#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Samstag, den 18.11.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 18.11.2023 um 10.30 UTC
Unbeständig mit Kaltlufteinbruch zum Mittwoch.
Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 25.11.2023
Zum Beginn des Mittelfristzeitraums hat sich die Zirkulation umgestellt. Die
über Wochen vorherrschende Westwetterlage wurde durch ein kräftiges Atlantikhoch
beendet. Es schiebt am Dienstag einen flachen Keil nach Skandinavien. An seiner
Südsostfalne liegt ein Langwellentrog über Mitteleuropa, dessen Achse sich vom
Baltikum bis ins östliche Mittelmeer erstreckt. Über Norditalien liegt das
zugehörige Bodentief. Als Folge dreht die Strömung bei uns auf Nord bis Nordost,
wodurch von Nordosten her kontinentale Arktikluft advehiert wird. Zu dieser
Jahreszeit ist diese Luftmasse noch nicht so extrem kalt, dennoch sinkt die 850
hPa-Temperatur im Osten Deutschlands bis Mittwoch früh auf -9 °C. Im Trogbereich
gibt es leichte Niederschläge, die bis in mittlere Lagen in Schnee übergehen,
von Nordosten her dann mit Eintreffen der trockeneren Kaltluft aber allmählich
aufhören. Der Hochdruckkeil wird von einem Nachfolgenden kräftigen Tief über dem
Nordmeer in der Nacht zum Mittwoch nach Süden gedrückt, sodass seine Achse am
Donnerstagfrüh über Deutschland liegt. Von Norden her lockert somit die
Bewölkung auf, die Niederschläge ziehen sich an die Alpen zurück und fallen dort
als Schnee. Abgesehen vom Nordwesten gibt es überall zum Teil mäßigen Frost.
Am Mittwoch kommt es unter dem Hochkeil verbreitet zu Absinken. Der vorher
angesprochene Langwellentrog erfährt einen Cut-Off ins Tyrrhenische Meer. Im
Norden stellt sich zwischen dem Atlantikhoch, dessen Schwerpunkt südwestlich von
Irland liegt und dem Nordmeertief eine zunehmend straffe westliche Strömung ein,
wodurch vergleichsweise Warme Atlantik Luft die arktische Luft verdrängt. Dort
dominiert dichter werdende Aufgelitbewölkung, die mit der Warmfront am Abend
Regen bringt. Ansonsten ist es je nach Auflösung von Stratocumulusfeldern mehr
oder weniger sonnig bei recht kühlen Temperaturen. Im höheren Bergland herrscht
Dauerfrost.
Bis zum Donnerstag hat die Warmfront Deutschland überquert. An der Nordostflanke
des Hochs fließt vergleichsweise warme und feuchte Atlantikluft ein. Die
850-hPa-Temperatur erreicht 4 °C im Norden und -1 °C am Alpenrand. Während der
Süden noch vom Höhenkeil profitiert, zieht über den Norden dichte Bewölkung, die
ab und zu etwas Regen bringt. Der starke Gradient sorgt dort für stürmische
Böen, voraussichtlich auch im Binnenland.
Am Freitag ändert sich an der Gesamtsituation wenig. Das Tief zieht über
Skandinavien Ostwärts und bildet einen mächtigen Tiefdruckkomplex über
Nordosteuropa. Dem gegenüber steht das Atlantikhoch. Zwischen den beiden
Druckgebilden fließt in der Südwesthälfte bodennah relativ warme Atlantikluft
ein (850-hPa-Temperatur ~ 4°C). Gleichzeitig wird auf der Rückseite des Tiefs
polare Luft angezapft (850 hPa-Temperatur -5 °C). über dem Nordosten verstärkt
sich somit eine schleifende Luftmassengrenze über dem Nordosten.
Zum Wochenende zieht dann ein weiteres Tief über Skandinavien zum Baltikum und
entwickelt sich stromabwärts. Damit einhergehend zieht ein flacher Trog über
Mitteleuropa. Rückseitig des Tiefs fließt maritime Polarluft ein, die vom
Atlantik allerdings schon stärker erwärmt wurde. Die 850-hPa-Temperatur sinkt am
Sonntag im Osten auf unter -5 °C, im Westen auf 3 °C. Ein eingelagerter
Kurzwellentrog mit hochreichend kalter Luft lässt die 500 hPa-Temperaturen im
Osten auf unter -35 °C fallen. Demnach müsste uns kühles Schauerwetter erwarten,
mit Winter in den östlichen Mittelgebirgen.
Im weiteren Verlauf Trogt es dann über Osteuropa aus und ein Höhenkeil schiebt
sich nachfolgen über Westeuropa bis Skandinavien. Deutschland gelangt unter das
korrespondierende Bodenhoch.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Bis Freitag gibt es im neuen IFS-Lauf keine wesentlichen Unterschiede zu den
Vorläufen. Der heutige 00z-Lauf ist am Freitag etwas kühler. Auch die Rückseite
am Wochenende wurde in allen Vorläufen angedeutet. Wie diese aussehen wird und
wie weit die Kaltluft zu uns vordringt, wird von Lauf-zu Lauf noch etwas
unterschiedlich gesehen. Der gestrige 12z-Lauf zeigt zu Beginn der übernächsten
Woche dann eine Nordwestlage.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
GFS ist bis Freitag im Wesentlichen gleich. Sieht dann aber zum Wochenende auch
im neuen 6z-Lauf bei uns eine massive Rückseite mit dem einfließen arktischer
Luftmassen und Schneeschauer bis in tiefe Lagen.
Auch ICON deutet auf eine stärkere Austrogung am nächsten Wochenende hin.
GraphCast ML lässt als KI-Verfahren den Trog am Wochenende nur schwach
entwickeln und rasch nach Osten abziehen. Bei gleichzeitiger Abschwächung des
Atlantikhochs würde sich für uns eine West- bis Nordwestlage einstellen, in der
subpolare Meeresluft die 850-hPa-Temperatur auf Werte knapp unter 0 °C fallen
lässt.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Bis einschließlich Donnerstag sind die IFS-Ensembles ziemlich stark gebündelt
und geben die Lösung des Hauptlaufes wieder. Erst ab Freitag nimmt die Streuung
erheblich zu. Am Freitag reicht die Spanne von -5 °C bis +10 °C auf 850-hPa. Der
Trogdurchgang am Wochenende wird von allen Ensembles mehr oder weniger stark
gezeigt. Bezüglich der Temperatur ergibt sich am Norden dann eine Bifurkation
zwischen kalten Läufen um -5 °C auf 850 hPa und warmen Läufen um 2 °C auf 850
hPa. Je weiter südlich, desto mehr sind die kalten Läufe in der Minderheit.
Die Clusteranalysen zeigen, dass GraphCast zum Wochenende auch von etwa der
Hälfte der Ensembles unterstützt wird. Nachfolgend zeigen aber fast alle Cluster
einen atlantischen Rücken und eine merklich gestörte Zirkulation.
Die GFS-Ensembles hingegen favorisieren mit einer überwältigenden Mehrheit zum
nächsten Wochenende die kalte Variante.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass der Ablauf bis Donnerstag relativ sicher
ist. Kaltlufteinbruch zu Mitte der Woche, dabei vorübergehend antizyklonal,
danach von Westen her Erwärmung und unbeständiger. Zum Wochenende wird es
unsicher. Relativ eindeutig ist die zyklonale Prägung. Dabei besteht Tendenz für
eine erneute zumindest leichte Abkühlung. Die Option auf einen Berglandwinter
und vielleicht auch erste Schneeflocken in tiefen Lagen bleibt erhalten, auch
wenn es derzeit nicht nach der wahrscheinlichsten Lösung aussieht.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Donnerstag nimmt der Gradient im Norden zu, sodass stürmische Böen auch im
Binnenland wahrscheinlich sind.
Sollte sich die Lösung mit der Luftmassengrenze aus dem IFS-Hauptlauf am Freitag
durchsetzen, wäre im Osten in einigen Gebieten Dauerregen möglich. EFI zeigt
diesbezüglich keine Signale (etwas erhöhte SOT). Die Signale sind derzeit zu
schwach, um sie in der Wochenvorhersage Wettergefahren aufzunehmen.
Bei der GFS Variante wäre in den Mittelgebirgen markanter Schneefall am nächsten
Wochenende zu erwarte. Dies ist zwar möglich, derzeit aber wenig wahrscheinlich.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS/ICON/MOSMIX, ab Freitag IFS-ENS-Mittel
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Christian Herold