#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Mittwoch den 12.07.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 111800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 11.07.2023 um 18 UTC
SCHLAGZEILE:
In der kommenden Nacht im Süden schwere Gewitter mit Böen der Stärke Bft 10 bis
11, teilweise auch Bft 12. Im Norden Gewitter mit Starkregen. Morgen im Norden
nach Osten abziehende Gewitter, im Tagesverlauf im Südosten erneut kräftige
Gewitter mit Starkregen, Hagel und Sturmböen, teils unwetterartig.
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC
Aktuell … liegen wir auf der Südostflanke eines hochreichenden
Tiefdruckkomplexes über der nördlichen Nordsee. In der südwestlichen
Höhenströmung wird am Abend ein Randtrog von der Bretagne nordostwärts geführt
und erreicht über den Kanal morgen früh die Deutschen Bucht. Am Boden verlagert
sich das Tief RONSON ostwärts in Richtung Norwegische Küste. Das dazugehörige
Frontensystem erreicht in der Nacht den Norden und Nordwesten. Dabei kommt es im
Norddeutschland zur Bildung eines Teiltiefs am Okklusionspunkt. Bis morgen früh
erreicht die Front in etwa eine Linie von Ostholstein bis zur Eifel.
Die aktuellen Gewittercluster verlagern sich weiter von Rheinland-Pfalz in
Richtung Nordosten. Laut ICON-D2_RUC lässt seine Aktivität aber stark nach.
Weiter südlich über Ostfrankreich, getriggert durch die Annäherung des o.g.
Randtroges, nähert sich am Abend schwere Gewitter. Die Luftmasse ist brisant:
CAPE-ML über 2000 J/kg, PPW Werte deutlich über 30 mm, und dazu noch kräftige
Scherung.
Bei den Gewittern steht vor allem der Wind im Fokus, zumal die Prognosetemps mit
dem hohen Spread in der Grundschicht ein ausgeprägtes „inverted V“-Muster
zeigen. Vor allem in der ersten Nachthälfte ist im Bereich eventueller Bow Echos
auch recht flächig mit Böen über 100 km/h, kleinräumig auch mit Böen über 120
km/h (Orkanböen) zu rechnen. Betroffen sind wohl in erster Linie
Baden-Württemberg sowie Südbayern.
Etwas dämpfend dürfte allerdings die mit Einbruch der Dunkelheit zunehmend
stabile Grundschicht wirken, vor allem nach Osten zu, so dass das
Unwetterpotenzial im Laufe des späteren Abends abnimmt.
Da teilweise mehr als 1000 J/kg D-Cape zur Verfügung steht, kann größerer Hagel
(über 3 cm) vor allem in Südbaden nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund des
hohen CAPES ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.
Im Nordwesten erreicht uns am Abend die Kaltfront des Tiefs RONSON. Sie greift
bis zum Morgen auf den kompletten Nordwesten Deutschlands über. Vorderseitig ist
mit Hebung durch PVA zu rechnen. Dadurch gibt es nach Mitternacht im Nordwesten
des Landes verbreitet Schauer und Gewitter. Kräftige Entwicklungen sind trotz
hochreichender Scherung nicht zu erwarten, weil die CAPE Werte nur bei etwa 100
J/kg liegen und auch die Tageszeit gegen eine kräftige Entwicklung spricht.
Somit steht bei PPW Werten über 30 mm vor allem der Starkregen auf der Karte und
auch Unwetter sind nicht ausgeschlossen. Auch Böen der Stärke 7 bis 9 sind
möglich.
Im Bereich zwischen den Gewittern im Süden und dem Niederschlag im Norden ist es
in der Mitte und anfangs im Osten ist es trocken. Die Nacht wird erneut recht
warm mit Tiefstwerten zwischen 21 und 16 Grad.
Mittwoch … schwenkt der Randtrog im Tagesverlauf über Deutschland hinweg
ostwärts und dahinter stellt sich in Höhe eine leicht flattrige westliche bis
südwestliche Strömung ein. Im Bodendruckfeld kommt die Kaltfront zunächst rasch
voran, kommt aber über Süddeutschland mangels Schubkomponente ins Schleifen.
Somit verbleiben weite Teile des Südens in der potentiell instabilen Luftmasse.
Im Tagesverlauf bauen sich erneut CAPE Werte von bis zu 1000 J/kg auf, die PPW
Werte liegen weiterhin über 35 mm und auch die hochreichende Scherung ist noch
vorhanden. Somit ist vor allem südlich der Donau aber auch am Erzgebirge
weiterhin mit Gewittern zu rechnen, die mit Starkregen, Hagel und Sturmböen
verbunden sein können. Einzelne Gewitter können dabei wieder Unwetterpotential,
vor allem durch Starkregen und Hagel, erreichen.
Weitere Schauer gibt es weiterhin schon in den Morgenstunden im Norden. Sie
ziehen allerdings rasch ostwärts ab. Vor allem am Nachmittag kann es im Norden
zu weiteren Schauern und u.U. auch kurze Gewittern kommen. Sie hängen mit einem
flachen Randtrog zusammen, der von Großbritannien kommend in Richtung Jütland
gesteuert wird.
Im Rest des Landes bleibt es dagegen meist trocken. Dafür ist ein Keil des
Azorenhochs, der sich im Tagesverlauf von Frankreich her verstärkt. Als
Nebeneffekt nimmt aber auch der Gradient zwischen dem Hochkeil und dem Tief über
dem Kattegat zu. In der Folge frischt der Westwind mit dem Tagesgang auf und vor
allem in freien Lagen sowie im Nordseeumfeld können steife bis stürmische Böen
(Bft 7 bis Bft 8). Weiterhin kann es auf einigen Berggipfeln stürmische Böen
geben.
Vor allem an der Küste sowie in mittleren Landesteilen ist die Sonne auch
längere Zeit zu sehen und die Temperaturen steigen auf 21 bis 24 Grad im Norden
und 25 bis 30 Grad in der Mitte und dem Süden.
In der Nacht verbleiben wir auf der Südseite des umfangreichen
Höhentiefkomplexes im Norden in der westsüdwestlichen Höhenströmung. Darin
eingebettet erreicht ein weiterer Randtrog die Deutsche Bucht. Am Boden liegt
über dem Süden Deutschlands die schleifende Kaltfront. Sie erreicht im Laufe der
Nacht die Alpen. Das führt im Alpenvorland noch längere Zeit für konvektiv
durchsetzte Regenfälle. Anfangs kann es dabei noch zu kräftigen Gewittern
kommen. Vor allem die hochaufgelösten Modelle simulieren im 12-stündigen
Zeitraum auch unwetterartige Regenfälle.
Im Norden nimmt in der zweiten Nachthälfte im Zusammenhang mit dem Randtrog die
Schauertätigkeit wieder zu. Auch ein kurzes Gewitter kann nicht ausgeschlossen
werden. Im Rest des Landes sorgt der Bodenkeil im Süden für meist nur lockere
Bewölkung. Aufgrund der rückseitig der Kaltfront eingeflossenen etwas frischeren
Luft (T850 zwischen 6 Grad und 10 Grad) sinken die Temperaturen auf 17 bis 10
Grad.
Synoptische Entwicklung bis Freitag 06 UTC
Donnerstag … schwenkt der oben angesprochene Kurzwellentrog rasch über den
Norden hinweg nordostwärts. Im Gegensatz zum Vortag fehlt dieses Mal der
schwache Deckel dort und somit dürfte es im Tagesverlauf im Nordwesten und
Norden häufigere Schauer und auch kurze Gewitter geben. Vorher können mit
Einstrahlung bis an die 500 J/kg ML-Cape generiert werden, bei PPW-Werten um 25
mm. Bei gleichzeitig nicht sonderlich beeindruckender Scherung dürften die
Gewitter somit überwiegend markanten Begleiterscheinungen (Starkregen,
kleinkörniger Hagel, Böen Bft 8 bis 9) genügen, ganz vereinzelt kann ein
unwetterartiges Starkregenereignis dennoch nicht ausgeschlossen werden.
Vor allem vom Südwesten/Westen über die Mitte bis in den Osten des Landes bleibt
dagegen der von Frankreich dorthin reichende Hochkeil wetterbestimmend. Dort
scheint neben lockeren Quellwolken überwiegend die Sonne und es sollte
weitgehend trocken bleiben. Allerdings verschärft sich mit Durchschwenken des
den Kurzwellentrog begleitenden Bodentroges weiter nördlich der Gradient, so
dass der Westwind bis in die mittleren Landesteile auffrischt, dabei kann es
neben dem Nordseeumfeld vor allem in der Norddeutschen Tiefebene sowie im Norden
von NRW steife, an auflandigen Küstenabschnitten der Nordsee eventuell sogar
stürmische Böen geben.
An den Alpen und im Alpenvorland halten sich nach wie vor noch Reste der ehemals
labilen Luftmasse. Nachdem dort die schauerartigen Regenfälle am Vormittag
nachgelassen haben und die Wolken auflockern, können mit Einstrahlung erneut
mehrere 100 J/kg ML-Cape generiert werden bei PPW-Werten über 25 mm. Getriggert
durch die Orographie sind dort nachmittags und abends einzelne Gewitter möglich,
die hauptsächlich markant abgewarnt werden dürften.
Bei 850 hPa-Temperaturen zwischen 7 Grad im Norden und nahe 13 Grad im Süden
liegen die Höchstwerte im Nordwesten und Norden sowie in Alpennähe meist
zwischen 20 und 24 Grad, sonst zwischen 23 und 28 Grad.
In der Nacht zum Freitag folgt dem Kurzwellentrog ein flacher Höhenkeil, so dass
die Schauer sowohl an den Alpen als auch im Norden rasch nachlassen. Lediglich
an den Küsten bleibt es noch länger bewölkt mit vereinzelten Schauern, ansonsten
verläuft die Nacht wettertechnisch ruhig und teilweise gering bewölkt oder klar
mit angenehmen Tiefstwerten zwischen 16 und 8 Grad.
Modellvergleich und -einschätzung
Nachdem AROME auf die Linie der anderen hochauflösenden Modelle geschwenkt ist,
sind die Modelle sich weitgehend einig im Hinblick auf die Entwicklung heute
Nacht.
An den folgenden Tagen lassen sich keine warn- oder prognoserelevanten
Unterschiede erkennen.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Rolf Ullrich