S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 15.11.2023 um 10.30 UTC

Zyklonaler Einschlag „Open End“ mit nur kurzen Regenpausen

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 22.11.2023

Am kommenden Samstag, den 18. November, beruhigt sich das Wetter vorübergehend
mal und man kann durchschnaufen. So formiert sich am Boden eine flache
Hochdruckbrücke zwischen dem abgezogenen Tief über Südosteuropa und einem neuen
atlantischen Tief mit Frontensystem über den Britischen Inseln. Der schmale
Korridor zwischen den Hochzentren über dem Baltikum und d östlich anschließend
sowie über der Iberischen Halbinsel schließt sich allerdings rasch wieder, da
von Westen bereits mit Annäherung der Warmfront Druckfall einsetzt. Nach
vielfach frostiger Nacht in der eingeflossenen kühlen Meeresluft mit T850 bis
-5°C hält sich an der Ostflanke des Hochs in der nordwestlichen Strömung vor
allem im Osten Deutschlands noch zähe Restbewölkung, aus der aber kaum noch
Regen fällt. Im Erzgebirge kann es oberhalb 400 bis 500 Meter ein paar
Schneeflocken geben. Sonst lockert es zeitweise auf und die Strömung dreht rück
auf Süd. Im Laufe des Nachmittags werden die Wolken im Westen wieder dichter und
zum Abend setzt Regen ein. In der Nacht zum Sonntag breitet sich der Regen rasch
bis zur Elbe aus und über der freien Nordsee und im höheren Bergland treten
Sturmböen aus südlichen Richtungen auf.

Am Sonntag ist der Höhenrücken unter Abflachung bereits ostwärts abgedrängt und
die Strömung zonalisiert über West- und Mitteleuropa wieder. Flankiert wird sie
von den Cut-Off-Tiefs über der Türkei respektive Schwarzem Meer sowie bei den
Azoren. Damit übernimmt ein weiteres Sturmtief bei uns die Regie, dessen Kern im
Tagesverlauf die Hebriden erreicht. Sein über Deutschland zunehmend
okkludierendes Frontensystem überquert den Norden recht flott ostwärts, gelangt
aber im Süden ins Schleifen und wird schließlich bei Kap Finisterre rückläufig
in die Warmfront des Tiefs bei den Azoren. Mit der westlichen Strömung gelangt
wieder ein Schwall milderer Atlantikluft zu uns mit Anstieg der T850 auf +2 bis
+6°C. Während die erste Tageshälfte also vielerorts verregnet ist, gehen die
Niederschläge später von Westen zunehmend in Schauer über mit kurzzeitigen
Auflockerungen zwischendurch. Je nach Timing könnte es anfangs im Nordosten
sogar für Schneeregen reichen. Gerade ICON beharrt noch recht lange auf dem
präfrontalen Ostwind. Der Wind frischt im Tagesverlauf ebenfalls wieder böig
auf, für mehr als Bft 7 bis 8 in exponierten Lagen (Inseln, Bergland, Leelagen)
reicht es aber voraussichtlich nicht. Nach oft einstelligen Höchstwerten am
Vortag von 4 bis 9°C steigen nun die Temperaturen zumindest in der Westhälfte
wieder auf 10 bis 15°C an.

Am Montag macht sich im Zuge kräftiger WLA Richtung Grönland ein markanter
Potentialanstieg westlich von Island bemerkbar. Via Downstream Development
schwenkt ein Kurzwellentrog über Irland südwärts, womit sich der Langwellentrog
über uns ebenfalls kräftigt und weiter südwärts ausgebeult wird. Die Lage des
Zentraltiefs über Jütland wird damit manifestiert und von Westen schwenken immer
wieder Störungen über uns hinweg. Im Trogbereich und unter fortlaufender Hebung
kann sich die Luftmasse allmählich etwas abkühlen. Bei T850 um 0°C geht die
Schneefallgrenze von tags zuvor teils bis an die 2000 Meter im Süden wieder auf
rund 1000 Meter runter. Davon abgesehen ändert sich am windigen und häufig
nassen Wetter wenig. Die genauen Niederschlagsschwerpunkte sind derzeit aber
noch unsicher.

Am Dienstag rückt der Atlantikkeil zur Norwegischen See vor (positive
Achsenneigung). Unterdessen schwenkt der stattliche Randtrog unter
Amplifizierung von Irland nach Nordspanien, wo er mit knapp -30°C in 500 hPa
aufschlägt. Ein angesichts Mitte November so weit südlich doch recht
beachtlicher Wert. Es gehört nun nicht viel Fantasie dazu, um sich auszumalen,
dass dies eine kräftige Zyklogenese im westlichen Mittelmeerraum nach sich
zieht. Während in den Pyrenäen und Hochlagen Spaniens Schnee fällt, muss man von
den Balearen bis zur Adria in der Folge gebietsweise mit gewittrigen
Starkregenfällen und Überschwemmungen rechnen.
Hierzulande rückt das Zentraltief zur südlichen Ostsee weiter. In der
schrittwese auf Nordwest bis Nord drehenden Strömung auf der Rückseite fließt
zögernd kühlere, aber immer noch sehr feuchte Luft ein. Die schauerartigen
Niederschläge lassen aber insgesamt langsam nach. Die Schneefallgrenze sinkt bis
in die Kammlagen der Mittelgebirge ab. In tiefen Lagen werden noch 6 bis 12°C
Maximum erreicht.

Am Mittwoch wird der Mittelmeertrog durch den südwärts schwenkenden Atlantikkeil
abgeschnürt und tropft Richtung Nordalgerien ab. Wir gelangen auf die
Keilvorderseite allmählich unter Absinken und der Bodendruck steigt. Damit
nehmen Auflockerungen zögernd zu und leichte Niederschläge sind allenfalls noch
an den Nordrändern der Mittelgebirge sowie der Alpen zu erwarten. Wie stark die
Luftmasse abtrocknet und wie schnell das nächste Frontensystem über Nordsee
parat steht sind die Unsicherheiten beim Übergang in die erweiterte Mittelfrist.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis einschließlich Montag ist die Konsistenz vom IFS als gut zu bewerten. Danach
tun sich doch größere Unsicherheiten auf, inwiefern sich das Tief über Jütland
ostwärts, südwärts oder evtl. sogar an Ort und Stelle langsam auffüllt. Das hat
insbesondere Auswirkungen auf die Temperatur, die bei einer nördlichen
Tiefposition kaum bis gar nicht zurückgehen würde. Dass sich die Niederschläge
zur Wochenmitte insgesamt abschwächen, bleibt aber unstrittig, da nennenswerte
Hebungsantriebe zunehmend fehlen. Bei rascher Südverlagerung würde schneller
trocken-kalte Luft aus Skandinavien einsickern und es würden teils sogar mäßige
Nachtfröste drohen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Ebenfalls bis Montag sind sich auch die modellübergreifenden Szenarien recht
ähnlich. Die Troglage mit Potentialanstieg von Nordwesten findet auch danach
einhellige Zustimmung, der Übergang gestaltet sich aber wie bereits im oberen
Abschnitt erwähnt, schwierig. Eine Mehrheit findet sich für das allmählich
südwärts Rutschen des Tiefs mit Abtrocknung von Norden, aber ohne Anzapfen
kalter Skandinavienluft.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die Rauchfahnen gestalten sich gut gebündelt. Somit ist sowohl die kurze
Milderung zum Sonntag mit neuerlicher atlantischer Meeresluft als auch die
langsame Abkühlung zu Beginn der kommenden Woche nahezu gesichert. Werte unter
-5°C in 850 hPa im Norden Deutschlands sind dabei nicht ausgeschlossen, aber
unwahrscheinlich (eher um die -3°C). Bei entsprechend Auflockerungen in den
Nachtstunden ist Frost aber sehr wahrscheinlich, wenn auch „nur“ leichter.

Das ganze entpuppt sich aber rasch als nur kurzes Intermezzo, da die Zeichen in
der zweiten Wochenhälfte zum Monatsende hin wieder klar auf neuerlicher
Milderung und neuen Regenfällen aus Nordwesten steht.

Auch die Cluster stehen unisono auf zyklonalem Wettergeschehen bis „Ultimo“,
wenn auch mit tendenziellem Nordwesteinschlag. Somit zeigen sich zumindest die
höheren Berglagen zeitweise winterlich.

FAZIT:
Weiterhin unbeständig und häufig nass. Längere Regenpausen insbesondere am
Samstag und Mittwoch. Nur wenig Temperaturänderung, Sonntag im Westen
vorübergehend nochmal recht mild. Windig, aber selten stürmisch. Winterlich
bestenfalls zeitweise in den Kammlagen der Mittelgebirge.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

DAUERREGEN:
Es gibt von Samstagabend bis Sonntagabend geringe Signale in der Deterministik
und Probabilistik für Niederschlagsmengen um die 30 l/qm in Weststaulagen der
Mittelgebirge sowie am Alpenrand. Auch sonst regnet es zwar wiederholt, aber
nicht warnwürdig.

WIND:
Die Signale für Sturmböen im Flachland sind insgesamt eher gering (vor allem am
Sonntag und Montag im äußersten Westen und Südwesten). Meistens fokussieren sich
Böen mit Sturmböen auf exponierte Gipfellagen und Küstenabschnitte.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen