#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Donnerstag den 17.08.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 171800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 17.08.2023 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
In der Nacht nachlassende Gewitter, morgen nur noch einzelne Gewitter. Weiterhin
schwül und allmählich heißer. Am Samstag Gewitter im Norden.
Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC
Aktuell … befindet sich ein Langwellentrog auf dem Atlantik westlich der
Britischen Inseln. Diesem angegliedert ist ein kürzerwelliger Trog, der sich von
der Nordsee her in Richtung Süd- und Osteuropa erstreckt. In diesem wiederum
befindet sich ein Höhentief, welches derzeit im Bereich der Schweiz abtropft (zu
sehen vor allem in 300 hPa) und ein weiteres Höhentief, welches von dem
ursprünglichen Höhentief eingefangen wurde und derzeit über dem östlichen
Mitteleuropa nordwärts gesteuert wird. Auf der Vorderseite des Langwellentrogs
sorgt etwas Warmluftadvektion für das Aufwölben eines flachen Rückens über
Frankreich. Die Bodenkarte dominiert das Hoch Mathea über dem Nordmeer und
Skandinavien. An dessen Südrand weht der Wind im Norden Deutschlands schwach bis
mäßig aus Nordost. Weiter nach Süden ist nur noch schwacher Gradient vorhanden,
zu den Alpen hin steigt der Druck dann sogar wieder leicht an, so dass sich über
dem Süden Deutschlands eine sehr flache Rinne befindet. Sucht man stärkere
Tiefs, so wird man auf dem Atlantik fündig, wo der Langwellentrog mit dem
kräftigen Tief Christoph korrespondiert, dessen Kern noch weit nordwestlich von
Irland liegt und das in den kommenden Tagen noch wichtig werden wird.
Weiterhin wird das Wetter über Deutschland von zwei Luftmassen geprägt: Ganz im
Norden und Nordwesten liegt eine warme und mäßig feuchte, aber recht stabil
geschichtete (vor allem zwischen 800 und 600 hPa) Luftmasse. In 850 hPa werden
dort 10 bis 12°C gemessen. Nach Süden und Südosten hin erfolgt der Übergang zu
einer deutlich wärmeren, sehr feuchten und instabilen Luftmasse. Dort werden in
850 hPa 16 bis 18°C gemessen. Hohe Grenzschichtfeuchte (11 bis 14 g/kg
spezifische Feuchte) sorgt nach kräftiger Sonneneinstrahlung heute für
signifikanten CAPE-Werte von teils 1500 bis über 2000 J/kg. Die Luftmasse ist
hier auch feucht bis zur Tropopause, was in ppws zwischen 35 und 40 l/qm
resultiert.
Dort im Süden haben sich heute orographisch indiziert sehr langsam ziehende
Zellen entwickelt, die sich trotz äußerst geringer Scherung teils zu größeren
Multizellenclustern organisieren konnten und somit extrem unwetterartige
Regensummen hinterlassen. In der Mitte, am südlichen Rand der Luftmassengrenze,
haben sich ebenso Gewitter entwickelt, die aber heute limitiertes
Entwicklungspotential hatten, da das gestrige MCS einiges an Energie aufgezehrt
hat. Zu guter Letzt regnen sich derzeit noch die Reste eben jenes MCS über dem
Norden ab, wo aber mangels Labilität keine Gewitter mehr auftreten und trotz des
langsam ziehenden Systems auch keine Starkregenwarnung mehr nötig war. Abseits
der Niederschläge ist es im Norden vielfach bewölkt, im Süden dagegen sonnig.
Was passiert in der kommenden Nacht?
Deutschland verbleibt im Bereich des kürzerwelligen Troges, dessen Achse
allmählich unser Land überquert und in der Früh die Osthälfte erreicht. Das
abtropfende Höhentief erreicht bis zum Morgen Slowenien (300 hPa). Der
Höhenrücken, der sich auf der Vorderseite des Langwellentroges aufwölbt und das
gesamte System immer mehr trennt, schiebt sich über Frankreich ostwärts und
kräftiges Absinken durch negative Vorticityadvektion erreicht den Westen
Deutschlands. An der Bodendruckverteilung ändert sich nichts Signifikantes, der
Wind nimmt tagesgangsbedingt aber ab und schläft im Süden ganz ein.
Ebenfalls stark vom Tagesgang geprägt sind die Gewitter im Süden, denn hier
vermag der Trog aufgrund des Abtropfens keine Hebung mehr zu generieren. Etwas
zäher dürften sich die Gewitter am südlichen Rand der Luftmassengrenze halten,
allerdings im Nachtverlauf der Propagation des Troges folgend sich vom Westen in
den Osten und Nordosten verlagern. Hier liegt der Fokus der Luftmasse
entsprechend, bei mäßigem CAPE, viel Feuchte, wenig Scherung und geringen
Zuggeschwindigkeiten auf dem Starkregen, der hier und da auch mal noch
unwetterartig werden kann. Auch ganz im Nordosten, im Umfeld der Ostsee regnen
die Reste des MCS noch ein bisschen vor sich hin.
Abseits der Niederschläge kann es vor allem nach Süden hin teils klar werden, in
vielen Regionen sorgt die hohe Luftfeuchtigkeit für hochnebelartige Bewölkung,
teilweise muss auch mit dichtem Nebel gerechnet werden, zumal ja auch teilweise
der Wind komplett einschläft. Die hohe Luftfeuchtigkeit sorgt auch in vielen
Regionen für äußerst laue Tiefstwerte zwischen 21 und 16°C, mit den höchsten
Werten im Westen. Lediglich in Teilen des östlichen Berglandes und im Südosten
ist eine Abkühlung auf 15 bis 12°C drin.
Am Freitag … schwenkt der über Deutschland liegende Trog über den Osten des
Landes hinweg und erreicht am Abend die Oder. Das abgetropfte Höhentief zieht
zum nördlichen Balkan. Von Südwesten her wölbt sich immer stärker der
Höhenrücken in Richtung des Westens und Nordens Deutschland auf. Er sorgt in den
westlichen Landesteilen für Absinken. Dies geschieht durch kräftige WLA auf der
Vorderseite des Langwellentroges, dessen markanteste Achse am Abend die Biskaya
erreicht. In diesem Bereich fällt auch der Bodendruck bereits signifikant,
während der Kern des Tiefs Christoph weiterhin weit nordwestlich von Irland
verbleibt. Das Hochdruckgebiet über dem Nordmeer und Skandinavien verändert
seine Lage und Stärke kaum. In der Folge nimmt also der Gradient über
Deutschland etwas zu und der Wind kann tagsüber auch mal mäßig aus östlichen bis
südöstlichen Richtungen wehen.
Die Luftmassengrenze bleibt weiterhin bestehen, allerdings kann sich die feuchte
und zumindest leicht labil geschichtete Luftmasse bis in den Nordosten
ausdehnen, während der weniger warmen, trockeneren und stabileren Luftmasse nur
noch der Nordwesten bleibt. Insgesamt erhöht sich das Temperaturniveau in 850
hPa um etwa 2 K.
Von Südwesten her setzt sich eine leichte föhnige Abtrocknung der Luftmasse im
äußersten Süden durch. Abseits dieser Region und des Nordwestens können sich bei
Sonneneinstrahlung (nach der Auflösung des ganzen Nebel- und Hochnebelgedönses)
wieder ordentliche CAPE-Werte aufbauen. Dies resultiert vor allem aus der nach
wie vor sehr hohen Feuchte in der Grenzschicht. In höheren Schichten macht sich
aber von Westen her schon Absinken bemerkbar, was in allmählicher Abtrocknung
höherer Atmosphären resultiert und damit ppws, die von Westen her allmählich auf
25 bis 35 l/qm zurückgehen. Nur im Nordosten liegen diese teils noch um 40 l/qm.
Zudem setzt von Westen auch eine zunehmende Deckelung ein, so dass die
Gewittertätigkeit dort unterdrückt werden sollte. Ausreichen sollte es noch
allenfalls im Alpengebiet östlich des Inns, im gesamten östlichen Bergland und
eventuell im Nordosten. Während in den Bergen nur noch die Orographie als
auslösender Faktor in Frage kommt, muss im Nordosten (mangels Orographie) der
dort noch durchschwenkende Trog herhalten. Scherung ist in den Gewittergebieten
kaum vorhanden, der Wind dreht zwar schön von Ost auf Südwest bis West, ist aber
in allen Schichten schwach. Dies resultiert dann auch in fast stehenden Zellen,
so dass diese bezüglich des Starkregens durchaus nochmal das Unwetterkriterium
erreichen können. ICON-D2-EPS ist diesbezüglich sehr zurückhaltend, was nicht
sehr überrascht, weil auch der deterministische Lauf kaum überhaupt Gewitter
zulässt. Ähnlich schwach ist SuperHD aufgestellt, während Arome schon ein paar
Starkregenbomben simuliert und auch die Globalmodelle ICON und vor allem IFS
noch etwas Niederschlags simulieren. Hagel sollte bei den Zellen von
untergeordneter Bedeutung sein, Sturm noch mehr, vielleicht fällt aus einer
stärkeren Zelle noch eine stürmische Bö heraus.
Abseits der potentiellen Gewitter gibt es in allen Landesteilen etwas
Quellbewölkung, wobei diese im Norden deutlich dichter sein soll als im Süden,
wo demnach die höchsten Sonnenanteile simuliert werden. Die wärmer werdende
Luftmasse schlägt zusammen mit dem Sonnenschein auf die Temperaturhöchstwerte
durch, die zwischen 25°C im Norden und 34°C am Hochrhein erreichen sollen. Etwas
kühler bleibt es nur noch unmittelbar an der See und teilweise im Binnenland
Schleswig-Holsteins.
In der Nacht zum Samstag sorgt anhaltende Warmluftadvektion für ein weiteres
Aufwölben des Rückens, dessen Achse dann bis zum Morgen schon die Mitte unseres
Landes erreicht. Der zunächst wetterbestimmende Trog zieht endgültig nach Osten
ab, allerdings rückt uns von Westen der Langwellentrog schon auf die Pelle.
Dessen erste Achse, reichlich PVA produzierend, schwenkt über die Britischen
Inseln nordwärts. Damit bildet sich auch ein Teiltief, welches über Irland
nordwärts zieht. Dies alles hat im Nordwesten Druckfall zur Folge, was wiederum
bei uns den Gradienten verstärkt und womit der Wind in fast allen Landesteilen
etwas auflebt oder zumindest am nächtlichen Einschlafen gehindert wird. Im
Nordwesten frischt er spürbar auf, allerdings noch ohne irgendwelche
Warnschwellen zu erreichen.
Mit dem rückeninduzierten Absinken in den östlichen Landesteilen und dem
Tagesgang ist es mit eventuellen Gewittern rasch vorbei. Dann lockern vielfach
die Wolken auf, wo der Wind schwach ist können auch noch einmal ein paar Nebel-
oder Hochnebelfelder entstehen. Von Westen nähert sich aber schon die Kaltfront
des Tiefs Christoph an und schickt hohe, später auch mittelhohe Wolkenfelder vom
Westen bis in die Mitte des Landes. Die Front (mit kräftigen Regenfällen und
Gewittern) bleibt noch deutlich außerhalb unseres Landes.
Im Westen Deutschlands sorgen die hohen Ausgangstemperaturen und Kombination mit
auffrischendem Wind und aufziehender Bewölkung für eine sehr milde Nacht mit
Tiefstwerten zwischen 21 und 18°C. Etwas kühler wird es im Osten und vor allem
im Südosten, wo die Temperatur bis auf 12°C absinken kann.
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Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC
Am Samstag … zieht wie in der Frühübersicht beschrieben die Kaltfront des
Tiefs Christoph in den Nordwesten Deutschlands hinein. An ihr selbst simulieren
die vorliegenden Modelle weiterhin Regenfälle und Gewitter, nach Süden hin soll
das Ganze weitgehend gewitterfrei über die Bühne gehen. Generell ist es nach
Südosten hin ohnehin lange sonnig, mittelhohe Wolken ziehen dort erst am
Nachmittag auf, so dass es in der schwülwarmen Luftmasse richtig heiß wird.
Was aber nach wie vor einige Fragezeichen aufwirft, ist, dass in der der
Kaltfront vorlaufenden Konvergenz keine Niederschläge simuliert werden. In
dieser wird nach ICON-EU jede Menge Feuchte akkumuliert, resultierend in ppws
über 45 l/qm und CAPE-Werten jenseits der 2000 J/kg. Auch etwas Scherung ist
vorhanden. Möglicherweise reicht die bodennahe Konvergenz noch nicht aus, die
von den Temps gezeigte CIN zu überwinden. Vielleicht läuft die Konvergenz auch
zu sehr unter den noch nicht abgezogenen Rücken hinein, wobei das wohl kaum
ausreichen sollte, die Auslösung von Konvektion zu unterbinden. Zumindest sollte
es aber nicht überraschen, wenn unsere konvektionserlaubenden Modelle mal den
Samstag erfassen, diese an dieser Konvergenz ordentliche Gewitter simulieren.
Unwetterpotential (zumindest bezüglich Hagels und Starkregens) wäre dann auf
jeden Fall gegeben. Aktuell reicht immerhin schon SuperHD bis in den
Samstagnachmittag, dort werden aber selbst an der Kaltfront nur schwächste
Niederschläge simuliert.
Modellvergleich und -einschätzung
Die vorliegenden Modelle simulieren die synoptischen Basisfelder einheitlich.
Die prognostizierten Regenfälle unterscheiden sich vor allem morgen, wie oben
schon beschrieben. Interessanterweise zeigen die Modelle an der Kaltfront am
Samstag wieder recht ähnliches Verhalten. Im Bereich der Konvergenz im Vorfeld
der Kaltfront zeigt ICON deutlich höhere Taupunkte als andere Modelle.
Dementsprechend könnte die gewitterfreie Konvergenz auch aufgrund möglicherweise
niedrigerer Taupunkte realistisch werden.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann