SXEU31 DWAV 151800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 15.03.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Erst Höhentrog, dann Bodentrog, dann Zwischenhoch, dann Frontensystem –
wechselhafter Wetterablauf mit etwas weniger milder, gerade am Sonntag im
Nordosten sogar recht frischer (im thermischen Sinne) Luft.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Aktuell … findet man auf der großräumigen Wetterkarte eine mäßig ausgeprägte,
dafür aber ordentlich schlingernde (also mäandrierende) Frontalzone, die sich
über dem mittleren Nordatlantik erstreckt und bis nach Westeuropa respektive dem
westlichen Mitteleuropa reicht. Dahinter fächert die Potenzialströmung merklich
auf, wobei ein Ast bzw. Jetstreak über Skandinavien hinweg bis in den Nordwesten
Russlands verläuft. Die Wellenzahl der in die Frontalzone eingebetteten Tröge
und Keile ist hoch, die Amplituden vergleichsweise „platt“, was für eine hohe
Progressionsneigung oder ganz einfach für wechselhaftes Wetter spricht. Dabei
geben sich nicht nur Tiefs inkl. Fronten/Tröge und Zwischenhochs die Klinke in
die Hand, auch die Luftmassen wechseln rasch, wobei überwiegend maritime
Luftmassen am Bäumchen-wechsel-dich-Spiel beteiligt sind.

Fangen wir mit heute an, wo mit moderater südwestlicher Strömung eine sehr milde
Luft (xS) herangespült wurde, in der im Osten und Südosten mit Hilfe direkter
Sonneneinstrahlung die 20°C-Marke vereinzelt überschritten wurde (z.B.
Regensburg 20,3°C oder Energie Cottbus 20,1°C). Wesentlich kühler war es im
Westen aber auch nicht, obwohl durch mehr Bewölkung weniger direkter
Energieinput gegeben war und zudem im Tagesverlauf die Kaltfront eines von der
nördlichen Nordsee nach Südnorwegen ziehenden Tiefs (GABRIELE) durchgeschwenkt
ist. So schwach die Front in thermischer Hinsicht aufgestellt war,
wettertechnisch konnte sie durchaus ein paar Akzente setzen. Neben einer
durchbrochenen, von Nord bis Süd reichenden Schauerlinie wurden in Teilen
Bayerns und Vorpommerns sogar ein paar Frühlingsgewitter generiert.

Doch damit nicht genug, auch im postfrontalen Westen und Nordwesten hat es am
Nachmittag an der einen oder anderen Stelle geblitzt und ordentlich gerumst.
Grund hierfür war die Annäherung eines flachen KW-Troges mit gut definiertem
PVA-Maximum, das äußerst fruchtbar mit der einfließenden, labil geschichteten
subpolaren Meeresluft (mPs; T500 um -24°C über T850 um +4°C) interagiert hat und
das auch immer noch tut. Aufgrund solider, im Wesentlichen
geschwindigkeitsbasierter Scherwerte (LLS bis zu 15 m/s, DLS bis zu 20 m/s)
konnten im Radar zahlreiche Linien- und Bogensegmente gesichtet werden (in
Nordhessen wurde an einer allerdings sehr blitzarmen und nicht hochreichenden
Zelle gar ein Hook-Echo detektiert), die im Sommer, durchaus aber auch schon im
Voll- oder Spätfrühling für einige Schandtaten gut gewesen wären. Aufgrund des
zwar soliden, schlussendlich aber limitierten Angebots an Labilität sowie
fühlbarer und latenter Energie (gerne auch CAPE) hielten sich Intensität und
Lebensdauer der Gewitter aber in Grenzen. Häufig konnte mit der Warnfarbe Gelb
operiert werden, die in einigen Fällen aber auf Ocker hochgestuft werden musste
(kleiner Hagel und/oder Böen 8 Bft, in Düsseldorf sogar 9 Bft).

Und wie gehtŽs nun weiter? – In den nächsten Stunden verlässt uns die Kaltfront
in Richtung Polen, Tschechien und Österreich. Dafür legt sich besagter KW-Trog
bis zum frühen Frühstück mittemang über den Vorhersageraum, wodurch es auch in
der Nacht zu weiteren, sich vor allem in der Südhälfte ausbreitenden
schauerartigen und vor allem anfangs noch gewittrigen Regenfällen kommt. Nach
dem Spiel ist vor dem Spiel (eine von Seppl Herbergers Weisheiten), nach dem
Trog ist vor dem Trog (eine von Hoffmanns unbedeutenden Erkenntnissen). Wie,
was? Nein, kein Schabernack. Kaum hat die Hauptachse des Höhentrogs die
mittleren Landesteile erreicht, schlägt noch vor 06 UTC ein sehr gut
ausgeprägter Bodentrog im Westen und Nordwesten auf. Dieser Trog erstreckt sich
ausgehend vom Muttertief GABRIELE nach Südwesten und kann bereits jetzt in den
einschlägigen C-Formaten (gemeint sind die Bodenanalysen) bewundert werden.
Neben leichtem Regen sorgt der Bodentrog vor allem für einen weiteren
Luftmassenwechsel, der ein Stück signifikanter ausfällt als der Wechsel heute
tagsüber. Mit Winddrehung auf Nordwest wird ein Schwall maritimer Polarluft (mP)
auf relativ direktem Weg eingeschleust, die a) kälter, b) trockener und c)
stabiler ist als die Luftmasse davor. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als
berechtigt, dass die heute noch im Trog analysierte Okklusion in eine lupenreine
Kaltfront überführt wird.

Bliebe zum Schluss nur noch zu erwähnen, dass Frost in der kommenden Nacht
überhaupt kein Thema ist. Und dass der Wind außer in einigen Hochlagen zum
Morgen hin mit Drehung auf Nordwest an der Nordsee beginnt aufzumucken mit
ersten Böen 7 Bft.

Samstag … setzt sich die Progression der kurzen Wellen fort, was nichts
anderes bedeutet, dass sich der Trog im Tagesverlauf gen Osten verabschiedet.
Ihm folgt ein Rücken nach, der zur Mittagszeit aber noch deutlich über
Westeuropa verortet ist und selbst zum Datumswechsel den Vorhersageraum nicht
ganz erreicht. Trotzdem macht sich in Teilen des Landes schon tagsüber leichter
Zwischenhocheinfluss (Gott zum Gruße MARKUS) bemerkbar, der die nach Südosten
durchschwenkende Kaltfront (die ehemalige Okkl.) von einem neuen Frontensystem
über UK/Irland trennt. Vor allem im Norden und Nordwesten in der frisch
einfließenden Polarluft (T850 um -3°C, PPW unter 10 mm, spez. Feuchte unter 5
g/kg) trocknet es deutlich ab, so dass die Wolkendecke von See und von Dänemark
her mehr und mehr auflockert.

Ansonsten aber gestaltet sich der morgige 26. Spieltag der Fußballbundesliga –
wir können uns auf echte Kracher wie Mainz gegen Bochum oder Wolfsburg gegen die
Datschis aus Augsburg freuen – zumindest meteorologisch wechselhaft mit Schauern
(frontal und präfrontal), die sich am Nachmittag und Abend mehr und mehr in den
Süden sowie ins Erzgebirge zurückziehen. Aufgrund einer sich bei etwa 600 hPa
zunehmend abzeichnenden schwachen Sperrschicht sowie eins nur sehr spärlich
ausgestatteten CAPWE-Angebots hält sich die Gewitterneigung stark in Grenzen.
Gleichwohl sind im Osten und Südosten vereinzelte kurze Gewitter oder gewittrige
Schauer nicht gänzlich ausgeschlossen.

Thema Wind, der mit Drehung auf Nordwest vor allem an den Küsten sowie im
küstennahen Binnenland merklich auflebt mit Böen 7 bis 8 Bft. Grund ist ein
vorübergehend sehr solide ausgestatteter Druckgradient zwischen der nur langsam
über Südschweden ostwärts ziehenden GABRIELE und dem von Westen übergreifenden
MARKUS. An der Nordsee lässt der Wind am Nachmittag und Abend schon wieder nach,
während er an der Ostsee bis in die Nacht zum Sonntag sportiv unterwegs bleibt.
Windig präsentiert sich morgen auch das Alpenvorland, wo der Leitplankeneffekt
mithilft, vermehrt Böen 7 Bft, vereinzelt 8 Bft um West auf die Beine zu
stellen. Ansonsten geben sich – natürlich möchte man fast hinzufügen – die
meisten Hochlagen der Mittelgebirge sowie die Alpengipfel windig bis stürmisch,
während es in Flachland am ehesten mit Kaltfrontpassage sowie bei Schauern mal
etwas üppiger aufbrist (Böen 5-6, vereinzelt 7 Bft). Ob deswegen letztlich eine
kleine Windwarnung ausgegeben wird, bleibt abzuwarten.

Mit 11 bis 16°C (höchste Werte im Süden und Südosten) wird es nicht mehr ganz so
mild wie heute, aber auch nicht wirklich kalt. Nur direkt an der See, wo der
Wind vom noch nicht allzu warmen Wasser kommt, schadet ein zusätzlicher Hoodie
nicht angesichts einstelliger Tageshöchsttemperaturen um 8°C.

In der Nacht zum Sonntag überquert GABRIELE die Ostsee in Richtung Baltikum. Die
zugehörige Kaltfront schwenkt südostwärts über die Alpen hinweg und sorgt zuvor
für die letzten, meist leichten Regenfälle in Oberbayern (am längsten am
Alpenrand). Dahinter breitet sich die trockene Polarluft aufs ganze Land aus.
Getriggert durch Absinken vorderseitig des langsam näher kommenden Rückens
lockert die Bewölkung vielerorts auf, was die Luft insbesondere im nördlichen
und mittleren Drittel des Vorhersageraums gebietsweise auf 0°C oder in den
leichten Frostbereich abkühlen lässt. Frost in Bodennähe tritt sogar ziemlich
verbreitet in Deutschland auf.

Einschränkungen hinsichtlich der Bewölkung treten u.a. im Nordosten auf, wo in
Verbindung mit einem weiteren, über die Ostsee schwenkenden Bodentrog mitunter
tiefe Wolken durchziehen. Darüber hinaus hält der Trog den nordwestlichen Wind
an der Ostsee noch ziemlich lange am Laufen (Böen 7-8 Bft), der erst in der
zweiten Nachthälfte allmählich von Westen her an Intensität verliert.
Einschränkung #2 betrifft die westlichen Landesteile, wo leichte WLA den Rücken
überläuft und die ersten hohen, teils auch schon mittelhohen Wolken generiert,
aus denen aber noch kein Niederschlag fällt. Es handelt sich um die Vorboten des
nächsten Tiefs über dem Ostatlantik (HILDEGARD) sowie dem zugehörigen
Frontensystem.

Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC

Sonntag … wandert der Rücken gaaanz langsam über Deutschland hinweg gen Osten.
Langsam deswegen, weil er geblockt wird durch ein Cut-Off-Tief über dem
Baltikum, das mit der uns bestens bekannten GABRIELE interagiert. Profiteure der
Blockierung sind weite Teile der Osthälfte (und vielleicht auch noch etwas
mehr), wo der Sonntag nicht nur trocken über die Bühne geht, sondern zudem
einige Sonnenanteile zu bieten hat. Allerdings, das lässt sich nicht leugnen,
wird es gerade im Nordosten etwa in einem Steifen von SH bis hinüber zur Lausitz
ein ziemlich frischer Tag mit vielerorts nur einstelligen Tageshöchstwerten
(maximal 10°C). An der Ostsee reicht es bei Nordwind z.T. gerade mal für 5 oder
6°C.

Milder aber auch wolkiger wird es im Westen und Südwesten, wo sich die
Annäherung des Frontensystems bemerkbar macht. Am Nachmittag soll es sogar
anfangen zu regnen, wobei hinsichtlich der genauen Positionierung des Regens
noch Spielraum gegeben ist. ICON von 12 UTC hat beim Timing etwas auf die Bremse
getreten und sieht vor allem das westliche Niedersachsen und Teile NRWs vorn,
während IFS von 00 UTC zusätzlich auch BaWü und RP im Visier hat.

Weitere Informationen sind bei Bedarf der heutigen Frühübersicht zu entnehmen.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Basisfelder werden modellübergreifend sehr ähnlich gerechnet, so dass an der
grundsätzlichen Ausrichtung keine Zweifel bestehen. Dass trotzdem noch ein paar
Prognoseunschärfen im Raum stehen, wurde im Text angerissen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann