S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 16.09.2023 um 10.30 UTC

Insgesamt wechselhaft mit zeitweiligen Regenfällen und abwechselnd warmen und
mäßig warmen Abschnitten. Im Norden Dienstag und Mittwoch Sturm.

Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 23.09.2023

Bis zum Dienstag, dem Beginn des Mittelfristzeitraumes, soll sich nach IFS eine
zyklonale Westwetterlage eingestellt haben. Während sich über Osteuropa noch ein
Rücken befindet, bestimmt ein Trogkomplex mit zwei Höhentiefs das Wetter im
Nordwesten Europas und über dem nahen Atlantik. Höhentief I zieht am Dienstag
über die nördliche Nordsee hinweg und ein vom ihm ausgehender Kurzwellentrog
überquert Deutschland rasch von West nach Ost. Höhentief II liegt am Dienstag
noch südlich von Grönland und Island. Südlich des Trogkomplexes schiebt sich auf
der Rückseite des zu Höhentief I gehörenden Kurzwellentroges eine kräftige
westliche Höhenströmung über Deutschland. Bodennah bestimmt ein mehrkerniges
Tief über der nördlichen Nordsee und dem südlichen Nordmeer die Wetterkarte.
Dessen Kaltfront zieht bereits in der Frühe aus Deutschland nach Osten ab, so
dass wir eine klassische Rückseitenwetterlage mit starkem Trogeinfluss bekommen,
also rasch wechselnde Bewölkung mit reichlich Schauern. Da sich im Süden des
Landes noch ein Azorenhochkeil befindet, herrscht kräftiger Druckgradient über
Deutschland und dementsprechend stark ist der Südwestwind, im Nordwesten mit
stürmischen Böen. Mit nur noch 5 bis 8°C in 850 hPa wird es deutlich kühler als
zuvor. In der Nacht zum Mittwoch erreicht schon das stark entwickelte, aus dem
ehemaligen Hurrikan Lee entstandene Tief die Nähe Irlands. Auf seiner
Vorderseite erreicht ab dem Abend kräftige Warmluftadvektion Deutschland, so
dass es am Abend und in der Nacht im Norden des Landes recht kräftig regnet.
Zudem legt der Wind noch etwas zu.

Am Mittwoch soll sich Ex-Lee in der Nähe Schottlands einnisten. Während
Höhentief I rasch nach Nordosten abzieht, kann sich im Westen Höhentief II weit
nach Süden ausdehnen, so dass die immer noch kräftige Höhenströmung auf Südwest
dreht. Damit gelangen wir in Ex-Lees breit aufgespannten Warmsektor, wo die
Temperatur in 850 hPa im Norden wieder auf 10°C steigt, im Süden auf 14°C.
Während der Norden noch länger mit der nur langsam abziehenden Warmfront zu tun
hat und damit viel Bewölkung und noch etwas Regen erwarten darf, setzt sich in
den anderen Landesteilen wieder langsam die Sonne durch. Vor allem nach
Nordwesten hin ist der Gradient noch stark und der Wind weht dementsprechend in
Küstennähe stürmisch.

Am Donnerstag verlagert sich Ex-Lee weiter nur wenig. Da sich aber das Höhentief
weiter nach Süden ausdehnt, bildet sich jetzt ein markanter Langwellentrog über
Westeuropa (GWL: SWz oder TrW). Die Strömung steilt weiter auf. Während in den
Osten Deutschlands noch etwas wärmere Luft gelangt, nähert sich im Westen die
Kaltfront des Tiefs kommt aber in der steilen Strömung nur sehr langsam voran.
Dennoch sollen ab dem Nachmittag schauerartige Regenfälle auf den Westen
Deutschlands übergreifen. Der Wind schwächt sich im Vergleich zum Vortag wieder
ab. In der Nacht zum Freitag kommt der Langwellentrog schon weiter ostwärts
voran und ein erster Kurzwellentrog läuft aus diesem heraus in den Westen
Deutschlands. An der Kaltfront, die in etwa bis zur östlichen Mitte des Landes
vorankommt, schwächt sich der Regen langsam ab.

Am Freitag gelangen wir zunehmend in den Trogbereich, auch wenn dessen
Hauptachse noch westlich unseres Landes liegt. Die Kaltfront kommt langsam nach
Osten voran und auf ihrer Rückseite gelangt stark erwärmte Polarluft mit etwa 6
bis 8°C in 850 hPa zu uns. In der zweiten Tageshälfte setzen von Nordwesten her
Schauer ein. Der Wind weht weiter recht böig aus Südwest.

Am Samstag soll dann die Achse des Troges zu uns hereinschwenken. Das Bodentief
liegt dann über Skandinavien, während sich in den Süden wieder ein
Azorenhochkeil schiebt. Damit bleibt es noch leicht windig aus Südwest bis West.
Bei wechselnder Bewölkung gibt es einzelne Schauer.

Im weiteren Verlauf betritt dann der Ex-Hurrikan Nigel die
europäisch-atlantische Bühne, der aktuell noch als Tropical Depression Fifteen
auf seinen Auftritt wartet. Er soll Ex-Margot einfangen und sich zwischen
Schottland und Island zeitweise auf unter 950 hPa vertiefen. An seiner Südflanke
schiebt er mächtig Warmluft nach Mitteleuropa, so dass sich bei uns ein Keil
aufbaut und Hochdruckeinfluss einstellt. Wie bei solchen Lagen üblich, bestehen
aber durchaus noch ein paar Unsicherheiten.

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Bis zum Freitag ist die Konsistenz des aktuellen Laufs mit seinen beiden
Vorgängerläufen durchaus hoch, es gibt nur geringfügige Prognoseunterschiede.
Zum Samstag machen sich dann aber erhebliche Unterschiede bemerkbar. Nach dem
gestrigen 00-UTC-Lauf sollte der Langwellentrog dann schon sehr flott nach Osten
abziehen und ein neues Tief westlich Irlands für kräftige WLA und den Aufbau
eines Rückens sorgen. Nach den beiden Nachfolgeläufen soll der neue Rücken 24
bis 36 Stunden später, dafür etwas kräftiger in Erscheinung treten.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Bereits am Mittwoch fällt auf, dass Ex-Hurrikan Lee durchaus unterschiedlich
behandelt wird. So soll nach GFS und GEM der Sturm schon am Mittwoch recht flott
über die nördliche Nordsee ziehen, wobei aber ein Residualtief an der Stelle
verbleibt, an der die übrigen Modelle Ex-Lee zeigen. Für den Mittwoch könnte das
insbesondere für den Norden Deutschlands mehr Regen und noch kräftigeren Wind
bedeuten.

Ansonsten gleichen sich die Modelle am Donnerstag wieder an. Am Freitag gibt es
dann wiederum Unterschiede bezüglich der Geschwindigkeit, mit der die Kaltfront
durchgeht. Hierbei ist IFS am schnellsten, ICON dagegen am langsamsten mit
mindestens 12 Stunden Verzögerung.

Am Samstag zeigen dann sowohl IFS als auch GFS den Trogtag, wobei dieser bei GFS
eine stärkere Abtropftendenz aufweist und am Sonntag nur langsam abzieht,
während uns IFS dann schon wieder mit einem Rücken beglücken will.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Das IFS-Ensemble verteilt sich im Zeitraum von Donnerstag, 00 UTC bis Samstag,
00 UTC auf drei Cluster. Diese unterscheiden sich vor allem bei der Behandlung
der beiden zu den Ex-Hurrikanen Lee und Nigel gehörenden Trögen. C1 (23
Mitglieder) zeigt beide Tröge etwa gleich stark. C2 (22 Mitglieder, Haupt- und
Kontrolllauf) zeigt den ersten Trog über unserem Land ausgeprägter, Trog 2 ist
erst am entstehen und noch etwas weiter entfernt. C3 (6 Mitglieder) zeigt den
ersten Trog nur schwach, dagegen ist der zweite schon stärker und näher. Dies
entspricht eher der gestrigen Variante des Hauptlaufs.
In der erweiterten Mittelfrist werden vier Cluster gebildet. Diese zeigen
prinzipiell alle recht hohes Geopotential im Südwesten und im Nordosten Europas.
Unklar ist noch die Zugbahn von Ex-Nigel. C1, C2 und C4 (zusammen 39 Mitglieder,
Hauptlauf, Kontrolllauf) zeigen eher nördliche Zugbahnen mit tendenziell
antizyklonalem Einfluss in Deutschland (wenn man vom Nordwesten mal absieht). C3
(12 Mitglieder) lässt dagegen den Trog über Deutschland hinweg ziehen.

Die Rauchfahnen für verschiedene Städte Deutschlands zeigen recht
übereinstimmend die mäandrierenden Kurven von Geopotential und Temperatur mit
Minima am Dienstag und Samstag und einem Maximum am Donnerstag. Dabei ist die
Streuung nicht allzu groß. Zum nächsten Sonntag/Montag wird wieder allgemein der
Anstieg gezeigt, auch wenn die Streuung zunimmt. Die Niederschlagssignale
fokussieren sich im Süden und in der Mitte stark auf die Kaltfrontdurchgänge, im
Norden regnet es generell häufig.

Insgesamt erscheint das Ensemble erstaunlich wenig gestreut, in Anbetracht der
Tatsache, dass in den nächsten Tagen drei tropische Systeme über dem Atlantik in
die Wettersysteme der mittleren Breiten integriert werden wollen.

Die GFS-Rauchfahnen zeigen die gleichen Entwicklungen wie jene des IFS. Einziger
auffälliger Unterschied ist, dass der letzte Temperaturanstieg zum nächsten
Sonntag/Montag bei GFS schwächer ausfallen soll, der Potentialanstieg ist
dagegen genauso markant bei beim IFS.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

STURM:
Am Dienstag und Mittwoch zeigt Cosmo-LEPS erhöhte Wahrscheinlichkeiten für
stürmische Böen im Norden, über der See hohe Wahrscheinlichkeiten für Sturmböen
und sogar ein deutliches Signal für schwere Sturmböen. Geringe
Wahrscheinlichkeiten für orkanartige Böen werden für Nordfriesland simuliert.
Am Donnerstag, Freitag und Samstag gibt es nach IFS-EPS über der Nordsee noch
erhöhte Wahrscheinlichkeiten für stürmische Böen.

GEWITTER:
Am Donnerstag und Freitag von West nach Ost geringe Neigung zu Gewittern mit
stürmischen Böen in allen Regionen.

REGEN:
Am Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch zeigt vor allem COSMO-LEPS ein
leichtes Signal für Dauerregen an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins.

EFI:
Der EFI zeigt am Dienstag und Mittwoch ein markantes Signal für Wind im Norden
Deutschlands. Zudem gibt es am Dienstag noch ein deutliches Regensignal an der
Westküste Schleswig-Holsteins.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS

VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann