#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Sonntag, den 12.11.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 12.11.2023 um 10.30 UTC
Wechselhaft, zeitweise windig und mild bis sehr mild.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 19.11.2023
Auch diese Mittelfrist ergibt keine substanzielle Neuerung der großräumigen
Wetterlage und schaut man sich die Großwetterlagenprognose an, so überwiegt
insgesamt die zyklonale Variante mit einem Überhang gemäßigt/warm temperiert.
Doch was gestaltet diese eingefahrene Wetterlage? Schauen wir dazu kurz die
vielfältigen Parameter an, die u.a. auch diese Mittelfrist formen.
El Nino ist der „Elefant im Vorhersagehaus“. Um dessen Auswirkungen zu verstehen
ist es wichtig zu wissen, um was für einen El Nino es sich handelt, denn
variable Schwerpunkte (u.a. zentraler/östlicher Pazifik) und Intensität sorgen
auch für unterschiedliche telekonnektive Antworten. In unserem Fall handelt es
sich um einen kanonischen ostbasierten El Nino. In der Nino 3.4 Region (ein
Bereich im zentralen/östlichen äquatorialen Pazifik und mit einem statistischen
Auge betrachtet maßgeblich für Veränderungen in der tropischen Atmosphäre
verantwortlich) waren wir im Oktober bei einem Wert von +1.6, jüngst im November
bei 1.8 Grad und der sogenannte „Oceanic Nino Index, ONI“ (Mittelung über 3
Monate des Nino 3.4 Index) hat nun im August/September und Oktober erstmals 1.5
Grad erreicht – eine inoffizielle Definition für einen starken El Nino.
Letztendlich bedeutet ja „stark“ auch nur eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der
Ozean-Atmosphärenkopplung mit entsprechenden Mustern bei der Temperatur-/ und
Niederschlagsanomalie. Der letzte entsprechende ONI Wert von über 1.5 Grad trat
2015/16 auf und davor 2009/2010 bzw. 1997/98. Die früheren Ereignisse gipfelten
in einem ONI von über 2 Grad (entsprechend einem sehr starken El Nino Ereignis)
und geringe Wahrscheinlichkeiten bestehen auch bei diesem Ereignis, dass wir
diese Marke erreichen könnten. Es ist schon lange bekannt, dass sich der
Einfluss der ENSO maßgeblich über den außertropischen Pfad (u.a.
Pazifik-Nordamerika Muster, PNA durch ein dominantes Tiefdruckgebiet bei den
Aleuten) im westlichen Atlantik und über den tropischen Pfad (wie Kelvinwellen)
in Richtung des zentralen Atlantiks ausbreitet, während die NAO maßgeblich den
östlichen Atlantik beeinflusst. Indirekt kann die ENSO jedoch auch die
Ausprägung der NAO beeinflussen. Somit kann man grundsätzlich sagen dass El Nino
über den troposphärischen Pfad die NAO ins neutrale bis negative drückt, was in
den letzten 4 Monaten (seit Juli 2023) der Fall war (-2.17, -1.16, -0.44,
-2.03). Dies wurde ausgelöst durch einen beständigen Wellenzug, ausgehend vom
östlichen Pazifik mit negativen Anomalien des Geopotenzials über dem Süden der
USA und über Nordwesteuropa sowie positiven Anomalien über dem Nordosten der USA
und Osteuropa. Dies gilt aber in der Form bevorzugt für einen starken El Nino!
Was bisher in den letzten 3 Monaten auffiel war eine Dominanz der negativen
Anomalien im Vergleich zu den deutlich schwächer ausgeprägten Gegenpart. Gründe
dafür kann es viele geben, einer jedoch dominiert das aktuelle Gesprächsthema:
Ein anhaltender Überschuss der globalen Temperaturanomalie entsprechender
Weltmeere mit einem Wert von rund +1 Grad (HadSST Daten sowie NCDC). Dies ist
etwas bisher nie Dagewesenes, fand so auch beim „Super El Nino 1997/98“ nicht
statt und beeinflusst natürlich mit entsprechender Kopplung zur Atmosphäre die
zu erwartenden Druckanomalien. Neben anthropogenem Einfluss spielt auch die
Abfolge von 3 La Nina Jahren und einem Umschwenken in einen nun womöglich
starken El Nino eine gewichtige Rolle, was nicht nur die außertropischen Meere
erwärmt hat, sondern nun auch die tropischen Bereiche. Welche Auswirkungen das
auf die bisher bekannten telekonnektiven Pfade hat ist sehr unsicher, sodass die
aktuelle Entwicklung als Lehrbeispiel für kommende Studien angesehen werden
dürfte.
Ausgewirkt hat sich dieser Wärmeüberschuss aber z.B. bereits auf die zum
Monatsende auslaufende Hurrikansaison, denn trotz eines normalerweise stark
hemmenden El Nino Ereignis liegt der akkumulierte Zyklonenergie-Index bisher
rund 46% über dem Durchschnitt und somit innerhalb der top 15. Das ist wirklich
beachtlich.
Und was heißt das nun vereinfacht gesagt? Die rege Tiefdrucktätigkeit der
letzten Monate (ausgenommen September) stand im Einklang mit dem sich
entwickelnden starken El Nino, wobei teils recht südlich ansetzende
Tiefdruckgebiete wiederholt viel Feuchte nach Osten in Richtung West-/Nord- und
Mitteleuropa lenken konnten.
Neben der niederfrequenten Oszillation der ENSO gibt es auch noch weitere, wie
die konstruktiv oder destruktiv interferierende Madden-Julian Oszillation, MJO,
die aktuell über Sektor 6/7 in Richtung 8 wandert. Allerdings dominierten in der
jüngsten Vergangenheit (und auch in absehbarer Zukunft) die niederfrequenten
Signale der ENSO und der positiven IOD (Indian Ocean Dipole bei +1.55C und bis
auf +2C zunehmend) – beide konstruktiv interferierend (heißer/trockener Sommer
in Australien). Die Vorhersage der dynamischen Modellguidance deutet auf eine
nur geringe Verlagerungsgeschwindigkeit hin, sodass Sektor 3 auf absehbare Zeit
nicht erreicht wird (der Sektor, der in El Nino Jahren statistisch gesehen die
doppelte Menge an NAO+ Ereignissen hervorruft). Aber: trotz Sektor 7 (was NAO-
stützt) sorgt der ungewöhnlich warme westliche Pazifik zusammen mit dem
konstruktiv interferierenden Absinken der ENSO/IOD für ungewöhnlich aktive
Rossbywellenzüge, eher vergleichbar mit einer MJO in Sektor 3 und erkennbar in
den Wellenflüssen bzw. dem „Geschwindigkeitspotential“ u.a. im (bei uns sehr
nassen) Oktober. Eine klassische Folge des MJO 7 Sektors in einem El Nino
Ereignis wäre hohes Geopotenzial über Skandinavien, doch ist die MJO recht
schwach, sodass deren Auswirkungen unsicher sind und sich in der jüngsten
Ensemblevorhersage durch eine immense Streuung der Arktischen Oszillation, AO
ausdrückt.
Auch beim Blick auf den Polarwirbel ergeben sich Unbekannte. Grundsätzlich macht
der Polarwirbel in der Stratosphäre das, was er zu Beginn eines El Nino Winters
machen soll: er ist stark und gut ausgeprägt bzw. nach dem IFS ENS und GEFS nahe
an Rekordwerten. Reflektierte vertikale Wellenflüsse dürfte auf absehbare Zeit
eher für ein „dehnen“ des Polarwirbels gut sein, was auch jüngste Vorhersagen
immer wieder andeuten (mit höheren Wahrscheinlichkeiten für eine gröbere Störung
im späteren Winterverlauf). Auch die eigentlich zu erwartende PNA+ Anomalie
(anormal tiefes Geopotenzial im Bereich der Aleuten) ist bisher nicht so richtig
auszumachen und weiterhin nicht zu erwarten. Dennoch wird diese Entwicklung im
Auge behalten, denn die Korrelation eines El Nino mit schwächeren Polarwirbeln
im späteren Winterverlauf ist vorhanden (u.a. können vertikale Wellenflüsse,
wenn sie richtig platziert aufsteigen deutlichen Einfluss auf den Polarwirbel
ausüben). Zudem darf man den massiven Feuchteeintrag des Hunga Toga Vulkans
nicht vergessen, dessen reale Auswirkungen mit Adleraugen beobachtet werden, da
auf einem bisher nicht gemessenen Niveau (tendenziell sorgt Wasserdampft für
stärkere Auskühlung in der Stratosphäre, was aber bisher z.B. im 10 hPa nicht
nachweisbar ist, wo der Wert um den Median herum verläuft).
Was ab dieser Mittelfrist jedoch auffällt ist eine zunehmende Amplifizierung der
Wellen und dies liegt an einem jüngst aufgetretenen sog. „ostasiatischen
mountain torque“ Ereignis (Protagonist u.a. war ein 1040 hPa (+) Hochdruckgebiet
über Sibirien): dieses ist für eine Erhöhung der zonale Windgeschwindigkeiten
bei rund 50 Grad Nord verantwortlich (bisher im Oktober mit positiven
Anomaliewerten bei rund 35 Grad) und letztendlich wieder einhergehend mit
verstärktem Wellenbrechen stromab fortpflanzender Wellendynamik
(Rossby-Wellenzug). Je nach konstruktiver/destruktiver Interferenz verstärkt das
Einbinden tropischer Systeme in die Außertropen diese Entwicklung während dieser
(erweiterten) Mittelfrist.
Summa summarum sorgen diese Faktoren für eine allmähliche und nachhaltige
Vergrößerung der Wellenamplituden, was auch wir in dieser Mittelfrist zu spüren
bekommen. Somit ergeben sich je nach Lage der Wellen für Mitteleuropa temporäre
Chancen auf einen kleinen Wintergruß mit Samthandschuhen, denn eine ernsthafte
Blockierung im sibirischen Sektor ist bis auf Weiteres nicht zu erkennen.
Was nehmen wir aus alldem mit? Trotz der immer günstigeren Zeit (Winter mit
besseren telekonnektiven Pfaden) und dem ENSO Hintergrund ergeben sich
zahlreiche Unbekannte, wie der globalen SST Anomalie, was sich mit erhöhter
Unsicherheit auf die Vorhersage auswirkt. Für Mitteleuropa sollte bis weit in
den Dezember die südwestlastige Phase dominieren und liegt somit in einem
typischen EL Nino Muster (starker El Nino). Sollte sich jedoch die MJO stärker
intensivieren als gedacht bzw. die Vergrößerung der Wellenamplituden günstig
positionieren, dann mag man wenigstens einen kleinen Winterhauch nicht
ausschließen. Auf jedenfall fiel und fällt die in einem El Nino Jahr reduzierte
Blockierungstendenz über Europa auch bei diesem Ereignis auf.
Wie gestaltet sich nun diese Mittelfrist vom Mittwoch, den 15.11. bis zum
Sonntag, den 19.11.?
Nach einem astreinen, auf die Alpen gerichteten und von Intensität/Lage für
einen El Nino/eine nahezu NAO neutrale Lage nicht untypischen „Atmosphärenfluss“
zum Wochenbeginn beruhigt sich das Wetter während der Mittelfrist etwas. Trotz
allmählich zunehmender Wellenamplituden sind es derer noch zu viele mit zu hoher
Verlagerungsgeschwindigkeit, sodass insgesamt eine wechselhafte und milde bis
sehr milde Witterung dominiert.
Der Mittwoch verläuft rückseitig einer ostwärts abziehenden Welle zyklonal
geprägt. Zwar steigt der Bodendruck von Frankreich her, doch sorgt die noch
vorhandene höhenkalte Luftmasse für zahlreiche Schauer, die im Tagesverlauf von
Südwesten weniger werden, und im Nordosten durch eine insgesamt trockenere
Luftmasse effektiv bis auf „isoliert“ unterdrückt werden.
Von Donnerstag zum Freitag erfolgt nach dem aktuellen det. Lauf des IFS eine
Bodentiefpassage über der südlichen Mitte, allerdings ist der Spread im ENS noch
erheblich. Je nachdem, ob die Member auf der (anti-)zyklonalen Seite eines
kräftigen Höhenjets ansetzen (bzw. den Jet durchqueren) werden sub-990 hPa
Lösungen in Richtung südliche Nordsee geschickt, während sonst 1000-1005 hPa
Lösungen gen Süddeutschland driften. Der Spread ist noch enorm und spiegelt sich
so nebenbei auch in anderen Ensembles/det. Läufen wider. Von daher regnet es bei
der südlicheren Lösung besonders in Süddeutschland häufig, am Nordrand des
Niederschlagsgebietes (über der Mitte und dort in Staulagen ggf. markante
24-std. Niederschlagsmengen) mit einer von ü-1000 m auf rund 800 m absinkenden
Schneefallgrenze würde es im Gipfelniveau für etwas Schnee reichen, während die
nördlichere Lösung erst zum Freitag mit zahlreichen Schauern das Wetter
deutschlandweit wechselhaft gestalten würde. Egal wie, beide Tage können als
wechselhaft zusammengefasst werden, allerdings mit variablen zeitlichen und
regionalen Niederschlagschwerpunkten.
Und ja, die Bft 10/11 Böen über Süddeutschland im det. Lauf sehen imposant aus,
stehen und fallen jedoch an dieser „Jackpot“-Lösung eines seichten warmen Kerns
im Zusammenspiel mit raschem Druckanstieg aus Südwest. Diese Option ist im ENS
mit weniger als 10% hinterlegt. Das Kuriose jedoch ist, dass die det. Lösung in
den letzten 3 Hauptläufen eben diese Option durchweg gezeigt haben (mit
variablen regionalem/zeitlichen Verlauf). Somit sollte das Thema Wind trotz
eines aktuell geringen Zuspruchs im IFS-ENS auf jeden Fall weiterhin im Auge
behalten werden (zumal im ICON-EPS für den Hochschwarzwald Bft 11 Böen mit
solideren 20% hinterlegt werden).
Erwähnenswert ist, dass sich im Verlauf des Freitags und in der Nacht zum
Samstag am Alpenrand vorübergehend eine nordwestliche Staukomponente einstellt,
sodass bei 850 hPa Temperaturwerten leicht unter 0 Grad oberhalb von 1000 m 10
bis 20 cm Neuschnee fallen kann (Schnee bis 800 m, jedoch mit geringeren
Mengen).
Zum Samstag erfolgt von Westen die nächste Warmfrontpassage mit 850 hPa
Windgeschwindigkeiten von 45-50 kt, sodass es besonders im Bergland markante
Böen geben dürfte. Ansonsten regnet es längere Zeit und sollte das Bodentief in
der Tat über Norddeutschland ziehen (erneut geringer ENS support), dann könnte
sich rückseitig eine schleifende Kaltfront einstellen, die direkt in eine
Warmfront vorderseitig der nächsten Störung übergeht: ggf. markante Regenfälle
im Harz.
Die Höchstwerte verbleiben durchweg im milden bis sehr milden Bereich und gehen
von 8 bis 14 Grad am Mittwoch auf 6 bis 10 Grad am Freitag/Samstag zurück, bevor
es in der Folge von Westen wieder milder wird.
Bei Tiefstwerten von 6 bis 2 Grad bleibt Frost in tiefen Lagen (wenigstens
überregional) ein Fremdwort. Frost in Bodennähe muss jedoch besonders bei
Aufklaren berücksichtigt werden. Im Bergland ist nachts leichter Frost zu
erwarten.
Der überwiegend aus südwestlicher Richtung wehende Wind frischt je nach
Frontpassage auch im Tiefland (besonders Süddeutschland) zeitweise böig auf. Von
Donnerstag zu Freitag könnte die beschriebene Bodentiefpassage im süddeutschen
Bergland für schwere Sturmböen sorgen mit markanten Böen im süddt. Tiefland. Ab
Samstag stellt sich dann eher ein warmer Jet ein, der bei recht stabiler
Schichtung besonders dem Bergland markante Böen bescheren würde, am Sonntag je
nach Intensität/Lage des Bodentiefs sind auch im norddt. Tiefland Böen Bft 7/8
nicht ausgeschlossen. Die Unsicherheiten wurden angesprochen.
In der erweiterten Mittelfrist ergeben sich zwar temporäre winterliche Optionen
dank der zunehmenden Wellenamplitude und verstärkter meridionaler
Luftmassenadvektion. Der „Antrieb“ von Westen sieht jedoch weiterhin robust aus
bzw. sorgt eine „cross polare Strömung“ für ein umfangreiches Kältepolster über
Kanada und einem entsprechend erhöhten Temperaturgradienten über dem nördlichen
Atlantik = Antrieb für kräftige Zyklogenesen. Inwieweit das in eine Blockierung
über/westlich von uns oder in eine Fortdauer der Westdrift mündet muss
abgewartet werden.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz der jüngsten IFS Läufe mit Blick auf die allgemeine Platzierung
der Keile/Tröge ist gut, allerdings ergeben sich immer wieder geringe
Diskrepanzen, die v.a. aus Kurzwellen bzw. Tiefdruckentwicklungen hervorgehen
(mit variablen Intensitäten).
So wird eine Kurzwelle über Frankreich am Donnerstag deutlich schärfer (mehr
Krümmungsvorticity) gerechnet, doch auch diese Welle soll in der Folge, wie auch
in den Vorläufen, über Deutschland in einen sich aufbauenden Langwellentrog
aufgehen. Somit ergibt sich vom Ablauf her nur eine zeitliche Verzögerung der
von Westen aufkommenden Niederschläge. Diese Entwicklung hängt mit einer
Bodentiefentwicklung zusammen, die noch sehr unsicher ist und ggf. der südlichen
Mitte Regen und Wind bringen kann (Donnerstag zu Freitag).
Zum Wochenende soll eine größere Keilaufwölbung nach dem jüngsten Lauf deutlich
abgeflachter ausfallen, was ein Übergreifen skaliger Niederschläge auf weite
Bereiche Deutschlands erleichtern würde.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Auf internationaler Modellebene kann man Ähnliches berichten: der grobe Blick
auf die synoptisch-skaligen Protagonisten zeigt eine gute Übereinstimmung, beim
Blick aufs Detail ergeben sich jedoch Diskrepanzen.
Die Bodentiefpassage von Donnerstag zu Freitag wird noch sehr variabel gezeigt.
CMC und im jüngsten Lauf auch ICON verlieren das Bodentief westlich der Vogesen,
GFS bringt es zur Deutschen Bucht, während IFS die Zugbahn über Süddeutschland
wählt. Neben der exakten Entwicklung des Bodentiefs lenkt auch die Interaktion
mit einer Kurzwelle die finale Intensität des Bodentiefs. Es wundert daher
nicht, dass es weiterhin immense Sprünge bei der Lage/Intensität des Tiefs gibt.
Am Bsp. von ICON verlor der 06Z Lauf das Bodentief im Umfeld der Vogesen,
brachte es im 12Z Lauf unter Abschwächung nach Süddeutschland, drängte im 18Z
Lauf ein kräftiges Sturmtief nach Benelux, um im aktuellen 00Z Lauf die
IFS-Schiene einzuschlagen. Vielleicht sollte man doch erst noch die Entwicklung
des Bodentiefs abwarten, damit sich die Numerik etwas einpendeln kann.
Zum Wochenende bringen alle Modelle einen Keil nach Deutschland, der jedoch über
Deutschland mit einer recht zonalen Ausrichtung daherkommt und von einer
Warmfront gut überlaufen werden kann.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Clusteranalyse beginnt mit 6 Clustern und dem einheitlichen klimat. Regime
der NAO positiv (GEFS hingegen neutral bis leicht negativ). Die zyklonale
Westströmung bringt in allen Clustern Deutschland wechselhaftes Wetter.
Diese klimat. Regime bleibt auch in der Folge bei 4 Clustern bestehen, die
einheitlich ein sich immer weiter amplifizierendes Wellenregime andeuten. Für
Deutschland ergeben sich kaum Diskrepanzen. Der det. Lauf befindet sich im 2.
Cluster, der wie der erste Cluster von Donnerstag zu Freitag einen recht
scharfen Trog zeigt. Im ersten ist im Bodendruckfeld ein Abdruck des Bodentiefs
zu erkennen, im zweiten Cluster keiner. Dennoch kann man davon ausgehen, dass
beide Cluster grundsätzlich eine ähnlich förderliche Umgebung für eine kräftige
Bodentiefentwicklung andeuten, es muss nur vom timing alles passen. Wenn dem so
wäre, dann würden rund 30 Member grundsätzlich die Rahmenbedingungen für eine
kräftigere Entwicklung stützen. Der Rest der Cluster zeigt entweder keinen Trog
oder einen progressiveren, der dem Bodentief vorauseilt. Diese Information
stützt insofern ein bisschen die aktuelle det. Variante, als dass die Mehrheit
der Member eine entwicklungsförderliche Umgebung andeuten. Von daher bleibt
diese Entwicklung weiterhin unter Beobachtung.
Im Übergangsbereich zur erweiterten Mittelfrist bröckelt der Überhang NAO+
etwas, bleibt jedoch dominant. Die Lage der Wellen streut deutlich, sodass die
winterliche Option rückseitig einer progressiven ostwärts wandernden
Rossby-Welle zum 20./21.11. noch auf wackeligen Füßen steht.
In der vollen erweiterten Mittelfrist nimmt die Streuung weiter zu, sodass keine
Aussagen getroffen werden können. Insgesamt nimmt jedoch mit der zunehmenden
Wellenamplitude die Blockierungstendenz etwas zu.
Die Meteogramme zeigen deutschlandweit eine milde und wechselhafte Mittelfrist
mit einer recht guten Bündelung der Rauchfahnen (850 hPa Temperatur und 500 hPa
Geopotenzial) und einem gut eingebetteten HRES.
Auch im GEFS wird ein ähnlicher Verlauf hervorgehoben.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
WIND:
Am Mittwoch sind im süddeutschen Bergland anfangs noch markante Böen aus West zu
erwarten. Die erhöhten EFI Werte (Windböen) bzw. <10% Wahrscheinlichkeiten für
Bft 10/11 Böen im IFS-ENS scheinen eher orografischer Natur zu sein und sich auf
exponierte Berglagen zu beziehen. Dass auch tiefe Lagen mit geringen Bft 10
Wahrscheinlichkeiten abgedeckt werden liegt wohl an einer 1000-1005 hPa
Memberlösung, die Süddeutschland überqueren soll. Aus heutiger Sicht kann diese
Option vernachlässigt werden, sodass der Fokus auf Bft 8/9 Böen im Bergland,
exponiert anfangs auch Bft 10 aus Südwest bis West liegt.
Vom Donnerstag zum Freitag ergibt sich die nächste Windoption für
Süddeutschland, die von der ausführlich besprochenen Bodentiefentwicklung
abhängt. Sollte alles „passen“, dann wären im Tiefland markante Böen aus Südwest
bis West und im Bergland schwere Sturmböen bis exponiert orkanartige Böen (Bft
10-11) zu erwarten. Diese Option ist jedoch noch sehr unsicher und wird im
IFS-ENS mir sehr geringe Wahrscheinlichkeiten gestützt. Bei einem Median, der
selbst im Bergland warnfreie Verhältnisse bezüglich Wind andeutet, sollte die
Entwicklung der Welle über dem Atlantik erstmal abgewartet werden.
Sicherer erscheint die Windentwicklung am Wochenende mit markanten Böen Bft 8/9
im Bergland und am Sonntag ggf. auch mit stürmischen Böen im norddeutschen
Tiefland.
DAUERREGEN:
Sollte die südliche Zugbahn des Bodentiefs von Donnerstag zu Freitag eintreten,
würde eine geringe Wahrscheinlichkeit für markanten Dauerregen in den
Südweststaulagen der westlichen oder zentralen Mittelgebirge bestehen.
Am Wochenende könnte sich im Weststau des Harzes eine markante Dauerregenlage
entwickeln, die jedoch noch stark von der Zugbahn des Bodentiefs abhängt.
SCHNEEFALL:
Von Freitag auf Samstag besteht im Alpenstau oberhalb von 1000 m eine geringe
Wahrscheinlichkeit für markante Neuschneemengen.
Basis für Mittelfristvorhersage
GEFS, IFS-ENS, IFS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Helge Tuschy