S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 09.08.2023 um 10.30 UTC

Von West-Nordwest auf Südwest – Comeback des Sommers mit deutlich steigenden
Temperaturen, aber auch Schauern und Gewittern.

Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 16.08.2023

Schaut man sich die Temperatur vom gestrigen Dienstag oder auch die für den
heutigen Mittwoch apostrophierten Werte an, mutet es fast wie eine
Verballhornung an, wenn bereits für den übermorgigen Freitag 30°C rausposaunt
werden. Ja, ja, so schnell kannŽs gehen, heraus aus den thermischen Katakomben
hinauf auf den sommerlichen Olymp. Oder weniger poetisch, die Wetterlage ist
aktuell dabei, sich umzustellen, wovon auch die Mittelfrist profitieren wird.
„Aus West-Nordwest mach Südwest“ heißt die Zauberformel, die uns den Sommer
(zumindest den, wie man ihn landläufig versteht) zurückbringt.

Wir steigen ein am kommenden Samstag, der den Beginn des mittelfristigen
Prognosezeitraums markiert und – erfreulich – fußballerisch mit dem DFB-Pokal
aufwartet. Die Amateur- und Profikicker müssen sich dabei, sofern nicht auf
Norderney oder Amrum gekickt wird, was aber nicht der Fall ist, auf
hochsommerliche Temperaturen zwischen 25 und 31°C einstellen, die in dem einen
oder anderen Stadion eine Trinkpause hervorrufen dürften. Verantwortlich für das
Comeback des Sommers zeichnen zum einen das zentralsteuernde hochreichende Tief
AREND mit Kern um 995 hPa dicht bei Irland, das auf seiner Vorderseite warme bis
heiße Luftmassen nach Mitteleuropa transportiert. Unterstützt wird AREND dabei
vom Hoch LOTTE, das sich mit dem zugehörigen Höhenrücken bereits leicht
ost-südöstlich des Vorhersageraums befindet. Während sich in der Höhe recht
deutlich eine südwestliche Strömung andeutet, präsentiert sich die
Druckverteilung gradientschwach und flau. Das erklärt, warum die teilokkludierte
Kaltfront des Tiefs bei uns nur sehr zäh ost-südostwärts vorankommt. An bzw. vor
der Front kommt es vor allem in der Nordwesthälfte in der sehr feuchten, aber
nur leidlich labil geschichteten Luftmasse zu schauerartigen Regenfällen mit
eingelagerten Gewittern. Für die meist sonnige Südosthälfte simuliert IFS
weitgehend niederschlagsfreie Verhältnisse. Allerdings kann nicht ausgeschlossen
werden, dass in der sehr warmen bis heißen Luftmasse nicht doch irgendwo mal der
Deckel gesprengt wird (am ehesten natürlich über dem Bergland) und ein, zwei
Überentwicklungen in den Himmel schießen.

Am Sonntag zieht das Zentraltief nach Schottland, wobei es sich merklich
auffüllt auf nahe 1005 hPa. Dafür beginnt der zugehörige, nach Südwesten
zurückhängende Höhentrog zu amplifizieren, was bei uns die südwestlichen
Höhenwinde leicht rückdrehen lässt. Am Boden tut sich dagegen wenig. Die
Druckverteilung bleibt amorph und die o.e. Front respektive Luftmassengrenze
lässt sich im Süden und Südosten des Landes nur noch schwer detektieren. Auf
alle Fälle bleibt es warm bis sehr warm, in der Südosthälfte vielerorts heiß
(30°C + X) mit Sonnenschein, aber auch einigen Schauern bzw. schauerartigen
Regenfällen und Gewittern. Wo genau es regnet und/oder blitzt und donnert, ist
derzeit noch mit Unschärfen versehen. Die Tendenz geht Richtung Süden und Mitte,
während nach Nordwesten hin postfrontal eine gewisse Stabilisierung angedeutet
wird (was einzelne Schauer aber nicht ausschließt).

Von Montag bis Mittwoch verbleiben wir auf der Vorderseite des inzwischen gut
amplifizierten und sich ständig regenerierenden Höhentrogs. Die südwestliche,
weitgehend indifferent konturierte Höhenströmung steilt noch etwas auf (500 hPa
etwa um 210°), während unser Freund AREND schwer ums Überleben kämpft und am
Mittwoch wahrscheinlich nur noch rudimentär irgendwo vor der norwegischen Küste
zu finden sein wird. Bei uns bleibt das Druckfeld amorph mit leichtem Hang zu BM
(Brücke Mitteleuropa), wobei diese Brücke alles andere als stabil daherkommt.
Auf alle Fälle stellen sich die Isothermen auf 850 hPa ähnlich
südwest-nordost-exponiert auf wie die Isohypsen auf 500 hPa. Dabei ergibt sich
ein veritabler Gradient, der am Mittwoch 00 UTC von rund 18°C in Bayern/BaWü und
9°C an der Nordsee begrenzt wird. Das entspricht einer sehr soliden
Baroklinität, so dass man sich eine schlingernde, ebenfalls von Südwest nach
Nordost verlaufende Luftmassengrenze vorstellen könnte, die die Heißluft im
Südosten von gemäßigter Luft im Nordwesten trennt. Ob es am Ende so kommt
respektive so analysiert wird, muss abgewartet werden. Fakt ist, dass die
Numerik an allen drei Tagen Niederschläge und Gewitter simuliert, wobei die
Schwerpunkte immer mal wieder woanders gesetzt werden.

In der erweiterten Mittelfrist ab Donnerstag greifen zunächst die abgespeckten
Reste des atlantischen Höhentrogs über, die bei uns die Zyklogenese eines
flachen Tiefs initiieren. Gleichzeitig manifestiert sich ein neuer Höhentrog
über dem nahen Atlantik, was für die Fortdauer der wie auch immer gearteten
Südwestlage sprechen würde. Schauen mer mal…

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs

Hinsichtlich der Kernmerkmale der Vorhersage (Trogvorderseite mit südwestlicher
Höhenströmung, am Boden geringe Luftdruckgegensätze => sommerlich warm bis heiß,
aber unbeständig mit Schauern und kräftigen Gewittern) hat sich nichts geändert.
So gesehen kann IFS (ECMF) eine gute Konsistenz attestiert werden. Neu ist, dass
der Trog über dem nahen Atlantik in den beiden jüngsten Läufen ab nächsten
Montag/Dienstag mit einer deutlich stärkeren Amplitude ausgestattet wird.
Entsprechend steiler verläuft bei uns die Höhenströmung, was wiederum eine etwas
andere räumliche Verteilung der Schauer und Gewitter zur Folge hätte. Außerdem
könnte die heiße Luft aus dem Süden in der Südosthälfte weiter nach Norden
vorstoßen.

Vergleich mit anderen globalen Modellen

Die anderen Globalmodelle tragen das zuletzt genannte Szenario mit der starken
Amplitude nur bedingt mit, so dass die Detailvorhersage für die nächste Woche
weiterhin unscharf ist. Der Grundtenor (Trogvorderseite => sommerliche
Temperaturen, aber unbeständig) wird allerdings modellübergreifend angestimmt.

Bewertung der Ensemblevorhersagen

Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutscher Städte zeigen einen klaren
Trend: deutlicher Anstieg der 850-hPa-Temperatur und des 500-hPa-Geopotenzials
bis Freitag/Samstag, danach Seitwärtsbewegung mit langsam zunehmender Streuung
(bei der Temperatur größer als beim Potenzial) bei gleichzeitig täglich
wiederkehrenden Niederschlagssignalen. Es fällt auf, dass im Nordwesten
(Referenz Hamburg und Wangerooge), also auf der „kühlen“ Seite der
vermeintlichen Luftmassengrenze), weniger Regenpeaks zu finden sind als im Osten
und Süden.

Für die Clusterung bedeutet das sowohl für den Zeitraum T+120…168h (Montag bis
Mittwoch), als auch die Tage danach (T+192…240h) durchweg das Klimaregime
„Blockierung“. Es werden jeweils vier Cluster angeboten, die bei uns alle eine
Trogvorderseite ergo südwestliche Höhenströmung zeigen. Die Unterschiede liegen
in der Konfiguration des Troges bzw. der Höhenströmung, die mal mehr, mal
weniger zyklonal oder antizyklonal aufgestellt ist.

FAZIT: Der Kurs „sommerlich warm bis heiß, aber unbeständig“ steht, was
natürlich Unschärfen in der Detailvorhersage impliziert.

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen

Signifikante Wettererscheinungen rekrutieren sich im Wesentlichen aus der ab
Samstag zunehmenden und wahrscheinlich über mehrere Tage andauernden
Gewitterneigung. Dabei sind markante Entwicklungen wahrscheinlich und Unwetter
möglich. Das Problem ist die zeit-räumliche Verteilung der konvektiven Prozesse,
was weiter oben schon mehrfach angeklungen ist. Ob es für den Süden und Südosten
gebietsweise auch mal für Hitzewarnungen reicht, ist z.Zt. noch unsicher. Sicher
ist, dass die Temperatur ab Freitag 30°C oder auch etwas mehr erreicht.

Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-Mix mit IFS-EPS und Modellmix.

VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann