#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Dienstag, den 12.09.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 12.09.2023 um 10.30 UTC
Anfangs an den Alpen gewittrig, sonst ruhiges Spätsommerwetter, ab Montag
unbeständiger und kühler.
Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 19.09.2023
Am Freitag zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums dominieren im IFS-EPS noch
die antizyklonal geprägten Strömungsbedingungen. Alle Member weisen dabei
entweder die Wetterlagen Sa oder SEa oder eine Brücke Mitteleuropa aus. Ab
Samstag mischt sich das EPS aber zunehmend. Vor allem die Wetterlage Süd
zyklonal gewinnt im EPS stark an Zuspruch. Aber auch Trog Westeuropa ist nun mit
Gewicht dabei. Dafür schmilzt die Unterstützermenge der Brücke Mitteleuropa
stark. Diese Bewegungen im EPS verdeutlichen den Wetterwechsel, der sich ab
Samstag langsam einstellt und wohl eine unbeständige Witterungsperiode
einläutet.
Der Blick auf den det. IFS wird uns am Freitag ausgehend vom zentralen
Mittelmeerraum ein breiter Rücken gezeigt, der sich nach Norden bis ins südliche
Skandinavien amplifizieren kann. Bodennah stützt dieser ein Hoch mit Schwerpunkt
über der mittleren Ostsee und Nordpolen, sodass hierzulande auf der Westflanke
des Hochs eine südliche, in der Osthälfte des Landes auch noch deutlich
antizyklonale Grundströmung vorherrscht. Entsprechend sind zunächst weitgehend
keine Niederschläge zu erwarten. Nur im Alpenraum blubbert es vor sich hin,
sodass zeitweise auch auf deutscher Alpenseite, evtl. auch im Südschwarzwald
Schauer und Gewitter auftreten können. Das ganze bei weiter recht milden
Temperaturen von 5 bis 12 Grad in 850 hPa.
Am Samstag wird es dann spannender. Der Rücken verschiebt sich etwas nach Osten
und weist ein Höhenhoch über der Ukraine auf. Gleichermaßen liegt nun
Deutschland komplett auf der Rückseite der Achse und somit auf der Vorderseite
des Langwellentroges über dem Ostatlantik, der bei recht geringer Wellenlänge
ein starke Amplifizierung nach Südwesten aufweist und so bis zu den Kanaren
reicht. Durch die Verlagerung des Rückens schiebt sich auch das korrelierende
Bodenhoch ostwärts. Den Platz übernimmt von Westen zunehmend tiefer Luftdruck,
der ausgehend vom Tief über Nordspanien langsam bis in den Westen Deutschlands
reicht. Als Folge bleibt zwar zunächst eine südliche bis südöstliche Strömung
erhalten, die jedoch im Verlauf zyklonale Krümmungsbedingungen zeigt. Vor allem
im Umfeld des Berglandes im Süden und der östlichen Mitte lässt das IFS somit
schon konvektive Umlagerungen mit Schauern und einzelnen Gewittern zu. Die
Temperaturen können mit der stärkeren Strömung nochmals zulegen und erreichen in
850 hPa von Nord nach Süd Werte von 7 bis 16 Grad.
Am Sonntag kann die langsame Annäherung des Troges, der weiter an Wellenlänge
einbüßt, gleichzeitig aber noch bis zu den Kanaren reicht, den Rücken durch
zunehmende WLA noch mal stützen, sodass dieser sich vom zentralen Mittelmeerraum
über Deutschland bis in die nördliche Nordsee regeneriert. Resultierend kann
sich über Skandinavien ein Hoch ausbilden und die Strömung im Norden und Osten
sowie der Mitte nochmals signifikant antizyklonal gestalten. Nur der Westen
bleibt weiter im noch schwachen Einflussbereich des Troges sowie dessen
Bodentiefkomplex von den Britischen Inseln bis zur Biskaya. Insgesamt können
sich aber entsprechend des IFS hierzulande nochmals verbreitet trockene und
freundliche Bedingungen durchsetzen. Allenfalls in Ostsachsen und dem südlichen
Brandenburg weist das IFS schwache Niederschlagshinweise aus, steht damit aber
in der Modellwelt auch alleine da. Bei den Temperaturen zeigt die Richtung bei
Werten von 9 bis 21 Grad in 850 hPa aber weiter nach oben.
Am Montag ist es dann soweit. Der Rücken verliert an Wellenlänge und schiebt mit
seiner Achse ostwärts. Nachfolgend gelangt Deutschland nun komplett auf der
Vorderseite des Troges, dessen Achse von den Britischen Inseln bis in den
westlichen Mittelmeerraum reicht. Bodennah stützt der Trog ein Tief bei den
Britischen Inseln, dessen Frontensystem von Westen auf Deutschland übergreift
und schließlich über Norddeutschland ein Randtief entwickelt. Vorderseitig kann
sich zudem eine Konvergenzlinie ausbilden und ebenfalls die konvektive
Umlagerungen antreiben. Bei den teils kräftigen schauerartigen und gewittrigen
Niederschlägen steht vor allem die Westhälfte im Fokus. Im Osten und Südosten
kann es noch länger trocken bleiben. Die Temperaturen erreichen am Montagmittag
mit Werten von 12 bis 25 Grad in 850 hPa den Höhepunkt und gehen dann von Westen
langsam zurück.
Am Dienstag greift der Haupttrog auf Deutschland über, sodass nahezu landesweit
PVA die Hebung antreibt. Bodennah bleibt über Schottland und der nördlichen
Nordsee das Tief steuernd und schickt einen weiteren Frontenzug ins Land,
während der vorangegangene Frontenzug den Südosten erreicht. Entsprechend bleibt
es allenfalls vom Südwesten bis in die südliche Mitte weitgehend trocken, sonst
sind konvektive Umlagerungen an der Tagesordnung, die zahlreiche Schauer und
Gewitter bringen. Die Strömung auf der Südflanke des Tiefdruckkomplexes dreht
auf westliche Richtungen, sodass zunehmend kühlere Atlantikluft das Land
erreicht. Nachfolgend sind in 850 hPa nur noch Werte von 6 bis 9 Grad zu
verzeichnen.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die großskaligen Strukturen des Luftdruck- und Geopotentialfeldes werden vom IFS
im Vergleich der letzten drei Läufe bis einschließlich Samstag vergleichbar
simuliert.
Von der Nacht zum Sonntag bis zum Montag ergeben sich vor allem über dem
Ostatlantik und Westeuropa deutliche Abweichungen, die zunächst aber kaum
Einfluss auf das Wetter in Deutschland haben. Demnach kann sich der Rücken vom
zentralen Mittelmeerraum über Deutschland hinweg nun weiter nordwärts
amplifizieren. Allerdings schiebt die Achse des Rückens in den neusten
Berechnungen rascher ostwärts und liegt in der Nacht zum Montag schon über der
Osthälfte des Landes. Entsprechend nimmt im Westen auf der Trogvorderseite schon
die Gewittergefahr zu, wenngleich der bodennahe tiefe Luftdruck im Vergleich zum
gestrigen 00-UTC-Lauf zögerlicher auf Deutschland zugreift.
Ab Montag gleicht sich die Geopotentialverteilung in der Höhe wieder an, sodass
dort recht konsistente Bedingungen vorliegen. Bodennah weichen der gestrige
12-UTC-Lauf und der aktuelle 00-UTC-Lauf von dem gestrigen 00-UTC-Lauf aber
signifikant ab. Dieser lässt den Trog mit seiner Achse schneller ostwärts
schwenken, sodass auch am Boden der tiefe Luftdruck weiter ostwärts vorankommt.
Entsprechend werden die Niederschlagsfelder rascher in den Nordosten verlagert,
während die neusten Läufe hauptsächlich den Süden, Westen und Teile der Mitte im
Fokus haben.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Auch andere Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UKMO, etc.) beschreiben die
großskaligen Strukturen zum IFS vergleichbar. Größere Abweichungen gibt es bei
der Trog-Entwicklung über dem Ostatlantik und den Britischen Inseln. Während
ICON ab Sonntag zumindest noch relativ nahe an den Berechnungen des IFS liegt,
weicht das GFS schon stark ab. Das GFS lässt den Trog rascher ostwärts wandern
und weist schon in der Nacht zum Montag ein Höhentief über Frankreich auf,
während IFS und ICON noch westlich von Cornwall liegen. Da aber beim ICON der
Rücken weniger stark daherkommt und auch eine geringere Amplitude aufweist,
gelangen der Westen und Nordwesten ebenfalls schon in den Einflussbereich von
tiefem Luftdruck am Boden. Signifikante Niederschläge hat am Sonntag aber nur
das GFS schon im Programm. Ab Montag tropft das Höhentief bei GFS in den
nördlichen Mittelmeerraum ab. Diese Lösung ist allerdings eine Einzellösung.
ICON und IFS bleiben vergleichbar, wenngleich geringe Unterschiede einen
Einfluss auf die räumliche und zeitliche Einordnung der Niederschläge haben.
Hierzulande ist das ICON demnach etwas schneller mit der Verlagerung. Das GEM
beschreibt vergleichbare Strukturen zum ICON und IFS, wobei die Muster zunächst
etwas nach Norden verschoben sind, am Montag zudem etwas kräftiger ausfallen.
Entsprechend verzögert greifen die konvektiven Niederschläge auf Deutschland
über. Das UKMO geht anfangs zum IFS und ICON einen leicht abweichenden Weg,
schwenkt dann aber zunehmend auf deren Strukturen ein.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Rauchfahnen verschiedener Städte in Deutschland zeigen bis einschließlich
Samstag bei einem verbreitet recht geringen Spread der Temperaturin 850 hPA und
dem Geopotential in 500 hPa eine hohe Vorhersagegüte. Am Sonntag und Montag
spannen vor allem Ausreißer zu kälteren Temperaturen als auch tieferem
Geopotential den EPS-Raum stark auf. Die Drängung mit der höchste
Auftrittswahrscheinlichkeit stützt aber den Haupt- und Kontrolllauf, wobei
Erstgenannter zeitweise am oberen Rand des EPS liegt. Ab Montag weisen nahezu
alle Member einen Temperatur- und Geopotentialrückgang auf. Durch Unterschiede
bei der zeitlichen Einordnung sowie der Intensität des Rückgangs bleibt der
Spread bei Werten von rund 12 Grad bzw. 35 hPa groß. Beim Niederschlag sind
zudem am Montag und Dienstag signifikante Niederschläge im EPS zu verzeichnen.
Bei der Klassifizierung des EPS werden im Zeitraum von +72 bis +96h fünf
Lösungen benötigt, um alle Unsicherheiten zu erklären. Haupt- und Kontrolllauf
befinden sich dabei in dem eher unterpräsentierten Cluster 5. Alle Cluster
wechseln im Verlauf von dem Schema einer positiven NAO hin zum Blocking. Genau
dieses ist auch hierzulande wetterbestimmend. Unterschiede zwischen den Clustern
gibt es vor allem bei der Amplifizierung, Wellenlänge und Intensität des Troges
über dem Ostatlantik, der resultierend auch einen gewissen Einfluss auf die
Entwicklung des Rückens auf der Vorderseite hat. Allerdings bleibt Deutschland
davon noch unberührt.
Im Zeitraum von +120 bis +168h beschreiben sechs Lösungen die Unterschiede
innerhalb des EPS. Dabei starten alle Cluster mit dem Schema Blocking. Im
Verlauf zeigen jedoch alle Muster einen Wechsel hin zu einer positiven oder
negativen NAO, also eher zonal geprägten Strömungsbedingungen über dem Atlantik
und Westeuropa. Nun sind auch der Haupt- und der Kontrolllauf im ersten Cluster
zu lokalisieren. Die ersten beiden Cluster beschreiben vergleichbare Strukturen,
indem sie die Amplifizierung des Troges reduzieren und so das Höhentief stärken,
dessen Haupttrog schließlich nach Deutschland schwenkt. Zusammen umfassen beide
Lösungen 23 Member des EPS. Alle anderen Cluster halten sehr lange einen
signifikanten Trog mit südwestlicher Ausrichtung aufrecht, sodass der Haupttrog
etwas ausgebremst wird. Vor allem bei den Lösungen 4 bis 6 bleibt länger eine
südliche bis südwestliche Strömungsausrichtung erhalten. Insgesamt kommen bei
allen Clustern ab Montag unbeständiges Witterungsbedingungen auf Deutschland zu.
Wann sich aber von Westen kühlere Luft durchsetzt ist mit Blick auf das IFS-EPS
noch nicht abschließend geklärt. Somit stützen die Cluster auch die Aussagen der
Plumes (s.o.).
Im Zeitraum von +192 bis +240h sind erneut sechs Cluster notwendig, um alle
Unsicherheiten im EPS zu beschreiben. Dabei sind die Lösungen 1 und 3 einer
positiven NAO, Cluster 4 einer negativen NAO und Cluster 6 dem Schema Blocking
zugeordnet. Cluster 2 und 5 wechseln gegensätzlich entweder von pos. NAO zu neg.
NAO oder andersherum. Der Kontrolllauf befindet sich in Lösung 5 und der
Hauptlauf in Cluster 3. Wie die Einordnung der Cluster schon zeigt, weisen
nahezu alle Lösungen über dem Atlantik zonale Strömungsbedingungen auf. Über
Mitteleuropa ist die Lage aber keinesfalls gleich. Vor allem die ersten beiden
Cluster lassen nämlich wieder einen Rücken aufbäumen, sodass hierzulande
antizyklonale Bedingungen mit hohem Luftdruck am Boden herrschen würden. Bei den
Lösungen 3 bis 5 bleibt dagegen zyklonaler Einfluss mit einer Frontalzone bis
nach Deutschland hinein bestimmend. Insgesamt sind die beiden übergeordneten
Muster im EPS nahezu gleichverteilt, Ausgang also offen.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Am Freitag gibt es am Alpenrand eine gewisse Gewittergefahr. Aufgrund geringer
Labilität inklusive PPWs von 22 bis 30 mm sowie etwas CAPE bis 750 J/kg ist bei
geringer Verlagerungsgeschwindigkeit mit Starkregen und kleinkörnigem Hagel zu
rechnen. Je nach Region ist auch eine Inverse-V-Struktur zu verzeichnen, was die
Wahrscheinlichkeit von Sturmböen erhöht. Insgesamt ist die
Auftrittswahrscheinlichkeit an den Alpen mäßig bis gut, im Südschwarzwald als
gering zu bezeichnen.
Am Samstag und wohl auch am Sonntag sind kaum bis keine signifikanten
Wetterereignisse zu erwarten. Am Samstag steht evtl. nur der Alpenrand mit
geringer Labilität und etwas CAPE wieder Fokus und am Sonntag gibt es allenfalls
im Westen zaghafte Hinweise für konvektive Umlagerungen. Gewitter sollten
aufgrund fehlendem Antrieb aus der Höhe aber insgesamt eher gering
wahrscheinlich sein.
Am Montag können in der gesamten Südwesthälfte teils kräftige Gewitter mit
Starkregen und Hagel, lokal auch Sturmböen auftreten. Vereinzelt sind auch
unwetterartige Entwicklungen mit heftigem Starkregen und größeren Hagel möglich.
Im Westen und Nordwesten sind auch länger anhaltende schauerartige, teils
gewittrige Niederschläge zu verzeichnen. Allenfalls im Osten bleibt das
Gewitterrisiko noch limitiert.
Am Dienstag stehen in der Südosthälfte sowie im Westen und Norden weiter Schauer
und einzelne Gewitter auf der Agenda. Dabei sollte vor allem im Südosten noch
eine signifikante Unwettergefahr bestehen.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, ICON-EPS, anfangs auch det. IFS/ICON, bei TT auch MosMix (leicht
überschätzend)
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel