SXEU31 DWAV 291800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 29.01.2024 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Abnehmender Hochdruckeinfluss. Dienstag auf Mittwoch erste schwache
Frontpassage, aber noch im antizyklonalen Umfeld. Somit höchstens auf dem
Brocken, auf Helgoland und auf Sylt Böen Bft 8 bis 9.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland noch im Einflussbereich eines recht
kräftigen Höhenkeils, der sich vom westlichen Mittelmeerraum über den Süden und
Osten des Landes bis ins Baltikum erstreckt und ein kräftiges Bodenhoch (über
1040 hPa) über Ost- bzw. Südosteuropa stützt, von dem aus eine Hochdruckzone
westsüdwestwärts über den Alpenraum hinweg bis nach Südwesteuropa und von dort
aus zum Seegebiet westlich der Biskaya reicht.
Flankiert wird der Höhenkeil im Nordwesten von einer recht weit nördlich
verlaufenden Frontalzone, die sich vom mittleren Nordatlantik kommend in etwa
über Island und Skandinavien bis in den Nordwesten Russlands erstreckt. Daraus
resultiert hierzulande in 500 hPa eine recht schwache, zunächst noch
antizyklonal konturierte westsüdwestliche Höhenströmung über Westeuropa und über
dem Westen und Norden Deutschlands.
Darin eingebettet, verlagert sich ein Kurzwellentrog im Laufe der Nacht über die
Britischen Inseln hinweg Richtung Nordsee. Dieser interagiert mit einem
Bodentief („LOKI“), das sich aus einer Frontalwelle entwickelt hat und bis
Dienstagfrüh über Nordengland hinweg zur mittleren Nordsee verlagert. Dabei
(trogvorderseitige PVA dienst als Trigger für dynamische Hebung) kann es sich
noch etwas vertiefen auf einen Kerndruck von nahe 1015 hPa.
Mit Annäherung von Trog bzw. Frontalwelle/Tiefdruckgebiet geht auch über dem
Vorhersagegebiet Geopotenzialverlust einher und die Keilachse schwenkt
allmählich südostwärts Richtung östliches Mitteleuropa/Ostalpenraum. Das
Bodenhoch zieht sich ebenfalls etwas nach Südosten zurück, bleibt dennoch für
den Großteil des Landes wetterbestimmend.
Mit der schwachen Hebung beginnt die markante Absinkinversion an der
Nordwestflanke des Keiles über weiten Teilen des Vorhersagegebietes ein wenig zu
schwächeln. Die 850 hPa-Temperatur sinkt allgemein im Laufe der Nacht um 2 bis 3
K (auf etwa 8 bis 5 Grad) und die niedertroposphärische Strömung dreht mehr auf
Südsüdwest. Dennoch kann es durch die Orographie getriggert erneut zur
Ausbildung bzw. nächtlicher Verstärkung lokaler Low Level Jets in den
Mittelgebirgen kommen. Für warnrelevante Böen reichen diese aber in der Regel
nicht. Lediglich in Ostsachsen macht sich noch für längere Zeit der Böhmische
Wind mit Böen Bft 6 bis 7 aus Südost bemerkbar, getriggert auch durch die
Kaltluft im Böhmischen Becken, wo sich gebietsweise ganztägig Nebel und
Dauerfrost hielten.
Somit verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig. Verbreitet macht sich bereits
die mitteltroposphärische WLA in Form dünner hoher Wolkenfelder bemerkbar, die
sich im Westen und Norden, teilweise auch in den mittleren Landesteilen weiter
verdichten. In den äußersten Nordwesten und Norden sickert dagegen im Warmsektor
des Tiefs auch bodennah bereits deutlich feuchtere Luft, so dass die Nacht vom
nördlichen Niedersachsen über Schleswig-Holstein und eventuell noch dem
Hamburger Raum bis zur vorpommerschen Küste teilweise trüb durch Nebel/Hochnebel
verläuft.
Im Süden und Osten bleibt es dagegen überwiegend gering bewölkt, so dass es dort
in den Niederungen erneut in den Frostbereich abkühlt. Vor allem in Teilen
Bayerns kann es auch mäßigen Frost geben. Örtlich bildet sich Nebel, dann kann
Glätte durch gefrierendes Nebelnässen nicht ausgeschlossen werden. Im Westen und
Norden bleibt es dagegen mit Tiefstwerten zwischen 7 und 2 Grad frostfrei.

Dienstag … schwenkt der Kurzwellentrog über die Nordsee hinweg ostwärts und
erreicht abends das Skagerrak bzw. die Deutsche Bucht, so dass die südwestliche
Höhenströmung vor allem über dem Westen und Norden des Vorhersagegebietes
vorübergehend eine deutlich zyklonalere Kontur bekommt.
Dennoch hält sich der PVA-induzierte dynamische Hebungsantrieb dort in Grenzen
und wird durch Kaltluftadvektion zumindest teilkompensiert.
Das hat auch Einfluss auf die Entwicklung unseres Bodentiefs „LOKI“, das abends
in etwa über dem Skagerrak aufschlägt und sich dann bereits beginnt aufzufüllen.
Die Kaltfront greift nachmittags auf den Nordwesten Deutschlands über, gerät
dann aber unter Druckanstieg und verliert deutlich an Wetterwirksamkeit. Mehr
als dichte Wolkenfelder und gebietsweise etwas Regen bzw. Nieselregen sind aber
nicht zu erwarten, zumal einiges an Niederschlag erst einmal für die Anfeuchtung
der sehr trockenen mittleren Troposphäre (vor allem zwischen 800 und 600 hPa)
verlorengeht.
Der Kaltfront folgt ein Bodentrog, der abends die Deutsche Bucht erreicht. Dabei
kann sich der Gradient im Nordwesten vorübergehend verschärfen, zumal sich die
Hochdruckzone weiter südlich über Süddeutschland noch etwas verstärkt. Somit
frischt nachmittags und abends über der Deutschen Bucht und in einigen
Höhenlagen der Südwestwind mit Böen Bft 7, auf dem Brocken auch Bft 8 bis 9 auf.
Mit Passage des Bodentroges erreicht die Windentwicklung aber bereits am
späteren Abend über der Nordsee, in der Nacht dann entlang der vorpommerschen
Küste ihren Höhepunkt mit verbreitet auftretenden steifen Böen aus West bis
Nordwest, auf Helgoland und Sylt reicht es eventuell auch für stürmische Böen.
Ansonsten spielt der Wind aber warntechnisch wohl keine Rolle. Erneut beschert
der Böhmische Wind dem Osten Sachsens eventuell einzelne Böen Bft 6 bis 7 aus
Südost bis Süd.
Während es in der Nordwesthälfte überwiegend stark bewölkt bleibt, scheint im
Süden und Südosten erneut häufig die Sonne. In einigen Niederungen hält sich
allerdings noch längere Zeit Nebel bzw. Hochnebel. Niedertroposphärisch wird es
mit Frontpassage deutlich kälter (abends -2 bis -4 Grad im Nordwesten in 850
hPa), dennoch steht erneut ein milder bis sehr milder Tag ins Haus. In mittleren
Höhenlagen Süddeutschlands können die 15 Grad knapp erreicht werden, ansonsten
liegen die Höchstwerte meist zwischen 7 und 13 Grad, in einigen „Kältelöchern“
Süddeutschlands werden die 5 Grad dagegen kaum erreicht.

In der Nacht zum Mittwoch verlagert sich der Höhentrog weiter Richtung Baltikum,
wo er im Laufe des Mittwochs aufschlägt. Ihm folgt ein flacher Höhenrücken, der
morgens die Deutsche Bucht erreicht und durch die kräftige WLA vorderseitig
eines nach Island gerichteten markanten Trogvorstoßes gestützt wird.
Unser Bodentief „LOKI“ zieht weiter Richtung Finnischen Meerbusen, die Kaltfront
kommt nach Süddeutschland voran, gerät aber mehr und mehr unter Druckanstieg und
weist deutliche Auflösungstendenzen auf.
Der Kaltfront folgt der Bodentrog und nach dessen Durchschwenken lässt der Wind
an den Küsten sowie auf den Bergen rasch wieder nach (zuletzt in den Früh- und
Vormittagsstunden entlang der vorpommerschen Küste). Nach wie vor gibt es mit
Frontpassage kaum Niederschläge (mit Passage des Bodentroges kann es im Norden
eventuell kurze Schauer geben), dennoch können insbesondere über dem Südosten
des Landes hier und da ein paar Tropfen in die kalte Grundschicht fallen, so
dass Glätte nicht ausgeschlossen ist (SuperHD simuliert in einigen Läufen an der
unteren Donau sogar kleinräumig gefrierenden Regen).
Generell feuchtet die Grundschicht mit Frontpassage weiter an, so dass sich,
wenn die Wolken postfrontal im Norden bzw. in der Mitte auflockern, rasch dichte
Nebelfelder ausbreiten können. Im äußersten Süden und Südosten gibt es nochmals
leichten Frost, ansonsten bleibt es wohl weitgehend frostfrei.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Mittwoch … ergeben sich gegenüber den Aussagen aus der Frühübersicht kaum
Änderungen. Der flache Höhenrücken schwenkt über das Vorhersagegebiet hinweg
südostwärts und stützt zunächst noch die inzwischen langgestreckte, vom
Seegebiet westlich der Biskaya über Süddeutschland bis weit nach Südosteuropa
reichende Hochdruckzone, die sich über dem Süden des Landes am Vormittag sogar
noch etwas verstärken kann.
Dann aber gilt es, den Fokus Richtung Nordmeer zu reichten. Dort findet ein
markanter Trogvorstoß statt, der mit einer bemerkenswerten Zyklogenese im
Bodenfeld einhergeht. Das zugehörige Bodentief erreicht abends bzw. in der
ersten Nachthälfte zum Donnerstag mit einem Kerndruck von etwa 940 hPa (nach
Lesart einiger Modelle auch darunter) westlich der Haltenbank den Höhepunkt
seiner Entwicklung.
Bevor die okkludierende Kaltfront des Tiefs in der Nacht zum Donnerstag von
Nordwesten her auf Norddeutschland übergreift, dominiert tagsüber zunächst noch
der Hochdruckeinfluss. Mit der sich über Süddeutschland auflösenden Kaltfront
von „LOKI“ wurde die Grundschicht allerdings deutlich angefeuchtet, so dass sich
vielerorts noch längere Zeit dichte Bewölkung bzw. Nebel- und Hochnebelfelder
halten. Lediglich in höheren Lagen Süddeutschlands und im Alpenvorland scheint
für längere Zeit die Sonne, ansonsten lockern die Wolken nur zögernd auf.
Im Norden und Nordwesten ziehen im Tagesverlauf aber bereits dichteres frontales
Gewölk auf, aber erst im Laufe der Nacht kommt mit Frontpassage Regen auf, der
allerdings rasch nach Süden vorankommt und morgens in etwa Mosel und Main
erfasst.
Präfrontal frischt der Wind im Tagesverlauf im Norden auf, mit Frontpassage kann
es dann abends und in der Nacht zum Donnerstag an den Küsten steife,
vorübergehend stürmische Böen, an exponierten Abschnitten kurzzeitig eventuell
auch Sturmböen aus westlichen Richtungen geben. In den Kamm- und Gipfellagen der
Mittelgebirge gibt es ab den Abendstunden vermehrt Sturmböen, auf dem Brocken
nachts auch schwere Sturmböen.
Die Höchsttemperaturen erreichen am Mittwoch – je nach Sonne – Werte zwischen 5
und 10 Grad, in mittleren Höhenlagen Süddeutschlands bis zu 12 Grad, die Nacht
zum Donnerstag verläuft meist frostfrei, lediglich in einigen
Mittelgebirgstälern Süddeutschlands und an den Alpen gibt es leichten Frost.

Modellvergleich und -einschätzung

Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine warn- und
prognoserelevanten Modellunterschiede ausmachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff