SXEU31 DWAV 301800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 30.01.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
In der kommenden Nacht Durchgang einer ersten schwachen, zum Donnerstag hin
Durchgang einer zweiten stärkeren Kaltfront. Dazwischen Hochdruckeinfluss mit
Grenzschichtgedöns.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Aktuell … bemüht sich die Atmosphäre sehr darum, den bei uns seit einigen
Tagen andauernden Hochdruckeinfluss zu beenden und dem Ganzen nun wieder einen
deutlich zyklonaleren Anstrich zu geben. Nun weiß man aus eigener Erfahrung,
dass Bemühen allein manchmal nicht ausreicht, seine Ziele zu erreichen. Und so
hat auch die Atmosphäre so ihre Schwierigkeiten, ihr Ansinnen durchzubringen,
doch der Reihe nach.

Fakt ist, dass sowohl das Hoch ENNO als auch der korrespondierende Höhenrücken
Deutschland entweder schon verlassen haben oder gerade dabei sind, es zu tun.
Das Problem an der Sache, das nächste Hoch – Gott zum Gruße FRANK – steht
bereits ante portas, genau genommen in Frankreich, von wo aus es starke
Expansionsgelüste in unsere Richtung hegt (aktuell schon wieder verbreitet
Druckanstieg). Zwar ist der überlagerte Rücken gegenüber seinem Vorgänger nur
eine flache Flitzpiepe, jedoch scheint der gute FRANK austrainiert genug, um
sich ausreichend in Szene zu setzen. Bevor es allerdings soweit ist, gilt es
eine zarte zyklonale Attacke zu akzeptieren, die von dem kleinen Randtief LOKI
ausgeht. LOKI hat den heutigen Tag auf der Nordsee verbracht, ist nun aber
dabei, den Skagerrak zu passieren und Südschweden anzusteuern. Allein die
Tatsache, dass der Kerndruck des Tiefs gerade mal wenige Hektopascal unter 1020
hPa liegt, zeigt uns, dass es mit Substanz von LOKI nicht allzu gut bestellt
ist. Immerhin wird das Tief von einem Randtrog in der Höhe begleitet, der aber
auch nicht gerade ein Herkules seiner Zunft ist. Gleiches gilt für die Kaltfront
(KF), die gerade dabei ist, den Vorhersageraum von Nordwest nach Südost zu
überqueren. Sie präsentiert sich nur wenig wetteraktiv und auch ihre thermische
Wirkung lässt doch arg zu wünschen übrig.

Schauen wir uns der Reihe nach an, welche Konsequenzen die oben beschriebenen
Abläufe für die nächsten Stunden in Deutschland bedeuten.

WETTER/WOLKEN:
Mit der KF breitet sich dichte mehrschichte Bewölkung allmählich in Richtung
Osten und Südosten (dort heute vielfach noch längere Zeit sonnig oder heiter)
aus. Aus dem fragilen frontalen Niederschlagsband fällt hier und da etwas Regen
geringer bis sehr geringer Intensität. Hinzu kommt, dass der Niederschlag auf
seinem Weg nach unten ein ganz schönes Stück die ziemlich trockene untere
Troposphäre passieren muss, wo er Gefahr läuft zu verdunsten oder zu
sublimieren. Oder anders ausgedrückt, ein Teil von dem was oben (in der
Mitteltroposphäre) an den Start geht, kommt unten gar nicht an. Ganz verlassen
sollten wir uns darauf aber nicht (was aktuelle Messungen auch zeigen), weil die
Troposphäre unten peu a peu durchfeuchtet wird, so dass am Ende zumindest
örtlich doch ein bisschen was auf der Erdoberfläche aufschlägt. Sollte das in
Ostbayern gelingen (Oberpfalz, Niederbayern), dann heißt es aufgepasst, weil die
Temperatur dort präfrontal gerade in Tal- und Muldenlagen in den leichten
Frostbereich zurückgeht und der Boden etwas gefroren sein kann. Insgesamt ist
die Glatteisgefahr aber nicht allzu hoch und wenn, dann nur sehr kleinräumig und
kurzzeitig.
Ansonsten gilt es nur noch zu konstatieren, dass in Verbindung mit dem ostwärts
durchschwenkenden KW-Trog in der Nordhälfte mitunter etwas schauerartiger Regen
fällt (reicht häufig nicht mal für einen lausigen Millimeter). Außerdem lockert
postfrontal die Bewölkung gebietsweise auf. Ganz im Süden, schwerpunktmäßig im
Bodenseeraum, kann sich Nebel bilden.

TEMPERATUR:
Hinter der KF fließt ein Schwall erwärmter maritimer Polarluft ein (mPs), in der
T850 aber nur kurzzeitig von Plusgraden um 6°C auf 0 bis -3°C zurückgeht. Ehe
wir uns versehen, setzt von Westen und Nordwesten bereits wieder Absinken ein,
so dass T850 zwischen Ruhrpott und Deutscher Bucht am Morgen schon wieder ein
positives Vorzeichen (bis zu +4°C) aufweist. Das ist insofern von Bedeutung, als
dass die tiefe Inversion der vergangenen Tage (bei rund 900 hPa verortet) gar
nicht so richtig getilgt respektive rasch wieder regeneriert wird.
In 2 m Höhe steht weiten Teilen des Landes eine frostfreie Nacht bevor. Einzig
im Süden und Südosten, wo die kalte Grundschicht nicht weggeräumt wird, geht’s
runter auf etwa 0 bis -4°C. Hinter der Front ist die Frostwahrscheinlichkeit
gering. Am ehesten gibt es zwischen Saarland/RP und Mittelhessen stellenweise
mal 1 oder 2°C unter null, vorausgesetzt, es klart für einige Zeit auf, was laut
Numerik der Fall sein soll.

WIND:
Mit Durchgang der KF und Winddrehung von SO auf SW geht der in Teilen
Ostsachsens tagsüber noch aktive Böhmische Wind heute Abend in die Knie. Dafür
frischt der von SW auf W bis NW drehende Wind zunächst an der Nord-, später auch
an der Ostsee zwar spürbar, aber nicht wirklich wild auf (Böen 7 Bft,
Nordfriesische Inseln + Halligen exponiert 8 Bft). Nach Mitternacht lässt der
Wind an und auf der Nordsee schon wieder nach.

Mittwoch … löst sich die Kaltfront über Süddeutschland in äußerst
frontolytischem Umfeld als bald auf. Der Randtrog verabschiedet sich gen Polen,
Tief LOKI – inzwischen zu einem hundsgewöhnlichen Bodentrog mutiert – befindet
sich zur Mittagszeit dicht an Sankt Petersburg. Keine guten Voraussetzungen, um
eine Front am Leben zu halten. Zumal von Westen her der o.e. flache Rücken (die
„Flitzpiepe“) übergreift, der den Luftdruck vorübergehend steigen lässt. Am Ende
kommt es zur Vereinigung der beiden Hochs ENNO und FRANK, die gemeinsam eine
monumentale, vom Azorenraum über weite Teile Südwest- und Mitteleuropas bis zum
Kaspischen Meer reichende Hochdruckzone bilden. Da nutzt es zunächst auch nicht
viel, dass sich über den nordwesteuropäischen Gewässern des Nordostatlantiks
eine sogenannte „rapide oder explosive Zyklogenese“ (etwas martialisch auch
Bombogenese genannt) abspielt, die nicht von schlechten Eltern ist. So
entwickelt sich binnen kurzer Zeit aus einer vergleichsweise unscheinbaren, zur
Frontalzone aber äußerst günstig positionierten Welle ein veritables Sturm-,
nein, man muss sagen Orkantief, das den Namen MARGRIT (int. Ingunn) trägt.
Werden heute Abend 18 UTC noch deutlich südwestlich von Island etwa 995 hPa im
Kern des sich formierenden Wellentiefs registriert, sind es 24 Stunden später,
wenn das Tief den Südrand der Norwegischen See westlich der Haltenbank erreicht
hat, rund 50!! (in Worten fünfzig) Hektopascal weniger. Kein Wunder, dass der
Norwegische Wetterdienst für Teile seines Landes (genau genommen für die
mittelnorwegische Atlantikküste) die höchste Sturm- bzw. Orkanwarnung ausgegeben
hat (Spitzen zwischen 140 und 180 km/h, Orkanstärke 12+), was nicht alltäglich
ist (die Nordländer sind ein bisschen mehr gewohnt als wir verweichlichte
Mitteleuropäer). Hinzu kommen teils horrende, durch Stau noch verstärkte
Niederschläge in Form von Schnee und Regen – das nennt man dann wohl Vollwetter!

Bevor wir hier aber noch weiter ins meteorologische Schwelgen abgleiten, zurück
in unsere Gefilde, wo der morgige Mittwoch im Gegensatz zu Nordeuropa zumindest
atmosphärisch einen Langweiler allererster Güte auf die Platte bringt. Das
Geschehen wird bestimmt durch Grenzschichtphänomene unterhalb der
Absinkinversion, die am Mittag zwischen 950 hPa im äußersten Norden und rund 800
hPa im Süden liegt. Darunter hält sich vielerorts tiefe Bewölkung oder zäher
Hochnebel, die sich regionsweise spät oder sogar überhaupt nicht auflösen und
hier und da sogar ein paar Spritzer Nieselregen absondern. Auf der anderen Seite
gibt es aber auch Gebiete, die sich Hoffnung auf längeren Sonnenschein oder
zumindest sonnige Abschnitte machen können. Dazu gehören das höhere
Alpenvorland, die Alpen selbst, der Nordosten (gebietsweise) sowie die Leelagen
einiger Mittelgebirge (Südwestanströmung).
Am Nachmittag und Abend macht sich im Nordwesten – quasi als erste Fernwirkung
des Orkantiefs – WLA in Form hoher, später auch mittelhoher Wolken bemerkbar.

Der überwiegend schwache, im Norden teils mäßig westliche Wind legt ab Mittag
auf und an der Nordsee wieder deutlich zu mit steifen, am Abend zunehmend auch
stürmischen Böen 7-8 Bft aus Südwest. Thermisch landen wir bei Tageshöchstwerten
zwischen rund 5°C in den Hochnebelgebieten Ostbayerns und bis zu 11°C im
Südwesten sowie im höheren Alpenvorland.

In der Nacht zum Donnerstag versucht die nächste Kaltfront, dem
Hochdruckeinfluss bei uns den Garaus zu machen. Sie greift als weit nach Süden
reichender Ausläufer des zu den Lofoten ziehenden Orkantiefs von der Nordsee auf
Nordwestdeutschland über, um sich von dort weiter in Richtung Mitte zu
orientieren. Unterstützung bekommt die KF von einem nachgeschalteten Höhentrog,
der deutlich solider aufgestellt ist als sein o.e. Vorgänger, der kommende Nacht
durchschwenkt. Kurzum, die Wetteraktivität dieser 2. KF ist um einiges höher als
beim ersten Exemplar. Noch vor Mitternacht setzt zwischen Emsland und
Ostholstein „richtiger“ Regen ein, der auf dem Weg zum Boden mit Sicherheit
überlebt und sich bis zum Morgen in die mittleren Landesteile, vielleicht sogar
bis in Teile Südwestdeutschlands vorarbeitet. Die Mengen, die dabei
zusammenkommen sollen, liegen meist unter der 5-l/m²-Schwelle, nur in einigen
Staulagen etwas darüber. Trocken und teils aufgelockert bleibt es von Südbaden
bis hinüber zum Bayerischen Wald, wobei sich an der einen oder anderen Stelle
(Donauniederung, Bodenseeregion) Nebel bilden kann.

Aus warntechnischer Perspektive ist vor allem der Wind weiterhin von Interesse,
der aus Südwesten kommend an der Nordsee noch weiter zulegt (Böen bis 9 Bft).
Außerdem breitet sich das Starkwindfeld bis zur Ostsee sowie in Teile des
norddeutschen Tieflands aus (meist Böen 7 Bft, Küstennähe häufiger 8 Bft).
Anspringen tut der Wind auch in den Hochlagen der meisten Mittelgebirge (am
wenigsten im Süden), wobei der Brocken mit Stärke 10 bis 11 Bft einmal mehr die
Polposition einnimmt. Nach Durchgang der KF und Drehung auf W bis NW schwächt
sich der Wind im Norden vorübergehend ab, bevor er am frühen Morgen über und an
der Deutschen Bucht wieder zulegt (7-8 Bft).

Leichten Frost gibt es am ehesten ganz im Süden, grob südlich der Donau, sofern
es noch mal für längere Zeit aufklart.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Donnerstag … liefert der neueste ICON-Lauf von 12 UTC keine anderen
Informationen als seine jüngsten Vorgängerversionen. Und da auch im
internationalen Modellvergleich die prognoserelevanten Toleranzschwellen nicht
überschritten werden, wird an dieser Stelle auf die Ausführungen der heutigen
Frühübersicht verwiesen.

Modellvergleich und -einschätzung

Das Ensemble diverser deterministischer Vorhersagemodelle zieht mit hoher
Kongruenz an einem Strang.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann