#SXEU31 #DWAV #SYNOPTISCHE ÜBERSICHT #KURZFRIST ausgegeben am Samstag den 01.07.2023 um 18 UTC
SXEU31 DWAV 011800
S Y N O P T I S C H E ‹ B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 01.07.2023 um 18 UTC
Markante Wettererscheinungen:
Am Sonntag Doppel-OTTO mit veritablem Sommersturm an der K¸ste. Ansonsten
allgemein wechselhaft, aber nicht durchweg unfreundlich mit nach hinten raus
zunehmenden Modellunsicherheiten bzw. -inkonsistenzen.
Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
Aktuell … schreiben wir Samstag, den 1. Juli, womit wir nicht nur in den
zweiten meteorologischen Sommermonat starten. Nein, wir befinden uns auch mitten
in der sogenannten Siebenschl‰ferzeit, die ja – mal mehr, mal weniger – eine Art
Weichenstellung f¸r den weiteren Verlauf des Sommers darstellt respektive
darstellen soll. Der Verfasser ist weit davon entfernt, an dieser Stelle eine
Abhandlung ¸ber Sinn und Unsinn des Siebenschl‰fers zu schreiben. Nur so viel,
inzwischen hat sich eine lupenreine zyklonale Westlage (Wz) eingestellt, die
erst mal f¸r einige Tage andauert. Weitere Schl¸sse mag jeder f¸r sich selbst
ziehen, wir schauen hier auf die Entwicklung bis zum n‰chsten Dienstag.
Zur Zeit liegen wir unter einer relativ glatten und recht forsch aufgestellten
westlichen Hˆhenstrˆmung. Die f¸r sommerliche Verh‰ltnisse gut ausgepr‰gte
Frontalzone erreicht in der Nacht vom mittleren Nordatlantik kommend den Norden
Deutschlands. Ein eingelagertes Jetmaximum kommt in 300 hPa auf
Windgeschwindigkeiten zwischen 110 und 120 Kt, was freilich auch weiter unten
nicht ohne Wirkung bleibt. Doch dazu sp‰ter mehr. Korrespondierend zum niedrigen
Geopotenzial ¸ber Nord- und Nordwesteuropa reicht ein mehrkerniges
Tiefdrucksystem von der Irminger See ¸ber Skandinavien hinweg bis hin¸ber in den
Nordwesten Russlands. Den Hut f¸r unser Wetter hat das Tief OTTO auf, das
aktuelle mit etwas unter 995 hPa zwischen den F‰rˆer-Inseln und der Westk¸ste
S¸dnorwegens wandelt. Bis zum Morgen d¸rfte sich der gute OTTO auf unter 990 hPa
vertiefen und zudem vor oder vielleicht auch erst ¸ber Norwegen ein Teiltief zur
Welt bringen.
Das zunehmend okkludierende Frontensystem des Tiefs ¸berquert Deutschland gerade
s¸dostw‰rts, wobei der Warmsektor immer schmaler wird. Bis zum Morgen erreicht
die Kaltfront den ‰uflersten S¸den, wo sie durch die Alpen ausgebremst wird und
erstmal ein bisschen Rast macht. Der zugehˆrige, recht diffus daherkommende
Regen verlagert sich mehr und mehr in den Osten und S¸den, wobei die Mengen aber
sehr zu w¸nschen ¸briglassen. Akkumuliert ¸ber 12 Stunden reicht es kaum mal f¸r
5 l/m≤, geschweige denn f¸r noch mehr. R¸ckseitig strˆmt ein Schwall subpolarer
Meeresluft in den Vorhersageraum, in der T850 im Nordwesten bis auf 5∞C
zur¸ckgeht.
Apropos Nordwesten, gekoppelt an etwas Hˆhenkaltluft, die in der unteren
Troposph‰re angezapft wird, ziehen von der Nordsee her ein paar Schauer ins
Land, die aber nicht hˆher als 700 bis 650 hPa hinauskommen. Das kˆnnte so
gerade reichen, um ¸ber See kurzzeitig auch mal Blitz und Donner zu induzieren.
Weit wichtiger ist aber die Windentwicklung. Mit der Vertiefung des Tiefs bei
gleichzeitig leicht steigendem Luftdruck in S¸ddeutschland nimmt der Gradient
kontinuierlich zu. Entsprechend legt auch der westliche Wind einen Zahn zu, was
zun‰chst aber weitgehend nur an der K¸ste richtig sp¸rbar ist. Vor allem an der
Nordsee werden Bˆen 7 bis 8 Bft erwartet, w‰hrend an der Ostsee ¸berwiegend
7er-Bˆen am Start sind.
Die Temperatur geht landesweit auf 16 bis 10∞C zur¸ck.
Sonntag … ‰ndert sich an der Ausrichtung der Hˆhenstrˆmung nicht viel, einzig
das o.e. Jetmaximum verliert etwas an Power. Weiter unten, also im unteren
Troposph‰renbereich bis hinunter in Bodenn‰he verl‰uft die Entwicklung diametral
entgegen. Auf der S¸dflanke des inzwischen doppelten OTTOs versch‰rft sich der
Gradient noch etwas, was in Verbindung mit dem Tagesgang den westlichen Wind im
ganzen Land sp¸rbar auffrischen l‰sst. Am ausgepr‰gtesten ist die Windzunahme an
der K¸ste, wo sich eine nicht zu verachtende Sommersturmlage einstellt. Dabei
treten bis ins k¸stennahe Binnenland hinein wiederholt st¸rmische Bˆen 8 Bft auf
und in exponierten Lagen reicht es gar f¸r glatte Sturmbˆen 9 Bft bis zu 80,
vielleicht sogar 85 km/h. Weiter s¸dlich ¸ber die Norddeutsche Tiefebene hinweg
bis an den nˆrdlichen Mittelgebirgsrand (also etwa von Ostwestfalen ¸ber
Nordhessen und das Th¸ringer Becken bis hin¸ber nach Ostsachsen) bl‰st der
westliche Wind zwar nicht ganz so kr‰ftig wie an der See, gleichwohl reicht es
verbreitet f¸r steife Bˆen 7 Bft (um 55 km/h), in exponierten Hochlagen auch f¸r
mehr (8-9 Bft). Noch weiter im S¸den spielt der Wind abgesehen von einigen
Hochlagen (die aber ohne Warnung bleiben) eine weniger prominente Rolle, wird
aber trotzdem sp¸rbar sein.
Wettertechnisch stellt sich in der frisch einflieflenden Atlantikluft subpolaren
Ursprungs ein wechselhafter Wetterablauf ein, bei dem auch die Sonne zumindest
in vielen Regionen des Landes nicht zu kurz kommt. S¸dlich der Donau gilt es
erstmal die Restbewˆlkung und leichten Regenf‰lle aus der Nacht zu
verabschieden, was an den Alpen am l‰ngsten dauert. Ansonsten lockert die
Bewˆlkung in S¸ddeutschland aber auf und bei sehr geringer Schauerneigung zeigt
sich ˆfters die Sonne. Das tut sie auch in der Nordh‰lfte, wo sich unterhalb
einer zwischen 800 und 700 hPa positionierten Inversion aber auch vermehrt
Quellungen bilden, aus denen sich einzelne Schauer entwickeln. Es f‰llt auf,
dass die meisten externen Modelle hinsichtlich der Schauerbildung vor allem am
Vormittag deutlich sensitiver reagieren als ICON_Nest oder ICON13, sprich, mehr
leichte Schauer simulieren. Grunds‰tzlich sind die meisten Schauer aber ganz im
Norden zu erwarten (wo es nebenbei gesagt mit 18 bis 21∞C auch am k¸hlsten
bleibt), der von etwas Hˆhenkaltluft tangential angeschnitten wird. Nicht
ausgeschlossen, dass ein oder zwei der Huschen auch mal elektrisch ausfallen. Im
groflen Rest des Landes steigt die Temperatur auf 21 bis 26∞C mit den hˆchsten
Werten im S¸den.
In der Nacht zum Montag tut sich herzlich wenig an der Groflwetterlage, so dass
der Tagesgang dem Ganzen seinen Stempel aufsetzt. Im Klartext bedeutet das mit
Ausnahme der k¸stennahen Gebiete eine Abnahme der ohnehin nicht ¸berbordend
vorhandenen Schauerneigung. Es bedeutet zudem, dass der auf S¸dwest r¸ckdrehende
Wind vielleicht mit Ausnahme Schleswig-Holsteins und einiger weniger Hochlagen
im Binnenland unter die Warnschwellen zur¸ckgeht. Direkt an der See weht aber
weiterhin ein lebhafter S¸dwest- bis Westwind mit Bˆen 7-8 Bft. Bei
unterschiedlichen Bewˆlkungsverh‰ltnissen sinkt die Temperatur auf 16 bis 10∞C.
In den Mittelgebirgen kann es bei l‰ngerem Aufklaren gar bis in den oberen
einstelligen Bereich abk¸hlen.
Montag … dreht auch die weiterhin flotte Hˆhenstrˆmung im Zuge einer leichten
Austrogung ¸ber UK/Irland respektive dem nahen Atlantik geringf¸gig zur¸ck (am
Boden war das ja schon in der Nacht der Fall). Grofle Auswirkungen hat dieser
Tatbestand zun‰chst aber nicht. Am Boden ¸berquert der ˆstliche OTTO –
inzwischen mit einer imposanten Kernisobare von 985 hPa am Revers – den
s¸dlichen Bottenbusen in Richtung Suomi. Da der Luftdruck ¸ber S¸dskandinavien
aber relativ niedrig bleibt, bleibt bei uns vor allem im Norden ein solider
Gradient erhalten. Mit anderen Worten, der S¸dwest- bis Westwind frischt im
Norden wieder auf, wobei die 7er-Bˆen sehr wahrscheinlich aber nicht mehr so
weit nach S¸den ausgreifen werden wie am Sonntag. Auch an der See wird etwas auf
die Bremse getreten, heiflt, kaum noch Bˆen 9 Bft, aber weiterhin zahlreiche
„8er“. Weiter zur Mitte und nach S¸den hin gilt Bˆen grˆfler oder gleich 7 Bft
nur in exponierten Hochlagen.
Dar¸ber hinaus gilt es zu konstatieren, dass in der permanent nachstrˆmenden
Atlantikluft der wechselnde Wolkencharakter erhalten bleibt, wobei die Sonne in
der Fl‰che weniger scheint als am Sonntag. Auf der anderen Seite h‰lt sich die
Schauerneigung nach wie vor in Grenzen. Am ehesten kommt es noch im Norden und
Nordwesten unterhalb von 700 hPa zu einigen ungewittrigen ‹berentwicklungen
meist leichter Intensit‰t. Eine geringe Schauerwahrscheinlichkeit liegt auch an
den Alpen vor, auch wenn die Hauptaktivit‰t weiter s¸dlich stattfinden soll.
Bei 850-hPa-Temperaturen zwischen 5∞C im Nordseeumfeld und bis zu 11∞C im
Alpenvorland (12 UTC) erreicht die Temperatur Tageshˆchstwerte zwischen 18 oder
19∞C auf den Inseln sowie an K¸stenabschnitten mit auflandiger Windkomponente
bis zu lokalen 26∞C im S¸den.
In der Nacht zum Dienstag n‰hert sich von der Nordsee her ein Randtrog in der
Hˆhe, der mit einem Bodentrog gekoppelt ist. Auf deren S¸d-S¸dostflanke erreicht
ein schmales Wolkenband mit schauerartigem Regen die Nordseek¸ste und den Norden
Schleswig-Holsteins. Laut IFS von 00 UTC dringt der Regen sogar noch ein St¸ck
landeinw‰rts bzw. nach Osten vor. Weiter s¸dlich gelangen mit der noch
geringf¸gig r¸ckdrehenden Hˆhenstrˆmung ebenfalls mal mehr, mal weniger dichte
Wolken zu uns, aus denen es vereinzelt etwas regnen kann. Insgesamt beginnen die
Modellunsch‰rfen zuzunehmen. Das trifft auch auf den Parameter Wind zu, der laut
ICON mit Drehung auf S¸dwest bis fast S¸d vornehmlich an der Ostsee deutliche
Einbuflen erleiden soll. Relativ unstrittig sind die Tiefsttemperaturen, die sich
meist in einer Range zwischen 15 und 9∞C wiederfinden.
Dienstag … nimmt die Vorhersageunsicherheit weiter zu, so dass der Verfasser
das Kapitel am liebsten schon an dieser Stelle schlieflen w¸rde. Zu ein paar
Allgemeinpl‰tzen l‰sst er sich aber doch noch hinreiflen, ist ja keine
Bundesliga. ‹ber dem nahen Atlantik trogt es weiter aus, was bei uns die
s¸dwestliche Anstrˆmung forciert. Dabei gelangt eine Portion feuchter und
potenziell instabiler Meeresluft in den S¸den und in die Mitte (keine
mediterrane Luftmasse, eher von der Biskaya), in der die Bereitschaft f¸r
Schauer und Gewitter ansteigt. Wo wieviel mit welcher Intensit‰t was genau
passiert und wo nicht – who know¥s. Die Konsistenz von ICON ist insofern
mittelm‰flig, als dass der Korridor mit der hˆchsten Wetteraktivit‰t immer wieder
woanders gesehen wird. Das Gute ist aber, dass der Streifen immer wieder
best‰tigt wird. Die gleiche Aussage l‰sst sich auf UK10 projizieren, w‰hrend
z.B. IFS in seinem heutigen 00-UTC-Lauf dieses Szenario g‰nzlich vom
Programmzettel gestrichen hat. Warten wir¥s ab und freuen uns auf die n‰chsten
‹bersichten, die hoffentlich etwas mehr Licht ins Dunkel bringen.
Modellvergleich und -einsch‰tzung
Es ist alles gesagt bis hin zu den zunehmenden Prognoseunsicherheiten.
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann