#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Mittwoch, den 13.09.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 13.09.2023 um 10.30 UTC
Nur kurze Spätsommerrückkehr am Wochenende! Kommende Woche eher herbstlich,
teils stürmisch, aber noch vergleichsweise mild.
Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 20.09.2023
Am kommenden Samstag, an dem unsere heutige Mittelfristbetrachtung startet,
feiert der Spätsommer ein kurzzeitiges Comeback. So wird tiefes Geopotential
über dem Nordmeer und nördlichen Skandinavien und einem beträchtlichen Cut-Off
westlich von Portugal mit einem Bodendruck unter 1000 hPa von hohem Geopotential
über der Westukraine flankiert, dessen Einfluss noch bis Mitteleuropa wirkt. Das
Bodenhoch befindet sich mit seinem Zentrum etwas nördlich über Belarus und
Westrussland. Mit der daraus resultierenden südlichen Strömung gelangt unter
Hochdruckeinfluss trockene und spätsommerliche warme Luft mit T850 um 10°C, im
Süden mit föhniger Unterstützung bis 15°C zu uns. Ein flacher Randtrog, der über
den Nordwesten Deutschlands hinwegschwenkt sowie Feuchtereste im Südosten und
über dem Alpenraum entwickeln kaum nennenswerte Wetteraktivität. So scheint bei
nur harmlosen Wolkenfeldern verbreitet und längere Zeit die Sonne bei
Höchstwerten zwischen 22 und 28 Grad – kurzum: bestes Ausflugswetter.
Daran ändert sich auch am Sonntag wenig. Zwischen einem markanten Randtrog, der
über die nördliche Ostsee ostwärts hinwegläuft und dem sich leicht nach Norden
verschiebenden Cut-Off vor Kap Finisterre kann sich der Rücken über Mittel- und
Osteuropa regenerieren und bildet eine neue Achse zu den Färöer Inseln aus.
Dadurch wird ein neues Bodenhoch über der nördlichen Nordsee und Südnorwegen
gestützt. Mit vorübergehend etwas auffrischenden Winden aus Nordwest wird es an
der Ostsee aller Voraussicht nach eine Spur kühler werden. Die über Frankreich
nordwärts gepumpte schwül-warme und gewitterträchtige Luftmasse mit Theta850
nahe 60°C bleibt noch weitestgehend außen vor. Sie erreicht zwar allmählich den
äußersten Südwesten Deutschlands, ist dort bis zum Abend aber noch weitgehend
gedeckelt. Daher steht nochmal ein spätsommerlich warmer und meist sonniger Tag
ins Haus mit ähnlichen Höchstwerten wie am Vortag. Nur an der Ostsee werden kaum
20°C erreicht.
Zum Wochenwechsel stellt sich die Wetterlage dann um. So erreicht ein markantes
Höhentief von der Irminger See kommend allmählich die Britischen Inseln. Dabei
fängt es nicht nur den Cut-Off langsam ein, sondern hat auf seiner Vorderseite
auch ausreichend Warmluft und damit auch gute barokline Verhältnisse zur
Verfügung, um immer wieder neue Randtiefs zu induzieren. Sie wird die Achse des
Hochs im Tagesverlauf zur Ostsee abgedrängt und von Westen stößt schwül-warme
und labil geschichtete Luft bis zur Landesmitte vor. Darin entwickeln sich teils
kräftige und gewittrig durchsetzte Regenfälle. Je nach Timing besteht dabei
lokal Unwettergefahr. Im äußersten Osten und Südosten bleibt es noch längere
Zeit trocken. Die maximal 22 bis 28°C werden als zunehmend drückend schwül
empfunden.
Bis zur Wochenmitte wird unter Einbezug des ehemaligen Hurrikans LEE der
Tiefdruckkomplex bei den Britischen Inseln, der sich immer mehr auch ostwärts
Richtung Südskandinavien verlagert, gestärkt und es etabliert sich eine stramme
westliche Strömung. Da wir dabei eher noch auf der warmen Seite liegen, bleibt
es im Zustrom sehr feuchter Meeresluft von der Biskaya mit Tagesmaxima zwischen
18 und 24 Grad noch vergleichsweise mild.
Allerdings ziehen wiederholt Tiefausläufer über uns hinweg, die teilweise ins
Schleifen gelangen und somit auch länger anhaltende Regenfälle produzieren
können. Zudem legt der Wind deutlich zu, so dass zeitweise mit starken bis
stürmischen (Bft 7 bis 8), an der See und auf den Bergen auch mit voller
Sturmstärke mit hoher Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist (Bft 9). Dabei ist nicht
ausgeschlossen, dass sich sogar ein satter Herbststurm über Jütland entwickeln
könnte.
Große Unsicherheiten bietet dabei aber nicht nur die Eingliederung in die
Westwinddrift des Ex-Hurrikans LEE, sondern eventuell zusätzlich auch die des
ehemaligen Hurrikans MARGOT, der zwar inzwischen „nur“ noch als Tropischer Sturm
geführt wird, aber schon ziemlich weit nördlich angelangt ist (laut IFS 0z am Mi
um 12UTC auf etwa 36N 45W). Sobald deren Luftmassen oder gar die gesamte Zyklone
an sich mit einbezogen werden, steigt die Stark-/Dauerregengefahr (v.a. in der
erweiterten Mittelfrist) durch „atmospheric river“ signifikant an.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Der aktuelle IFS Lauf liegt in guter Übereinstimmung zu seinen Vorläufen. Dabei
gibt es nur leichte Verschiebungen im Timing der durchschwenkenden Ausläufer
kommende Woche. Das kräftige und so weit südliche Sturmtief über Jütland am
Mittwoch nächster Woche hat allerdings erst der aktuelle Lauf im Programm. Im
Anschluss – also beim Übergang in die erweiterte Mittelfrist – ist das erneute
Aufsteilen auf Südwest rausgerechnet worden und die Strömung verbleibt
vergleichsweise glatt auf West. Dadurch, dass an dieser Stelle aber MARGOT ins
Spiel kommt, werden die Unsicherheiten spätestens ab da recht groß.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Die beschriebene Entwicklung sehen auch andere Modelle mit nur kleineren
Differenzen ähnlich.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Rauchfahnen:
Mit anteigenden Niederschlagssignalen ab Montag geht es tendenziell bei
Temperaturen und Geopotential in der kommenden Woche abwärts, wobei der Spread
bei der Temperatur selbst am Wochenende schon in vielen Regionen erstaunlich
groß ist. Das ist primär dem Streifschuss an der Ostsee am Sonntag geschuldet,
der die Wärme vorübergehend etwas südwärts abdrängen könnte. Mitte nächster
Woche stabilisieren sich die Kurven der T850 hPa Temperatur zwischen 5 Grad nach
Norden zu und 10 Grad im Süden, was nicht wirklich kühl, aber eben im Vergleich
zum Wochenende doch etwas kühler ist.
Cluster:
Die Cluster im Zeitraum von Mo-Mi zeigen einheitlich die Umstellung vom Blocking
zur Zonalisierung mit allmählicher Ausweitung des tiefen Luftdrucks on Island zu
den Britischen Inseln und Skandinavien. MARGOT bleibt dabei noch einheitlich
komplett isoliert, selbst in 3 von 4 Clustern der erweiterten Mittefrist bis
Samstag nächster Woche. An der west- bis südwestlichen, zyklonalen Strömung
(Wz/SWz) wird dabei festgehalten. Teilweise mit Streifschüssen höhenkalter Luft
im Norden und latenter Sturmgefahr.
FAZIT:
Die Rückkehr des Spätsommers am Wochenende mit viel Sonnenschein und
Höchstwerten bis 28 Grad ist nur von kurzer Dauer. In der kommenden Woche
übernehmen atlantische Tiefdruckgebiete das Kommando. Nach einer potentiellen
Unwetterlage am Montag mit teils schweren Gewittern geht es wechselhaft und
windig – damit also in der Summe eher herbstlich – weiter. Es wird zwar etwas
kühler, für die Jahreszeit bleibt es aber noch vergleichsweise mild mit 18 bis
24 Grad. Zur Wochenmitte und nachfolgend sind sowohl erste markante Herbststürme
als auch länger anhaltende und ergiebige Regenfälle im Bereich des Möglichen,
Stand jetzt aber noch nicht überbordend wahrscheinlich. Der Einbezug ehemaliger
Hurrikans sorgt dann für größere Unsicherheiten.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
GEWITTER/UNWETTER:
Der EFI CAPE SHEAR zeigt am Montag deutliche Signale über fast ganz Deutschland
an, was der dynamischen Lage und beteiligten Luftmasse (PPW’s um oder knapp über
40 mm) gerecht wird. Insofern muss gebietsweise von einer erhöhten
Unwettergefahr durch heftigen Starkregen, teils schweren Sturmböen und größerem
Hagel ausgegangen werden. Für genauere Details (Wann, Wo und wie stark?) ist es
noch zu früh. Am Dienstag könnte es zumindest anfangs auch noch die Osthälfte
betreffen.
STURM:
Für den Mittwoch kommender Woche liegen die Wahrscheinlichkeiten im IFS-EPS für
Böen > Bft 9 an der Nordsee immerhin schon bei 20-30%. Im EFI sind noch keine
größeren Auffälligkeiten zu verzeichnen. Im deterministischen Lauf vom IFS
liegen die Oberwinde in 925 hPa teilweise bei 50 Knoten. Zumindest zeit- und
gebietsweise ist aufgrund der Lage mindestens von Böen der Stärke 7 bis 8 Bft,
an der See und auf den Bergen von Bft 9 auszugehen. Ob mehr draus wird, werden
die nächsten Läufe zeigen.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, Mos-Mix
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Robert Hausen