#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Samstag, den 09.09.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 09.09.2023 um 10.30 UTC
Vor allem Dienstag und Mittwoch Schauer und Gewitter, teils mit unwetterartigen
Entwicklungen. Nachfolgend Wetterberuhigung, zumindest vorübergehend.
Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 16.09.2023
Zu Beginn der Mittelfrist am Dienstag liegt die Achse des Höhenkeils östlich von
Deutschland, von Westen nähert sich weiter die Vorderseite des Troges über
Westeuropa. Im Bodenniveau herrscht eine recht flache Druckverteilung, der
Luftdruck fällt im Tagesverlauf weiter und Deutschland befindet sich im Bereich
einer Tiefdruckzone bzw. im Vorfeld des Frontensystems im Bereich eines
„vorlaufenden“ Bodentrog samt eingelagerter Konvergenz. Die noch warme bis heiße
Luftmasse mit 850 hPa-Temperaturen um 15 Grad (im Südosten teils noch nahe 20
Grad) wird von Nordwesten zunehmend angefeuchtet und labilisiert. Zusammen mit
dem zunehmenden Hebungsantrieb trogvorderseitig kommen von Nordwesten bzw.
Westen zunehmend Schauer und Gewitter auf, die sich im Tagesverlauf ostwärts
ausbreiten und zum Abend bzw. im Laufe der Nacht zum Mittwoch auch die östlichen
Landesteile erreichen. Das wellende Frontensystem der Tiefdruckzone mit Zentrum
über Skandinavien bleibt noch außen vor. Die im Tagesverlauf wiederholt
auftretenden Schauer und Gewitter können teils auch kräftig ausfallen: ppw-Werte
um 35 bis 40 mm und relativ geringe Verlagerungsgeschwindigkeiten legen ein
recht hohes Starkregenrisiko mit lokalem Unwetterpotenzial nahe. Zudem muss mit
Hagel/Hagelansammlungen und Sturmböen gerechnet werden, die CAPE-Werte reichen
bis etwa 1000 J/kg. Die Scherung und damit wohl auch der Organisationsgrad
halten sich in Grenzen. Je nach Timing deutet sich im Südosten ein erhöhtes
(Groß-) Hagelpotenzial an. In der Nacht zum Mittwoch setzt sich die
Gewitteraktivität vor allem im Süden und Osten fort, im Nordwesten lässt sie
etwas nach, über der warmen Nordsee gibt es weitere Schauer.
Am Mittwoch überquert die Trogachse allmählich unseren Vorhersageraum. Die
vorlaufende Konvergenz zieht mit Schauern/Gewittern ostwärts ab. Das
korrespondierende Bodentief zieht vom Osten Deutschlands nach Polen, die
eingelagerte Kaltfront zieht ebenfalls von West/Nordwest nach Ost/Südost über
uns hinweg, wobei sie im Südosten/am Alpenrand dafür etwas länger benötigt. Die
Luftmasse ist zunächst aber weiterhin labil und feucht genug, so dass sich
trogvorderseitig recht rasch wieder eine rege Schauer- und Gewittertätigkeit
einstellt. Rückseitig der Kaltfront gehen die 850 hPa-Temperaturen auf 3 bis 8
Grad zurück, die Luftmasse wird trockener und stabiler, so dass von Nordwesten
die Schauer- und Gewittertätigkeit im Laufe des Nachmittages bzw. abends
nachlässt oder mit Ausnahme des Nordseeumfeldes auch weitgehend abklingt.
Schauer und Gewitter können örtlich erneut kräftig ausfallen, vor allem im Osten
und Südosten ist bei ppws um 35 mm Starkregen wahrscheinlich, lokal auch
unwetterartiger. Auch Hagel und Sturmböen können auftreten, wobei die CAPE-Werte
etwas geringer sind als am Dienstag, das größte Hagelrisiko besteht im Osten.
Am Donnerstag liegt Deutschland zunächst unter leichtem Zwischenhocheinfluss,
bevor sich -zumindest im Norden des Landes- eine westliche Strömung durchsetzt,
die zudem leicht zyklonal geprägt ist. Über der Nordsee herrscht leicht tieferer
Druck (teils wurde sogar ein Bodentief über der Nordsee simuliert) und die
Südflanke des breiten Troges über Nordeuropa können kurzwellige Anteile
umlaufen. Eine Warmfront überquert den Nordwesten und Norden mit dichterer
Bewölkung und etwas Regen. Im Süden ziehen die Reste der vorangegangenen
Kaltfront ab, anfangs kann es hier und da noch einen Schauer geben. Diese
Restniederschläge klingen ab, nachfolgend steigt dort der Luftdruck und die
Bewölkung lockert zunehmend auf. Gänzlich ausgeräumt wird die wärmere (850
hPa-Temperatur um 10 Grad) und leicht labile Luftmasse ganz im Süden aber wohl
nicht, zwar fehlt dynamische Hebung, mit Unterstützung der Orografie sind aber
einzelne Schauer/Gewitter über dem Bergland (Alpenraum) nicht ausgeschlossen. In
den übrigen Landesteilen dominiert eine stabilere und kühlere Luftmasse mit
Temperaturen in 850 hPa zwischen 2 und 8 Grad.
Am Freitag trogt der breite, nordeuropäische Trog über dem Westen Europas nach
Süden aus, dadurch steilt die Strömung über Deutschland auf Südwest auf, über
dem östlichen Mitteleuropa wölbt sich ein Keil auf. Am Boden korrespondiert ein
Hoch mit Schwerpunkt über dem östlichen Polen. Die westlichen Landesteile liegen
trogvorderseitig am Rande der westeuropäischen Tiefdruckrinne. Durch das
Aufsteilen der Strömung wird wieder etwas wärmere Luft mit 850 hPa-Temperaturen
um 15 Grad in den Südwesten geführt, die 10-Grad-Isotherme in 850 hPa liegt über
dem Norden Deutschlands. Tagsüber dominiert meist leichter Hochdruckeinfluss,
den Norden streifen eventuell noch die Reste des Frontensystems des nach
Skandinavien ziehenden Tiefs vor allem mit Bewölkung. Im Tagesverlauf wird die
Luftmasse von Südwesten langsam angefeuchtet, zusammen mit dem fallenden
Luftdruck und Geopotenzial könnte es bereits wieder für Schauer oder einzelne
Gewitter -zunächst vor allem über dem Bergland/Alpenraum- reichen. Meist deutet
sich aber ein freundlicher und überwiegend trockener Tag an.
Am Samstag gelangt Deutschland zunehmend auf die Trogvorderseite, der Luftdruck
fällt von Westen, da sich über Westeuropa eine Tiefdruckrinne etabliert, das
Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt etwas nach Osten Richtung Ostpolen,
Baltikum, westliches Belarus und Westukraine. Die Strömung steilt noch weiter
auf, so dass die 15 Grad-Isotherme in 850 hPa etwa über der Mitte Deutschlands
liegt, die 10 Grad-Isotherme ganz im Norden. Von Südwesten erfolgt eine weitere
Anfeuchtung der Luftmasse. Der aktuellste IFS-Lauf zeigt den geschilderten
Verlauf am progressivsten. Das Wellentief in der westeuropäischen Tiefdruckrinne
vertieft sich und zieht nordostwärts über die Nordsee nach Südskandinavien. Nach
einem freundlichen Tagesbeginn nimmt daher im Tagesverlauf von Südwesten die
Bewölkung zu, im Westen und Südwesten muss mit Schauern und Gewittern gerechnet
werden. In der Nacht würde dann auch das Frontensystem des nach Südskandinavien
ziehenden Tiefs den Nordwesten Deutschlands mit zeitweiligem, vorderseitig teils
gewittrigem Regen erreichen.
In der erweiterten Mittelfrist ab Sonntag stehen die Weichen in Richtung
zyklonaler Südwest- bis Westlage, wobei die genaue Ausgestaltung und das damit
verbundene Temperaturniveau noch sehr unsicher ist.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz der vorliegenden IFS-Modellläufe ist bis einschließlich Mittwoch
gut bis sehr gut, wonach die Trogpassage (und die vorlaufende Konvergenz) mit
teils kräftigen Schauern und Gewittern einhergeht, inklusive lokalem
Unwetterpotenzial vor allem in Bezug auf Starkregen. Nachfolgend stellen sich
zunehmend Unterschiede in Timing und Amplitude der Trog-Keil-Strukturen ein.
Insgesamt kann der Fahrplan der gestrigen Aussagen aber beibehalten werden.
Trotz dieser zunehmenden Unsicherheiten im zeitlichen Ablauf dominiert insgesamt
eine vor allem im Norden vorwiegend zyklonal geprägte Westlage. Allgemein sind
die Luftdruckgegensetze relativ gering, nach Süden überwiegt eher leichter
Hochdruckeinfluss. Zum Ende der Woche trogt der westeuropäische Trog weiter aus,
die Strömung steilt auf, über Deutschland würde sich ein Keil aufwölben und
erneut subtropische Luftmassen angezapft. Hinsichtlich der Details und wie
schnell der Westeuropatrog dann ostwärts verlagert wird und Deutschland dann auf
dessen Vorderseite (mit von Südwesten ansteigendem Schauer- und Gewitterrisiko)
gelangt, bleibt abzuwarten. Der aktuellste Modelllauf zeigt hier die
progressivste Variante.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Mit Blick auf andere Globalmodelle wie ICON und GFS (oder auch UK10) zeigen sich
bis einschließlich Mittwoch wenig Abweichungen. Und auch der nachfolgende
Fahrplan von West zyklonal zur Wochenmitte auf Südwest zunehmend zyklonal
(anfangs leicht antizyklonal) zum Ende der Woche scheint relativ klar
-wenngleich hinter dem genauen Timing und der genauen Ausprägung noch
Unsicherheiten lauern. ICON zeigt durchweg einen etwas zögerlicheren Verlauf im
Vergleich zu IFS und GFS.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die Clusteranalyse des IFS für den ersten Zeitraum von Dienstag 00 UTC bis
Mittwoch 00 UTC (+72 bis +96 h) zeigt lediglich einen Cluster mit dem Regime
Blocking, wobei das Blocking östlich von uns zu finden ist.
Auch im folgezeitraum von Donnerstag 00 UTC bis Samstag 00 UTC (+120 bis + 168
h) wird nur ein Cluster angeboten, der vom Regime Blocking „kurz“ auf NAO
positiv und nachfolgend wieder zu Blocking wechselt, wobei das Blocking zum
Samstag dann über dem Atlantik zu finden ist und sich in unserem Vorhersageraum
eher als zyklonale Südwestlage zeigt. Dies unterstreicht die relative Sicherheit
des groben Ablaufes der Mittelfristentwicklung.
Für die erweiterte Mittelfrist (> +192 h) werden dann sechs Cluster angeboten.
Eine Entwicklung in Richtung NAO positiv (insgesamt 37 von 51 Membern) und damit
überwiegend zyklonal geprägte Witterung ist dabei am wahrscheinlichsten, zwei
Cluster bieten aber auch Blocking-Varianten an: 8 Member mit Keil über
Westeuropa, 6 Member zeigen den Keil über Osteuropa.
Die Rauchfahnen zeigen den Niederschlagsschwerpunkt durchweg, auch mit
Starkregenpeaks, am Dienstag und Mittwoch, nach Süden hin bis in den Donnerstag
hinein. Es folgt eine vorübergehende Wetterberuhigung, bevor zum Ende der Woche
wieder allgemein zunehmende Niederschlagssignale auf zunehmend zyklonalen
Einfluss schließen lassen. Das aktuell hohe Temperaturniveau in 850 hPa geht im
Mittelfristzeitraum zunächst stetig zurück, ab Mittwoch mit zunehmendem Spread
und eigentlich unklarer Entwicklung. Das Geopotenzial in 500 hPa schwankt im
Süden deutlich weniger als im Norden des Landes, wo der Spread ab Mittwoch
zunehmend größer wird, die Mehrheit der Ensemblemember verbleibt in der
Mittelfrist in einem dann geringeren Geopotenzialniveau als aktuell.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Hinsichtlich warnrelevanter Ereignisse stechen ganz klar der Dienstag und
Mittwoch heraus. Es muss verbreitet mit Gewittern gerechnet werden, die teils
auch kräftig, lokal unwetterartig ausfallen können. Dabei werden vom EFI und
anderen EPS-Verfahren (IFS-EPS und Cosmo-LEPS) zum Teil deutliche Signale für
Starkregen gezeigt, auch EFI CAPE und CAPE shear sind für diese beiden Tage
deutlich erhöht. Am Dienstag betrifft dies besonders die Nordwesthälfte
Deutschlands, am Mittwoch dann vor allem die Südosthälfte.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS-EPS, IFS, MOS-Mix
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Sabine Krüger