SXEU31 DWAV 081800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 08.11.2023 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Weiterhin unbeständig mit häufigen, aber (voraussichtlich) kaum warnrelevanten
Regenfällen (an den Alpen Schnee bis 1000 m). Windig mit Sturmböen in den
Hochlagen, kommende Nacht auch über der Nordsee.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Deutschland auf der Vorderseite eines derzeit noch mit
zwei Drehzentren westnordwestlich von Schottland bestückten Langwellentroges
über Westeuropa unterhalb einer leicht mäandrierenden westsüdwestlichen
Höhenströmung, wobei im Laufe der Nacht ein durch die kräftige WLA gestützter
und sich somit noch etwas aufwölbender Höhenrücken über das Vorhersagegebiet
hinweg ostwärts schwenkt.
Während das östlichere der beiden Drehzentren nordwestlich der Hebriden dominant
wird und sich das westlichere auffüllt bzw. als kurzwelliger Randtrog am
Donnerstagvormittag auf Irland übergreift, amplifiziert der Trog und weitet sich
bis zur Iberischen Halbinsel aus.
Das korrespondierende Sturmtief im Bodenfeld („HELMOE“) verlagert sein
Drehzentrum in das Seegebiet nordnordwestlich der Hebriden und vertieft sich
vorübergehend auf einen Kerndruck von unter 970 hPa, wobei es sich zunehmend
achsensenkrecht unterhalb des Höhentiefs befindet und dessen Entwicklung somit
erst einmal abgeschlossen ist.
Das bereits weitgehend okkludierte Frontensystem erreicht aktuell die Nordsee
bzw. den Ärmelkanal, gerät aber mit der aufsteilenden Höhenströmung zunehmend
ins Schleifen und greift erst in den Frühstunden auf den äußersten
Westen/Nordwesten Deutschlands über. Weit im Vorfeld haben schon am Nachmittag
im Nordwesten bzw. Westen leichte Regenfälle eingesetzt, die der WLA geschuldet
sind. Mit Annäherung der Front wird diese WLA zunehmend noch dynamisch gestützt
durch trogvorderseitige PVA, so dass die überwiegend präfrontal auftretenden
Niederschläge nicht nur langsam nach Osten vorankommen, sondern sich vor allem
im Westen und Nordwesten weiter intensivieren. Bis Donnerstagfrüh werden von NRW
über das Weser-Ems-Gebiet bis ins südwestliche Schleswig-Holstein gebietsweise
mehr als 10 l/qm in 12 Stunden simuliert, im Stau des Bergischen Landes, des
Sauer- und Siegerlandes örtlich über 20 l/qm. Zusammen mit den am Donnerstag
tagsüber noch zu erwartenden (dann aber deutlich geringeren) Niederschlägen
ergeben sich in exponierten Staulagen sehr kleinräumig Mengen nahe der
Warnschwellen für Dauerregen. Recht unisono von den vorliegenden Modellen werden
im Stau des Bergischen Landes im Zeitraum heute, 18 UTC bis Donnerstag, 18 UTC
etwa 20 bis 30 l/qm in 24 Stunden simuliert, von einer entsprechenden Warnung
kann somit wohl erst einmal abgesehen werden.
Im heutigen Tagesverlauf hat von Westen her Druckfall eingesetzt, ein flacher
Hochkeil wurde bereits nach osten abgedrängt und präfrontal kommt es vor allem
im Westen und Nordwesten zu einer Stauchung der Isobaren. Somit legt der auf Süd
rückdrehende Wind im Laufe der Nacht zu, was sich aber angesichts der stabilen
Schichtung hauptsächlich in höheren Lagen und im Nordseeumfeld bemerkbar macht.
Dort gibt es zunehmend stürmische Böen (Bft 8), in einigen Gipfellagen Sturmböen
(Bft 9) und auf dem Brocken auch schwere Sturmböen (Bft 10). Ansonsten dürften
lediglich im Lee einiger Mittelgebirge (westliche Mittelgebirge, Harz) einzelne
steife Böen (Bft 7) auftreten.
Postfrontal fächert der Gradient dann wieder deutlich auf, so dass der Wind über
der Nordsee wohl bereits im Laufe der zweiten Nachthälfte mit vorübergehender
Winddrehung auf Nordwest deutlich nachlässt, im Westen dann in den Frühstunden.
Der Regen erreicht in den Frühstunden noch in etwa eine Linie
Vorpommern-Hessen-Pfalz/Nordbaden, südöstlich davon bleibt es trocken und vor
allem südlich der Donau auch gering bewölkt. Dort gibt es recht verbreitet
leichten Frost und örtlich auch Nebel.

Donnerstag … kommt der (im Tagesverlauf erneut mit einem Dipol als Drehzentren
ausgestattete) Höhentrog nur wenig nach Osten voran, greift aber mit seiner
Achse am Abend auf Benelux und Frankreich bzw. auf den westlichen Mittelmeerraum
über. Die Strömung steilt somit noch etwas auf, was auch der Progression der
Okklusion nicht grade zuträglich ist, zumal es trogvorderseitig auch über dem
Löwengolf zu einer Zyklogenese kommt, wodurch die Front zusätzlich eingebremst
wird und auch an Wirksamkeit verliert.
Somit kommen die Regenfälle im Tagesverlauf nur schleppend ostwärts voran, im
Südosten Bayerns bleibt es wohl noch bis zum Abend trocken. Die Niederschläge
verlieren auch deutlich an Intensität, lediglich im Stau des Schwarzwaldes
kommen gebietsweise mehr als 10 l/qm zusammen, sonst sind es meist weniger als
5, in einigen Leelagen reicht es sogar nur für ein paar Tropfen.
Postfrontal lockern die Wolken kaum auf, zumal eine weitere Kaltfront folgt, die
der Trogachse unmittelbar vorgeschaltet ist und abends den Westen Deutschlands
erreicht. Während niedertroposphärisch nach Passage der Okklusion erwärmte
maritime Polarluft ins Vorhersagegebiet advehiert wird und die Temperatur in 850
hPa lediglich auf 0 Grad oder knapp darunter zurückgeht, fällt die Abkühlung
mitteltroposphärisch etwas markanter aus, in 500 hPa sinkt die Temperatur im
Westen abends auf -26 bis -28 Grad. Mit der dadurch bedingten Labilisierung der
Luftmasse nehmen die spätnachmittags bzw. abends mit Annäherung der Kaltfront
auf den Westen übergreifenden Niederschläge zunehmend konvektiven Charakter an.
Ein kurzes Gewitter kann dabei nicht ausgeschlossen werden, erscheint aber nach
aktuellem Stand der Dinge (so gut wie keine simulierte Cape) wenig
wahrscheinlich.
Der Südwestwind nimmt nach Passage der Okklusion erst einmal auch auf den Bergen
vorübergehend ab, lebt aber mit Annäherung der Kaltfront am Abend zumindest in
höheren Lagen Südwest- und Westdeutschland und über der Nordsee wieder auf,
warnrelevat bleibt er aber wohl nur in einigen Hochlagen, abends kann es dann
auch über der offenen Nordsee und im Eifellee eventuell erste steife Böen geben.

Die Sonne zeigt sich am ehesten noch im äußersten Südosten und innerhalb der gut
durchmischten Luftmasse pendeln sich die Höchstwerte wohl meist zwischen 7 und
12 Grad ein.

In der Nacht zum Freitag überquert ein erster kurzwelliger Troganteil auf
Deutschland über, ein weiterer erreicht morgens den Westen. Dadurch zonalisiert
die Höhenströmung wieder vorübergehend etwas und die Fronten können an Fahrt
aufnehmen, die dann teilokkludierte Kaltfront hat in den Frühstunden wohl
bereits die Osthälfte überquert.
Da beide Fronten vom ersten Kurzwellentrog überlaufen werden, erweisen sie sich
im Laufe der Nacht nur noch als wenig wetterwirksam; in der Osthälfte und auch
im Südosten kommen kaum mehr Niederschläge an. Der Wind legt aber mit Passage
vor allem der Kaltfront vorübergehend etwas zu, so dass es in einigen Hochlagen
wieder häufiger Sturmböen (Brocken, Feldberg eventuell schwere Sturmböen) aus
Südwest gibt, im Nordseeumfeld einzelne steife Böen, über der offenen See auch
stürmische Böen.
Postfrontal folgt mit dem Trog nun noch kältere Höhenluft, in 500 hPa sinkt die
Temperatur auf -28 bis -31 Grad, in 850 hPa auf etwa +2 Grad im Südosten und -2
Grad im Nordwesten/Westen. Vor allem über dem relativ warmen Nordseewasser
labilisiert die Schichtung deutlich und es gibt zahlreiche Schauer, vereinzelt
auch kurze Gewitter, die eventuell auch noch das angrenzende Küstengebiet
erfassen. Ansonsten hält sich die Schauertätigkeit zunächst in Grenzen, erst mit
Annäherung des morgens auf den Westen übergreifenden Kurwellentroges lebt sie im
Südwesten und Westen erneut auf, auch dort sind kurze Gewitter nicht
ausgeschlossen. Nun simulieren insbesondere ICON-EU und ICON-D2 im Stau des
Schwarzwaldes Mengen nahe der Warnkriterien. Auf dem Feldberg dürfte es dabei
nasse Flocken bis nahe 1000 m geben, an den Alpen gibt es dagegen nur wenig
Niederschläge, dort liegt die Schneefallgrenze wohl noch um 1500 m.
Bei meist starker bzw. nur kurzzeitig aufgelockerter Bewölkung dürfte Frost kein
Thema sein.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag … hat sich gegenüber den Aussagen der Frühübersicht nur wenig
geändert. Der kurwellige Troganteil schwenkt über die Mitte und den Süden des
Landes rasch hinweg ostwärts, begleitet von teils schauerartigen Regenfällen,
kurze Gewitter nicht ausgeschlossen. Nach wie vor gibt es noch Modelldifferenzen
bzgl. der räumlichen Verteilung der Niederschläge (nach ICON-EU bleibt es in der
Osthälfte nach wie vor trocken, auch nach GFS gibt es dort nur wenige
Niederschläge, IFS von 00 UTC hat dagegen dort recht verbreitet Schauer auf der
Agenda), die sich aber mengenmäßig weit unterhalb der Warnschwellen bewegen. Die
Schneefallgrenze bewegt sich tagsüber meist zwischen 1000 und 1400 m.
Das ehemalige Sturmtief („HELMOE“) hat inzwischen mit einem Kerndruck um 990 hPa
zusammen mit einem Höhentiefdipol (ein weiterer befindet sich abends über
Südnorwegen) die Nordsee erreicht und steuert zum Abend hin auf die Deutschen
Bucht zu. Der zugehörige Bodentrog erreicht – gekoppelt an einen markanten
Höhentrog – nachmittags bzw. abends mit Schauern – kurze Gewitter nicht
ausgeschlossen – den Westen Deutschlands, die meisten Schauer sind wohl nach wie
vor über der Nordsee zu erwarten.
Der Wind könnte mit Annäherung des Bodentroges mit Böen Bft 7 aus Süd bis
Südwest im Westen vielleicht auch in den Niederungen warnrelevant werden,
ansonsten beschränken sich zu bewarnende Böen auf einige Mittelgebirgsgipfel
(vor allem Schwarzwald) und die Nordsee.
Die Sonne zeigt sich nur sporadisch, am ehesten wohl im Lee einiger
Mittelgebirge und bei 0 bis -2 Grad in 850 hPa erreichen die Höchsttemperaturen
ähnliche, vielleicht um etwa 1 bis 2 K niedrigere Werte als am Vortag.

In der Nacht zum Samstag schwenkt die Trogachse langsam über das
Vorhersagegebiet hinweg ostnordostwärts, begleitet von schauerartigen
Regenfällen, vereinzelt können auch kurze Gewitter dabei sein. Die
Schneefallgrenze sinkt dabei in einigen Schwarzwald- und Alpentälern auf unter
1000 m, eventuell auch auf nahe 700 m (etwa -3 bis -4 Grad in 850 hPa). Im
Nordosten bleibt es dagegen noch weitgehend trocken, ansonsten fallen in einigen
Staulagen sowie über der offenen Nordsee erneut gebietsweise mehr als 10 l/qm.
Vor allem in den Hochlagen der süddeutschen Mittelgebirge und der Alpen gibt es
nun recht verbreitet Sturmböen aus West.

Modellvergleich und -einschätzung

Die simulierte räumliche Niederschlagsverteilung am Freitag und auch in der
Nacht zum Samstag ist nach wie vor noch gewissen Differenzen unterworfen,
wenngleich Warnschwellen nicht erreicht werden.
Ansonsten simulieren die Modelle die Wetterentwicklung sehr ähnlich.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff