SXEU31 DWAV 231800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 23.08.2023 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Am Abend im äußersten Süden vereinzelte starke Gewitter. Am Donnerstag von
Westen her ansteigendes Gewitterpotential, im Süden neben starker (teils
extremer) Wärmebelastung einzelne unwetterartige Entwicklungen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Aktuell … befindet sich Mitteleuropa am Rande hohen Geopotentials mit
Schwerpunkt über der Iberischen Halbinsel und dem westlichen Mittelmeerraum.
Dabei verlaufen die West-Ost gerichteten Isohypsen über Deutschland leicht
antizyklonal gekrümmt. Im Laufe der Nacht zum Donnerstag wölbt sich der
Höhenrücken über der Mitte des Kontinents etwas stärker auf, wobei seine Achse
zum Frühtermin längs über Deutschland hinweg gerichtet ist. Geschuldet ist
dieses leichte Aufsteilen der Strömung einem sich nach Süden ausweitenden
Langwellentrog etwas nordwestlich von Schottland. Der Rücken stützt dabei ein
leicht gegliedertes Bodenhoch, dessen Schwerpunkt sich langsam vom Ärmelkanal
ostwärts verlagert. Damit überwiegt weiterhin Absinken, der reichliche
Sonnenschein des Tages zeugt davon. Etwas mehr Wolken sind in den nördlichen
Landesteilen unterwegs, die Frontalzone kann zwischen Nord- und Ostsee da und
dort auch für ein paar Tropfen Regen sorgen. Die Mengen sind aber nicht weiter
diskussionswürdig. Allerdings lohnt es sich, der Luftmassencharakteristik im
Süden noch ein paar Zeilen zu widmen. Besonders südlich der Donau ist doch
erhebliches CAPE_ML von knapp 2000 J/kg verfügbar, jedoch in den meisten Fällen
gut gedeckelt. Am Nachmittag konnte die Auslösetemperatur im südlichen
Alpenvorland stellenweise erreicht werden und auch das orographisch gegliederte
Gelände kann da und dort noch für den notwendigen Impuls sorgen. Diese, dann
teils starken, Gewitter hatten/haben als Hauptbegleiterscheinung den Starkregen
(ppw’s zwischen 30 und 40 mm). Aber natürlich waren bei weitem nicht alle
Auslöseversuche von Erfolgt gekrönt. In die Nacht hinein fehlen die notwendigen
Hebungsimpulse, die tagsüber durch einen sehr schwach ausgeprägten
Kurzwellentrog vielleicht noch gegeben waren. Daher fallen die noch vorhandenen
Schauer und Gewitter auch dort langsam zusammen und die Nacht verläuft
anschließend trocken. Da und dort ist ein Nebelfeld nicht ausgeschlossen. Die
Tiefstwerte reichen in der Nordhälfte von 16 Grad an der See bis 11 Grad im
Binnenland, im Süden sind Werte von 18 Grad entlang des Rheins sowie 12 Grad in
den Tälern der östlichen Mittelgebirge zu erwartet. Eine weitere Tropennacht ist
daher auch in den Ballungsräumen des Westens und Südwesten nur noch gering
wahrscheinlich, bei zunehmend dichterer höherer und mittlerer Bewölkung aber
nicht ausgeschlossen. Der Wind spielt keine große Rolle und kommt meist schwach
aus unterschiedlichen Richtungen.

Donnerstag … weitet sich der Langwellentrog im Bereich Großbritannien und
Irland als Folge eines Abtropfprozesses bei den Azoren weiter südöstlich aus.
Gleichzeitig steilt der Höhenrücken über Mitteleuropa auf und dessen Achse
passiert Deutschland im Tagesverlauf von West nach Ost. Damit stellt sich
zunehmend eine südwestliche Höhenströmung ein und im bodennahen Niveau verlagert
sich der Schwerpunkt des eher flachen Hochdruckgebiets zunehmend nach Osteuropa.
Auf der Vorderseite des sich bei Schottland befindlichen Bodentiefs setzt
kräftige WLA ein, wobei die 22-Grad-Isotherme in 850 hPa im Tagesverlauf den
Süden erreicht. Bei einem Wechsel von wenigen Wolken und viel Sonnenschein
erreicht sie Temperatur im Süden sowie Teilen der Mitte nochmal verbreitet mehr
als 30 Grad, entlang des Oberrheins sind Werte um 35 Grad wahrscheinlich. Eine
starke bis extreme Wärmebelastung ist die Folge. Weniger heiß ist die Luftmasse
im Norden, aber auch dort gibt es nochmals einen Sommertag, entlang der Küsten
immerhin einen Warmen Tag. Ein Unsicherheitsfaktor bei der Bestimmung der
Höchstwerte ist aber die zunehmende, WLA-getriggerte mittelhohe bis hohe
Bewölkung, insbesondere in der Westhälfte. Ab den Mittagsstunden steigt an der
westlichen Landesgrenze auch die Wahrscheinlichkeit für schauerartigen Regen,
der von IFS und UK10 sowie nun auch von der deutschen Modellkette bereits
ausgangs der Nacht zum Donnerstag simuliert wird – die Unsicherheiten sind also
durchaus erwähnenswert. Im Verlauf des Nachmittags weitet ich der schauerartige
Regen weiter in Richtung Mitte aus und kann gewittrig durchsetzt sein. Bei einem
niederschlagbaren Wasser von teils mehr als 40 mm ist dabei Starkregen möglich,
außerdem begünstigen sowohl hochreichende als auch niedertroposphärische
Scherung einen höheren Organisationsgrad möglicher Gewitter. Eine gesonderte
Betrachtung verdient sich aber noch der Süden Deutschlands. Während im Norden
und großen Teilen der Mitte die Labilität kaum und nur mäßig ausgeprägt ist,
steigt die Lapse-rate südlich des Mains auf Werte um -0,7 K/100 m, südlich der
Donau und besonders entlang des Alpenrandes auf bis zu -0,8 K/100 m. Aufgrund
der starken Einstrahlung wird im Tagesverlauf dort etwa 2000 bis 3000 J/kg
ML-CAPE generiert. ICON-D2 setzt mit dem aktuellen Lauf auf eine Auslösung im
ostfranzösischen Bergland und einem Ausgreifen der Gewitter auf den Südwesten
Deutschlands am Abend. SuperHD als externes Modell ist deutlich defensiver
aufgestellt und stützt die Lösung von UK10. Im Südosten des Landes überwiegt bis
zum Abend noch der Einfluss des Bodenhochs und Absinken mit einem hohen HKN von
fast 3000 m, sodass es dort zunächst trocken bleibt. Sollten sich durch
orographische Unterstützung im Südwesten Gewitter bilden, können diese bei den
beschriebenen Luftmasseneigenschaften durchaus mit (heftigem) Starkregen,
Sturmböen und (kleinkörnigem) Hagel einhergehen. Prognosesoundings zeigen
außerdem ein ausgeprägte trocken Grundschicht, sodass vereinzelt auch schwere
Sturmböen nicht ausgeschlossen sind. Im Laufe des Abends sowie im Laufe der
Nacht zum Mittwoch verlagern sich die teils starken Gewitter ostwärts und
erreichen Niederbayern am Beginn der zweiten Nachthälfte. Unwetterartige
Entwicklungen sind hinsichtlich Starkregen und Hagel möglich. Der
nordwesteuropäische Trog weitet sich weiter nach Süden aus, damit steilt die
südwestliche Höhenströmung über Mitteleuropa weiter auf. Dabei greift zunehmend
eine flache Tiefdruckrinne auf den Westen und Nordwesten über. Damit
einhergehend erfassen schauerartige, teils gewittrig durchsetzte Regenfälle
Teile der westlichen Landeshälfte. Allerdings sind die Modellunterschiede
bezüglich der Niederschlagsprognosen durchaus noch beträchtlich. Die deutsche
Modellkette setzt auf einen Niederschlagsschwerpunkt im Südwesten, GFS und IFS
haben auch die restlichen westlichen Gebiete im Fokus. Entscheidend ist dies, da
die schauerartig verstärkten Niederschläge sich am Freitag fortsetzen und
dadurch mehrstündige Stark- oder Dauerregenkriterien beachtet werden müssen.
Schwerpunkte sind aber zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht festzulegen. Die
Temperaturen sinken im Laufe der Nacht auf Werte zwischen 22 Grad im Markgräfler
Land und 15 Grad in manchen östlichen Mittelgebirgstälern. Damit steht in
manchen Großstädten nochmals eine Tropennacht (die letzte?) auf dem Programm.
Der Wind ist meist schwach bis mäßig und dreht von südöstlichen auf südwestliche
Richtungen. Auf manchen Gipfeln der südwestdeutschen und zentralen Mittelgebirge
sind stürmische Böen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Freitag … pflanzen sich die Modellunsicherheiten aus der Nacht fort. Der
Langwellentrog bei den Britischen Inseln weitet sich mit seinem südlichen
Bereich in Richtung Biskaya aus, wodurch die Strömung nochmals weiter aufsteilt.
Im Bodenniveau weitet sich das flache Tief weiter ost- und südwärts aus, wobei
die Kaltfront über dem äußersten Nordwesten Deutschlands lagert. Präfrontal
setzen sich in der sehr feuchten Luftmasse die schauerartigen, teils gewittrig
verstärkten Regenfälle fort. Etwas stärkere Gewitterentwicklungen sind bei
deutlich höherer Labilität und erhöhten Scherungswerten in den südlichen
Regionen möglich. Das Starkregenkriterien kann sowohl auf stündlicher Basis, als
auch mehrstündig überschritten werden. Bei entsprechenden Gewitterentwicklungen
sind besonders in der Südosthälfte auch kleinkörniger Hagel und Sturmböen mit
dabei. Auch unwetterartige Entwicklungen müssen in Betracht gezogen werden. Die
Tageshöchsttemperaturen erreichen nochmals 25 bis 30, im Osten und Süden bis 33
Grad. Im Nordwesten und im westlichen Bergland werden 20 bis 24 Grad erreicht.

Modellvergleich und -einschätzung

Bezüglich der synoptischen Grundmuster sind sich die meisten Modelle weitgehend
einig. Allerdings mündet diese Übereinstimmung nicht in einem kongruenten
Niederschlagsbild. Schon die donnerstägliche Konvektion im Süden wird teils
unterschiedlich (intern/extern) gerechnet. Ab der Nacht zum Freitag steigen auch
die Unsicherheiten in der Fläche. Wenngleich sich die Überschreitung von
Warnschwellen nicht aufdrängt, sollten die typischen Staulagen des Berglandes
der Westhälfte etwas im Auge behalten werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri