#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Samstag den 12.08.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 121800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 12.08.2023 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
In der Nacht zum Sonntag nachlassende Konvektion. Tagsüber vor allem im Süden
und Südosten teils kräftige Gewitter mit Unwettergefahr.
Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC
Aktuell … ist nach einer kurzen hochdruckbestimmten Phase – genau genommen
waren es zwei Tage – das Pendel wieder umgeschlagen in Richtung zyklonal.
Protagonist in diesem Theater ist das zentralsteuernde Tief AREND mit etwas
unter 1000 hPa dicht bei den Hebriden, das sehr feuchte und potenziell instabile
Luftmassen nach Mitteleuropa steuert. Mit am Start ist eine teilokkludierte
Kaltfront, die inzwischen den Westen und Nordwesten unseres Landes passiert hat
und bis Sonntag früh trotz ihres schleifenden Charakters über die Mitte hinweg
bis in den Süden zieht. Am Sonntagmorgen verläuft sie etwa vom Nordschwarzwald
bis hinüber zur Lausitz. Rückseitig gelangt eine weniger warme (T850 11 bis
8°C), vor allem aber trockenere und stabilere Meeresluft zu uns, in der sich das
Wetter rasch beruhigt. Teilweise lockert die Wolkendecke auf, hier und da bilden
sich ein paar flache Nebelfelder bei Tiefstwerten zwischen 17 und 11°C.
Dem Süden und Südosten bleibt der Luftmassenaustausch verwehrt, trotzdem
beruhigt sich das Wetter auch dort immer mehr. Zum einen wirkt sich der
Tagesgang stabilisierend aus, zum anderen glättet sich die anfangs noch zyklonal
konturierte südwestliche Höhenströmung. Trotzdem, in der zweiten Nachthälfte
simulieren quasi alle Modelle im Bereich der oberen Donau eine schmale Linie mit
Konvektion. Oberhalb der stabilen Grundschicht steht etwas MU-CAPE zur
Verfügung, das wahrscheinlich angeregt durch eine leichte Verwellung an der
etwas nördlich positionierten Front in einzelne Gewitter umgesetzt könnte.
Allerdings muss konstatiert werden, dass die konvektionserlaubenden Modelle in
den letzten Läufen bezüglich Gewitter zurückgerudert sind. Ansonsten gilt, dass
die Wolkendecke ebenso wie im Norden und Westen teilweise auflockert, was in
regengeschwängerter feuchter Grundschicht Nebelfelder mit Sichtweiten um oder
unter 150 m Sichtweite auf den Plan ruft.
Sonntag … ändert sich zunächst relativ wenig an der Großwetterlage. Die
südwestliche Höhenströmung bleibt glatt ohne zumindest mit dem bloßen Auge
erkennbare Randtröge, zumindest für längere Zeit. Mr. AREND unternimmt einen
Klonversuch, in dem er unweit der Shetlands einen zweiten Kern produziert, was
für uns aber nur von peripherem Interesse ist. Entscheidend ist weiterhin die
o.e. Front, die von nun an eher als Luftmassengrenze (LMG) fungiert, welche uns
über Tage hinweg beschäftigen wird. Am morgigen Sonntag positioniert sie sich
wenig mobil zwischen Main und Donau, wo sie weiterhin eine sehr energiereiche
und potenziell instabile Subtropikluft im Süden (T850 bis zu 20°C in Alpennähe)
von trockenerer und stabilerer Luft im Norden sowie weiten Teilen der Mitte
trennt.
Zunächst auf die „kalte“ Seite der Luftmassengrenze, wo sich unterhalb einer gut
ausgeprägten Inversion zwischen 800 und 750 hPa Quellwolken bilden, die zwar die
Sonne mal mehr, mal weniger verdecken, in puncto Konvektion aber keine große
Gefahr ausstrahlen. Vielleicht reicht es im Tagesverlauf für ein paar schwache
Schauer im Nordwesten, wenn dann nämlich doch ein kleiner Sekundärtrog von den
Niederlanden rüberschwappt. Die Temperatur erreicht Höchstwerte von 23°C an
Hunte und Schlei (direkt an der See sowie auf den Inseln etwas darunter) bis zu
29°C in der Oberlausitz.
Weiter südlich gilt es erstmal die frühmorgendlichen (gewittrigen) Schauer aus
dem Südwesten abzuarbeiten, die sich im Laufe des Vormittags über Ostwürttemberg
gen Mittelfranken verlagern. Ansonsten dürfte erst mal nicht viel passieren, so
dass sich die feuchte Luftmasse energetisch schön „aufladen“ kann. Gerade im
Süden und Osten Bayerns, wo es für einige Zeit einstrahlt, wird ordentlich CAPE
aufgebaut (teils 1500 bis 2000 J/kg oder sogar noch etwas mehr). Zusammen mit
dem hohen Wasserdampfgehalt (PPW um 40 mm, spez. Feuchte bis zu 14 g/kg) sind
das sehr vernünftige Werte für kräftige Überentwicklungen. Hinzu kommt eine
mäßige hochreichende DLS von rund 15 m/s sowie durch alpines Pumpen (=>
Druckfall in den Alpen => Winddrehung im Alpenvorland auf Nordwest bis Ost) auch
sehr solide LLS. Was fehlt sind dynamische Impulse aus der Höhe, weil die
Höhenströmung zu glatt und zu schwach ist. So bedarf es u.a. also der Orografie,
um im Tagesverlauf einige kräftige Gewitter auszulösen. Am Alpenrand wird das
wahrscheinlich erst sehr spät der Fall sein, während es weiter nördlich (im
Bereich der LMG) schon am frühen Nachmittag losgeht. Dort ist in der Basis von
markanten Gewittern mit Schwerpunkt Starkregen auszugehen (Hagel und Böen 8-9
Bft trotzdem möglich), lokale Unwetter nicht ausgeschlossen. Sollten sich später
ganz im Süden ebenfalls Superzellen entwickeln, sind dort neben Starkregen auch
größerer Hagel und Böen 10 bis 11 Bft nicht ausgeschlossen. Mit 26 bis 31°C wird
es im Süden und Südosten schwülwarm- bis heiß.
In der Nacht zum Montag schwenkt ein KW-Trog in die Rückseite des bis dato recht
flachen Haupttroges über dem nahen Atlantik, wodurch dieser beginnt, seine
Amplitude zu vergrößern. Entsprechend dreht die südwestliche Höhenströmung bei
uns etwas zurück, was vor allem im Hinblick auf das montägliche Wetter von
Bedeutung ist (Verschiebung der LMG und der potenziell instabilen Luftmasse nach
Norden). Zunächst aber beruhigt sich das Geschehen tagesgangbedingt, stellt aber
nicht gänzlich auf null. So bleibt es im Bereich der LMG leicht unruhig mit
einzelnen Schauern und Gewittern. Ansonsten lockert die Wolkendecke mal mehr,
mal weniger auf, bei längerem Aufklaren bildet sich Nebel.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC
Montag … Es gelten im Wesentlichen die Ausführungen der Frühübersicht.
Modellvergleich und -einschätzung
Wie so oft werden synoptischen Basisfelder kongruent und auch konsistent
simuliert, so dass die Aussagen zur Entwicklung der Großwetterlage unzweifelhaft
sind. Anders sieht es beim daraus resultierenden Wetter aus, das von den
Modellen sehr gerne individuell behandelt wird. Man hat es heute wieder gesehen,
wie schwer es ist, mit einer ausreichenden Vorlaufzeit die entsprechenden
Wettererscheinungen (Gewitter, aber auch ungewittriger Starkregen) mit den
entsprechenden Auswirkungen sowie räumlicher Genauigkeit richtig einzuschätzen
und zu bewarnen. Ähnlich wird es auch am morgigen Sonntag aussehen – Nowcasting
ist Trumpf.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann