##SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #MITTELFRIST ausgegeben am Sonntag, den 23.07.2023 um 10.30 UTC
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 23.07.2023 um 10.30 UTC
Unter Tiefdruckeinfluss meist wechselhaft und nur mäßig warm. Am Donnerstag im
Westen lokal Dauerregen nicht ausgeschlossen, am Freitag im Süden, am Samstag im
Osten kräftige Gewitter mit Unwetterpotential.
Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 30.07.2023
Am Mittwoch überquert die Achse eines Langwellentroges die Osthälfte
Deutschlands ostwärts. Gegen Abend erreicht sie Polen, so dass das westliche
Mitteleuropa komplett auf der Vorderseite eines nachfolgenden flachen
Höhenrückens zu liegen kommt. Mit dem Langwellentrog und auch trogrückseitig
wird mitteltroposphärisch ein Kaltluftkörper zu uns gesteuert (T500 verbreitet
unter -20°C, Nordhälfte gebietsweise unter -22°C). Dies sorgt allgemein für
konvektive Umlagerungen bis hin zu Gewittern, die im Norden (durch die
Höhenkaltluft) und im Südosten (feuchtere und etwas labilere Luftmasse)
kräftiger ausfallen können. Im Bodendruckfeld korrespondiert mit der zum
Langwellentrog gehörenden Höhenzyklone beim Oslofjord ein ebenda liegendes
Bodentief. Auf dessen Südflanke ist der Druckgradient leicht verschärft
aufgestellt, so dass der Wind über dem Norden lebhaft weht, eventuell sind
insbesondere an der Schleswig-Holsteinischen Nordseeküste einzelne Böen Bft 7
möglich. Die Temperaturen bewegen sich auf einem gedämpften Niveau zwischen 18
und 23°C. In der Nacht zum Donnerstag greift der Rücken auf Deutschland über.
Vorlaufend macht sich WLA, die mit der Warmfront eines Nordatlantiktiefs in
Verbindung steht, mit mehrschichtiger Aufgleitbewölkung bemerkbar. Diese
erreicht in den Frühstunden die östliche Mitte. Aus ihr beginnt es recht bald zu
regnen, wobei der Regen zum Morgen weite Teile des Westens erfasst hat. Dabei
verlagert sich das Bodentief unter Abschwächung zum nordöstlichen Skagerrak.
Über dem Norden bleibt der Wind trotz dieser Abschwächung lebhaft, allerdings
wohl nicht warnwürdig.
Am Donnerstag kommt der Rücken weiter nach Osten voran, sowohl das Höhen- wie
auch das Bodentief erreichen Südschweden, der markante Bodentrog des
Atlantiktief erreicht dagegen Großbritannien. Von Westen zieht der über nach ein
wenig auseinandergezogenen Druckgradient wieder an, was in den Hochlagen der
Mittelgebirge und an der Nordsee Böen Bft 7 zur Folge haben könnte. Nördlich des
Mains ziehen von West nach Ost kompakte Wolken mit Regen durch, wobei der
anfangs warmfrontgetriggerte Regen allmählich von Westen her in den Regen der
nachfolgenden schleifenden Kaltfront übergeht. Da somit der Regen länger anhält,
deuten einzelne Modellensembles (ICON-EU, IFS) sogar geringe
Wahrscheinlichkeiten für Dauerregen an. Die Schichtung ist dabei sehr stabil,
gleichwohl könnte es an der Nordseeküste, wo im Bereich der durchziehenden
Okklusion etwas kräftigere Umlagerungen angedeutet werden, zu kurzen Gewittern
kommen. Allerdings sind sich die Modelle bei diesen Details noch nicht einig. Da
der Süden Deutschlands unter dem Einfluss eines schwachen Azorenhochkeils liegt,
regnet es zwischen Main und Donau nur vereinzelt, südlich der Donau bleibt es
sogar trocken, und auch die Windsituation präsentiert sich dort etwas
entspannter als im Rest des Landes. Da die Temperaturen im 850 hPa mit der WLA
etwas ansteigen (abends 8 bis 13°C) steigen auch die Höchstwerte im Vergleich
zum Vortag etwas an und erreichen im Bergland knapp 20, im Markgräflerland bis
26°C. In der Nacht zum Freitag soll sich laut IFS der flache Rücken durch WLA
auf der Vorderseite des Atlantiktiefs etwas kräftigen. Die dadurch auf
West-Südwest drehende (Höhen-)Strömung lässt die Kaltfront wellen und sorgt
damit für ein Andauern der Niederschläge über dem Norden und der Mitte. Damit
bleibt auch die Zweiteilung des Wetters erhalten, denn der Süden muss unter
schwachem Hochdruckeinfluss weiter kaum mit Niederschlägen rechnen, und auch der
Wind spielt im Süden eher unterklassisch, während er im Norden lebhaft, aber
wohl nicht mehr warnwürdig ist.
Am Freitag überquert uns die Achse des Höhenrückens nordostwärts. Damit gelangt
Deutschland auf die Vorderseite eines Langwellentroges über dem nahen
Ostatlantik, mit dem auch das Bodentief bei den Britischen Inseln
korrespondiert, dessen (erstes) Frontensystem wir ja schon kennen gelernt haben.
Mit Abzug des Rückens und Annäherung des Troges dreht die Strömung auf Südwest
(bodennah lebhafter Wind mit steifen Böen in exponierten Lagen), was eine
allgemeine Erwärmung zu Folge hat. Die Temperaturen in 850 hPa steigen bis zum
Abend auf 11 bis 17°C, und während über dem Norden die Luftmassengrenze nach
Norden verschoben wird und dabei weiterhin für überwiegend skalige Niederschläge
sorgt, kommt es auf ihrer Südflanke, zunehmend aber auch über dem Süden und der
Mitte zu Schauern und Gewittern. Letztendlich wird die Luftmasse über dem Süden
zunehmend angefeuchtet und durch niedertroposphärische Erwärmung, der eine
mitteltroposphärische Abkühlung gegenübersteht, labilisiert. Somit sind auch
dort Schauer und Gewitter möglich, die auch kräftiger ausfallen können und
durchaus Unwetterpotential haben (CAPE-Werte bis nahe 1000 J/kg). Die
Höchstwerte präsentieren sich mit 22 bis 27°C auf einem sommerlichen Niveau. In
der Nacht zum Samstag greift der atlantische Tiefdruckkomplex auf Irland über.
Bodennah beginnt die Strömung auf Westsüdwest zu drehen, was schon ausreicht, um
die Luftmassengrenze allmählich nach Osten zu schieben. Und so greift auf den
Westen kältere Luft über, die 850er Temperaturen sinken dort wieder auf Werte
unter 10°C, und die Frontpassage ist dort auch mit etwas Niederschlag verbunden.
Im Süden klingen die möglichen Gewitter des Tages ab, und während auch der
Norden noch etwas Regen abbekommt, bleibt es im Osten zumeist trocken.
Am Samstag und Sonntag bleibt Deutschland im Einflussbereich des
Langwellentroges. An diesem beiden Tagen verlagert sich das im Trog eingebettete
abgeschlossene Höhentief zusammen mit dem korrespondierenden Bodentief von
Schottland kommend über die Nordsee und Dänemark zur westlichen Ostsee und nach
Südschweden. Am Samstag zieht dabei eine Kaltfront mit Schauern und Gewittern
von West nach Ost über Deutschland hinweg, über der Osthälfte und dem Süden
kommt es in der präfrontal noch sehr warmen, feuchten und labilen Luftmasse zu
kräftigen Schauern und Gewittern mit Unwetterpotential. Am Sonntag gestaltet
sich das Wetter dann im Einflussbereich tiefen Geopotentials wechselhaft, wobei
die Passage der Trogachse und PVA für Hebungsimpulse sorgen.
In der erweiterten Mittelfrist bis Mittwoch deutet sich ein von Westen auf
Mitteleuropa ausgreifender kräftiger Höhenrücken an, der allmählich für eine
Wetterberuhigung, ein Nachlassen der Niederschläge und eine kräftige Erwärmung
sorgt. Da der bis dahin wetterbestimmende Langwellentrog abtropft und das
zugehörige Höhentief über der Osthälfte Deutschlands bzw. über Polen nach Süden
ziehen soll, dauert es über der Osthälfte länger, bis sich der Rücken
durchsetzen kann.
Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs
Im Vergleich mit den Vorläufen zeigen sich die Modellprognosen des EZMW als
recht stabil. Bis in die zweite Hälfte der bevorstehenden Woche können in den
relevanten synoptischen Basisfeldern nur relativ geringe Unterschiede ausgemacht
werden. Am kommenden Freitag um 00 UTC simulieren der aktuelle Lauf wie auch der
gestrige 00 UTC-Lauf das Höhentief des atlantischen Langwellentroges wie auch
die Position des zugehörigen Bodentiefs weitgehend an identischen Positionen.
Lediglich der gestrige 12 UTC-Lauf weicht von der aufgezeigten Lösung mit einer
jeweils etwas weiter südöstlichen Position ab. Für die Temperaturfelder in 850
hPa sind diese Unterschiede aber nicht von entscheidender Relevanz. Über
Osteuropa simulieren der aktuelle Lauf und die Vorläufe zum o.g. Zeitpunkt alle
einen Langwellentrog, deren Achsen fast deckungsgleich vom Baltikum über das
westliche Schwarze Meer bis zum östlichen Mittelmeer gerichtet ist. Dabei ist
der nennenswerteste Unterschied der, dass der gestrige 12 UTC-Lauf ein
abgetropftes Höhentief im Bereich des westlichen Schwarzen Meeres simuliert hat,
den die 00 UTC-Läufe so nicht ausgearbeitet haben, und dass die
Geopotentialfelder über der zentralen Ostsee deutlichere Unterschiede aufweisen.
Für unsere Wetter sind diese Unterschiede aber nicht wesentlich.
Selbst bis weit ins nächste Wochenende hinein zeigen die Modelle eine gute
Übereinstimmung. Dann zeigen sich aber auf dem Atlantik im Bereich eines
kräftigen Rückens (derjenige, der zu Beginn der übernächsten Woche zu uns
hereinziehen soll), deutliche Unterschiede in der Phase und Amplitude.
Vergleich mit anderen globalen Modellen
Den Ablauf der kommenden Woche simulierten ICON, GFS und UK10 recht ähnlich wie
IFS. Greift man beispielhaft den Termin Freitag 00 UTC als Maßstab heraus, so
simulieren ICON, GFS und UK10 den Kern des Nordatlantiktiefs fast an identischer
Position nordwestlich von Irland (wobei diese Position allerdings von der noch
etwas weiter nordwestlich liegenden IFS-Position abweicht). Fast im Wortlaut
gleich könnte sich ein Kommentar zum korrespondierenden Höhentief anhören. Der
Langwellentrog über Osteuropa unterscheidet sich, wie dies auch schon bei der
Konsistenzbetrachtung von IFS der Fall war, nur marginal in der Position der
Trogachse. Deutlichere Unterschiede treten diesbezüglich nur bei der Position
der unterschiedlichen eingebetteten Höhentief zutage – und bei der auf der
Rückseite des osteuropäischen Langwellentroges einsetzenden Kaltluftadvektion.
Denn diese fällt bei GFS stärker aus als bei den hier genannten
Vergleichsmodellen, so dass das Temperaturniveau über dem östlichen Mitteleuropa
bei GFS etwas niedriger ausfällt.
Der Blick ins nächste Wochenende hinein zeigt bezüglich des Langwellentroges und
der Höhentiefs über Osteuropa nunmehr ein etwas unruhigeres Muster. Ansonsten
sind die Strukturen immer noch sehr ähnlich. Dazu sei exemplarisch der fast
identische Verlauf der 10°C-Isotherme in 850 hPa am Sonntag um 00 UTC über den
Osten Deutschlands genannt.
Bewertung der Ensemblevorhersagen
Im Zeitfenster +72 bis +96 Stunden werden drei Cluster simuliert, die alle von
der Kategorie „Atlantischer Rücken“ zum Ende des Zeitraums in die Kategorie
„Positive NAO“ wechseln. Der Haupt- und Kontrolllauf liegen im mit 28 Vertretern
größten Cluster. Im Geopotentialfeld zeigt sich bei allen Clustern unisono der
flache Rücken, der allmählich auf Deutschland übergreift, im Bodendruckfeld der
schwache Azorenkeil über dem Süden und tiefer Druck über dem Norden.
Im Zeitfenster +120 bis +168 Stunden werden 5 Cluster mit 13, 13, 10, 10 und 5
Vertretern simuliert. Ein „13er“ liegt durchweg in der Kategorie „Positive NAO“,
der andere „13“er durchweg in der Kategorie „Negativ NAO. Die beiden „10er“
halten konsequent an der „Positiven NAO“ fest, der kleinste Cluster wechselt von
der „Negativen NAO“ zur „Positiven NAO“. Für Mittel- und Westeuropa fällt vor
allem der dritte Cluster aus dem Rahmen, der eine deutlich abweichende
Trog-Rücken-Konfiguration auf dem Ostatlantik anbietet als dies die übrigen
Cluster tun. Diese sind in besagtem Zeitfenster alle damit beschäftigt, den
nächsten Trog nach Westeuropa hereinzuschieben.
Im weiteren Verlauf (Zeitfenster +192 bis +240 Stunden) bleibt es bei 5
Clustern. Interessant: Der Hauptlauf, der ja einen kräftigen Rücken zum Beginn
der kommenden Woche simuliert, liegt im mit 6 Vertretern zweitkleinsten Cluster.
Dieser liegt, wie auch der nächstgrößere mit 9 Vertretern, durchweg in der
Kategorie „Blocking“. Die anderen Cluster bieten die Blockierung zum Ende hin
nicht an. Die Stabilisierung zu Beginn der kommenden Woche ist also keineswegs
sicher.
Die Rauchfahnen für Offenbach zeigen für die 850 hPa-Temperatur über die gesamte
kommende Woche hinweg praktisch keine Zunahme der Streuung. Dabei liegen sowohl
der Haupt- wie auch der Kontrolllauf in der Mitte der Verteilung. Einem
kräftigen Temperaturrückgang von im Mittel etwa 8°C in der ersten Wochenhälfte
steht ein ebenso starker Temperaturanstieg in der zweiten Wochenhälfte
gegenüber. Erst am nächsten Wochenende nimmt die Streuung deutlich zu. Beim
Geopotential zeigt sich ein ähnlicher Verlauf: erst ein kräftiger Rückgang bis
zur Wochenmitte, dann ein kräftiger Anstieg, und erst am nächsten Wochenende
eine deutliche Zunahme der Ensemblestreuung.
Die Rauchfahnen des GFS-Ensembles liefern bezüglich der Temperaturentwicklung
wir auch der Streuung der Ensemblemitglieder ähnliche Ergebnisse.
Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen
DAUERREGEN:
EFI deutet am Donnerstag im Westen punktuell signifikant erhöhte Regenmengen an.
COSMO-LEPS deutet am Donnerstag im Westen, aber auch im Stau des Harzes,
Wahrscheinlichkeiten von knapp 20% für Dauerregen über 30 l/qm in 24 Stunden an.
In dieser Größenordnung liegen auch die Wahrscheinlichkeiten von IFS-EPS,
diejenigen von ICON-EU dagegen bewegen sich in einer leicht höheren Spanne
zwischen 20 und 30%.
GEWITTER:
Die Ensembles von IFS deuten mit Wahrscheinlichkeiten von über 20% für mehr als
750 J/kg CAPE am Freitag im Süden und mit Wahrscheinlichkeit bis zu 20% für mehr
als 750 J/kg CAPE im Süden und Osten eine gewissen Unwetterpotential der
Gewitterentwicklungen an.
Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas