#SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Mittwoch, den 23.08.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 23.08.2023 um 10.30 UTC
Tschüssikowsky Sommer, war nett mit dir (natürlich Ansichtssache) – Übergang in
einen unbeständigen und maximal mäßig warmen Wetterabschnitt.
Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 30.08.2023
Eines ist mal gewiss: Wer die Faxen dicke hat von Sommer, Sonne Hitze und
Schwüle, der sollte unbedingt weiterlesen. Alle anderen sollten es auch tun,
müssen dabei aber tapfer sein. Es lässt sich nicht verhindern, die
Großwetterlage beginnt sich schon am Freitag umzustellen, wenngleich die aktuell
noch im Süden und Südosten lagernde schwülheiße Subtropikluft nicht stante pede
ausgetauscht wird. Wie man überhaupt sagen muss, dass Art und Weise der
Umstellung noch mit einigen Fragezeichen versehen ist. Wie der aktuelle IFS-Lauf
von heute 00 UTC die Sache sieht, lest ihr im Folgenden:
Zu Beginn des mittelfristigen Prognosezeitraums am kommenden Samstag befindet
sich Deutschland vorderseitig eines positiv geneigten Höhentrogs über Westeuropa
respektive dem nahen Atlantik. Unter der zyklonal konturierten südwestlichen
Höhenströmung befindet sich wahrscheinlich knapp südlich der zentralen
Mittelgebirgsschwelle eine schleifende Luftmassengrenze (LMG), die nur sehr
schleppend südostwärts vorankommt. Die LMG ist einem großräumigen
Tiefdruckgebiet anhängig, das die gesamte Nord- und große Teile der Ostsee
überdeckt. Bei uns ist der Druckgradient kaum ausgeprägt, „sumpfartig“, wenn man
so will. Im Süden und Südosten befinden sich noch Reste der potenziell
instabilen Subtropikluft (T850 um 15°C; die richtig heiße Luft ist schon raus),
in der es ebenso wie an der LMG selbst zu schauerartigen (Stark)Regenfällen und
teils kräftigen Gewittern kommt. Einzelne Schauer und kurze Gewitter entwickeln
sich auch in der mäßig temperierten Meeresluft im Nordwesten (T850 um 7°C), wo
etwas Höhenkaltluft eingespült wird (=> Labilisierung). Zwischen den beiden
wetteraktiven Zonen kristallisiert sich ein von Westdeutschland bis in den
Nordosten reichender Korridor heraus, in dem kompensatorisches Absinken herrscht
und wettertechnisch eher wenig passiert.
Am Sonntag verlagert sich das Drehzentrum des Höhentrogs zur Nordsee, während
der südliche Teil über den Pyrenäen oder dem spanischen Festland abtropft, um
von dort als Cut-Off-Tief zum westlichen Mittelmeer zu ziehen. Wer nun glaubt,
dass das nördliche Trogresiduum auf den Vorhersageraum übergreift, der irrt.
Lediglich die Spitze des Resttrogspitze zieht als KW-Trog über Norddeutschland
hinweg nordostwärts. Gleichzeitig wird das Residuum aber über UK/Irland durch
einen rückseitig einlaufenden Sekundärtrog regeneriert, so dass wir unter einer
(zyklonalen) südwestlichen Höhenströmung verbleiben. Zwar macht die LMG im Süden
och etwas Boden nach Südosten hin gut, spätestens an den Alpen ist aber Schluss
damit. Der Temperaturgradient hat sich deutlich abgebaut, am Abend reicht die
Spanne auf 850 hPa von gerade noch 12°C über dem Königssee und rund 6°C zwischen
Emden und Flensburg.
Beim Wetter bleibt es im Grunde bei drei Zonen: im Süden und Südosten (etwa vom
Hochrhein/Bodensee und dem Alpenrand bis hinüber zu den ostbayerischen
Mittelgebirgen schauerartig verstärke, vereinzelt gewittrige Regenfälle (die
Wahrscheinlichkeit für starke oder gar schwere Gewitter geht deutlich zurück);
im Norden und Westen leicht wechselhaft mit Schauern und kurzen Gewittern;
dazwischen der kompensatorische Streifen, der sich in Form eines schwachen
Hochkeils widerspiegelt – ohne Affenhochglanz, aber auch ohne große
Wetteraktivität (vielfach sogar ganztägig trocken).
Zu Beginn der neuen Woche rückt uns das regenerierte Trogresiduum zwar dichter
auf die Pelle, bleibt mit seiner Hauptachse zunächst aber noch knapp westlich
von uns. Während das o.e. Cut-Off-Tief via Korsika die Toskana bzw. Emilia
Romagna ansteuert und dabei über dem Ligurischen Meer eine Zyklogenese anstößt,
deutet sich über Frankreich eine zweite Abtropfung an. Zwischen dem o.e.
Hochkeil und dem Tief südlich der Alpen wird im Süden und Südosten unseres
Landes eine schwache nord-nordöstliche Strömung generiert, die nach heutigen
Berechnungen etwa bis 800 hPa hinaufragt. Darüber herrscht eine südwestliche
Strömung (Trogvorderseite), was eine Gegenstromlage zur Konsequenz hat. Von
daher verwundert es nicht, dass IFS hinein vom Hochrhein/Bodensee und den Alpen
bis hoch nach Ostsachsen/Niederlausitz länger andauernde, gebietsweise ergiebige
Regenfälle anbietet, die z.T. bis in den Mittwoch andauern können. Schwerpunkt
scheinen der Alpenrand respektive das südliche Alpenvorland zu sein, wo
48-stündig 40-60, lokal um 70 l/m² gerechnet werden.
Im großen Rest des Landes stellt sich eine gradientschwache Troglage ein
(irgendwann greift das Residuum zu), in der sich wechselhaftes Wetter auf einem
deutlich reduzierten, aber noch nicht wirklich kaltem Niveau einstellt (T850
landesweit um 7°C => Tmax um grob 20°C, bei Dauerregen natürlich weniger).
Nach Mittwoch (erweiterte Mittelfrist) gelangen wir auf die Vorderseite eines
neuen hochreichenden Tiefs über Westeuropa, das für einen Fortbestand des
unbeständigen Wetters auf geringfügig höherem Temperaturniveau sorgt.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Die Konsistenz von IFS (ECMF) ist heute nur von mäßiger Qualität. Zwar bleibt
sich das Modell (trifft auch für die anderen Globalmodelle zu) dahingehend treu,
dass wir zur nächsten Woche hin in eine unbeständige und kühlere Wetterphase
hineinschlittern. Wie genau aber der Übergang, der ja am Wochenende, genau
genommen sogar schon am Freitag beginnt, erfolgt, ist noch unsicher. So zeigen
z.B. die jüngsten beiden Läufe ein langsameres Abdrängen der aktuell vor allem
im Süden und Südosten noch wirksamen Subtropikluft (=> höhere Wahrscheinlichkeit
für starke bis schwere Gewitter sowie Starkregenfälle im Süden und Südosten am
Wochenende).
Auch für den weiteren Verlauf der nächsten Woche ergeben sich Änderungen.
Während der gestrige 00-UTC-Lauf eine zyklonale Westlage favorisiert hat (mit
insbesondere im Norden zeitweise auffrischendem Wind), geht der aktuelle Trend
in Richtung Troglage bzw. Trogvorderseite. Danach würde sich im Süden und
Südosten eine Gegenstromlage mit andauernden, teils ergiebigen Regenfällen
einstellen (siehe oben).
Von daher wird die Vorhersage schon rein aus Konsistenzgründen als unsicher
eingestuft. Vor allem Intensität und Verteilung der Niederschläge/Gewitter sind
alles andere als sicher.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Wie bereits im Kapitel zuvor angerissen, verfolgen auch die anderen
Globalmodelle (ICON, GFS, GEM, UK10) den Plan, bei uns den Sommer (vorerst??) zu
beenden. Dabei findet man eigentlich alle Muster, wie sie auf Basis von IFS
beschrieben wurden, in den Simulationen wieder. Trotzdem ergeben sich
individuelle, im Detail voneinander abweichende Vorhersagen, was insbesondere
der Geometrie und der räumlichen Verteilung sowie dem Timing der bestimmenden
Systeme geschuldet ist. Als Beispiel sei der 48-stündige Regen bis Mittwoch 06
UTC angeführt. So simuliert ICON weniger Regen als IFS und lässt diesen auch
nicht bis nach Ostsachsen/Niederlausitz übergreifen. GFS setzt den
Regenschwerpunkt so weit nach Osten, dass bei uns nur wenig davon übrigbleibt
(unterhalb der Warnschwellen für Dauerregen), dafür aber der gesamte
deutsch-polnische Grenzbereich Regen abbekommt.
FAZIT: Der Kurs passt, die Details noch nicht – typisch Mittelfrist halt.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Die IFS-EPS-Rauchfahnen sprechen eine deutliche Sprache: Ab Freitag gehtŽs
bergab! Nicht nur die Temperatur erleidet erhebliche Einbußen, auch der
Potenzialverlust ist merklich. Dabei hält sich der Spread der Ensembles bis weit
in die nächste Woche in Grenzen, insbesondere bei der Temperatur 850 hPa. Erst
zum Ende hin beginnt die Kurvenschar wieder mehr aufzufächern, ohne das Delta
aber überzustrapazieren. Begleitet wird das Ganze von deutlichen RR-Signalen am
Freitag und Samstag, bevor sich ein täglich wiederkehrendes Grundrauschen
einstellt (am wenigsten im o.e. Korridor mit kompensatorischem Absinken
(Offenbach und Berlin), am meisten im Süden (München und Freiburg)).
Angesichts der recht homogenen Kurvenscharen verwundert es etwas, dass die
Clusterung von IFS-EPS Žne Menge Schubladen aufmacht. Dass zu Beginn (T+72…96h)
sechs Cluster angeboten werden, ist nicht neu und sollte nicht überinterpretiert
werden, zumal die Felder in unserem Raum sehr ähnlich ausfallen. Ab Montag
(T+120…168h) reduziert sich die Anzahl auf vier, was immer noch viel ist. Hier
zeigen sich die schon beim Modellvergleich angesprochenen räumlich-geometrischen
Differenzen des abtropfenden Höhentrogs, der aber in allen Clustern zu finden
ist. In der erweiterten Mittelfrist ab Donnerstag (T+192…240h) werden weiterhin
vier Cluster angeboten, die sich nun aber stärker unterscheiden. Von Troglage
über Trogvorderseite bis flacher Rücken Mitteleuropa ist alles dabei.
FAZIT: Trotz gutmütiger Rauchfahnen gilt das Gleiche wie bei den
deterministischen Prognosen: Der Kurs passt, die Details noch nicht.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
Vor allem der Samstag könnte in Sachen „signifikantes Wetter“ einiges an Arbeit
bringen, je nach dem wie schnell die Subtropikluft im Süden/Südosten ausgeräumt
wird. GehtŽs langsam, drohen im Süden kräftige Gewitter, gehtŽs schneller, sind
es vielleicht „nur“ gewittrige Starkregenfälle. Die Wahrscheinlichkeit dafür
(auch mehrstündig) ist an den Alpen am höchsten. Einzelne kurze Gewitter, die
sich im Nordwesten bilden, sollten maximal markant ausfallen.
Ob und wenn ja in welcher Dimension sich ab Sonntag im Süden und Südosten eine
markante Dauerregenlage einstellt, ist derzeit noch offen. Der Modelllauf IFS
gibt sich recht offensiv, was probabilistisch nur bedingt gestützt wird.
Interessant sind die Signale für lokalen Starkregen an und um die Nordsee herum.
Auch hier gilt es weiter zu monitoren.
Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und Modellmix.
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann