S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 02.04.2024 um 10.30 UTC

Im Norden und Westen leicht unbeständig, ab Sonntag in einigen Landesteilen
kräftige Gewitter möglich. Insgesamt sehr mild bis warm, vor allem am Samstag
sommerliche Höchstwerte mit neuen Dekadenrekorden (abhängig vom
Saharastaubinput).

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 09.04.2024

Im am Freitag beginnenden Mittelfristzeitraum dominieren zunächst einmal die
Wetterlagen „SWz“ bzw. „SWa“ mit zyklonalen „Einschlägen“ am ehesten im Westen
und Norden.
Dabei gelangen besonders am Wochenende außergewöhnlich warme Luftmassen aus
Südwesteuropa in weite Landesteile, vor allem im Südwesten könnten dabei einige
Tmax- Dekadenrekorde nahezu pulverisiert werden, abhängig natürlich von der
dimmenden bzw. wolkenbildenden Wirkung eventuellen Saharastaubeintrages.
Doch nun zur Entwicklung im Detail:
Am Freitag hat sich nach Lesart des gestrigen IFS-Laufes von 00 UTC im Rahmen
einer Kurzwellentrogpassage über der Nordsee eine recht bemerkenswerte
Sturmtiefentwicklung abgespielt, die dem Nordwesten durchaus auch im Binnenland
stürmische Böen beschert hätte.
Diese ist nun – auch in den Simulationen der externen Modelle – komplett vom
Tisch. Dennoch verlagert sich ein Randtief über die nördliche Nordsee bis
Samstagfrüh nach Süd- bzw. Mittelskandinavien. Die Kaltfront des Tiefs streift
allerdings mit auffrischendem Südwestwind (offene Nordsee Bft 8, Brocken Bft 9)
und schauerartigen Regenfällen den Westen und Norden Deutschlands, wird dann
dort aber bereits in der Nacht zum Samstag als Warmfront der nächstfolgenden
Tiefdruckentwicklung (bei Irland) über Norddeutschland wieder nordwärts geführt.
Im Warmsektor gelangt dabei sehr milde Luft mit T850 hPa zwischen 6 Grad im
Norden und knapp 14 Grad an den Alpen sehr milde bis warme Luft ins
Vorhersagegebiet, mit viel Sonnenschein könnte es am Oberrhein für einen
Sommertag (Tmax 25 Grad ) reichen.

Am Samstag wird ein umfangreicher Langwellentrog über dem Ostatlantik durch
einen von Nordwesten vorstoßenden Randtrog vor Westeuropa regeneriert und stößt
in der Nacht zum Sonntag Richtung Britische Inseln vor. Das mit dieser
Entwicklung interagierende Sturmtief im Bodenfeld zieht vom Seegebiet
südwestlich Irlands bis Sonntagfrüh nach Nordschottland, wo es mit einem
Kerndruck von etwa 970 hPa aufschlägt. Die Warmfront kommt rasch bis nach Süd-
und Mittelskandinavien bzw. zur mittleren Ostsee voran, während die Kaltfront
über der Nordsee ins Schleifen gerät und erst Sonntagfrüh in etwa die Deutsche
Bucht erreicht.
Mit der sich verstärkenden südwestlichen Strömung wird im Warmsektor nun
niedertroposphärisch extrem warme Luft aus Nordafrika ins Vorhersagegebiet
advehiert. Die 850 hPa-Temperatur steigt bis Samstagabend/Nacht zum Sonntag auf
nahe 20 Grad im Süden bzw. Südwesten und kurzzeitig bis 14 Grad im Nordwesten.
Dabei bleibt es im Nordwesten und Norden bewölkt, sonst setzt sich aber meist
die Sonne durch, allerdings dürfte durchaus wieder Saharastaub ins Spiel kommen,
wobei der Hauptvorstoß nach Lesart des letzten ICON-Art-Laufes sich über
Frankreich und Benelux abspielen dürfte und es wohl eher ein Streifschuss wird.
Somit könnte es erstmals in der ersten Aprildekade für Höchstwerte nahe 30 Grad
im Südwesten reichen (MOSMIX aktuell bis 29,9 Grad, bisheriger Dekadenrekord
27,7 Grad!). Dazu weht spürbarer Süd- bis Südwestwind (einige Höhenlagen Bft 8,
Brocken Bft 9, an den Alpen eventuell föhnig) und mit Annäherung der Kaltfront
könnte es am Abend bzw. in der Nacht zum Sonntag im Westen und Nordwesten
einzelne kräftige Gewitter geben.

Am Sonntag läuft ein in die südwestliche Höhenströmung eingebetteter flacher
Kurzwellentrog über die Nordsee nordostwärts ab und lässt die Kaltfront des nach
Skandinavien ziehenden und sich allmählich auffüllenden Tiefs noch etwa bis in
die westlichen und mittleren Landesteile vorankommen. Dort kann es noch einzelne
kräftige Gewitter geben, allerdings wölbt sich vorderseitig eines bis Montagfrüh
ins Seegebiet nordwestlich der Iberischen Halbinsel vorstoßenden Randtroges ein
flacher Höhenkeil über Frankreich und dem Süden der Britischen Inseln auf, so
dass auch hierzulande der Druck steigt und die quasistationär werdende Front
unter zunehmenden Hochdruckreinfluss Auflösungstendenzen aufweist.
Postfrontal gelangt nach Norddeutschland etwas kühlere Meeresluft (2 bis 5 Grad
in 850 hPa), während es präfrontal mit teilweise mehr als 15 Grad in 850 hPa
über Süddeutschland sommerlich warm bleibt, wenngleich bei schwachem Gradienten
wohl nicht mehr ganz die Werte des Vortages erreicht werden.

Am Montag und in der Nacht zum Dienstag rückt der Randtrog über Südwesteuropa
allmählich Richtung Biskaya und Iberische Halbinsel vor, während beständige WLA
auf dessen Vorderseite den Höhenkeil über Westeuropa stützt, der sich wiederum
ein wenig verstärkt und Richtung Benelux bzw. Westdeutschland vorankommt. Somit
stellt sich über dem Vorhersagegebiet eine antizyklonale westsüdwestliche
Höhenströmung ein.
Im Bodenfeld beginnt der Druck wieder zu fallen und die über der Mitte liegende
Front wird als Warmfront wieder etwas nach Norden zurückgeführt, während sich
über dem Nordmeer bzw. der Norwegischen See ein Hochdruckgebiet etabliert mit
einem über das nördliche Mitteleuropa bis zur südlichen Ostsee und Nordpolen
gerichteten Keil.
Im Bereich der Warmfront bleibt es über Norddeutschland meist bewölkt mit
leichten Regenfällen, an deren Südflanke eventuell auch einzelnen Gewittern.
Gleichzeitig weitet sich durch den Druckfall ei9ne flache Tiefdruckrinne nach
Süddeutschland aus; ob es innerhalb der dorthin advehierten potenziell
instabilen und weiterhin sehr warmen Luftmasse (T850 hPa weiterhin um 15 Grad)
für einzelne kräftige Gewitter reicht, ist aber noch unklar. Unzweifelhaft ist
aber die Tatsache, dass es im Süden und eventuell auch in der Mitte erneut warm
wird mit Höchstwerten teils über 25 Grad.

Am Dienstag kommt der leichte Abtropfungstendenzen aufweisende Randtrog über der
Biskaya und der Iberischen Halbinsel nur sehr zögerlich nach Osten voran, so
dass wir im Einflussbereich des zunehmend flacher werdenden Höhenrückens
bleiben.
Im Bodenfeld weitet sich das umfangreiche Hochdruckgebiet vom
Nordmeer/Norwegische See nach Skandinavien und zum Baltikum aus, während sich im
Vorhersagegebiet eine flache Tiefdruckrinne etabliert. Blockiert durch das Hoch
weiter nördlich kommt die Warmfront über Norddeutschland nicht weiter nach
Norden voran und führt dort sowie im Nordwesten in etwas kühlerer Luft und bei
auffrischendem Ostwind nach wie vor zu leichten Regenfällen. In der Mitte und im
Süden bleiben dagegen sehr warme und potenziell instabile Luftmassen
wetterbestimmend; ob es angesichts des vor allem in der Höhe antizyklonalen
Umfeldes für konvektive Umlagerungen reicht, ist fraglich. Am ehesten dürfte das
wohl vom Bergland ausgehend der Fall sein.

In der erweiterten Mittelfrist tropft der Trog nun endgültig über dem westlichen
Mittelmeerraum ab. Der Norden und Osten Deutschlands werden von einem über
Skandinavien südostwärts ziehenden Randtrog gestreift, die Tiefdruckrinne mit
der warmen Luftmasse wird bis Donnerstag Richtung Alpen abgedrängt und das
fennoskandische Hoch weitet sich auch in den Norden und Osten des
Vorhersagegebietes aus. Somit gelangen bis Donnerstag von Nordosten her
trockenere und kühlere Luftmassen in weite Teile des Vorhersagegebietes.
Lediglich der Süden und Südwesten bleiben auch dann noch noch im Einflussbereich
der feuchteren Luftmasse im Bereich der Rinne.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bereits angesprochen wurde weiter oben die im gestrigen 00 UTC-Lauf simulierte
Sturmtiefentwicklung über der Nordsee am Freitag und die vorübergehend deutlich
weiter nach Süden vordringende Kaltfront in der Nacht zum Samstag.
Ansonsten unterscheiden sich die beiden gestrigen Läufe aber bis Sonntag kaum
vom aktuellen IFS-Lauf.
In der Nacht zum und am Montag hat der gestrige 00 UTC-Lauf im Zuge einer
Kurzwellentrogpassage eine recht markante Wellentiefentwicklung entlang der
Front auf der Agenda, dieses Tief zieht am Montag über West- und Norddeutschland
rasch zur südlichen Ostsee. Dabei kann es durchaus auch zu kräftigeren Gewittern
kommen und an der Südwestflanke sogar zu stürmischen Böen bis in die
Niederungen. Die Front wird vor Tiefpassage zunächst etwas weiter nach Norden
gedrückt als in den Folgeläufen, rückseitig kommt sie dann aber ebenfalls
lediglich bis in die mittleren Landesteile voran und wird dann in weiterer Folge
wieder als Warmfront nach Norddeutschland zurückgeführt.
In der erweiterten Mittelfrist vollzieht sich der Abtropfprozess über Westeuropa
in den beiden gestrigen Läufen erst später und weiter östlich, so dass sich
hierzulande eher eine vor allem nach Lesart des gestrigen 00 UTC-Laufes
zyklonale Südströmung durchsetzen würde.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Abgesehen von Nuancen (genaue Progression bzw. Lage der Kaltfront, eventuelle
Gewitter) unterscheiden sich auch die Globalmodelle bis Sonntag kaum
voneinander.
Für den Montag hat das ICON, ähnlich wie der gestrige 00 UTC-Lauf des IFS, eine
Wellentiefpassage über Nordwest- und Norddeutschland auf der Agenda, die sonst
kein anderes Modell so simuliert.
Ab Dienstag werden die Differenzen dann aber substanzieller. Den Cut-Off-Prozess
hat so nur das IFS auf der Agenda. ICON bleibt bei einer südwestlichen
Höhenströmung mit leicht zyklonalem Touch über West- und Norddeutschland. GEM
lässt den Trog schon früher und weiter westlich austropfen, dafür folgt am
Mittwoch ein Trogstreifschuss über Norddeutschland. Nach Lesart des GFS greift
der Trog dagegen im Laufe des Mittwochs auf Mitteleuropa über und leitet einen
unbeständigen Witterungsabschnitt ein.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die drei Cluster im Zeitraum 72 bis 96 Stunden, die alle dem
Großwetterlagenregime „NAO positiv“ zugeordnet wurden, unterscheiden sich kaum
voneinander und brauchen an dieser Stelle somit nicht besprochen werden.

Im nächstfolgenden Zeitraum (120 bis 168 Stunden) verteilen sich die 51
ENS-Läufe auf vier Cluster. Alle vier zeichnen sich durch hohes Geopotenzial
über Süd- und Osteuropa aus.
In CL1 (17 Member) wird dieser Block zum Ende hin dominant (Regime „Blocking“),
die zum Dienstag sich im deterministischen Lauf des IFS über Mitteleuropa
etablierende flache Tiefdruckrinne taucht in diesem Cluster nicht auf.
CL 2 bis 4 (jeweils 12, 12 und 10 Member, Haupt- und Kontrolllauf in CL2)
unterscheiden sich dagegen nur um Nuancen (Lage der Rinne und der schleifenden
Warmfront über Norddeutschland) und sind auch allesamt noch dem Regime „NAO
positiv“ zugeordnet.

3 der 4 Cluster im Zeitraum 192 bis 240 Stunden (nämlich CL 1 bis 3 mit 16, 13
und 13 Membern) tendieren dann aber tatsächlich endgültig Richtung Blocking.
CL 2 und 3 münden dabei, nachdem die sehr milde bis warme Luftmasse von Norden
her von etwas frischerer verdrängt wurde, in die GWL Hoch Mitteleuropa.
Nach Lesart des Cl 1, interessanterweise mit dem Hauptlauf bestückt, wird der
nach Mitteleuropa gerichtete Höhenkeil durch ein abtropfendes Höhentief, das
über die Nordsee Richtung Südskandinavien zieht, in der zweiten Hälfte der
kommenden Woche zumindest vorübergehend abgebaut. Der Hauptlauf hat dieses
Höhentief allerdings lediglich als Randtrog über Skandinavien auf der Agenda.
CL 4 (9 Member) dagegen schwenkt mehr und mehr Richtung Westlage mit einer
Trogpassage über Nordeuropa, die auch Mitteleuropa streift, ähnelt somit der
Lösung des GFS-Hauptlaufes.

Beeindruckend hingegen gestaltet sich der Verlauf der 850 hPa-Temperatur der
Einzelmember in den Rauchfahnen für ausgewählte Gitterpunkte im
Vorhersagegebiet. Die norddeutschen Gitterpunkte zeigen nach dem kurzen
Wärmepeak am Samstag, der in einem relativ engen Spread verläuft, einen mehr
oder weniger deutlichen Temperaturrückgang auf nahezu für die Jahreszeit normale
Werte, wobei der Spread dabei deutlich breiter wird und es rasch wieder
Ausreißer nach oben gibt. Der Hauptlauf ist zu Beginn kommender Woche dabei eher
im unteren Bereich angesiedelt.
Anders für die süddeutschen Gitterpunkte. Dort verläuft die Kurvenschar der 850
hPa-Temperatur bis Montag in einem verhältnismäßig engen Spread auf einem
außergewöhnlich hohen Niveau (Stuttgart und München von Sa bis Mo durchgehend
zwischen 14 und nahe 20 Grad), so dass schon fast von einer „Hitzewelle“ die
Rede sein kann.
Der folgende Temperaturrückgang findet in einem deutlich breiter werdenden
Spread statt, in der zweiten Wochenhälfte gibt es für beide Gitterpunkte einige
Member mit negativen 850 hPa-Temperaturen, während die wärmsten Member noch bis
auf nahe 15 Grad gehen.

Niederschlagssignale haben die Rauchfahnen der nordwest- und norddeutschen
Gitterpunkte durchaus auch am Sonntag und Montag auf der Agenda, wenngleich nur
wenig, während für Stuttgart und München im Zeitraum Freitagnachmittag bis
Montagabend kein Member Niederschläge simuliert.

FAZIT:
Die außergewöhnlich hohen Temperaturen am Wochenende stehen außer Frage,
lediglich der Saharastaub könnte bzgl. neuer Dekadenrekorde noch einen Strich
durch die Rechnung machen.
Während sich das Temperaturniveau in Norddeutschland bereits am Sonntag wieder
normalisiert, könnte die „Hitzewelle“ im Süden noch bis mindestens
einschließlich Montag anhalten. Danach dürfte es aber auch dort zumindest
vorübergehend unbeständig und kühler werden.
Ob dann zu Wochenmitte und darüber hinaus eher wieder Hochdruckeinfluss
überwiegt oder ob es mit zyklonal West weitergeht, bleibt noch abzuwarten.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Signifikante Wettererscheinungen halten sich im Mittelfristzeitraum wohl eher in
Grenzen und beschränken sich wohl auf einzelne kräftige Gewitter präfrontal ab
Samstagabend/Nacht zum Sonntag zunächst im Nordwesten und Westen, am
Sonntag/Montag dann eventuell auch in den mittleren Landesteilen und im
Südwesten. Da sich die Konvektion wohl eher in einem vor allem in der Höhe
antizyklonalen Umfeld abspielt, treten Gewitter voraussichtlich eher selten und
vom Bergland ausgehend auf (EFI Cape/Shear Parameter hat jedenfalls allenfalls
schwache Signale auf der Agenda, eher dann am Montag weiter östlich).
Angesichts der Luftmasse sind alle markanten Begleiterscheinungen (Starkregen,
Hagel, Sturmböen) denkbar, wobei auf Starkregen der Fokus liegen dürfte.

Zudem frischt der Wind vor allem im Nordwesten und Norden sowie im Bergland
zeitweise auf. Am Freitag und Sonntag kann es über der offenen Nordsee eventuell
stürmische Böen geben, bei einer aktuell nicht sonderlich wahrscheinlichen
Randtiefentwicklung wären auch im Binnenland Nordwestdeutschlands stürmische
Böen möglich.
Ansonsten beschränken sich warnrelevante Böen aber wohl lediglich auf einzelne
Gipfellagen (Brocken, Alpen am Freitag und Samstag).

Bzgl. der Temperaturen hat EFI deutliche Signale für Extremwerte auf der Agenda,
am Samstag sogar für weite Teile des Vorhersagegebietes, am Sonntag und Montag
dann aber noch im Süden bzw. Südosten.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX (Vorsicht bzgl. der Temperaturvorhersage bei eventuellem
Saharastaub am Wochenende).

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff