SXEU31 DWAV 251800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 25.07.2023 um 18 UTC

SCHLAGZEILE:
Heute Nacht Kaltfrontpassage über die Alpen, vorher ganz im Südosten noch bis in
die Nacht hinein Starkregen, teils gewittrig, möglich, an den Alpen bis in die
Frühstunden.
Am Mittwoch klassisches „Rückseitenwetter“ mit vielen Schauern und Gewittern,
maximal markant mit Böen Bft 7 bis 8 und kleinem Hagel.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC

Aktuell … überquert die Kaltfront eines hochreichenden, zentralsteuerndes und
quasistationären Tiefs mit Drehzentrum über Südwestnorwegen unter leichter
Wellenbildung Süddeutschland. Ein kleinräumiges Wellentief hat inzwischen das
Böhmische Becken erreicht, während die Achse des zum Zentraltief gehörenden
Höhentroges aktuell auf den Westen Deutschlands übergreift. Präfrontal zur
Kaltfront, die am späteren Abend die Alpen erreicht, haben sich über dem
Südosten des Landes (aktuell etwa Schwarzwald bis zur Oberlausitz und südöstlich
davon) Reste der ehemals subtropischen Luftmasse gehalten (T850 hPa um 10 Grad),
innerhalb derer sich – dynamisch gestützt durch PVA-induzierte Hebung auf der
diffluenten Trogvorderseite – zahlreiche Schauer und teils kräftige Gewitter
entwickeln konnten. Die aufgrund der verminderten Einstrahlung generierte Cape
hielt sich mit 500 bis örtlich um 1000 J/kg in Grenzen (zumal sich diese Energie
auch die zahlreichen Zellen teilen mussten) und bei moderater hochreichender
Scherung entwickelten sich überwiegend Multizellensysteme, die sich teilweise
linienförmig organisierten. Somit stand bzw. steht aktuell neben kleinkörnigem
Hagel (maximal 2 cm bei „frischen“ Zellen) und steifen bis stürmischen Böen vor
allem der Starkregen warntechnisch im Fokus; vor allem bei Mehrfachtreffern kann
auch ein kleinräumiges Unwetterereignis nicht ausgeschlossen werden.
Im Bereich des Wellentiefs bzw. an dessen Nordflanke waren die Niederschläge
teils skaliger Natur und haben bereits am Nachmittag nachgelassen bzw. sind
Richtung Tschechien abgezogen.
In den kommenden Stunden verlagert sich die Schauer- und Gewitteraktivität mit
abnehmender Tendenz Richtung Alpen; vor allem in der ersten Nachthälfte kann es
hier und da noch einzelne Gewitter mit Starkregen geben, gebietsweise auch
mehrstündigen ungewittrigen Starkregen, in der zweiten Nachthälfte beschränken
sich dann die intensivsten Niederschläge mehr und mehr auf den Alpenraum, wo
sich mit Durchgang eines Troges in 700 hPa und Winddrehung auf Nordwest auch ein
leichter Stau einstellt.
Im Laufe der Nacht „nistet“ sich der Trog dann auch in 500 hPa über Mitteleuropa
ein. Hochreichende Kaltluftadvektion führt zu Druckanstieg und von Frankreich
her weitet sich ein Keil des Azorenhochs nach west- und Süddeutschland aus.
Dabei erreicht die bereits in den Norden und in die Mitte eingeströmte maritime
Polarluft im Laufe der zweiten Nachthälfte auch die Alpen, in 850 hPa liegen die
Werte dann deutschlandweit zwischen +3 und +5 Grad. Somit sinkt dort die
Schneefallgrenze Mittwochfrüh auf etwa 1800 m, vor allem oberhalb von 2000 m
kommt einiges an Neuschnee zusammen.
Die Luftmasse ist ansonsten zunächst verhältnismäßig stabil geschichtet und in
etwa 600 bis 700 hPa ist aktuell über Norddeutschland auch ein recht gut
ausgeprägter Deckel vorhanden.
Somit hält sich postfrontal die Schaueraktivität zunächst in Grenzen, allerdings
ist die Luftmasse heute Nacht vor allem über der Mitte und dem Südwesten
zwischen etwa 600 und 800 hPa feuchtegesättigt und auch der daraus
resultierenden dichten Schichtbewölkung kann es in diesen Regionen auch
gebietsweise etwas regnen bzw. nieseln. Ansonsten lockern die Wolken vor allem
nach Norden zu und im Westen auch mal stärker auf.
Mit Annäherung der Trogachse wird aber zunehmend höhenkalte Luft ins
Vorhersagegebiet advehiert, in 500 hPa sinkt die Temperatur morgens auf etwa -21
Grad im Südosten und bis -24 Grad im Nordwesten. Vor allem im Westen und Norden
wird dadurch die Luftmasse hochreichend labilisiert mit etwas MU-Cape und somit
ziehen dort auch erste Schauer auf, am ehesten im Nordseeumfeld und im Emsland
kann auch mal ein kurzes Gewitter dabei sein.
Der anfangs präfrontal noch böige und in Böen starke, auf den Alpengipfeln
stürmische West- bis Südwestwind dreht postfrontal auf West bis Nordwest und
flaut auch im Süden ab; auf den Alpengipfeln kann es noch stürmische Böen geben,
über der offenen Nordsee und an der Nordfriesischen Küste reicht es für einzelne
steife Böen.
Mit Tiefstwerten zwischen 13 und 8 Grad – in einigen Mittelgebirgstälern auch
darunter – steht eine frische Nacht ins Haus, an den Küsten bleibt es wohl etwas
milder.

Mittwoch … steht klassisches „Rückseitenwetter“ ins Haus. Die Achse des
Troges, dessen Drehzentrum sich sowohl im Bodenfeld als auch in der Höhe
quasistationär über Südskandinavien hält, wandert nun auch in 500 hPa (in 700
hPa hat sie es morgens bereits getan) allmählich über das Vorhersagegebiet
hinweg ostwärts, wobei sie eine zunehmend negative Achsneigung annimmt.
Innerhalb der nordwestlichen Höhenströmung eingebettet, wandert noch einmal ein
kurzwelliger Troganteil über den Westen und Süden des Landes hinweg südostwärts.

Zwar verlagert sich die höhenkälteste Luftmasse mit dem Trog peu a peu in die
Osthälfte des Landes, dennoch können sich landesweit Schauer und auch kurze
Gewitter entwickeln. Etwas schwächer dürfte die Schaueraktivität in der
Osthälfte ausfallen, dort ist die Luftmasse trockener und eventuell gehen dort
sogar einige Regionen niederschlagstechnisch nahezu leer aus. Ansonsten bekommt
aber wohl quasi jeder was ab; ein gewisses Maximum deutet sich am Vormittag im
Nordwesten an, nachmittags dann in einem breiten Streifen vom Odenwald bis nach
Südostbayern sowie an den Alpen. Die einzelnen Gewitter werden von Böen Bft 7
bis 8 begleitet, angesichts der zur Verfügung stehenden Cape von mehreren 100
J/kg ist auch kleinkörniger Hagel möglich, bei Mehrfachtreffern kann ein
kleinräumiges Starkregenereignis nicht ausgeschlossen werden. Im Norden, ganz im
Westen und im Südwesten klingen die Schauer am Nachmittag bereits wieder
zögerlich ab, vor allem im Nordwesten und an den Küsten setzt sich dann auch
schon wieder länger die Sonne durch.
Vor allem in den oben genannten Regionen fallen bis zum Abend gebietsweise 10
bis 15 l/qm in 12 Stunden, kleinräumig auch mehr, sonst sind es meist weniger
als 10, in einigen Regionen im südlichen Oberrheingraben sowie in der Osthälfte
auch deutlich weniger als 5 l/qm.
Der Wind lebt zwar im Tagesverlauf böig aus westlichen Richtungen auf, die
Warnschwellen werden aber wohl – bis auf wenige Höhenlagen – nicht gerissen.
In 850 hPa werden auch am späten Nachmittag nicht mehr als 5 bis 7 Grad
erreicht, so dass sich die Höchstwerte meist zwischen 16 und 21 Grad einpendeln.
Nur dort, wo die Sonne mal länger durchkommt, am ehesten wohl am Rhein und in
der Lausitz, sind vielleicht auch 22 Grad möglich.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der Höhentrog ins östliche Mitteleuropa und
tropft über den Ostkarpaten aus. Das zentralsteuernde Tiefdruckgebiet kommt über
Südskandinavien kaum mehr nach Osten voran und füllt sich dort auf.
Von Westen her greift ein in die wieder etwas auf Westnordwest zurückdrehenden
Höhenströmung eingebetteter flacher Höhenrücken auf das Vorhersagegebiet über,
wird aber bereits von kräftiger WLA überlaufen, die schon weit östlich
ausgreifend auf der Vorderseite des im Laufe der Nacht auf die Britischen Inseln
übergreifenden Frontensystems eines kräftigen Tiefs südlich von Island in Gang
kommt.
Mit der damit einhergehenden raschen Stabilisierung klingen die Schauer abends
rasch ab; lediglich über den warmen Küstengewässern reicht es noch bis in die
zweite Nachthälfte hinein für schwache Schauer. Vor allem im Nordosten und Osten
sowie ganz im Südosten können die Wolken dann auch stärker auflockern, so dass
es dort länger gering bewölkt bleibt (inklusive einiger Nebelfelder in den
Frühstunden – fast schon herbstlich), während ansonsten schon von Westen her
rasch mehrschichtige WLA-Bewölkung aufzieht. Eine erste Warmfront erreicht wohl
schon ausgangs der Nacht Benelux, im Vorfeld kann es etwa vom Emsland bis zur
Pfalz morgens bereits etwas regnen.
Die Nacht fällt mit Tiefstwerten zwischen 14 und 7 Grad nochmals angenehm frisch
aus, lediglich ganz im Westen kann es unter den dichten Wolken bereits etwas
milder bleiben, ebenso an einigen Küstenabschnitten.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC

Donnerstag … hat sich gegenüber heute Früh kaum etwas geändert. Eingebettet in
die kräftige, vorübergehend vor allem nach Süden und Südwesten zu leicht
antizyklonal konturierte westliche Höhenströmung wandert die langgezogene, wohl
knapp nordwestlich von uns zur Wellenbildung neigenden Warmfront auch noch in
der Nacht zum Freitag langsam über das Vorhersagegebiet hinweg ostwärts. Das
könnte auch in mehreren Staffeln passieren, zumal kleine kurzwellige Störungen,
die in die Höhenströmung eingebettet sind, gebietsweise etwas dynamischen
Hebungsinput liefern dürften.
Somit breitet sich am Donnerstag der meist leichte, gebietsweise aber auch
mäßige bzw. (aufgrund konvektiver Einlagerungen durch die kleinen „Störungen“;
selbst ein kurzes Warmlufteinschubgewitter kann dann nicht ausgeschlossen
werden) auch schauerartig verstärkte Regen allmählich ostwärts aus, bis zum
Abend bleibt es wohl von Ostvorpommern bis nach Ostsachsen sowie ganz im Süden
noch trocken, in der Nacht zum Freitag wohl nur noch im Süden. Allerdings
dürften die Regenfälle abends und in der Nacht zum Freitag im Nordwesten mit
Übergreifen der folgenden Kaltfront ebenfalls etwas abklingen.
Vor allem in den Staulagen einiger westlicher und zentraler Mittelgebirge,
nämlich dort, wo in weiterer Folge auch die Kaltfront ins Schleifen geraten
könnte, können auch die Warnschwellen für Dauerregen 12- bis 24-stündig gerissen
werden, was sich aber nach wie vor schwer regionalisieren lässt.

Modellvergleich und -einschätzung

Nach wie vor lassen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Modellen
herausarbeiten. Bis einschließlich der Nacht zum Freitag wird von allen
vorliegenden Modellen ein recht einheitlicher Kurs gefahren.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff