SXEU31 DWAV 271800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 27.07.2023 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
In der südlichen Mitte viel Regen, dort in den Mittelgebirgen bis morgen
Dauerregen. Ansonsten wieder wärmer und unbeständig mit zahlreichen Gewittern.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 06 UTC

Aktuell … ist eine zyklonale Westwetterlage für uns wetterbestimmend. Ein
steuerndes Tief befindet sich über Mittelschweden, hier handelt es sich um das
Tief Unai, das sich allerdings bodennah mittlerweile eher als Tiefdrucksumpf mit
mehreren kleinen Minima präsentiert. Zunehmend die Regie übernimmt dagegen das
hochreichende Tief Ventur I, welches sich auch bodennah als Sturmtief
nordwestlich von Irland zeigt. Während sich von Unai ausgehend ein recht
kräftiger Langwellentrog südostwärts erstreckt, sorgt die Warmluftadvektion auf
der Vorderseite von Ventur I für einen flachen Rücken, der derzeit über
Deutschland ostwärts schwenkt. Sehr hohes Geopotential befindet sich über dem
Süden Europas, im Bodendruckfeld markiert Hoch Ilse, das sich zum Balkan
zurückgezogen hat, den Gegenspieler zu den Tiefs. Die Warmfront von Ventur I,
die dem Tief weit nach Osten vorausgelaufen ist, hat am frühen Abend in etwa die
Elbe erreicht. Ein Kurzwellentrog, der die westliche Nordsee erreicht hat, sorgt
für Hebung durch PVA an der Warmfront und der resultierende Druckfall sorgt für
eine Teiltiefentwicklung an der Warmfront, so dass sich eine Warmfrontwelle von
der Nordsee her nähert.

Im eigentlichen Warmsektor herrscht über der Mitte Deutschlands ein recht
kräftiger Gradient, so dass der Westwind mäßig weht. In der recht stabilen
Schichtung nimmt der Wind nach oben hin rasch zu, was im höheren Bergland zu
steifen bis stürmischen Böen führt, auf dem Brocken auch zu Sturmböen. Die
Warmfront selbst ist durch einen recht markanten Windsprung auszumachen, auf der
Vorderseite weht der Wind etwas schwächer aus Südost bis Süd.

Im Bereich der Warmfront kommt es zu leichten bis mäßigen, anfangs stratiformen
Regenfällen. An der Südkante der Warmfront macht sich aber in mittleren
Troposphärenschichten eine leichte Labilisierung bemerkbar, was zu zunehmend
schauerartigen Regenfällen und ggf. auch einzelnen Warmlufteinschubgewittern
führt.

Ein weiteres Regengebiet liegt zonal über der südlichen Mitte Deutschlands, am
Abend in etwa von der Eifel bis zum Bayerwald orientiert, mitten im Warmsektor.
Hierbei handelt es sich um einen atmosphärischen Fluss, der eine warme und sehr
feuchte Luftmasse aus dem tropischen Atlantik bis nach Deutschland
transportiert. In diesem Bereich hat sich auch der ehemalige Hurrikan Don
aufgelöst. Im Bereich dieses atmosphärischen Flusses liegen die ppw’s bei etwa
35 bis 40 l/qm. Dies kann man recht eindrucksvoll am heutigen Mittagstemp von
Idar-Oberstein erkennen, der praktisch von Boden weg bis zur Tropopause in etwa
10,5 km Höhe durchgängig gesättigt ist und niederschlagbares Wasser von 35,9
l/qm ausweist. Da sich die Lage des Regengebietes kaum ändert, sollen bis zum
Freitagmittag (gerechnet ab heute Mittag) in einem recht breiten Streifen über
der südlichen Mitte Deutschlands meist 15 bis 30 l/qm Regen fallen. In den
Weststaulagen der in dieser Region liegenden Mittelgebirge können es vielfach 30
bis 40 l/qm werden, vereinzelt in Staulagen auch um 50 l/qm.

Auch zwischen den beiden Regengebieten gibt es einzelne schwache Schauer oder
örtlichen Regen, ganz im Süden Richtung Alpen und Hochrhein sind dagegen die
Wolkenlücken größer und dort bleibt es trocken.

In der Nacht zum Freitag schwenkt der oben schon beschriebene Kurzwellentrog von
der Nordsee über Norddeutschland hinweg bis zur Oder. In seinem Vorfeld ziehen
entlang der Warmfront eine oder ggf. auch zwei flache Wellen (Ventur II)
entlang. Damit verlagert sich die Front nach Westen hin kaum noch und verharrt
dort über der Deutschen Bucht, im Osten kommt sie noch bis nach Vorpommern
voran. Während es auf der „kalten“ Seite kaum noch regnet, kommt es im
unmittelbaren Konvergenzbereich zu kräftiger Hebung und entsprechenden
schauerartigen Regenfällen. In der dort hochreichend gesättigten Luftmasse mag
mitunter in der mittleren Troposphäre etwas CAPE vorhanden sein, so dass es zu
abgehobener Gewittertätigkeit kommen kann. Dann kann es lokal auch zu etwas
Starkregen zwischen 20 und 30 l/qm in wenigen Stunden kommen. Nach ICON-D2 ist
die Wahrscheinlichkeit hierfür aber recht gering und am ehesten an der Unterelbe
gegeben.

Das südliche gelegene Regenband wird durch den Kurzwellentrog ebenso aktiviert
und vorübergehend etwas nach Norden gezogen, bevor es in den Frühstunden wieder
etwas nach Süden vorankommt. Die stärksten Niederschlagsraten innerhalb des
Dauerregenzeitraums liegen somit in den Nachtstunden und verlagern sich in
dieser Zeit von West nach Ost. Auch hier sind einzelne eingelagerte Gewitter
nicht ganz ausgeschlossen.

Zwischen den Regengebieten ist es teils niederschlagsfrei, teils regnet es
geringfügig. Trocken bleibt es dagegen ganz im Süden und dort ist auch die
Bewölkung aufgelockert.

Der Wind weht ganz im Norden oft um Nordost, sonst weiterhin aus Südwest und
durchaus auch in der Nacht teils noch mäßig. Insbesondere auf den höheren Bergen
kommt es weiterhin zu stürmischen Böen, vereinzelt auch Sturmböen, auf dem
Brocken kann vorübergehend auch eine schwere Sturmbö nicht ganz ausgeschlossen
werden.

Die Tiefstwerte liegen meist zwischen 17 und 13°C, in Alpennähe kann es auch auf
10°C runter gehen.

Am Freitag … zieht der oben beschriebene Kurzwellentrog rasch nach Osten ab.
Zwischen diesem und dem hochreichenden Tief von Ventur I zieht im Bereich der
Nordsee ein kurzwelliger Rücken heran und sorgt im Norden Deutschlands für
entsprechendes Absinken. Dieser Rücken wird weiter südlich dagegen von einem
etwa parallel dazu heranziehenden Kurzwellentrog unterlaufen, dessen Achse am
Nachmittag den Südwesten Deutschlands erreicht. Bodennah zieht die
Warmfrontwelle Ventur II nach Osten ab, so dass die Front als Kaltfront ein
wenig nach Süden vorankommt. Da aber von Westen Absinken wirksam wird, schwächen
sich die Niederschläge von Westen her deutlich ab. In der weiterhin sehr
feuchten Luftmasse südlich der Warmfront können zunehmende Wolkenauflockerungen
dazu beitragen, dass im Norden etwas CAPE generiert wird. Deutlich mehr als 500
J/kg dürften es aber nicht werden. Damit können vor allem im Frontbereich und
unmittelbar südlich davon Schauer entstehen, auch einzelne Gewitter sind
durchaus wieder möglich. Bei wenig Scherung bleibt es aber bei Einzelzellen, die
allenfalls mal lokal Starkregen bringen können. Hierfür spricht das hohe ppw
über 30 l/qm, die Zuggeschwindigkeiten sind aber mit 40 bis 50 km/h recht hoch.

In der südlichen Mitte, an unserem atmosphärischen Fluss, sorgt der neue
Kurzwellentrog von Westen her erneut für Hebung. Damit greifen am Vormittag
schauerartige Verstärkungen von Lothringen her auf das Saarland und
Rheinland-Pfalz über. Damit besteht in dieser Region auch wieder geringes
Starkregenpotential, was auch ICON-D2 andeutet. Trotz geringer Einstrahlung
scheint im Laufe des Tages zunehmend mehr Labilitätsenergie zur Verfügung zu
stehen, denn die Niederschläge sollen im Tagesverlauf nach Osten hin, also in
Südhessen, Bayern und Baden-Württemberg wieder zunehmend gewittrig werden, was
das Starkregenpotential weiter erhöht, zumal die ppw’s dort weiterhin teils bei
über 35 l/qm liegen. Dabei verlagert sich das Niederschlagsband im Vergleich zum
Vortag etwas nach Süden. Im Vorfeld, nach Südosten hin, wo etwas mehr
Einstrahlung gewährleistet ist, könnte nach Lesart von ICON-EU etwas mehr CAPE
(örtlich über 500 J/kg) generiert werden, was in Teilen Bayerns in Zusammenhang
mit deutlich erhöhter Scherung den Näherboden für etwas besser organisierte
Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen bereiten könnte. Hier kann man auch
einzelne Unwetter nicht ausschließen. Allerdings bestehen bezüglich der
Entwicklung noch erhebliche Unterschiede. So zeigt zum Beispiel Kachelmanns
Super HD das meiste CAPE im Bereich des Niederschlagsband selbst. Die Lage ist
also hochsensitiv bezüglich kleinerer Variationen bezüglich der Schichtung im
Feuchteband selbst, außerhalb dieses Bandes bestimmt dagegen die
Sonneneinstrahlung die zur Verfügung stehende Menge an Labilitätsenergie. Somit
sollte über die Details der Entwicklung heute noch nicht so viel spekuliert
werden, vielmehr kommt morgen dem Nearcasting größere Bedeutung zu. Was
allerdings unstrittig ist, ist das Maximum an Scherung im Vorfeld der
Kurzwellentroges, so dass es bei entsprechender Voraussetzung bezüglich der
Schichtung dort organisierte Gewitter geben kann.

Zwischen den Niederschlagszonen gibt es durchaus auch größere trockene Gebiete,
auf viel Sonne sollte man aber auch dort nicht spekulieren. Lediglich der
äußerste Süden ist wieder mit höheren Sonnenanteilen im Vorteil. Die
eingeflossene wärmere Luftmasse (im Süden bis 14°C in 850 hPa, im Norden 10°C)
erlaubt wieder höhere Höchstwerte als am Vortag. Ganz im Süden werden es mit
etwas Sonne wieder um 25°C, bei größeren Auflockerungen ist dies auch in der
nördlichen und östlichen Mitte möglich. Ansonsten liegen die Höchstwerte
zumindest wieder in den unteren 20ern.

Der Wind weht zwischen dem tieferen Druck im Bereich der Warmfront und etwas
höherem Druck im Süden weiter mäßig aus West. In den Bergen nimmt er aber
langsam ab, so dass die für dort geltenden Sturmwarnungen im Tagesverlauf
auslaufen können.

In der Nacht zum Samstag wölbt sich der Höhenrücken noch etwas auf und seine
Achse erreicht bis zum Morgen den Osten des Landes. Der unter ihm laufende
Kurzwellentrog ist etwas schneller unterwegs und zieht im Süden rascher nach
Osten ab. Das Tiefdrucksystem Ventur I verlagert seinen Schwerpunkt in den
Bereich nördlich von Irland. Wir gelangen dabei zunehmend auf seine Vorderseite,
wobei auf dieser ein markanter Kurzwellentrog in der Nacht den Westen
Deutschlands erreicht.

Mit Drehung der Höhenströmung Richtung Südwest und zunehmend gegen Südsüdwest
drehendem bodennahen Wind wird die Warmfront jetzt wieder nach Norden bewegt und
verlässt unser Land im Laufe der Nacht, so dass wir endgültig landesweit in den
Bereich des Warmsektors gelangen. Die Kaltfront nähert sich dagegen weiterhin
nur langsam unserem Land und erreicht erst die westliche Nordsee und den
Ärmelkanal.

Der bereits erwähnte Wind weht in der Nacht durchaus spürbar, aber nirgendwo
mehr warnwürdig.

Die Schauer und Gewitter im Norden des Landes sollten erstmal recht rasch
nachlassen. Im Süden kommt es dagegen im Bereich der weiterhin vorhanden
Feuchteschliere zu weiteren schauerartigen Regenfällen und auch in der Nacht
noch einzelnen Gewittern, diese schwächen sich nur langsam ab, bzw. ziehen nach
Osten ab.

Im Vorfeld des Kurzwellentroges sollen dann gegen Morgen in zunehmend labiler
Luftmasse und bei guter Scherung organisierte Gewitter auf den Westen
übergreifen. Hier muss ausgangs der Nacht zumindest mit lokalem Starkregen
gerechnet werden. Auch auf den Südwesten sollen einige Schauer übergreifen.
Ansonsten bleibt es regional auch trocken, allerdings überwiegt der bewölkte
Himmel. Die Nacht verläuft mild mit Tiefstwerten zwischen 17 und 13°C.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 06 UTC

Am Samstag und in der Nacht zum Sonntag … entwickelt sich die Wetterlage nach
aktuellem Stand wie in der Frühübersicht beschrieben, inklusive aller
Unsicherheiten.

Modellvergleich und -einschätzung

Die synoptische Lage wird von den vorliegenden Modellen übereinstimmend
simuliert. Die Niederschlagsprognosen, auf denen die laufenden
Dauerregenwarnungen basieren, stimmen gut überein und es gibt aus aktueller
Sicht keinen Änderungsbedarf.

Größere Unsicherheiten ergeben sich bei der Verteilung und Stärke von Gewittern,
insbesondere am morgigen Freitag. Darauf wurde oben schon eingegangen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann