelkanal werden nur 0°C erwartet. Die
Kaltfront regnet zunächst über dem Westen des Landes, im Laufe des Tages kommt
sie aber dann nach Osten voran und gerät in eine feuchtwarme Luftmasse, in der
sich reichlich CAPE aufbauen konnte. Zudem soll an oder vor der Kaltfront auch
noch ein flaches Tief nordwärts ziehen, so dass mit etwas Scherung die Zutaten
für eine ausgewachsene Gewitterlage bereitet sind. In der Nacht zum Mittwoch
zieht dann die Kaltfront ostwärts über unser Land hinweg.

Damit wird ein deutlicher Wetterwechsel eingeleitet, denn es fließt eine
Luftmasse mit nur -2 bis 0°C in 850 hPa ein. Rückseitig der Kaltfront folgt auch
noch der recht schmale Trog nach, der mit Hebung und Höhenkaltluft für Schauer
sorgt, während sich bodennah schon ein Keil eines Hochs über der Biskaya
reinschiebt.

Nachfolgend gelangt Deutschland wieder unter den Einfluss hohen Geopotentials,
weil sich die Westlage recht weit nach Norden verschiebt. Bodennah gelangen wir
in den Bereich eines starken Hochs, während wie für eine nördliche Westlage
typisch im Norden des Landes die Tiefausläufer streifen. Das Temperaturniveau
bleibt dabei wieder auf einem deutlich niedrigeren normalen Niveau. Auch nicht
ganz unter den Tisch sollte die latente Nachtfrostgefahr in der Nacht zum
Donnerstag fallen, wenn sich die eingeflossene Kaltluft unter Hochdruckeinfluss
beruhigt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des aktuellen IFS-Laufs mit seinen beiden Vorgängern ist bis zum
Montag – zumindest für Deutschland – hoch. Am Dienstag zeigte der gestrige
00-UTC-Lauf ein verstärktes Abtropfen des Troges über Westeuropa mit einem Tief
über der Biskaya. Damit wurde die kühle Luft im Westen Europas an einem allzu
schnellen Eindringen gehindert. Die beiden jüngeren Läufe zeigen dagegen das
Tief weiter im Norden, so dass an dessen Südflanke die kühle Luft schnell nach
Mitteleuropa vordringen kann. Dies führt zu starker Frontogenese über
Deutschland (der Temperaturunterschied ist zuvor schon stark) und einem
nachfolgenden schnellen Luftmassenwechsel. Nachfolgend zeigen die beiden
jüngeren Läufe eine nördliche Westlage, während der gestrige 00-UTC-Lauf mit
einem Skandinavienhoch aufwartete.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bis zum kommenden Montag zeigen die vorliegenden deterministischen Modelle sehr
ähnliche Entwicklungen. Auch am Dienstag zeigen IFS, ICON, GFS und GEM ein
rasches Herannahen des Troges von Westen und nachfolgend die markante Kaltfront
mit dem starken Luftmassenwechsel. Bei allen Modellen soll es an oder vor der
Kaltfront zu einer Tiefentwicklung kommen. Damit dürfte es nach allen Modellen
Zonen mit starker Scherung geben. Sollten die Voraussetzungen für die Entstehung
ausreichenden CAPEs gegeben sein (Reicht die Feuchte aus? Wird eventuell die
Einstrahlung durch Saharastaub behindert?), könnte es zu einer Unwetterlage
kommen. UK10 deutet dagegen am Dienstag (ähnlich wie IFS gestern) das Tief über
der Biskaya an, so dass es bei diesem Modell bis zum Ende der Prognosezeit
keinen Luftmassenwechsel gibt. In der erweiterten Mittelfrist laufen die
Prognosen dann etwas auseinander. GFS und GEM sind durchaus weniger antizyklonal
aufgestellt als IFS.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Clusteranalyse:
Im Zeitraum Montag, 00 UTC bis Mittwoch, 00 UTC verteilt sich das IFS-EPS auf
vier Cluster, die durchaus unterschiedliche Entwicklungen des Troges
Anfang/Mitte der nächsten Woche zeigen. C4 (11 Mitglieder) lässt den Trog schon
weit im Westen Europas abtropfen, das Residuum geht recht wenig weit ausgreifend
nördlich unseres Landes durch, so dass es bei C4 nicht zu dem markanten
Luftmassenwechsel kommen dürfte. Auch C2 (13 Mitglieder, Hauptlauf,
Kontrolllauf) lässt den Trog abtropfen, aber östlicher und später, so dass der
kräftige Luftmassenwechsel bei uns stattfinden kann. Dies dürfte auch bei C3 (12
Mitglieder) der Fall sein, aber später. Bei C1 (15 Mitglieder) rauscht dagegen
der Trog flott von Westen heran und schwenkt rasch durch, nach dieser Variante
dürfte aber die Frontogenese weniger stark ausfallen (weil weniger Warmluft aus
dem Süden angezapft wird und möglicherweise auch die Kaltluft aus dem Westen
weniger kalt ist) und vielleicht auch die Front nicht so flott auch im Süden
durchziehen. Insgesamt zeigen die Cluster auf, dass es beim Ensemble für
kommenden Dienstag noch erhebliche Unterschiede gibt. Auch in der erweiterten
Mittelfrist gibt es noch einige Unterschiede, es dominiert aber hohes
Geopotential. (Positive NAO mit recht weit nördlicher Frontalzone, Blocking).

Rauchfahnen des IFS:
Die Rauchfahnen des IFS zeigen bei insgesamt enger Bündelung im Norden
Deutschlands zwei Maxima der Temperatur, nämlich in der Nacht zum Sonntag und am
Dienstag. Danach geht es auf unter 0°C in 850 hPa runter, aber mit hoher
Unsicherheit. Nach Süden hin verschmelzen die Maxima immer mehr zu einem hohen
Plateau der Temperatur, das am Dienstag bei vielen Ensembleläufen jäh abbricht.
Es gibt aber auch Läufe, die warm bleiben. Insbesondere finden sich im Süden
auch von Samstag bis Montag keine Niederschlagssignale. Was in allen Regionen
auffällt: Die Streuung der Geopotentialkurven nimmt ab Dienstag enorm zu. Ein
deutlicher Geopotentialverlust ist somit zwar möglich, aber keineswegs sicher.
Im weiteren Verlauf steigt die Mehrheit der Kurven wieder an.

Rauchfahnen des GFS:
Bei den Rauchfahnen des GFS fällt auf, dass am Sonntag die kältere Luft nach
vielen Mitgliedern auch bis in den Süden vordringen soll, in der Mitte ist dies
sogar sehr wahrscheinlich. Den Temperatursturz am Dienstag zeigt das
GFS-Ensemble noch etwas einheitlicher als das IFS-Ensemble. Wie stark allerdings
auch das Geopotential zurückgehen soll, ist auch beim GFS sehr unsicher. Die
Ensembles für das CAPE zeigen Werte bis in die Größenordnung 1000 J/kg am Montag
im Süden und am Dienstag im Osten.

Fazit:
Die Entwicklung bis Montag ist sehr sicher. Fraglich ist sicherlich, ob und wann
es im Umfeld der Kaltfront schon stärkere Gewitter gibt und ob es auch weiter
östlich für eine Auslösung reicht. Am Dienstag gibt es trotz aller
Unsicherheiten (vor allem aus dem IFS-Ensemble) schon verstärkte Signale für
einen markanten Kaltfrontdurchgang bis in die Nacht zum Mittwoch hinein.
Aufgrund der deutlichen CAPE-Signale, sowohl von GFS als auch IFS, und da mit
der herannahenden Kaltfront und zunehmender Scherung Auslösung und gute
Organisation wahrscheinlich ist, kann es zu einer ersten größeren Gewitterlage
bzw. Unwetterlage kommen. Ob nachfolgend in der Nacht zum Donnerstag wieder
größere Frostgefahr besteht, steht noch in den Sternen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

EFI:
Der EFI für den Parameter CAPE-SHEAR zeigt ab Samstag vor allem im Nordwesten im
Kaltfrontbereich deutliche Signale. Ab Montag sind die Signale dann fast
deutschlandweit sehr deutlich.

Sturm:
Cosmo-LEPS zeigt geringe Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen am Samstag und
Sonntag vor allem im Nordwesten und teils im Bergland. IFS-EPS zeigt am Dienstag
landesweit Signale für stürmische Böen, allerdings mit geringen
Wahrscheinlichkeiten.

Gewitter:
Wie weiter oben schon mehrfach angedeutet kann es ab der Nacht zum Sonntag im
Kaltfrontbereich zu starken Gewittern kommen. Hier ist die Auslösung
wahrscheinlich und die Scherung hoch, der limitierende Faktor dürfte das CAPE
sein. In der Warmluft kann sich in der Folge wahrscheinlich mehr CAPE aufbauen,
allerdings ist dort wohl die Scherung schwächer und die Auslösung weniger
wahrscheinlich. Sollte am Dienstag die Kaltfront durchziehen, wie vom Hauptlauf
angedeutet, könnten die Zutaten für eine Unwetterlage zusammenkommen.

Frost:
Für Donnerstagfrüh (11.04.) zeigt das IFS-EPS fast landesweit wenn auch schwache
Signale für Frost.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS und GFS-EPS

VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann