#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Donnerstag, den 12.10.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 12.10.2023 um 10.30 UTC
Herbstliches, zunehmend hochdruckgeprägtes Wetter. Anfangs an den Küsten noch
stürmisch und einzelne Gewitter, im Bergland leichter Frost.
Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 19.10.2023
Zum Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Sonntag ist der markante
Luftmassenwechsel, der durch den Kaltfrontdurchgang am Vortag eingeleitet wurde,
bereits vollzogen. Der Spätsommer ist (endlich?) Geschichte. Rückseitig der
Kaltfront wurde Deutschland bei lebhafter nordwestlicher Strömung von maritimer
Polarluft geflutet, was 850-hPa-Temperaturwerte von landesweit 0 bis -2 Grad
bedeutet. Auf 2 m Höhe bezogen sind damit als Höchstwerte gerade einmal noch 10
bis 14 Grad, im Bergland sogar nur einstellige Werte drin.
Die abgezogene Kaltfront gehört zu einem großräumigen Tief über dem Norden
Fennoskandiens. Demgegenüber befindet sich ein Hoch über den Britischen Inseln,
das einen Keil bis nach Süddeutschland ausbildet. Dazwischen besteht – wie
bereits erwähnt – eine lebhafte nordwestliche Strömung, die an den Küsten für
die ein oder andere Sturmböe gut ist. Auch dem Binnenland steht ein windiger Tag
ins Haus, was nicht nur gradientbedingt ist, sondern zum Teil auch dem
Heruntermischen des Höhenwindes geschuldet ist. Deutschland liegt nämlich direkt
unter einem Langwellentrog, der in 500 hPa bis zu -32 Grad aufweist. Dadurch
kommt in der Nordhälfte eine rege Schauertätigkeit in Gang, besonders im
Küstenumfeld sind auch einzelne Gewitter möglich. Im Tagesverlauf schwenkt der
Trog ostwärts durch, sodass wir nachfolgend in den Einflussbereich eines flachen
Rückens kommen. Am Boden kann sich dadurch auch das Hoch breit(er) machen, was
eine zum Teil recht wolkenarme Nacht zur Folge hat, in der vor allem im Bergland
der Südhälfte leichter Luftfrost zu erwarten ist.
Am Montag verbleiben wir zunächst noch unter dem flachen Rücken, der sich vom
westlichen Mittelmeerraum bis nach Deutschland aufwölbt. Am Boden bildet sich
eine Hochdruckbrücke aus, die von den Britischen Inseln über Deutschland hinweg
bis zum Schwarzen Meer reicht. Über dem Ostatlantik zieht derweil ein
Cut-Off-Tief ostwärts zur Biskaya. An der Vorderseite des von ihm ausgehenden
Troges konnte sich ein Tiefdruckkomplex über der Iberischen Halbinsel
entwickeln, an dessen Ostflanke feucht-warme Subtropikluft nach Norden gesteuert
wird, die auf die vorgelagerte Kaltluft trifft. Abgesehen von zunehmender
Bewölkung im Südwesten, bekommen wir in Deutschland aber (noch) nichts davon
mit, das Temperaturniveau bleibt im Vergleich zum Vortag unverändert, auch wenn
die Frostgefahr etwas abnimmt.
Am Dienstag kommt das Biskaya-Höhentief bis nach Westfrankreich voran, der Süden
verbleibt aber größtenteils weiterhin unter dem Einfluss des Rückens. Im Norden
schwenkt ein schwacher und nicht allzu wetteraktiver Randtrog ostwärts durch,
der letztlich das Trogresiduum des Biskaya-Höhentiefs darstellt. Dahinter wölbt
sich ein wölbt sich kräftiger Rücken über dem Nordmeer auf. An der
Druckverteilung am Boden ändert sich kaum etwas, allerdings macht sich
allmählich die WLA vorderseitig des Tiefdruckkomplexes über Südwesteuropa
bemerkbar: Während die 850-hPa-Temperatur in der Nordosthälfte weiterhin bei 0
bis -2 Grad liegt, steigt sie im äußersten Süden/Südwesten schon wieder auf 10
Grad an. Durch die Bewölkung (und auch schon erste Niederschläge im Südwesten)
und die bodennahe Ostströmung dürfte das allerdings keinen allzu großen Effekt
auf die Höchstwerte haben. Einzig die nächtliche Frostgefahr nimmt weiter ab.
Am Mittwoch wird der Rücken über Süddeutschland ostwärts abgedrängt und wir
gelangen auf die Vorderseite des Höhentiefs über Westfrankreich und damit in
eine schwache südwestliche Höhenströmung. Der Norden gelangt dagegen in den
Einflussbereich eines Hochs über dem Nordmeer, das sich vorderseitig des vorhin
angesprochenen Rückens gebildet hat und seine Fühler meridional bis nach
Deutschland ausstreckt. Niedertroposphärische wird es nun auch im Nordosten
etwas wärmer mit 4 bis 6 Grad in 850 hPa. In der Südwesthälfte stehen dagegen
schon wieder stolze 10 bis 14 Grad auf der Karte.
Am Donnerstag wird das Höhentief über Westfrankreich von einem herannahenden,
atlantischen Langwellentrog (mit beachtlicher Amplitude) förmlich aufgesaugt. Im
Vorfeld kann sich der Nordmeerrücken weiter verstärken und damit auch das
korrespondierende Bodenhoch bei Norwegen. Zwischen diesem Rücken und dem stromab
befindlichen Rücken über Nordosteuropa, gelangt ein weiterer Schwall polarer
Luft bis ins östliche Mitteleuropa. Wir werden davon nur angekratzt, was
bedeutet, dass die Temperatur in 850 hPa im Nordosten wieder auf Werte um 0 Grad
sinkt. Der Tiefdruckkomplex über Südwesteuropa schwächt sich ab beziehungsweise
wird ersetzt durch ein großräumiges Tief nordwestlich der Biskaya, wodurch auch
die Zufuhr der warmen Mittelmeerluft abnimmt gerät – im Süden bleibt die
850-hPa-Temperatur aber noch bei knapp zweistelligen Werten.
In der erweiterten Mittelfrist könnte es insofern spannend werden, als dass die
über dem östlichen Mitteleuropa eingeströmte Kaltluft möglicherweise angezapft
wird, wodurch die Temperatur in 850 hPa im Nordosten wieder deutlich in den
negativen Bereich absinken könnte. Die Unsicherheiten sind aber noch recht groß.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz des 00-UTC-Laufs vom heutigen Donnerstag kann zunächst als sehr
gut beschrieben werden. Ab Dienstag nehmen die Unterschiede vorübergehend etwas
zu.
Als Beispiel wird das Biskaya-Höhentief im heutigen 00-UTC-Lauf in den gestrigen
Läufen deutlich schwächer simuliert und dafür der Nordmeerrücken kräftiger in
Szene gesetzt (sogar mit eigenständigem Höhenhoch über den Britischen Inseln).
In der Folge lässt der heutige 00-UTC-Lauf bereits am Dienstag Niederschläge
vorderseitig des Tiefdruckkomplexes über Südwesteuropa in den Südwesten
Deutschlands ziehen, der gestrige 00-UTC-Lauf dagegen erst ab Donnerstagabend.
Der 12-UTC-Lauf vom Vortag liegt vom Timing her dazwischen.
In der erweiterten Mittelfrist, also ab Freitag, gleichen sich die Läufe wieder
an, was die großräumigen Strukturen angeht.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Bis Dienstag sind sich die Globalmodelle (IFS, ICON, GFS) weitgehend einig, was
die großräumigen Strukturen angeht. Am Mittwoch lassen sowohl ICON als auch GFS
dann jedoch einen markanten Randtrog zwischen Nordmeerrücken und
Nordosteuropatrog südwärts bis nach Mitteleuropa ziehen. An der Westflanke des
Trogs strömt ein Schwall Polarluft südwärts, die weite Teile des Landes flutet.
Am Donnerstag läge die Temperatur in 850 hPa demnach von Nordost nach Südwest
zwischen -6 und 0 Grad und nur im äußersten Südwesten noch leicht im positiven
Bereich. GFS deutet einen ähnlichen Kaltluftvorstoß an, allerdings weiter
östlich, sodass nur der Nordosten und Osten im negativen Temperaturbereich
liegen würden (850 hPa bis -5 Grad). Zudem fällt auf, dass ICON und GFS den
Tiefdruckkomplex über Südwesteuropa etwas weiter westlich simulieren als IFS.
Dadurch würden die damit verbundenen Niederschläge ab Mittwoch den äußersten
Süden allenfalls ankratzen, während IFS diese bis zur Mitte ausgreifen lässt.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen für verschiedene deutsche Städte präsentieren sich bis
einschließlich Dienstag zumeist schön gebündelt. Demnach steigen Geopotenzial
und 850-hPa-Temperatur wieder allmählich an (Geopotenzial deutlicher als
Temperatur), bei so gut wie keinen Niederschlagssignalen. Im Süden nimmt die
Streuung bei der Temperatur dagegen schon ab Montag wieder zu, wenngleich der
Trend nach oben geht. Die Frage ist letztlich, wie stark die Zufuhr der
Mittelmeerluft ausfällt. Der Hauptlauf ist dabei sehr weit oben im Spread zu
finden. Ab Mittwoch nehmen die Unsicherheiten deutlich zu. Es wird ein bunter
Mix aus „es bleibt warm“ und „es wird wieder kälter“ angeboten. Bei genauem
Hinsehen kann man jedoch erkennen, dass sich im Nordosten eine Gruppe von
Membern ab Mittwoch auf Talfahrt begibt und sich bei etwa -5 Grad einpendelt.
Das spräche für den Kaltluftvorstoß, den auch die Hauptläufe von GFS und ICON im
Angebot haben. Im (äußersten) Süden und Südwesten bleibt die Mehrheit der Member
dagegen auf der warmen Schiene.
Diese „Sicherheit“ bis Dienstag zeigt sich auch im Clustering, wo für den
Zeitraum von Dienstag bis Donnerstag (t+120-168h) sage und schreibe ein Cluster
angeboten wird, das dem Regime Atlantischer Rücken bzw. Blocking zugeordnet ist.
Im Zeitraum Freitag bis Sonntag (t+192-240; erweiterte Mittelfrist) liegen
immerhin drei Cluster vor (C1: 22 Member, inkl. Hauptlauf; C2: 17 Member, inkl.
Kontrolllauf; C3: 12 Member). Alle drei zielen auf das Blocking-Regime ab.
Auffällig ist, dass Cluster 1 und 2 den Trogvorstoß bis nach Mitteleuropa und
letztlich auch Deutschland zeigen, während „Außenseiter-Cluster“ 3 den trog
deutlich weiter östlich simuliert.
Alles in allem geht die Tendenz ab Ende des Mittelfristzeitraums also Richtung
Kaltluftvorstoß im Nordosten. Die Frage ist, wie weit dieser nach
Süden/Südwesten vorankommt.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Sonntag an den Küsten stürmische Böen, teils auch Sturmböen wahrscheinlich.
An der Nordsee in exponierten Lagen einzelne schwere Sturmböen nicht
ausgeschlossen. Auf dem Brocken Sturmböen. Dazu bevorzugt im Küstenumfeld
einzelne Gewitter mit Sturmböen, mit geringer Wahrscheinlichkeit tagsüber auch
im angrenzenden Binnenland.
Ab Montag voraussichtlich keine markanten Wettererscheinungen.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS(-EPS), MOSMIX, ICON, GFS
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Tobias Reinartz