S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 09.11.2023 um 10.30 UTC

Sehr unbeständig, nass und wieder zunehmend windig bis stürmisch. Dabei meist
aber noch mild, erst zum Ende der nächsten Woche Abkühlungstendenz.

Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 16.11.2023

Zu Beginn der Mittelfrist befindet sich Deutschland zwischen einem
Langwellentrog über dem östlichen Mitteleuropa und Osteuropa und einem Trog über
dem Nordatlantik. Dazwischen wölbt sich über Westeuropa ein flacher Rücken auf,
sodass sich über uns eine nordwestliche, leicht antizyklonal konturierte
Höhenströmung einstellt. Zwischen den beiden steuernden Tiefs über Osteuropa und
dem Nordatlantik herrschen über Deutschland geringe Luftdruckgegensätze, wobei
sich von Westen ein flacher Hochkeil nach Mitteleuropa hereinschieben kann. In
schwacher westlicher Strömung fließt maritime Subpolarluft ein (T850 zwischen 0
und -3 Grad). In etwas höhenkälterer, leicht labil geschichteter Luft entwickeln
sich im Norden und Osten einzelne Schauer, Richtung Hoch- und südlichen
Oberrhein sorgt aufkommende WLA und Stauprozesse an den Westalpen für
zeitweiligen Regen. Ansonsten bringt der schwache Zwischenhocheinfluss
vorübergehend meist trockenes Wetter mit kurzen sonnigen Momenten.

In der Nacht zum Montag läuft aus dem Nordatlantiktrog ein kurzwelliger Anteil
heraus und schwenkt bis Montagabend zur südlichen Nordsee. Die Warmfront des
korrespondierenden Randtiefs zieht vom Südwesten in den Nordosten, die Kaltfront
folgt im Verlauf des Montags von Nordwesten. In der Südhälfte tut sich dabei ein
Warmluftsektor auf, in dem die Temperaturen auf 850 hPa vorübergehend auf bis 8
Grad ansteigen, ansonsten liegen sie meist zwischen 0 und 5 Grad. Das
Frontensystem bringt von Südwesten verbreitet Regen, der im Warmsektor und mit
der Kaltfront schauerartigen Charakter annimmt. Auch einzelne Gewitter sind
möglich. In den Alpen fällt oberhalb 1000 bis 1200 m anfangs Schnee. Die
24-stündigen Mengen liegen in der Südwesthälfte verbreitet bei 15 bis 30 mm, in
Weststaulagen der Mittelgebirge und an den Alpen teils bei 30 bis 50 mm, sodass
bereits Dauerregenwarnungen fällig werden könnten. Der Wind legt im Warmsektor
deutlich zu mit gebietsweisen stürmischen Böen, in freien und höheren Lagen
sowie bei Gewittern mit Sturmböen. Je nach Intensität und genauer Position des
Randtiefs (unsicher!) sind an der Küste auch schwere Sturmböen möglich.

Am Dienstag zieht die Randstörung nach Osten ab, die nächste schwenkt vom
Nordatlantik in Richtung Britische Inseln. Dazwischen kann sich über Westeuropa
wieder ein flacher Rücken aufwölben, sodass die leicht auf Nordwest aufsteilende
Höhenströmung über Deutschland einen antizyklonalen Touch bekommt. Dies macht
sich durch Luftdruckanstieg und einen Hochkeil über Süddeutschland bemerkbar.
Echter Zwischenhocheinfluss kann sich aber nicht durchsetzen. Zum einen kommt
die Kaltfront an den Alpen ins Schleifen und bringt dem Süden noch länger
anhaltende Regenfälle. Dort kommen nochmal 10 bis 20 mm, in Staulagen auch noch
etwas mehr, dazu. Auch sonst regnet es zumindest gebietsweise noch etwas,
gestützt durch erneut aufkommende WLA, im Norden eventuell auch durch eine
zurückhängende Okklusion. Zumindest der Wind lässt aber nach, vor allem im
Bergland sind aber noch stürmische Böen möglich. Bei der Temperatur stellt sich
ein seichten Südwest-Nordost-Gefälle ein (T850 zwischen -2 und +3 Grad).

Am Mittwoch und Donnerstag zieht der nächste Kurzwellentrog über die Britischen
Inseln Richtung Nordsee, eventuell auch bis nach Südskandinavien oder
Norddeutschland. Bezüglich des Timings und der Ausprägung bestehen noch größere
Unsicherheiten. Unsicher ist folglich auch die damit einhergehende
Randtiefentwicklung. Das Potenzial für eine stärkere Entwicklung bis hin zu
einer schweren Sturmlage ist gegeben. Zudem kommen neue, teils intensive
Regenfälle von Südwesten auf. Insbesondere in Staulagen der Mittelgebirge sowie
nach Süden zu, wo sich in der Folge erneut ein Schleifen der Frontalzone
andeutet, sind Mengen oberhalb der Dauerregenwarnschwellen (>30 mm/24 h bzw. >40
mm/48 h) recht wahrscheinlich, unwetterartige Mengen zumindest im Süden nicht
ausgeschlossen. Das Randtief führt vorübergehend wieder wärmere Luft heran,
bevor sich zum Donnerstag postfrontal erwärmte Meereskaltluft durchsetzt. Bei
850-hPa-Temperaturen zwischen 0 und -3 Grad ist in Kammlagen der Mittelgebirge
sowie in den Alpen oberhalb 1000 m auch wieder etwas Schnee möglich.

In der erweiterten Mittelfrist wölbt sich über dem Nordatlantik ein Rücken weit
nach Norden auf, sodass es stromab über West- und Mitteleuropa stärker austrogen
kann. Die sich einstellende Troglage bringt uns wechselhaftes Wetter, wobei sich
von Nordwesten her allmählich kältere Polarluft durchsetzen kann, sodass sich in
den Mittelgebirgen ein Hauch von Frühwinter einstellen könnte.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Dem IFS muss schon zu Beginn der Mittelfrist eine mäßige bis schlechte
Konsistenz bescheinigt werden. Zumindest im Hinblick auf das Geopotenzialfeld
waren die beiden gestrigen Modellläufe zu Wochenanfang (12./13.11.) noch relativ
antizyklonal aufgestellt. So sollte ein in die westliche Strömung eingelagerter,
recht breit angelegter Rücken nach Deutschland schwenken, wenngleich eine
wellende Warmfront zumindest gebietsweise für etwas Regen gesorgt hätte. Im
jüngsten IFS-Lauf von 00Z sorgt ein aus dem nordatlantischen Trog herauslaufende
Kurzwellentrog dagegen dafür, dass der Rücken stark abflacht und beschleunigt
und weniger wetterwirksam über Deutschland hinweggesteuert wird. Dahinter stellt
sich schon zu Wochenbeginn eine stark zyklonale, stramme Westströmung ein, wobei
ein erstes Randtief schon am Montag teils stürmisches Wetter mit sich bringt.
Im weiteren Wochenverlauf (14.-16.11.) ergeben sich daraus stärkere
Phasendifferenzen im Trog-Rücken-Muster. Die gestrigen IFS-Läufe hatten ein
kräftigeres Randtief mit Sturmböen für größere Bereiche des Landes für
Dienstag/Mittwoch auf dem Schirm, der heutige 00Z-Lauf ein noch etwas
intensiveres Randtief für Mittwoch/Donnerstag.
Aus Sicht des Warnmanagements gilt es also festzuhalten, dass es entgegen der
Vorläufe bereits am Montag zu stürmischem Wetter kommen könnte. Bis zur
Wochenmitte steigt das Sturmpotenzial weiter an. Unstrittig ist, dass das
fortwährend zyklonale Wettergeschehen für üppige Niederschläge sorgt.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bereits zu Beginn der Mittelfrist am Sonntag und Montag (13./14.11.) gibt es
prognose- und warnrelevante Unterschiede. Zunächst rechnen ICON und GFS eine
etwas stärkere und nach Nordosten verschobene Warmfrontwelle, sodass es Sonntag
auf Montag im Südwesten bereits Dauerregen geben würde. Auch die folgende, erste
Randstörung am Montag wird unterschiedlich behandelt. UK10 und GFS rechnen den
Randtrog und das Randtief intensiver. Bei GFS liegt das Tief allerdings bei den
Britischen Inseln, während UK10 das Tief über die südliche Nordsee und Jütland
ostwärts ziehen lässt. Letzteres hätte eine schwere Sturmlage für die Küste zur
Folge. Bei ICON ist der Randtrog deutlich flacher, zu einer Randtiefentwicklung
kommt es nicht. Demnach wäre auch kein Sturm zu erwarten. IFS nimmt eine
Zwischenlösung ein und scheint demnach nicht unplausibel.
Im weiteren Verlauf (14.11.-16.11) schaukeln sich die Diskrepanzen weiter auf,
die Unterschiede bezüglich der zweiten Randstörung zur Wochenmitte sind also
noch größer als bei der ersten. Bei ICON gräbt sich das Randtief bereits bei den
Britischen Inseln bis in die obere Troposphäre ein und wandelt sich dort zu
einem quasi stationären Zentraltief um. Der Impact auf Deutschland ist somit
bezüglich der Sturmentwicklung stark limitiert. GFS lässt das Randtief als
klassischen Schnellläufer über Norddeutschland ziehen mit kleinräumigem, aber
intensiven Sturmfeld an der Südwestflanke. Auch bei UK10 handelt es sich auch um
einen Schnellläufer, der allerdings über die Mitte ostwärts zieht und
ausschließlich dem Süden teils schweren Sturm bringt. Bezüglich der Zugbahn
tischt das IFS erneut eine Zwischenlösung auf. Demnach zöge das Tief über den
äußersten Norden und Nordosten ostwärts. Allerdings ist das Tief in der
IFS-Lösung deutlich intensiver als bei GFS und UK10 und das Sturmfeld an der
Südflanke größer.
Ein Auge muss man auch auf die Lage der Frontalzone zwischen den beiden
Randstörungen haben. Denn GFS und UK10 lassen sie mehr oder weniger beständig
über den Süden schleifen, sodass es kaum Regenpausen gibt und die Mengen im
Vergleich zu den anderen Modellen quasi durch die Decke gehen. Dieses Szenario
mit unwetterartigen Regenmengen von teils über 100 mm binnen 3 bis 4 Tagen
scheint aber noch eher gering wahrscheinlich.

FAZIT: Schon aus der deterministischen Betrachtung heraus ergeben sich einige
Fragen: Reicht es am Sonntag schon für Dauerregen im Südwesten? Wird es am
Montag wirklich schon stürmisch? Wie viel Regen fällt im Süden ab Montag? Sind
sogar Unwetterwarnungen notwendig? Wie stark wird das Randtief und die damit
einhergehende Sturmentwicklung am Mittwoch und Donnerstag?

Bewertung der Ensemblevorhersagen

IFS-RAUCHFAHNEN:
Im Hinblick auf die 850-hPa-Temperaturen sind die Rauchfahnen erstaunlich eng
gebündelt. Zwischen Montag und Mittwoch zeigt sich ein vorübergehender Anstieg
der Temperatur mit zwei „Peaks“ am Montag und Mittwoch, die vor allem nach Süden
zu gut ausgeprägt sind. Ab Donnerstag beginnt ein langsamer, aber sukzessiver
Abstieg. Der deterministische Lauf ist stets gut in die Memberschar eingebettet.

Beim Geopotenzial ist die Streuung ab Montag deutlich größer, was die
Unsicherheiten im Hinblick auf Phase und Ausprägung des Trog-Rücken-Musters
unterstreicht. In erster Näherung steigt das Geopotenzial zwischen Montag und
Mittwoch vorübergehend an (WLA). Die meisten Member zeigen dabei aber zwei
Trogpassagen. Die erste (Montag/Dienstag) wird noch einigermaßen konsistent
gerechnet, allerdings gibt es auch einige Member, die keinen Trog auf der Agenda
haben. Die zweite Passage Mittwoch/Donnerstag simulieren die Ensemble-Mitglieder
dagegen teils stark phasenverschoben. Donnerstag/Freitag sinkt das Geopotenzial
in den meisten Membern in ein größeres Tal ab (Troglage).
Gut zur Geltung kommt das Niederschlagsmaximum zwischen Montag und Mittwoch.

CLUSTER:
+72 h bis 96 h: 3 Cluster, 1x NAO- (17 M.), 2x NAO- -> NAO+ (34 M.)
+120 h bis 168 h: 4 Cluster, 3 x NAO+ (39), 1x NAO+ -> BLOCKING (12)
+192 h bis 240 h: 4 Cluster, 1x NAO+ (14), 1x NAO- (20), 2x BLOCKING (17)

FAZIT:
Nach kurzem Zwischenhocheinfluss stellt sich ab Montag wieder sehr
unbeständiges, meist aber noch mildes Wetter ein. Im Hinblick auf das
Warnmanagement stehen vor allem Wind und Niederschlag im Fokus. Entgegen der
vorangegangenen Vorhersage könnte es bereits am Montag stürmisch werden. Zur
Wochenmitte steigt das Sturmpotenzial sogar noch weiter an, wenngleich die
Vorhersage dann sehr unsicher wird. Eine schwere Sturmlage, eventuell durch
einen Schnellläufer, ist nicht ausgeschlossen. Außer Frage steht, dass es
verbreitet reichlich Niederschlag gibt. Im Südwesten könnte es schon am Sonntag
losgehen, ansonsten werden dann spätestens am Montag Dauerregenwarnungen
wahrscheinlich, am ehesten in Weststaulagen der Mittelgebirge. Unsicher ist, wie
lange die Regenpausen im Bereich der schleifenden Frontalzone im Süden sind,
dort könnte es auch Richtung Unwetter gehen.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

STURM/GEWITTER:
Am Montag in der Südwesthälfte auffrischender Südwest- bis Westwind. Dabei
stürmische Böen (8 Bft), in freien und höheren Lagen sowie bei einzelnen
Gewittern Sturmböen (9 Bft) möglich, auf exponierten Berggipfeln schwere
Sturmböen und orkanartige Böen (10-11 Bft). In der Nacht zum Dienstag eventuell
nach Nordosten ausweitendes Windfeld.
Am Dienstag vorübergehende Windabschwächung.
Am Mittwoch und Donnerstag erneut zunehmende Sturmgefahr mit größeren
Unsicherheiten! Stürmische Böen (8 Bft) gebietsweise wahrscheinlich, im Bergland
Sturmböen (9 Bft), exponiert schwere Sturmböen (10 Bft). Eine stärkere
Entwicklung mit schweren Sturmböen bis in das Tiefland nicht ausgeschlossen!

DAUERREGEN:
Am Sonntag und in der Nacht zum Montag im Schwarzwald und Oberallgäu Dauerregen
(30 bis 40 l/qm /24 h) gering wahrscheinlich.
Ab Montag bis Wochenmitte von Südwesten wiederholt länger anhaltende, teils
ergiebige Regenfälle. Insbesondere in den Weststaulagen der Mittelgebirge über
einen längeren Zeitraum (24-48 h) akkumuliert 40 bis 60 l/qm möglich. Im Süden
auch abseits der Staulagen Dauerregen gering wahrscheinlich, in Staulagen von
Schwarzwald und Alpen unwetterartige Mengen (60 bis 80 l/qm) nicht
ausgeschlossen. Hochwassergefahr!

SCHNEE:
Sonntag und in der Nacht zum Montag in den Allgäuer Alpen oberhalb von 1200-1500
m markante Schneefälle (10-20 cm/ 24 h) nicht ausgeschlossen.

Basis für Mittelfristvorhersage
IFS det.+EPS, MOS-Mix

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Adrian Leyser