SXEU31 DWAV 161800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 16.11.2023 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Kommende Nacht im Süden Dauerregen (Schwarzwald Unwetter) und Sturm (Gipfellagen
Unwetter).
Freitag rasche Wetterberuhigung, an den Alpen bis in die Nacht zum Samstag
oberhalb von etwa 800 bis 1000 m aber noch teils markante Neuschneemengen.
Am Samstag und in der Nacht zum Sonntag von Westen erneut Regen (Schwarzwald,
Alpen eventuell Dauerregen) und windig (Berge: Sturm- bzw. schwere Sturmböen).

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland noch am Nordrand der recht weit südlich
verlaufenden Frontalzone unterhalb einer westnordwestlichen Höhenströmung.
Allerdings deutet sich mit einem markanten Trogvorstoß Richtung Ostatlantik im
Rahmen eines Downstream Developments eine Austrogung Richtung zentralen
Mittelmeerraum an. Der sich westlich der Britischen Inseln durch die
trogvorderseitige WLA aufwölbende kräftige Höhenrücken hat auch hierzulande
bereits in der kommenden Nacht ein beginnendes Aufsteilen der Höhenströmung zur
Folge.
Vorher schwenkt allerdings an der Südwestflanke eines Höhentiefdipols mit
quasistationären Drehzentren über Südwestnorwegen bzw. über der südlichen Ostsee
ein markanter, inzwischen aber vorübergehend in mehrere Anteile gesplitteter
Kurzwellentrog über Südwest- und Süddeutschland hinweg südostwärts und erreicht
morgens bereits Tschechien bzw. Österreich. Dieser kann sich zwar im Laufe der
Nacht wieder besser organisieren, verliert dabei aber auch gleichzeitig an
Kontur.
Kräftige PVA auf der Vorderseite des Troges induzierte unterhalb des linken
Ausgangsbereiches eines Jetstreams bereits in der vergangenen Nacht etwa südlich
von Irland eine markante Zyklogenese und aus einer Frontalwelle entwickelte sich
ein kleinräumiges Sturmtief („LINUS“ bzw. international „FREDERICO“), das heute
Früh unmittelbar vor der Bretonischen Küste mit einem Kerndruck von knapp unter
1000 hPa den Höhepunkt seiner Entwicklung erreichte und inzwischen über den
Großraum Paris Richtung Vogesen gezogen ist. Mit Landgang und sich
abschwächender PVA hat es sich bereits auf etwa 1004 hPa-Kerndruck aufgefüllt,
allerdings wird die PVA-induzierte Hebung zunehmend durch WLA gestützt bzw.
verstärkt. In diese Hebungsprozesse involviert ist eine sehr feuchte und milde
Luftmasse mit PPWs knapp über 20 mm und somit gibt es vor allem entlang der
Zugbahn des Tiefs bzw. vorderseitig teils länger anhaltende und ergiebige
Regenfälle. Diese haben inzwischen auch weite Teile Süddeutschlands erfasst.
Im Laufe der Nacht zieht das Tief rasch über den Schwarzwald, die Schwäbische
Alb und das Alpenvorland ostsüdostwärts und erreicht bereits gegen 3 UTC mit
einem Kerndruck von etwa 1005 hPa den Norden Österreichs, wobei es deutlich an
Kontur verliert. Vor allem in der ersten Nachthälfte gibt es somit vom
Schwarzwald bis ins Alpenvorland teils ergiebige Regenfälle, die nach Abzug des
Tiefs mit Winddrehung auf Nordwest in der zweiten nachthälfte und morgens gegen
die Alpen gedrückt werden und dann allmählich an Intensität verlieren. Bis
Freitagvormittag bzw. -mittag werden – aufsummiert von heute Mittag an – vom
Saarland bis zur Oberpfalz und weiter südlich 15 bis 40 l/qm in etwa 12 bis 20
Stunden simuliert, in den Staulagen des Schwarzwaldes und des Oberallgäus über
50 l/qm (Unwetter) im Schwarzwald lokal eng begrenzt sogar um die 80 l/qm.
Entsprechend laufen für einige Regionen Südwest- und Süddeutschlands markante
Warnungen vor Dauerregen, für den südlichen und mittleren Teil des Schwarzwaldes
eine Unwetterwarnung.
Für das westliche Oberallgäu werden zwar ähnlich hohe Mengen simuliert, das Gros
fällt allerdings erst nach Passage des Tiefs mit Winddrehung auf Westnordwest,
wenn bereits kühlere Luft einsickert und die 850 hPa-Temperatur rasch auf etwa
-2 bis -3 Grad sinkt. Entsprechend sinkt dann auch die Schneefallgrenze auf etwa
800 m, was natürlich im Laufe der zweiten Nachthälfte für alle süddeutschen
Mittelgebirge und den Alpenraum gilt. Während die Schneefälle in den
Mittelgebirgen nach Abzug des Tiefs morgens rasch an Intensität verlieren und
somit bis zum Vormittag meist nur 1 bis 5 cm, in Staulagen bis 10 cm Neuschnee
fallen, stellt sich an den Alpen eine Staulage ein, die noch bis in die Nacht
zum Samstag bzw. Samstagfrüh andauert.
Vorübergehend kann es allerdings auch in den Mittelgebirgen – mit Durchzug des
Bodentroges an der Westflanke des Tiefs und dem damit stürmisch auffrischenden
Nordwestwind – zu kräftigen Schneefällen kommen, die in Verbindung mit dem Sturm
kurzzeitig zu blizzardähnlichen Bedingungen führen.
Neben den Niederschlägen steht im Süden, an der Süd- und Westflanke des Tiefs,
auch der Sturm im Fokus. Das Tief wird begleitet von einem markanten
Low-Level-Jet mit Geschwindigkeiten von über 60 kn in 850 hPa, kleinräumig auch
an die 70 kn an dessen Südflanke. Diese können vor allem mit Durchschwenken des
Bodentroges an der Südwestflanke mit zunehmender niedertroposphärischer
Labilität auch teilweise bis in die Niederungen heruntergemischt werden. Die
Folge ist ein stürmischer Südwestwind, der mit Winddrehung auf West bis Nordwest
seine maximale Geschwindigkeit erreicht mit Böen Bft 8 bis 9, in freien Lagen,
z.B. im höheren Alpenvorland auch mit Böen Bft 10 (vereinzelte Böen Bft 11 nicht
ganz ausgeschlossen). Betroffen sind die Regionen vom südlichen Oberrheingraben
über Südbaden und Oberschwaben bis ins südliche Alpenvorland.
In den Hochlagen der Alpen und des Schwarzwaldes gibt es schwere Sturm- bis
Orkanböen.
Im Rest des Landes gestaltet sich die Wetterentwicklung im Laufe der Nacht
dagegen recht übersichtlich. Der Nordosten befindet sich nach wie vor im
Einflussbereich des mit dem oben erwähnten östlichen Höhentiefdipols
korrespondierenden Tiefs „KNUD“ das sich aktuell über Rügen befindet und im
Laufe der Nacht kaum nach Südosten vorankommt, sich aber etwas auffüllt. An
dessen West- und Südwestflanke sorgt der veritable Gradient anfangs noch für
steife Böen aus Nordwest im Ostseeumfeld, im Laufe der Nacht flaut der Wind dort
aber weiter ab. Zudem gibt es im Bereich der höhenkalten, leidlich labil
geschichteten Luftmasse einzelne, allerdings meist nur unergiebige Schauer. An
der Ostsee fallen wenige l/qm bis zum Vormittag, sonst allgemein weniger,
mancherorts bleibt es dort auch trocken.
Die ehemalige, sich inzwischen aufgelöste Kaltfront des Tiefs führt noch zu
dichten Wolkenfeldern und etwas Regen, ab etwa 400 bis 600 m zu wenigen
Schneeflocken vom Erzgebirge bis zum Sauerland bzw. Bergischen Land.
Von Niedersachsen über Teile von Sachsen-Anhalt bis nach Brandenburg und ins
nördliche Sachsen ist es dagegen aufgelockert bis gering bewölkt, stellenweise
kann sich Nebel bilden. Gebietsweise gibt es dort leichten Frost, sonst wohl nur
in höheren Lagen.

Freitag … gewinnt der Kurzwellentrog an Wellenlänge und zieht Richtung
Südosteuropa. Der Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik greift auf die
Britischen Inseln über, was zu einem deutlichen Aufsteilen der Höhenströmung
hierzulande führt. Der Höhentiefdipol nordöstlich des Vorhersagegebietes bleibt
nahezu quasistationär, wobei sich das Drehzentrum über Südwestnorwegen auffüllt.

Mit der sich aufsteilenden nordwestlichen Höhenströmung stellt sich an den Alpen
eine Staulage ein, die auch in der Nacht zum Samstag noch andauert. Auch in 700
hPa dreht die Höhenströmung nun mehr auf Nordwest und darin eingebettet,
schwenkt ein kurzwelliger Troganteil im Tagesverlauf von Benelux her über West-
und Südwestdeutschland zu den Alpen.
Gekoppelt an diesen Troganteil ist ein flacher Bodentrog, der nachmittags auf
Westdeutschland übergreift und einen sich von Frankreich her nach Südwest- und
Süddeutschland ausweitenden Hochkeil überläuft.
Somit bleibt es an den Alpen bis ins südliche Alpenvorland hinein ganztägig
bedeckt mit Niederschlägen meist leichter Intensität (1 bis 5 l/qm). Je näher
man den Alpen kommt, desto ergiebiger fallen diese Niederschläge aus, in den
Staulagen der Alpen werden bis zum Abend recht verbreitet 10 bis 15 l/qm
simuliert, in exponierten Staulagen auch mehr. Bei -2 bis -3 Grad in 850 hPa
schneit es je nach Intensität wohl bis in viele Täler, nennenswerte bzw.
markante Neuschneemengen von 10 bis 20 cm sind in den Staulagen oberhalb von
etwa 800 bis 1000 m zu erwarten. Der Wind weht rückseitig des abziehenden Tiefs
„LINUS“ am Vormittag im südöstlichen Bayern noch lebhaft aus Nordwest mit
Sturmböen auf den Alpengipfeln, schwächt sich dann aber auch dort ab, so dass es
tagsüber lediglich auf den höchsten Alpengipfeln noch stürmische Böen aus
Nordwest bis Nord gibt.
Etwas Regen fällt auch vorderseitig bzw. mit Durchzug des Kurzwellentroges im
Westen und Südwesten, wobei die Luftmasse dort vorübergehend labilisiert mit
unter -30 Grad in 500 hPa und somit eher Schauer fallen (Gewitter sind zwar
nicht komplett ausgeschlossen, aber mangels Cape wohl eher unwahrscheinlich). Im
Schwarzwald stauen sich die Niederschläge, so dass dort gebietsweise mehr als 10
l/qm bis zum Abend zusammenkommen – oberhalb von etwa 800 m als Schnee. Sonst
sind es meist weniger als 5 l/qm.
Das Tief „KNUD“ im Nordosten verlagert sich kaum südostwärts und befindet sich
abends in etwa über Südostpolen. Es füllt sich noch etwas auf, dennoch frischt
der Wind an dessen Westflanke im Osten und Nordosten des Landes tagesgangbedingt
ein wenig aus West bis Nordwest auf. Im Harz- und Erzgebirgsvorland gibt es
starke Böen (Bft 6), für steife Böen (Bft 7) reicht es aber wohl lediglich in
einigen Kammlagen.
Dazu gibt es dort vereinzelte unergiebige Schauer, in den Hochlagen ein paar
Schneeflocken.
Etwa vom Nordwesten über die mittleren Landesteile bis ins Vogtland bleibt es
dagegen trocken und zeitweise kommt die Sonne durch. Im Einflussbereich der
eingeflossenen maritimen Polarluft (850 hPa-Temperatur -2 Grad im Südwesten bis
-5 Grad im Nordosten) liegen die Höchstwerte meist zwischen 4 und 9 Grad, in den
Alpentälern und im Bergland nur knapp über 0 Grad.

In der Nacht zum Samstag greift der Höhenrücken auf die Nordsee über und WLA,
die diesen mitteltroposphärisch überläuft, sorgt auch über dem Vorhersagegebiet
für eine deutliche Stabilisierung.
Im Bodenfeld führt das Absinken zu deutlichem Druckanstieg, das Tief „KNUD“ über
Nordwestpolen füllt sich vollends auf und von Ostfrankreich her schiebt sich ein
Hochdruckgebiet mit über 1025 hPa nach Süddeutschland.
Dennoch dauert die Staulagen an den Alpen noch an, wenngleich, die Niederschläge
allmählich an Intensität verlieren. Bis Samstagfrüh fallen in einigen Staulagen
noch um oder knapp über 10 l/qm, meist schneit es dabei bis in die Täler, in
höheren Lagen gibt es nochmals um 10 cm, gebietsweise mehr, Neuschnee.
Die Niederschläge im Westen und Südwesten kommen noch etwas nach Osten voran,
verlieren aber ebenfalls an Intensität, so dass auch in den mittleren
Landesteilen lediglich in einigen Nordweststaulagen 1 bis 2 l/qm zusammenkommen,
ansonsten aber keine nennenswerten Mengen mehr, oft bleibt es auch trocken. An
der Ostseeküste Vorpommerns kann es ebenfalls noch einzelne unergiebige Schauer
geben.
Ansonsten lockern die Wolken aber gebietsweise auch mal stärker auf, vor allem
vom Norden bis in die mittleren Landesteile, dort kann sich vielerorts Nebel
bilden. Im Westen und Südwesten macht sich derweil wieder vermehrt WLA-Gewölk
breit. Bei aufgelockerter bis geringer Bewölkung sowie im Bergland ist
verbreitet mit leichtem Frost zu rechnen, örtlich auch mit Glätte, am ehesten im
Bergland.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Samstag … gelten im Wesentlichen die Ausführungen der Frühkonferenz. Der
Langwellentrog über dem mittleren Nordatlantik nähert sich den Britischen Inseln
an, das korrespondierende zentralsteuernde Tief „MARCO“ erreicht abends mit
einem Kerndruck nahe 980 hPa das Seegebiet nordwestlich von Irland.
Vorderseitig greift der Höhenrücken auf das Vorhersagegebiet über, wird aber von
kräftiger WLA überlaufen. Damit setzt von Westen her wieder kräftiger Druckfall
ein, der Wind dreht auf Süd bis Südost und frischt bis zum Abend zumindest in
den westlichen Mittelgebirgen und über der offenen Nordsee mit Böen Bft 7 bis 8
auf.
Die Warmfront erreicht bei fortschreitendem Okklusionsprozess nachmittags oder
abends den Westen des Landes, im Vorfeld setzt bereits am späten Vormittag Regen
ein, der abends die gesamte Westhälfte erfasst hat. Anfangs fällt in höheren
Lagen eventuell noch etwas Schnee, die 850 hPa-Temperatur steigt bis zum Abend
aber auf Werte um +7 Grad im Westen, während sie an der oder noch um -4 Grad
schwankt.
Nach Osten zu und im Südosten bleibt es noch längere Zeit aufgelockert bewölkt
und weitgehend trocken.
An den Höchstwerten ändert sich nur wenig, im Westen können die 10 Grad
allerdings wohl wieder erreicht oder knapp überschritten werden.
In der Nacht zum Samstag überquert der Höhentrog bereits die Britischen Inseln,
ein kurzwelliger Anteil erreicht morgens Nordwestdeutschland. Das okkludierende
Frontensystem des nach Nordschottland ziehenden Tiefs erreicht morgens die
Osthälfte, die Kaltfront gerät aber über Süddeutschland ins Schleifen, so dass
es dort erneut länger anhaltend regnet, vor allem im Schwarzwald und an den
Alpen durchaus mit warnrelevanten Mengen.
Postfrontal gibt es im Westen und Nordwesten bis in die Mitte Schauer,
vereinzelt auch kurze Gewitter.
Der Wind dreht mit Frontpassage von Südost auf Südwest bis West mit Sturm- bis
schweren Sturmböen (Brocken: Orkanböen) auf exponierten Gipfel, stürmischen Böen
an den Küsten und steifen Böen gebietsweise in den Niederungen. Die Nacht bleibt
frostfrei.

Modellvergleich und -einschätzung

Die Modelle fahren alle einen mehr oder weniger einheitlichen Kurs, auch für die
kommende Nacht gibt es lediglich im Detail Differenzen bzgl. der simulierten
RR-Mengen und Windgeschwindigkeiten, die aber eher der Modellorographie und
-physik geschuldet sind.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff