S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 01.04.2024 um 10.30 UTC

Zunächst noch unbeständig und sehr windig bis stürmisch. Am Wochenende erst
ziemlich warm und einzelne teils kräftige Gewitter, nächste Woche dann
winterlicher Rückfall.

Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 08.04.2024

Zum Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Donnerstag und Freitag liegen wir in
Deutschland unter einer zonale orientierten, leicht welligen und zunehmend
straffen westlichen bis leicht südwestlichen Höhenströmung. Darin eingebettet
sind mal mehr, mal weniger stark ausgeprägte Kurzwellentröge, die vor allem über
den Norden und die Mitte des Landes hinwegziehen. Ähnlich sieht es auch mit den
uns passierenden Frontensystemen am Boden aus. Das Hauptaugenmerk liegt dabei
auf der Entwicklung eines Sturmtiefs über den Britischen Inseln, das mit einem
der eben angesprochenen Kurzwellentröge interagiert und am Freitag über die
Nordsee und Südschweden zur Ostsee zieht. In der Folge käme es nach heutigem
Stand am Freitag in der Nordwesthälfte verbreitet zu Sturm-, im Nordseeumfeld
auch zu schweren Sturmböen. Parallel kommt es am Freitag über dem Atlantik zu
einer markanten Austrogung und der Entwicklung eines weiteren Sturmtiefs,
wodurch die Strömung über Westeuropa aufsteilt. Starke Warmluftadvektion auf der
Vorderseite wölbt einen kräftigen Rücken auf, der sich vom westlichen
Mittelmeerraum bis über die Britischen Inseln hinaus erstreckt.

Am Samstag zieht das Drehzentrum des Troges samt bodennahem Sturmtief
nordostwärts Richtung Schottland. Der Trog an sich kommt weiter ostwärts voran
und beginnt knapp westlich der Iberischen Halbinsel abzutropfen. Die Achse der
Rückens schwenkt über uns hinweg, wodurch wir nun unter die südwestliche
Strömung gelangen. Zumindest über dem west- und südwestdeutschen Bergland sind
dabei erste kräftige Gewitter nicht ausgeschlossen. Lag die Temperatur in 850
hPa am Donnerstag und Freitag von Nord nach Süd bei etwa 2 bis 10 Grad, steigt
sie nun deutlich an und beträgt abends im Nordosten 11 Grad, im Westen und
Südwesten bis zu 19 Grad. In den Alpen stellt sich leichter Föhn ein mit
Sturmböen auf den Gipfeln.

Am Sonntag greift die in die südwestliche Strömung eingebettete Kaltfront des
Sturmtiefs über dem Nordmeer (am Vortag noch bei Schottland) auf Deutschland
über. Durch den Abtropfvorgang bei der Iberischen Halbinsel und der dadurch dort
in Gang gekommenen Zyklogenese, wird die Front stark abgebremst bzw. wird sogar
rückläufig. Damit bleibt die 850er-Temperatur im Süden und Südosten bei
weiterhin hohen 15 bis 18 Grad, während sie in der Nordwesthälfte schon im
einstelligen Bereich liegt (an der Nordsee unter 5 Grad). Während im
Frontbereich schauerartige Regenfälle zu erwarten sind, könnte es im Vorfeld
zumindest im Bergland für einzelne, aber kräftige Gewitter reichen.

Am Montag wird der Atlantiktrog durch einen neuerlichen Kaltluftvorstoß
regeneriert und die südwestliche Höhenströmung bleibt uns erhalten. Der
ehemalige Kaltlufttropfen zieht nun als Kurzwellentrog zusammen mit dem
Bodentief nordostwärts über uns hinweg. Dahinter strömt zumindest in die
Nordwesthälfte deutlich kühlere Luft mit T850 teils unter 5 Grad. Im Süden und
Südosten hält der Zustrom der warmen Luft aus Süden mit Annäherung des nächsten
hochreichenden Atlantiktiefs weiter an, sodass die Temperatur in 850 hPa dort im
zweistelligen Bereich verbleibt.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Die Konsistenz des heutigen 00-UTC-Laufs des IFS kann im Großen und Ganzen als
gut bezeichnet werden. Im Detail sind dagegen hin und wieder Unterschiede zu
erkennen, die mitunter durchaus prognoserelevant sind. Zu nennen ist hier die
Passage und Ausprägung des Kurzwellentrogs am Freitag und die damit verbundene
Zugbahn und Intensität des Sturmtiefs. Zudem findet der vom gestrigen 00er-Lauf
noch für Sonntag angedachte Kaltfrontdurchgang in den beiden jüngsten Läufen
deutlich verzögert und erst nach Durchgang eines Bodentiefs am Montag statt.
Genaugenommen kommt die Front im Süden gar nicht mehr wirklich an nicht an.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Im Vergleich mit anderen Globalmodellen (ICON, GFS, UK10) zeigt sich IFS
durchaus als „Eigenbrötler“. Die Passage des markanten Kurzwellentroges samt
Sturmtief am Freitag hat keines der anderen Modelle im Programm – allerhöchstens
in wesentlich schwächerer und deutlich weiter nördlich stattfindender Variante.
In der Folge findet die Erwärmung und das Übergreifen der Kaltfront am
Wochenende bei IFS 12 bis 24 Stunden später statt als bei den anderen Modellen.
Zu Beginn der neuen Woche nähert sich zumindest ICON wieder etwas der Lösung von
IFS an, während GFS auf eine zunehmend zonale, leicht wellende und straffe
Höhenströmung abzielt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Bis einschließlich Samstag unterstützen die Rauchfahnen für verschiedene
deutsche Städte den IFS-Hauptlauf. Bei genauerem Hinschauen fällt jedoch auf,
dass Letzterer am Freitag eine Delle in der Temperaturkurve zeigt (Durchgang des
Kurzwellentroges bzw. des Sturmtiefs und nachfolgendes Einfließen kühlerer
Luft), die vom Gros des Ensembles entweder schwächer oder gar nicht gezeigt
wird. Das stützt die Lösung der anderen (deterministischen) Globalmodelle und
legt nahe, dass der IFS-Hauptlauf mit dem Sturmtief wohl etwas über die Stränge
schlägt. Am Sonntag nimmt der Spread bei der 850er Temperatur deutlich zu, was
auf Timingunterschiede bei der Verlagerung der Kaltfront zurückzuführen ist.
Auffällig ist aber, dass im Süden am Wochenende kein wirklicher
Temperatureinbruch erkennbar ist (Front kommt nicht an). In der erweiterten
Mittelfrist nimmt der Spread weiter zu, der Trend geht aber Richtung Abkühlung.
Wie stark diese ausfällt ist aber sehr unsicher.

Niederschlagssignale sind im Süden und Südosten von Freitag bis Sonntag
Fehlanzeige, sonst ist meist nur am Samstag ein deutliches Minimum erkennbar.

Beim Clustering ergeben sich für den Zeitraum von Samstag 00 UTC bis Montag 00
UTC drei Gruppierungen die fast durchweg dem Regime NAO positiv zugeordnet
werden. Allesamt zeigen sie eine stramme, mal leicht zyklonale, mal leicht
antizyklonale südwestliche Höhenströmung. Den Abtropfvorgang am Sonntag westlich
der Iberischen Halbinsel zeigt nur Cluster 1 (21 Member, inkl. Hauptlauf), die
anderen beiden Cluster haben „nur“ einen Randtrog im Programm.
Auch im Zeitraum von Dienstag bis Donnerstag 00 UTC sind drei Cluster zu sehen,
die alle in Richtung Zonalisierung gehen und demnach folgerichtig erneut fast
ausschließlich als NAO positiv gewertet werden. Wie schnell die Zonalisierung
vonstattengeht, ist allerdings unklar.

FAZIT: Es bleibt zunächst noch unbeständig und sehr windig bis stürmisch, der
Freitagssturm von IFS erscheint allerdings ziemlich fraglich. Zum Wochenende hin
wird es deutlich wärmer, eventuell reicht es im Süden lokal für das Erreichen
der 30-Grad-Marke. Wie der Kaltfrontdurchgang vonstatten geht und ob man
überhaupt von einem Durchgang sprechen kann, ist noch unsicher. In der
erweiterten Mittelfrist geht der Temperaturtrend zwar nach unten, von einem
winterlichen Rückfall wie in der Überschrift geschrieben fehlt aber jede Spur
und kann daher als APRILSCHERZ abgestempelt werden 😉

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Bis Samstag muss vor allem in der Nordwesthälfte zeitweise mit einzelnen
stürmischen Böen (Bft 8), im Bergland auch mit Sturmböen gerechnet werden. Am
Samstag stellt sich zudem in den Alpen Föhn ein, der auf den Gipfeln für Sturm-,
eventuell auch schwere Sturmböen sorgen kann. Wie lange er anhält, hängt vom
Vorankommen der Kaltfront ab und ist daher noch nicht wirklich sicher. Mehr als
fraglich ist außerdem, ob es am Freitag wirklich zu einer Sturmentwicklung
kommt, wie von IFS angedacht, zumal weder ICON, noch GFS und UK10 auch nur
annähernd so ein Ereignis im Programm haben.

Gewitter mit Sturmböen sind am Freitag im Norden nicht komplett ausgeschlossen.
Deutlich wahrscheinlicher sind sie dagegen am Wochenende zumindest im Bergland
präfrontal. Dann wären auch Starkregen und Hagel als Begleiterscheinungen zu
nennen. Mehrstündiger Starkregen im Bereich der Front ist ebenfalls nicht
ausgeschlossen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS(-EPS), weitere EPSe, ICON, GFS, UK10, MOSMIX

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Tobias Reinartz