#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Montag, den 19.09.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 19.09.2023 um 10.30 UTC
Am Freitag und Samstag mit Trogpassage unbeständig und relativ kühl, im Süden
örtlich Stark- bzw. Dauerregen. Danach freundliches und recht warmes
Spätsommerwetter mit leicht zyklonalem Einschlag im Nordwesten.
Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 26.09.2023
Am Freitag, zu Beginn des Mittelfristzeitraumes, befindet sich Deutschland auf
der Vorderseite eines Höhentroges über Westeuropa unterhalb einer
südsüdwestlichen Höhenströmung. Der Trog erweist sich als progressiv und greift
bereits in der Nacht zum Samstag auf das westliche Mitteleuropa über.
Im Bodenfeld hat die Kaltfront eines mit dem Trog korrespondierenden
Tiefdruckkomplexes mit zwei Kernen über der Norwegischen See und Norwegen
bereits die Osthälfte Deutschlands überquert, schleift aber noch entlang des
Alpenrandes bzw. über dem Süden und Südosten Bayerns. Dort fällt gebietsweise
schauerartiger Regen, teils wohl mit warnrelevanten Mengen, eventuell gibt es
auch noch einzelne kräftige Gewitter. Ansonsten klingen die Niederschläge mit
Abzug der Front im Osten bald ab, während es mit Annäherung des Troges im
Nordwesten einzelne Schauer und kurze Gewitter geben kann, dazu weht im
Nordseeumfeld in Böen steifer bis stürmischer West- bis Südwestwind. Der
Kaltfront folgt erwärmte Subpolarluft mit 5 bis 8 Grad in 850 hPa.
Auch in der Nacht zum Samstag fällt im Südosten noch Regen, mit allerdings
nachlassender Intensität. Im Nordwesten gibt es einzelne Schauer, ansonsten ist
es aufgelockert bewölkt, teils klar.
Am Samstag schwenkt der Höhentrog unter Amplifizierung über Mitteleuropa hinweg
ostwärts und tropft in der Nacht zum Sonntag über Italien ab. Ihm folg ein
Höhenrücken, der von Frankreich her ausgangs der Nacht auch auf den Westen
Deutschland ausweitet.
Im Süden, vor allem an den Alpen, fällt noch gebietsweise Regen, de nur zögernd
nachlässt. Ansonsten gibt es mit Trogpassage vor allem im Norden und Nordwesten
einzelne Schauer, eventuell auch ein kurzes Gewitter. Gleichzeitig weitet sich
bereits im Tagesverlauf ein Bodenhochkeil von Frankreich her nach
Südwestdeutschland aus, so dass vom Südwesten über die Mitte bis in den Osten
des Landes bereits die sonnigen Abschnitte zunehmen und es dort oft trocken
bleibt. Bis Sonntagfrüh etabliert sich eine eigenständige Hochdruckparzelle mit
etwas über 1025 hPa über der Mitte Deutschlands.
Die 850 hPa-Temperatur sinkt mit Trogpassage noch etwas auf etwa 4 bis 7 Grad,
so dass die 20 Grad lediglich mit Sonne am Oberrhein erreicht und in der
Osthälfte eventuell knapp überschritten werden. An den Alpen kann es in der
Nacht zum Sonntag bis unter 2000 m noch etwas schneien, ehe auch dort die
Niederschläge nachlassen. Außer ganz im Süden bzw. Südosten sowie im Nordwesten
verläuft die Nacht oft gering bewölkt, örtlich bildet sich Nebel. In ungünstigen
Lagen kann Bodenfrost nicht ausgeschlossen werden.
Am Sonntag nistet sich der Ex-Hurrikan NIGEL als zentralsteuerndes Sturmtief
über dem Seegebiet südwestlich von Island ein und zeigt kaum
Verlagerungstendenz. Auf seiner Vorderseite wird fortwährend Warmluft
nordostwärts geführt und stützt einen Höhenrücken, der sich über Mitteleuropa
hinweg ostwärts ausweitet. Das Bodenhoch übe Deutschland verlagert seinen
Schwerpunkt bis zur Nacht zum Montag allmählich nach Polen, von ihm ausgehend
erstreckt sich aber nach wie vor eine ausgedehnte Hochdruckbrücke über
Mitteleuropa hinweg nach Südwesteuropa und von dort aus zu den Azoren.
Eingebettet in die straffe Frontalzone über West- und Nordeuropa greift das
Frontensystem von Ex-Nigel von den Britischen Inseln auf die Nordsee und in der
Nacht zum Montag auch auf Skandinavien über, die Warmfront streift dabei den
Nordwesten und Norden Deutschlands mit Wolkenfeldern, es bleibt aber weitgehend
trocken. Auch im Südosten ist es anfangs noch bewölkt mit letzten Regenschauern
an den Alpen, ansonsten steht aber nach Nebelauflösung ein recht sonniger Tag
ins Haus. Die 850 hPa-Temperatur steigt bis zum Abend auf etwa 6 Grad im
Südosten und 11 Grad im Nordwesten, somit werden mit Sonnenschein die 20 Grad
wohl wieder überschritten. Die Nacht zum Montag bleibt im Nordwesten bewölkt,
während es sonst gering bewölkt oder klar ist und sich örtlich Nebel bilden
kann. Erneut steht eine frische Nacht ins Haus.
Am Montag und Dienstag schwächt sich Ex-Nigel allmählich ab und zieht vom
Seegebiet südlich Islands über das Nordmeer und Nordskandinavien bis zur Nacht
zum Mittwoch in etwa zur Barentssee. Von ihm aus erstreckt sich aber nach wie
vor eine Tiefdruckrinne bis nach Island, knapp südlich davon reicht die nur
langsam abschwächende Frontalzone am Dienstag über den Norden der Britischen
Inseln und Südskandinavien bis in den Westen Russlands.
Südlich daran anschließend bleibt Mitteleuropa im Einflussbereich der
langgestreckten, vom Ostatlantik bis nach Osteuropa reichenden Hochdruckbrücke.
Lediglich der Nordwesten und Norden werden zeitweise von weiter nördlich
durchziehenden Frontensystemen gestreift, die sich meist nur in Form dichterer
Wolkenfelder bemerkbar machen. Am ehesten bringen diese noch in der Nacht zum
bzw. am Dienstag dort auch etwas Regen oder einzelne Schauer, der aktuelle
IFS-Lauf hat aber keine Niederschläge auf der Agenda. Im Rest des Landes scheint
dagegen nach Nebelauflösung meist die Sonne.
Die 850 hPa-Temperatur steigt noch etwas an, auf etwa 9 bis 14 Grad. Mit der
Durchmischung klappt es bei schwachem Gradienten und schon recht langen Nächten
zu dieser Jahreszeit natürlich nicht mehr, dennoch wird es mit 20 bis 25 Grad
spätsommerlich warm. Lediglich bei dichteren Wolken im Nordwesten/Norden bzw.
bei längerem Nebel bleibt es etwas kühler. Die Nächte fallen angenehm frisch
aus.
In der erweiterten Mittelfrist deutet sich noch keine grundlegende Umstellung
an, allerdings schwächt sich die Hochdruckbrücke über Mitteleuropa ab und weicht
einer flachen Tiefdruckrinne von Südwesten her, mit der noch etwas wärmere und
potenziell instabile, aber wohl noch relativ trockene Luft aus Südwesteuropa ins
Vorhersagegebiet geführt wird.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Dem aktuellen IFS-Lauf kann eine gute Konsistenz zu den beiden Vorgängern
bescheinigt werden, der grobe Fahrplan steht. Die gestrigen Läufe hatten den
Höhentrog am Samstag noch etwas progressiver auf der Agenda, was aber kaum
Auswirkungen auf die Prognose hat.
Die genaue Zugbahn von Ex-Nigel ist noch unsicher, vor allem der gestrige 12
UTC-Lauf simulierte eine etwas südlichere als der aktuelle. Auch diese Tatsache
hat aber nur wenig auf die Prognose hierzulande. In der Nacht zum und am
Dienstag waren die beiden gestrigen Läufe für den Nordwesten des Landes dadurch
allerdings geringfügig zyklonaler aufgestellt als der aktuelle, hatten aber
ebenfalls kaum Niederschlag im Gepäck.
Erst in der erweiterten Mittelfrist ergeben sich Unterschiede, die Lage und
Ausrichtung der Hochdruckbrücke betreffend.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
GFS lässt den Höhentrog am Samstag nicht über Südeuropa austropfen, so dass die
Trogpassage über Mitteleuropa etwas markanter und nachhaltiger ausfällt und sich
bis in die Nacht zum Sonntag zieht. Mit dieser Lösung steht das Modell aber
recht isoliert da, lediglich UK10 tendiert ebenfalls ein wenig in diese
Richtung.
Für die Nacht zum und den Dienstag tagsüber sind dann GFS und ICON etwas
zyklonaler aufgestellt als IFS und GEM und simulieren im Nordwesten und Norden
leichte Niederschläge. Auch das hängt zusammen mit den Unsicherheiten, die
genaue Zugbahn von Ex-Nigel betreffend. Ansonsten steht der grobe Fahrplan aber
bis zur erweiterten Mittelfrist, zumindest, den groben Wetterablauf hierzulande
betreffend.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Im Zeitraum 72 bis 96 Stunden verteilen sich alle ENS-Member auf lediglich einen
Cluster, der dem Großwetterlagenregime „NAO positiv“ zugeordnet ist und die
Trogpassage über Westeuropa auf der Agenda hat.
Im nächstfolgenden Zeitraum (120 bis 168 Stunden) kommt dann Ex-Nigel ins Spiel.
Zunächst einmal haben alle drei Cluster (jeweils 22, 15 und 14 Member, Hauptlauf
in Cluster 3, Kontrolllauf in Cluster 1) den Abtropfprozess über Südeuropa auf
der Agenda, allerdings jeweils räumlich etwas versetzt. Diese Cut-Off-Tiefs
bieten über dem zu dieser Jahreszeit warmen Mittelmeer einiges an
Unwetterpotenzial; wo, ist allerdings aktuell noch schwer abschätzbar.
Für uns von Interesse ist aber eher die Zugbahn des aus Nigel resultierenden
Zentraltiefs, der Nachfolgetiefs und der damit korrespondierenden
Frontensysteme. Den für uns wetterbestimmenden Höhenrücken haben alle drei
Cluster sehr ähnlich auf der Agenda, Cluster 3 allerdings mit einer gegenüber
Cluster 1 und 2 höheren Blockadewirkung für uns (Großwetterlagenregime schwenkt
zum Ende des Zeitraumes von „NAO positiv“ zu „Blocking“, während Cluster 1 und 2
bei „NAO positiv“ bleiben. Der Hauptlauf ist diesem Cluster zugeordnet und
simuliert auch entsprechend weniger „Zyklonalität“, die eh nur den Nordwesten
und Norden betreffen würde, als wohl die meisten andren ENS-Member und auch als
die meisten externen deterministischen Läufe.
Die erweiterte Mittelfrist (192 bis 240 Stunden) hat dann vier Cluster (jeweils
18, 17, 10, 6 Member) auf der Agenda. Alle tendieren Richtung „Blocking“ bzw.
(Cluster 3) zu „Atlantic Ridge“, lediglich Cluster 1 bleibt noch länger bei NAO
positiv (SWa für uns). Somit steht wohl auch Richtung Monatsende eher ruhiges
und niederschlagsarmes Hochdruckwetter auf der Agenda, wobei lediglich Lage und
Ausrichtung des Hochs bzw. der Hochdruckbrücke noch unsicher sind, die aber
durchaus Einfluss auf das Temperaturniveau hierzulande haben.
Noch ein kurzer Blick auf die Rauchfahnen der 850 hPa-Temperatur der ENS-Member
einzelne Gitterpunkte im Vorhersagegebiet. Diese verlaufen bis Sonntag in einem
recht engen Spread, wobei mit Trogpassage die Temperatur in nahezu allen
Gitterpunkten mit etwa 3 bis 7 Grad in der Nacht zum Sonntag die tiefsten Werte
erreicht.
Danach geht es in einem zunächst nur langsam breiter werdenden Spread bis Montag
wieder steil bergauf. Ab Dienstag wird der Spread dann bei einem insgesamt recht
hohe Temperaturniveau wieder breiter, wobei sich der Hauptlauf zunächst im
Bereich des Medians, später etwas oberhalb bewegt und es aber auch ein paar
kalte Ausreißer gibt.
Die Niederschlagssignale sind insgesamt sehr spärlich gesät und beschränken sich
(von Einzelläufen abgesehen) weitgehend auf den Freitag und Samstag.
FAZIT:
Der grobe Fahrplan quasi bis Mitte kommender Woche steht. Ob es in der Nacht zum
und am Dienstag für geringe Niederschläge im Nordwesten und Norden reicht, ist
noch unklar, erscheint aber recht wahrscheinlich. Danach, also ab etwa
Wochenmitte, werden vor allem die Temperaturprognosen allmählich unsicherer.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Im Bereich der schleifenden Kaltfront kann es am Freitag bis in die Nacht zum
Samstag an den Alpen und im angrenzenden Vorland längere Zeit regnen, anfangs
sind auch einzelne kräftige Gewitter nicht ausgeschlossen.
Die probabilistischen Verfahren simulieren durch die Bank weg in etwa von
Oberschwaben bis ins Ostallgäu, einige auch noch am Alpenrand weiter östlich,
relativ gering Wahrscheinlichkeiten für ein Überschreiten der Warnschwellen für
Dauerregen im Zeitraum Freitag, 00 UTC bis Samstag, 00 UTC.
Im Nordseeumfeld kann es am Freitag auch außerhalb von Schauern bzw. Gewittern
stürmische Böen aus Südwest geben. Ansonsten können diese am Freitag und mit
etwas geringerer Wahrscheinlichkeit auch noch am Samstag im Nordwesten als
Begleiterscheinung einzelner Gewitter auftreten.
Vor allem die Nacht zum Sonntag fällt recht frisch aus, in ungünstigen Lagen ist
dann Bodenfrost möglich.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS EPS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff